Emanzipation
(lat.), die Entlassung eines
Hauskindes aus der väterlichen
Gewalt. Im ältern römischen
Recht war hierzu bei
Söhnen ein dreimaliger, bei Töchtern ein einmaliger Scheinverkauf (mancipatio) erforderlich und dann
erst die förmliche
Freilassung (manumissio) des
Hauskindes zulässig, welch letzteres dadurch aus dem
Kreis
[* 2] der durch dieselbe
¶
mehr
väterliche Gewalt Verbundenen, der Agnaten, und aus der väterlichen
Gewalt selbst heraustrat. Diese umständliche Form der
Emanzipation
kam jedoch mehr und mehr außer Geltung, seitdem durch Kaiser Anastasius die Emanzipation
durch kaiserliches Reskript gestattet wurde
(emancipatio Anastasiana). Justinian endlich erklärte die Emanzipation
durch Entlassungserklärung des Hausvaters unter Zustimmung
des Hauskindes vor Gericht für zulässig (emancipatio Justinianea). Dem deutschen Rechtsleben war jene
römische Sitte völlig fremd: der Haussohn tritt hier, namentlich in den Ländern sächsischen Rechts (emancipatio saxonica),
durch Anlegung eines selbständigen Haushalts (separata oeconomia), die Haustochter durch Verheiratung aus der Schutzgewalt
des Hausvaters.
Die neuern Zivilgesetzgebungen haben das deutsch-rechtliche System mit dem des neuern römischen Rechts
zu verschmelzen gesucht; so z. B. das allgemeine preußische Landrecht (Teil I, 2, § 210 ff.), wonach die väterliche
Schutzgewalt
bei einem großjährigen Sohn durch abgesonderte Wirtschaft, Betreibung eines öffentlichen Gewerbes oder Bekleidung eines
öffentlichen Amtes, bei einem minderjährigen durch Gestattung eines Gewerbebetriebs oder, wofern er das 20. Lebensjahr
zurückgelegt, durch ausdrückliche Erklärung des Hausvaters vor Gericht unter Zustimmung des Sohns und bei einer großjährigen
Tochter durch Verheiratung ihr Ende erreicht.
In der neuern Zeit hat man das Wort Emanzipation
auch auf ganz andre Verhältnisse übertragen und darunter im allgemeinen Entlassung,
Befreiung aus einem beschränkten, abhängigen Zustand verstanden. So kamen in der neuern Zeit zur
Sprache:
[* 4] Emanzipation
des Fleisches oder die Befreiung der sinnlichen, auf Befriedigung durch materielle Genüsse gerichteten Begierden
von den Schranken, welche ihnen auf der einen Seite Sitte und Religion, auf der andern soziale Verhältnisse entgegenstellen;
der Frauen oder die Befreiung des weiblichen Geschlechts von den Beschränkungen, mit welchen es natürliche und soziale Verhältnisse umgeben, daher man von emanzipierten Frauen dann zu sprechen pflegt, wenn sich dieselben in auffallender Weise geflissentlich über jene Schranken hinwegsetzen;
der Schule oder die Befreiung derselben, besonders der Volksschule, aus der abhängigen und untergeordneten Stellung zur Kirche;
der Juden oder die Versetzung derselben aus dem frühern Zustand der Rechtlosigkeit oder Rechtsbeschränkung in den des vollen Rechtsgenusses und Gleichstellung derselben mit den übrigen Staatsbürgern.
Wichtig ist vornehmlich die der Katholiken in Großbritannien [* 5] und Irland oder die Befreiung der katholischen Bewohner Großbritanniens und Irlands von den Rechtsbeschränkungen, denen sie ihres Glaubens wegen unterworfen waren, welche folgenreiche Maßregel durch die Parlamentsakte vom ins Leben trat.