Entscheidu
ngsgründe
(Rationes decidendi), im Rechtswesen die
Motive, welche den
Richter bei der
Fällung eines Urteilsspruchs
geleitet haben. Nach früherm gemeinen
Recht bestand für den
Richter in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten keine Verpflichtung,
dem
Urteil Entscheidu
ngsgründe beizugeben, während die moderne
Gesetzgebung und namentlich auch die deutsche
Zivil-Prozeßordnung
(§ 282, 284, 324) die Entscheidu
ngsgründe als einen wesentlichen
Bestandteil des
Urteils bezeichnet. Die Entscheidu
ngsgründe sind von der Urteilsformel
(Tenor)
getrennt zu geben.
Außerdem fordert die
Zivilprozeßordnung, ebenso wie das französische
Recht, daß ein
Thatbestand (in
Frankreich Qualité du
jugement), d. h. eine gedrängte
Darstellung des
Sach- und Streitstandes, in das
Urteil aufgenommen werde
(§ 284). Was hierbei die äußere Form anbelangt, so werden in
Deutschland
[* 2] die Erkenntnisse in Zivilsachen regelmäßig in der
Weise abgefaßt, daß nach einer Aufführung und Angabe der
Parteien und ihrer Rechtsangelegenheit, des erkennenden
Gerichts
und der betreffenden Richterpersonen der
Thatbestand, dann die Entscheidu
ngsgründe und endlich die
Entscheidung selbst,
d. h. der formulierte Urteilsspruch, folgen.
Diese Form ist der in
Frankreich üblichen, wonach die Entscheidu
ngsgründe und die Dezisivworte in eine
Periode zusammengefaßt werden (sogen.
Schachtelerkenntnisse), der größern Deutlichkeit wegen vorzuziehen. Auch den Erkenntnissen in
Strafsachen werden Entscheidungsgründe
beigefügt.
Die auf die
Wahrsprüche der
Geschwornen gefällten
Urteile beziehen sich jedoch hinsichtlich der
Thatfrage
nur auf den
Wahrspruch und geben bloß eine rechtliche Begründung unter Hinweisung auf das Strafgesetz. Außerdem müssen
nach der deutschen Strafprozeßordnung (§ 34) den durch ein
Rechtsmittel anfechtbaren
Entscheidungen sowie denjenigen, durch
welche ein
Antrag abgelehnt wird, Entscheidungsgründe
beigegeben werden. Mangel der Entscheidungsgründe
ist
im
Zivil- wie im
Strafprozeß ein Nichtigkeits-(Revisions-)
Grund.