Emmerich,
[* 1] Stadt im Kreis Rees des preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, 3,5 km von der niederländ. Grenze, in 19 m Höhe, rechts am Rhein, über den eine Dampffähre führt, in einer fruchtbaren, den Überschwemmungen des Stroms ausgesetzten Ebene, an den Linien Oberhausen-Emmerich (60,8 km) der Preuß. und Emmerich-Zevenaar (16,9 km) der Niederländ. Staatsbahnen, hat reinliche und breite Straßen mit fast nur zweistöckigen Häusern und einen verhältnismäßig großen Umfang und trägt schon völlig holländ. Charakter. Emmerich ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Duisburg), Hauptzollamtes mit Lagerhaus und vier besondern Zollabfertigungsstellen, Hafenkommissars, einer Steuerkasse und hat (1890) 9622 Emmerich, darunter 1442 Evangelische und 169 Israeliten, Post erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, zwei kath. Kirchen, eine evang. und eine Mennonitenkirche sowie eine Synagoge, ein Gemeinde-Aichungsamt, eine Eisenbahnwerkstätte, ein Waisenhaus, eine Anstalt für verwahrloste Kinder, ein St.Willibrordusspital; ferner ein Wasserwerk, Gasanstalt, städtische Sparkasse und Kreditbank. Die Aldegundiskirche, 1145 gegründet, mit einem stattlichen got. Turme (Glockenspiel), drei gleich hohen Schiffen und reichem [* 1] Figurenschmuck, ist ein großer got. Ziegelbau von 1483; die roman. Münster- oder Martinuskirche (Kapitelskirche) im Übergangsstil des 11. und 12. Jahrh., besitzt eine sehenswerte, kürzlich restaurierte Krypta, den roman. Reliquienschrein des heil. Willibrord, Chorstühle von 1486.
Außerdem bestehen ein königlich kath. Gymnasium (Direktor Akens, 10 Lehrer, 9 Klassen, 225 Schüler), ursprünglich Stiftsschule, 1474 humanistisch reorganisiert, dann Jesuitenschule bis 1811, seit 1832 preuß. Gymnasium, seit 1869 mit einem Konvikt für auswärtige Zöglinge verbunden, eine evang. Rektorat- und höhere Mädchenschule; Eisengießerei sowie Fabrikation von Chemikalien (3 Fabriken), Posamentierwaren, Seife, Klavieren, Leder, Bürsten, Essig, Liqueur (8), Mineralwasser, Schokolade, Tabak und Cigarren (17), Strumpfwirkerei, Lohmühle, 3 Getreidemühlen, 2 Ziegeleien, 4 Buch- und 2 Steindruckereien, eine Hauptagentur der Anglo-Continentalen, vorm.
Ohlendorffschen Guanowerke-Aktiengesellschaft, bedeutender Handel mit Tabaksblättern, Kolonialwaren, namentlich Kaffee, Butter und Käse, bedeutender Tabakbau, Viehzucht und Fischerei (Lachse). Jährlich finden 25 Viehmärkte, in jeder Woche ein bedeutender Getreidemarkt statt. Bedeutend ist die Rheinschiffahrt, für welche ein vortrefflicher Zollrevisions- und Sicherheitshafen besteht. 1893 fuhren zu Berg 20617 Schiffe mit zusammen 3847187 t, zu Thal 20500 mit 2926232 t Befrachtung; zu Berg fuhren ferner 6 Flöße mit 3499 t, zu Thal 54 mit 26504 t Befrachtung. – Emmerich ist ein sehr alter Ort, der als Villa Embricensis oder Embrica (später auch Embreche, Embrecha, Embricha, Embrike) bereits seit 697 (Gründung der Martinuskirche durch den heil. Willibrord) erwähnt wird und seinen Ursprung der Kollegiatkirche verdankt.
Der Ort wurde 1247 durch den Grafen Otto von Geldern, unter dessen Schutz sich 1233 das Kapitel gestellt hatte, mit Mauern umgeben und zur Stadt erhoben, kam durch Verkauf 1402 an Cleve, gehörte seit 1407 zur Hansa und soll zu seiner Blütezeit im 15. Jahrh. an 40000 Emmerich gehabt haben. 1599 wurde es von den Spaniern unter Mendoza belagert. Nachdem Emmerich 1609 mit Cleve an Brandenburg gekommen war, wurde es 1614 von Moritz von Nassau besetzt und stark befestigt, 1672 durch Ludwig ⅩⅣ. genommen, der die Festungswerke schleifen ließ, 1794 als offene Stadt vom franz. General Vandamme beschossen; 1806 huldigte es Murat und kam 1815 wieder an Preußen. –
Vgl. Dederich, Annalen der Stadt Emmerich (Emmerich 1867).