undefinierbare
Vorstellungen, welche durch Einwirkung der Empfindungsnerven auf das Zentralnervensystem
zu stande kommen. Das empfindende
Individuum wird auf eine
Weise berührt, die zufolge der
Organisation
und ursprünglichen
Beschaffenheit wie auch zufolge der
Ausbildung und Gewöhnung seines
Nervensystems diesem zusagend oder
widerwärtig ist. Demnach sind die Lust und die Unlust die beiden allgemeinen
Formen der Empfindung. Die Bedeutung der Empfindungen besteht
hauptsächlich darin, daß sie vermöge des
Wechsels von Annehmlichkeit und Unannehmlichkeit uns abwechselnd
bald in einen behaglichen, erfreulichen Lebenszustand versetzen, bald den Antrieb zur Befriedigung von Bedürfnissen des
leiblichen
Lebens und zur Vermeidung des für dasselbe Schädlichen sowie zur Erstrebung des für dasselbe Heilsamen erregen
(s.
Gefühl).
in der Psychologie die durch Sinneseindrücke veranlaßten, nicht weiter zerlegbaren letzten Elemente
des Seelenlebens. Insofern die einfachen Empfindungen in jedem Wahrnehmungsvorgang als in einem
zusammengesetzten Prozeß verbunden werden, kehren sie beim Wechsel derObjekte regelmäßig wieder, ermöglichen Vorstellungen
(s. d.), Gefühle (welche Lust oder Unlust einschließen), Triebe und gelten als Grundlage aller übrigen psychischen Zustände.
Die Entstehung einer Empfindung ist an dreiBedingungen geknüpft. Erstens nämlich muß ein sogen. Reiz
vorhanden sein, zweitens muß dieser Reiz die Fähigkeit besitzen, einen Sinnesnerv zu erregen, und drittens muß diese Erregung
sich nach dem nervösen Zentralorgan, dem Gehirn
[* 2] (das deshalb auch Sensorium heißt), fortpflanzen. Unter den Reizen (s. d.)
unterscheidet man äußere und innere: äußere Reize kommen von einem Gegenstand der Umgebung, innere
entspringen aus Vorgängen des eignen Körpers.
Dem entsprechend heißen die durch einen äußern Reiz entstandenen Empfindungen objektive, die durch einen innern Reiz veranlaßten
subjektive Empfindungen. Mit dem Worte objektive Empfindungen soll jedoch nicht ausgedrückt werden, daß der Inhalt der Empfindungen dem objektiven Reizgegenstand
gleich oder ähnlich sei, vielmehr ist die Unvergleichbarkeit aller unsrer Empfindungen gegenüber
der äußern Wirklichkeit völlig sicher. Empfindungen sind nicht Spiegelbilder von Dingen, sondern nur regelmäßige Folgen und Zeichen
der als Reize wirkenden Objekte.
Damit nun eine objektive Empfindung zu stande komme, ist nicht bloß nötig, daß ein Reiz in der Außenwelt existiere, sondern
auch, daß er den Sinnesnerv zu erregen vermag, d. h. eine gewisse Stärke
[* 3] besitzt, deren Wert man die
Reizschwelle nennt. Endlich gehört zur Entstehung einer Empfindung die ungehinderte Fortleitung der Nervenerregung zum Gehirn.
Die solcherart zum Bewußtseinsinhalt gewordene Empfindung hat nun gewissermaßen zwei Seiten, eine Intensität und eine Qualität,
die wiederum beide in bestimmten Beziehungen
¶
Was die Qualität der Empfindung betrifft, so sind gewisse Qualitäten näher miteinander verwandt als andre;
sie bilden einen Qualitätenkreis, der an einen Sinnesapparat gebunden ist und (nach Helmholtz) Modalität der Empfindung heißt.
Empfindungsqualitäten sind z. B. blau, laut, bitter; Modalitäten z. B. Sehen,
[* 6] Hören, Schmecken, von denen jede eine Anzahl
Qualitäten unter sich befaßt. Die Empfindungsmodalität ist nun nicht, wie man glauben könnte,
von der Art des Reizes abhängig, sondern ausschließlich von der Beschaffenheit des erregten Sinnesapparats.
Die verschiedensten Reize rufen im Ohre die gleiche Empfindungsmodalität des Hörens, im Auge
[* 7] die des Sehens etc. hervor; anderseits
erzeugt ein und derselbe Reiz, z. B. der elektrische Strom, ganz verschiedene Empfindungen, je nachdem er an die Haut,
[* 8] an die Zunge, an das Auge etc. appliziert wird. Diese Thatsache bezeichnet man als das Gesetz der spezifischen Energien der Sinnesnerven,
das also besagt: jeder Sinnesnerv besitzt eine ihm eigentümliche Art der Erregung, mit der er auf alle wie immer beschaffenen
Reize antwortet.
Joh. Müllers weitere Annahme einer organisierten, spezifischer Energien fähigen Materie, z. B. der »Sehsinnsubstanz«,
ist durch die neuere Wissenschaft widerlegt worden, welche aus der Unmöglichkeit einer Neuschöpfung bestimmter Thätigkeiten,
aus der Ununterscheidbarkeit des Erregungsvorganges in den verschiedenen Sinnesnerven und aus den experimentell
herbeigeführten Veränderungen in der Leistung derselben mit Wahrscheinlichkeit folgert, daß alle spezifischen Sinnesenergien
aus einem ursprünglichen generellen Sinne, und zwar vermutlich aus dem Tastsinn, entstanden sind, daß demnach alle Sinnesempfindungen
differenzierte Tastempfindungen sind. Es ist endlich ein gemeinsames Kennzeichen aller Empfindungen, daß
sie in eine Bewegung (s. d.) sich zu entladen streben oder, wie man gesagt hat, eine
motorische Tendenz besitzen; den experimentellen Nachweis hat Féré, die theoretische Begründung MaxDessoir geliefert.
Aus einer Summation von einfachen Empfindungen entstehen die zusammengesetzten Empfindungen oder Empfindungskomplexe.
Aus der Eigentümlichkeit unsrer Sinnesnerven, daß die von einem Reize erzeugten Veränderungen in ihnen
nicht zugleich mit dem Aufhören der Reizwirkung verschwinden, sondern diese eine kurze Zeit überdauern, erklären sich
die Nachempfindungen, die man besonders beim Auge
sehr schön beobachten kann. Von ihnen sind die Wiederholungsempfindungen
zu trennen, die sich nicht unmittelbar an einen Reiz anschließen und erst nach sehr langer Einwirkung
des Reizes auftreten.
Wenn beispielsweise der Mikroskopiker die Objekte, die er am Tage beobachtet hatte, abends bei geschlossenen Augen wieder vor
sich auftauchen und die subjektiven Erscheinungen dieselben Bewegungen wiederholen sieht, welche die Infusorien unter dem Mikroskop
[* 9] ausgeführt hatten, dann spricht man von einer Wiederholungsempfindung. Die Einteilung der Empfindungen erfolgt
nach ihren Modalitäten in die sogen. Sinne, und zwar entweder nach den Sinnesprovinzen am Körper (Auge, Ohr,
[* 10] Nase,
[* 11] Mund, Haut)
oder besser nach den Bewußtseinszuständen, wobei der Hautsinn in Tast- (oder Druck-) Sinn und Temperatursinn zerlegt werden
muß und der Muskelsinn als eine besondere Art hinzutritt. Über die Gemeinempfindungen s.
Gemeingefühl, Bd. 7.