Enten
[* 2] (Anatidae), eine Familie der Siebschnäbler (Lamellirostres), deren Schnabelränder mit Hornzähnen besetzt
sind. Von den verwandten Sägern unterscheiden sich die Enten
durch den breitern und flachern Schnabel, von den
Schwänen durch
den kurzen
Hals. Mit den
Gänsen sind sie dagegen durch zahlreiche Übergangsformen verbunden, wie
Brandgans
(s. d.) und
Glanzgans (s. d.). Die Lebensweise bietet noch die besten Unterscheidungsmerkmale.
Die Enten
halten sich meist auf dem Wasser
auf und suchen dort ihre Nahrung, wogegen die
Gänse sich mehr und geschickter auf dem
Lande bewegen und dort grasen. In allen Erdteilen finden wir Mitglieder dieser Familie.
Der Nahrung nachgehend, wandern sie oft in großen Scharen. So kommen im
Frühjahr und Herbst die nordischen Enten
an die deutschen
Küsten und oft bis ins mittlere
Deutschland
[* 3] hinein. In der Nahrung sind die Enten
wenig wählerisch. Gräser,
[* 4]
Körner,
Würmer,
[* 5] Schnecken,
[* 6]
Insekten
[* 7] und deren Larven, Laich, alles wird von ihnen genommen. Man kennt etwa 120
Arten, die man in 6 Gattungen
untergebracht hat. Die
Tauchenten (FuliguIa) haben weit nach hinten stehende
Beine, sind in ihren
Bewegungen auf dem
Lande ungeschickt
und ganz auf das Wasser angewiesen.
Sie tauchen ausdauernd nach ihrer meist animalischen Nahrung;
die bekanntesten Vertreter dieser Gattung sind: die Reiherente (Fuligula cristata Leach), oberseits schwarz, unterseits beim Männchen weiß, beim Weibchen braun, mit langen Schopffedern, aus dem nördl. Europa; [* 8]
die Tafelente (Fuligula ferina L.) mit rotbraunem Kopf und Hals, schwarzem Kropf, ebenfalls aus dem nördl. Europa;
die Kolbenente (Fuligula rufina Pall.), kenntlich an dem dicken rotbraunen Kopf, aus Indien;
die Schellente (Fuligula clangula L., s. Tafel: Schwimmvögel [* 9] IV, [* 1] Fig. 2), durch die weißen Backen charakterisiert, aus den nördl. Gegenden Europas, Asiens und Amerikas.
Auch die
Eisenten (s. d.) sowie
die
Trauerenten (s. d., Oidemia, z. B. die im
Winter auf der Nordsee häufige Oidemia nigra Gray; s.
Tafel: Enten
, Fig. 2) werden hierhin gerechnet.
Eine zweite Gattung bilden die Eiderenten
(s. d.,
Somateria, z. B. mit der Prachteiderente,
Somateria Stelleri Leach, s.
Tafel:
Enten
, Fig. 3), die zu der dritten Gattung, den eigentlichen
¶
mehr
168 Schwimmenten
(Anas), hinüberführen. Letztere sind im allgemeinen von schlankerm Körperbau, sinken beim Schwimmen nicht
so tief ein wie die Tauchenten und versuchen der Gefahr nicht durch Tauchen, sondern durch Auffliegen zu entgehen. Der bekannteste
Vertreter dieser Gattung ist die gemeine Wild- oder Stockente (Anas boschas L. , s. Tafel: Enten
, Fig. 1),
die ganz Europa, Asien
[* 11] und Nordafrika bewohnt. Kopf und Hals des Männchens sind metallisch grün, der Hals trägt ein schmales
weißes Band.
[* 12]
Das Weibchen ist gelb und braun gefleckt. Die Stockente ist die Stammform aller domestizierten europäischen Enten
, von denen
einige, wie die gemeine Hausente und die Rouen-Ente (s. d. und Tafel: Geflügel,
[* 10]
Fig. 6), in der Färbung
ihr gleichen, sie aber meist in der Körpergröße bedeutend überholt haben und es auf 6–10 kg bringen. Der Rouen-Ente
verwandt ist die Duclair-Ente, die ebenfalls in Frankreich wegen ihrer schnellen Entwicklung sehr geschätzt wird. Die blaugraue
schwedische Ente, welche Anfang der siebziger Jahre in Deutschland weit verbreitet war, ist fast vollständig
wieder verschwunden. Zu den weißen Abkömmlingen der Stockente gehört zunächst die Aylesbury-Ente (s. Tafel: Geflügel,
[* 10]
Fig.
5), die im Bau der Stammform ähnlich, nur bedeutend größer ist. Der Schnabel muß zart fleischrot sein. Ihr Gewicht beträgt
bis 6 kg, die Jungen sind schon mit 6–7 Wochen marktfähig und haben dann schon ein Gewicht von 1,50
bis 1,75 kg. Die Peking-Ente (s. d. und Tafel: Geflügel,
[* 10]
Fig. 7) zeichnet sich durch steilere Haltung und mächtigen Hängebauch
von der vorgenannten aus, ihr Gefieder ist mehr gelblich und ihr Gewicht nur 3–4 kg.
Der Schnabel soll, abgesehen von der weißlichen Spitze, rein rotgelb sein, doch zeigt er fast stets schwarze Flecke, namentlich
bei den Weibchen. Von den schwarzen Abkömmlingen der Stockente sind die bekanntesten die Cayuga-Ente (s. Tafel: Geflügel,
[* 10]
Fig. 3) und die Smaragd- oder Labradorente, jene in Nord-, diese in Südamerika
[* 13] zuerst gezüchtet. –
Ferner sind noch erwähnenswert die gelbe oder weiße Haubenente, auch Kaiserente genannt, etwas stärker als die gemeine
Hausente und mit einer kräftigen Federhaube geziert, die jetzt seltene Krummschnabelente und die zierliche Zwergente, die
wildenten
farbig und weiß gezüchtet wird.
Sie dient als Zierente und in den Entenfängen als Lockente, indem sie durch ihr fortwährendes Rufen
die umherstreichenden Wildenten
anlockt und in die Netze führt. – In Australien
[* 14] wird die Stockente durch die australische
Wildente (Anas superciliosa Gm.), in Südafrika
[* 15] durch die Gelbschnabelente (Anas xanthorhyncha Forst)
[* 16] und in Indien durch die
Buntschnabelente (Anas poecilorhyncha Peun.) vertreten. An der Nordküste Deutschlands
[* 17] und Hollands werden
zahlreiche als Zierarten beliebte Arten gefangen, wie die Löffelente (Anas clypeata L., s. Tafel: Enten
, Fig. 4) mit dem an der
Spitze löffelförmig verbreiterten Schnabel, die Pfeifente (Anas Penelope L., s. Tafel: Enten
, Fig. 5), die durch ihre Kleinheit
ausgezeichnete Krickente (Anas crecca L.) und Knäckente (Anas circia L.) und die spitzschwänzige Spießente
(Anas acuta L.), die man wegen der verlängerten Schwanzfedern zum Vertreter einer besondern Gattung Dafila erhoben hatte. Zu
derselben rechnete man ferner die aus Südamerika stammende Spitzschwanzente
(Anas spinicauda Vieill.) und die Bahama-Ente (Anas
bahamensis L.) mit den korallroten Flecken am Schnabelgrunde.
Das südl. Südamerika beherbergt ferner noch die Peposacka-Ente (Anas metopis Poeppig) mit ihrem feuerroten
an der Basis höckerförmig aufgetriebenen Schnabel. Die in Mittel- und Südamerika heimische Moschusente (Hyonetta moschata
L.) repräsentiert eine vierte Gattung, Hyonetta, die sich von den Schwimmenten
durch gestrecktern Körper, längern Schwanz,
nackte Augengegend, nackte Warzen an der Schnabelwurzel, die ein stark nach Moschus riechendes Fett absondern,
die ausgerundeten Schwimmhäute und die großen und stark gekrümmten Nägel
[* 18] unterscheidet. Die Moschusente lebt in Wäldern,
geht wenig auf das Wasser, hält ihre Nestruhe in Bäumen und baut dort auch ihr Nest. Sie ist in vielen Gegenden zum Haustier
geworden und hat auch in Europa Eingang gefunden, merkwürdigerweise unter dem Namen Türkische Ente.
Die fünfte Gattung, die der Schmuckenten
(Lampronessa), umfaßt nur zwei Arten, die Braut- oder Karolinenente (Lampronessa sponsa
L., s. Tafel: Geflügel,
[* 10]
Fig. 4) und die Mandarinente (Lampronessa galericulata L., s. Tafel: Enten
, Fig. 6), jene in Nordamerika,
[* 19] diese in China
[* 20] heimisch. Ihre prächtige Färbung und leichte Zuchtfähigkeit hat ihnen weite Verbreitung
in Europa verschafft. Sie bäumen noch mehr als die Moschusenten
und brüten in Baumhöhlen.
Als sechste Gattung, die durch die hohen Beine schon zu den Gänsen hinüberführt, werden die Baumenten (s. d.) gerechnet.
Die Liebhaberei für Wildenten
ist weit verbreitet und die oben aufgezählten Arten findet man nicht nur
in den zoolog. Gärten, sondern auch bei vielen Privatleuten, die ihre Weiher mit denselben
schmücken. Man bezieht sie von den meisten Tierhändlern, wie G. Voß in Köln,
[* 21] C. Reiche in Alfeld a. d. Leine oder von den
zoolog. Gärten und bezahlt für die europ.
Arten etwa 15–30 M., für Braut- und Mandarinenten 30–50 M., für die seltenern bis zu 100 M. das Paar. Der Versand erfolgt
am besten in Weidenkörben, die oben mit Packleinen geschlossen sind, damit die Enten
sich beim Auffliegen nicht die
Köpfe verletzen.
Bevor die Enten auf die Weiher gesetzt werden, müssen sie flugunfähig gemacht werden. Dies geschieht am einfachsten durch Abschneiden der großen Federn eines Flügels, eine Arbeit, die nach jeder Mauser rechtzeitig wiederholt werden muß. Es hat das ein häufiges Einfangen der Enten zur Voraussetzung, was oft mit den größten Schwierigkeiten verknüpft ist. Vorteilhafter ist es daher, wenn man sie amputiert, d. h. die Handschwingen mitsamt den sie stützenden Knochen [* 22] abschneidet, aber so, daß die am Flügelbug befindlichen kleinen Federn stehen bleiben. Die Amputation kann mit einer starten Rosenschere ausgeführt werden und man wählt einen kühlen Frühlings- oder Herbsttag dazu aus. Eine Nachbehandlung ist nicht erforderlich, die Blutung hört bald von selbst auf und die Wunde verheilt unter dem Schutze der kleinen Federn sehr schnell. Die Ente ist so dauernd unfähig zum Fliegen. [* 23]
Alle oben genannten Wildenten können im Sommer und auch im Winter im Freien bleiben, wenn sie nur stets eine kleine offene Stelle im Wasser haben. Als Futter genügt allen Gerste, [* 24] ¶
mehr
Garneelen-169 schrot und grüne Wiesenufer und nur bei den sehr gefräßigen domestizierten Rassen ersetzt man jenes durch billiges Mischfutter, dessen Hauptbestandteile gekochte Kartoffeln und Kleie bilden. Will man dieselben mästen, so versetzt man letztere mit Milch oder Käsequark, doch muß man stets darauf achten, daß das Futter nicht sauer wird. Während man die Wildenten nur der Liebhaberei wegen hält, gewähren die domestizierten Rassen einen großen wirtschaftlichen Nutzen, sie legen eine große Anzahl Eier, [* 26] produzieren große Fleischmengen und liefern weiße und wertvolle Federn. Ihre Haltung und Zucht wird deshalb besonders aufmerksam betrieben. (S. Entenzucht.) –
Vgl. Maar, Illustriertes Musterentenbuch (Hamb. 1891).