Elysée,
Palast, s. Paris.
4 Wörter, 27 Zeichen
Palast, s. Paris.
L. (Einbeere), Gattung aus der Familie der Liliaceen, ausdauernde Kräuter mit langem,
kriechendem Rhizom, 4-10 quirlförmig gestellten Blättern unter der einzigen gipfelständigen Blüte und kugeliger, undeutlich 4-5furchiger Beere. Sechs Arten. Paris quadrifolia L. (Wolfsbeere, Fuchstraube, Steinbeere, s. Tafel »Giftpflanzen I«), [* ]
mit 10-25 cm hohem Stengel, vier in einen Quirl gestellten, elliptischen, zugespitzten Blättern, einer einzelnen, gipfelständigen Blüte und blauen Beere, in Laubwäldern Europas und Sibiriens. Der Wurzelstock riecht beißend-flüchtig, schmeckt ekelerregend und wirkt brechenerregend. Die Blätter riechen beim Reiben widerlich betäubend und wirken narkotisch-giftig, drastisch-purgierend und brechenerregend.
[* ] (hierzu der Stadtplan u. zwei Karten: »Umgebungen« u. »Befestigungen von Paris«),
die Hauptstadt Frankreichs, Sitz des Präsidenten der Republik, der Regierung und des Parlaments, zugleich Hauptstadt des Departements Seine, nächst London die volkreichste Stadt Europas und der Erde, liegt 30-100 m ü. M., unter 2° 20' östl. L. v. Gr. und 48° 50' nördl. Br., an beiden Ufern der Seine zwischen zwei Hügelketten, den Höhen von Belleville und Montmartre am nördlichen und jenen von Meudon und St.-Cloud mit dem 136 m hohen Mont Valérien am südlichen Ufer und schließt in dem Bette der Seine selbst zwei Inselchen, die Ile St.-Louis und die Cité, ein.
Die geographische Lage von Paris ist eine so günstige wie bei kaum einer andern Hauptstadt Europas, und sie erklärt die frühzeitige Gründung und die außerordentliche Entwickelung der Stadt. Paris ist zunächst der natürliche Mittelpunkt des ganzen Seinebeckens, es vereinigen sich dort Seine und Marne, wenig unterhalb die Oise; dorthin konvergieren auch, den Flußläufen folgend, die alten historischen, von der Natur vorgezeichneten und in der Kriegsgeschichte immer wieder hervortretenden Straßen, die am besten durch die Kanäle bezeichnet sind, welche ohne große Schwierigkeiten in allen Himmelsrichtungen über die erhöhte Peripherie des Seinebeckens u. als Radien nach dem Zentrum Paris geleitet werden konnten: der Oise folgend die Völkerstraße nach Belgien, der Marne die nach Lothringen und dem Mittelrhein, der Yonne und ihren Nebenflüssen die kulturhistorisch wichtigste zum Rhône und dem Mittelmeer, über die niedere Schwelle des Plateaus von Orléans nach der Loire und weiter durch die Senke von Poitou nach Aquitanien und Spanien, schließlich die Seine hinab zum Kanal.
Ferner beginnt hier infolge der Vereinigung mit den größten Nebenflüssen die Seine wasserreicher und infolge ihres gewundenen und daher langsamern Laufs in höherm Grad schiffbar zu werden; auch bildet hier der Fluß zwei Inseln, die nicht allein einen wichtigen Übergangspunkt, sondern auch eine durch den Fluß selbst geschützte Stadtlage schufen. Dazu konnten die Höhen, namentlich Montmartre im N., als Auslugposten dienen, von wo aus jeder Feind schon in großer Ferne sichtbar war.
Keins der Flußgebiete Frankreichs ist ein so einheitliches, auch in seinem geologischen Bau Einen Mittelpunkt so deutlich hervorhebendes wie das der Seine, selbst nicht das so ähnliche der Garonne mit dem Mittelpunkt Toulouse. Unter den großen Zentren von Frankreich war also Paris das Zentrum zwar nicht des größten, aber des einheitlichsten Flußgebiets und auch sonst, obwohl vom Mittelpunkt des Landes entfernt, das geographisch bevorzugteste Zentrum, und es ist daher begreiflich, daß es zur Hauptstadt gewählt wurde.
Dies war dann zusammen mit der Fruchtbarkeit der Umgebung, namentlich der reichen Getreidegegenden der Beauce und Brie, der leichten Zufuhr, dem trefflichen Baumaterial ein nicht zu unterschätzender Faktor, der weiter zur Entwickelung der Stadt beigetragen hat und immer noch, namentlich seit den letzten Jahrhunderten, beiträgt. Die Stadt hat einen Umfang von 34,530 m und einen Flächeninhalt von 7802 Hektar, wovon 714 auf das Strombett entfallen. Das Klima ist mild, die Durchschnittstemperatur beträgt im Winter 3,3,° im Sommer 18,1,° im Jahresmittel 10,74° C.; Regentage gibt es im Jahresmittel 145. Die nördliche Uferseite der von der Seine in einem nach N. gekrümmten Bogen durchschnittenen Stadt ist etwas größer als die südliche; die ältesten Niederlassungen gehören der letztern und der Citéinsel an, sind aber bis auf wenige Trümmerspuren verschwunden.
Die Mittelpunkte des modernen Lebens, die großen Kaufläden, Cafés, Restaurants, Theater, die Börse, die Post, die Bank, die Kunstsammlungen, sind vorwiegend auf dem rechten, die altertümlichen Baudenkmäler, die Ministerien, der Justizpalast, die Polizeipräfektur, die höhern Lehranstalten, die Akademie, die Münze auf dem linken Ufer oder in der Cité zu suchen. Administrativ zerfällt die Stadt seit in 20 Arrondissements, deren jedes von einem Maire und zwei Adjunkten verwaltet wird, nämlich:
1) Louvre, 2) Börse, 3) Temple, 4) Stadthaus, 5) Panthéon, 6) Luxembourg, 7) Palais Bourbon, 8) Elysée, 9) Oper, 10) St.-Laurent, 11) Popincourt, 12) Reuilly, 13) Gobelins, 14) Observatoire, 15) Vaugirard, 16) Passy, 17) Batignolles, 18) Buttes Montmartre, 19) Buttes Chaumont, 20) Ménilmontant.
Die alte Befestigung von Paris erinnert in ihren wechselvollen Schicksalen vielfach an diejenige Roms. Die neue Stadtumwallung mit den ältern detachierten Forts wurde auf Betreiben des Ministerpräsidenten Thiers in den Jahren 1841-44 ausgeführt und kostete 140 Mill. Frank. Der 9-12 m hohe Hauptwall mit 11 m breitem und 6 m tiefem Graben, mit gemauerter Eskarpe und Kontreskarpe in Erde besteht aus 94 Bastionen, hinter welchen eine Ringstraße und Eisenbahn (Gürtelbahn) herläuft. Er ist etwa 33 km lang u. enthält 66 Thore, von denen 11 gleichzeitig Eisenbahndurchgänge bilden, sowie 2 Durchlässe für die Seine und für die Kanäle de l'Ourcq und St.-Denis. Der ältere Fortsgürtel in einer Länge von etwa 55 km bestand 1870 aus 16 detachierten Forts und 13 Redouten; unter den erstern bildet der Mont Valérien, auf einem Felskegel 116 m über der Seine erbaut, eine kleine Festung für sich.
Veranlaßt durch die Belagerung 1870/71, wurde im J. 1874 mit dem Bau einer noch erheblich weiter vorgeschobenen dritten Befestigungslinie aus Forts, Redouten und Batterien mit einem Kostenaufwand von 60 Mill. Fr. (ohne Grunderwerb) begonnen. Ihr Zweck ist, durch ihre entfernte Lage die Stadt vor einer Beschießung und gänzlicher Einschließung zu schützen sowie mehrere verschanzte Lager zu bilden, die groß genug sind, ganzen Armeen Schutz und die Möglichkeit zu gewähren, sich zu einem Angriff zu sammeln und auszurüsten. Das Nordostlager mit St.-Denis im Rücken umfaßt die weit ausgedehnte Befestigungslinie vom Fort de Cormeil auf dem linken bis zum Fort de Chelles auf dem rechten Flügel; in ihr liegen
[* ] ^[Abb.: Wappen von Paris.]
Maßstab 1:100000.
Eisenbahn
Pferdebahn.
Zum Artikel »Paris«.
Maßstab 1:22500
Zum Artikel »Paris«.
Maßstab = 1:300.000
Zum Artikel »Paris«.
die Forts erster Klasse Cormeil, Domont und Vaujours, die zweiter Klasse von Montlignon, Montmorency, Ecouen, Stains und Chelles. Das Südostlager liegt zwischen Marne und Seine und erhält seinen Schutz durch das große Fort de Villeneuve am rechten Ufer der Seine und die Forts de Sucy, Champigny und Villiers. Auf die Befestigung des dritten, des Westlagers, ist besonders Sorgfalt verwendet worden; es hat die größte Ausdehnung und schließt auch Versailles noch ein, die großen Forts d'Arcy, St.-Cyr, Haut-Buc und Villeras decken diesen berühmten Ort, die beiden erstern liegen noch 7 km westlich Versailles und gegen 19 km von der Stadtenceinte.
Besonders stark ist das Fort de Palaiseau, zwischen welchem und dem östlichen Nachbarfort Villeneuve St.-George eine 15 km breite Lücke besteht. Aber im Rücken dieses Forts liegt noch die befestigte Stellung von Verrières und nochmals hinter dieser, in der Mitte zwischen ihr und den alten Forts (Issy und Vanves), das Fort Châtillon. Im ganzen besteht die neue Befestigung aus 7 Forts erster, 11 zweiter Ordnung und 27 Redouten und Batterien; diese Befestigungslinie hat bei 34 km Durchmesser von N. nach S., 45 km von O. nach W. eine Länge von 124 km, der eine feindliche Einschließungslinie von etwa 175 km Länge entsprechen würde; sie umschließt einen Flächenraum von etwa 1200 qkm.
Die berühmtesten Straßen, der Stolz der Pariser, sind die Boulevards und zwar die sogen. innern oder alten Boulevards, welche unter Colbert an Stelle der frühern Befestigungswerke als breite, mit Bäumen bepflanzte Straßen angelegt worden sind und sich in der nördlichen Stadthälfte von der Madeleinekirche in einem 4½ km langen Halbbogen bis zum Bastilleplatz fortsetzen. Sie sind in ihren Teilen verschieden benannt und werden von 5-7 Stockwerke hohen Gebäuden mit glänzenden Cafés, Restaurants und Verkaufsläden eingeschlossen.
Der Name Boulevards wurde in neuerer Zeit auch auf die sogen. äußern Boulevards übertragen, gleichfalls breite, mit Bäumen besetzte Straßen, Überreste der ehemaligen Zollgrenze, aber teilweise mit primitiven Häusern. Endlich werden als Boulevards auch die neu durchgebrochenen Straßen, wie z. B. Boulevard Malesherbes, Haußmann, Sébastopol, St.-Michel, St.-Germain etc., bezeichnet. Zu den schönsten Straßenanlagen sind ferner die Kais zu rechnen, welche sich an beiden Ufern der Seine hinziehen, mit Bäumen bepflanzt und mit Monumentalgebäuden eingefaßt sind.
Sie werden durch 28 Brücken miteinander verbunden, die meisten von monumentalem Ansehen und einige darunter, wie die Jéna-, die Alma- und die Invalidenbrücke, mit Standbildern oder sonstigen Skulpturen geschmückt; die bedeutendste von ihnen ist der zwischen 1578 und 1604 gebaute, auf 12 Bogen ruhende, 229 m lange, 23 m breite Pont Neuf, in dessen Mitte sich auf der westlichen Spitze der Citéinsel das Reiterstandbild des Königs Heinrich IV. erhebt. Eine weltbekannte Straßen- und zugleich Parkanlage sind die 2 km langen Champs-Elysées, das großartig entworfene Bindeglied zwischen dem Konkordienplatz und dem Tuileriengarten einerseits und dem Boulogner Gehölz anderseits, in ihrem untern, im Rond-Point endigenden Teil ein Park, welcher den alten Industriepalast, mehrere Cafés und andre Vergnügungsetablissements enthält, dann bis zur Place de l'Etoile eine breite, von palastartigen Gebäuden eingeschlossene Avenue.
Den Abschluß bildet auf dem erwähnten Platz der Arc de Triomphe de l'Etoile, ein kolossaler, 1806-25 erbauter Triumphbogen mit zahlreichen den Nationalruhm verherrlichenden Skulpturen (Herstellungskosten über 9 Mill. Frank). Hervorragende Straßen sind ferner die schöne, belebte Rue de Rivoli, welche sich vom Konkordienplatz in beinahe immer gerader Linie über 3 km lang parallel zur Seine bis zum Bastilleplatz (zuletzt unter dem Namen Rue St.-Antoine) erstreckt, die neue Avenue de l'Opéra, welche sich von der Place du Théâtre-Français in breiter, gerader Linie zum Opernhaus hinzieht, die Rue Castiglione und ihre Fortsetzung, die Rue de la Paix, mit Juwelierläden und Hotels besetzt, die Rue Royale und die Rue du Quatre Septembre.
Sehr belebte Straßen sind ferner die Rue Richelieu, Vivienne, Montmartre, Lafayette, Rue du Faubourg Poissonnière, Turbigo u. a. Das Straßennetz hat eine Länge von 877 km, wovon 204 km bepflanzt sind. Paris zählt 136 Plätze. Die bedeutendsten und historisch merkwürdigsten derselben sind und zwar zunächst am rechten Seineufer: die berühmte Place de la Concorde, ein längliches Achteck von 250 m Breite und 350 m Länge, mit prächtigen Perspektiven, im S. an die Seine (Konkordienbrücke), im O. an den Tuileriengarten, im W. an die Champs-Elysées grenzend, in der Mitte vom Obelisken von Luksor (1836) u. zwei imposanten Fontänen, an der äußern Linie von 8 Statuen französischer Städte geschmückt, eine historisch denkwürdige Stätte (Standplatz der Guillotine 1793-95, unter welcher auch Ludwig XVI. endete); der schöne, an den 4 Ecken abgestumpfte Vendômeplatz mit der 1805 zu Ehren der Großen Armee errichteten, 45 m hohen, mit der Bronze von 1200 eroberten Geschützen bekleideten Vendômesäule (1871 während der Kommune umgestürzt, seither jedoch wieder aufgerichtet), von der Statue Napoleons I. gekrönt;
die Place des Pyramides mit einer Reiterstatue der Jungfrau von Orléans von 1874;
die kleine Place des Victoires mit dem Reiterstandbild Ludwigs XIV.;
die Place du Châtelet mit der Fontäne der Siegesgöttin;
die Place de l'Hôtel de Ville (früher der als Richtstätte bekannte Grèveplatz);
die Place des Vosges (früher Place royale) mit der Reiterstatue Ludwigs XIII.;
der Bastilleplatz mit der 50 m hohen bronzenen Julisäule;
die Place du Trône, in welche 13 Straßen münden, mit 2 Säulen, welche die Standbilder Philipp Augusts II. und des heil. Ludwig tragen;
die Place de la République (früher du Château d'Eau) mit großer Fontäne;
am linken Ufer die Place du Palais Bourbon, St.-Michel, du Panthéon, Carrefour de l'Observatoire u. a.
Als Kapitale des Genusses besitzt Paris selbstverständlich eine große Anzahl öffentlicher Anlagen und Spaziergänge (s. Karte der »Umgebungen von Paris«). Unter denselben ist das seit den Kriegsereignissen von 1870/71 aufs neue verschönerte Boulogner Gehölz (s. Boulogne sur Seine), am westlichen Ende der Stadt zwischen der Festungsmauer und dem rechten Seineufer gelegen, der bedeutendste. Es ist namentlich seit 1852 von der Stadtgemeinde unter großen Geldopfern in einen modernen Park, das tägliche Stelldichein der vornehmen Welt, verwandelt worden, welcher unter anderm zwei künstliche Seen und einen Wasserfall enthält, und an welchen sich der Akklimatisationsgarten für fremde Tier- und Pflanzengattungen und die große, als Rennplatz benutzte Wiese von Longchamp (s. d.) anschließen. Am östlichen Ende der Hauptstadt liegt das nicht minder ausgedehnte und liebliche Gehölz von Vincennes, welches durch den Exerzier- und Artillerieschießplatz in zwei Hälften geteilt wird, mit dem Lac de Charenton
und andern kleinen Seen, dem schönen Aussichtspunkt Pavillon Robert etc. Der Norden der Stadt hat die aus den unwirtlichen Hügeln von Belleville hervorgezauberten Buttes Chaumont mit einer Kopie des Tempels der Sibylle in Tivoli, schönen Aussichtspunkten, einem See, einer Hängebrücke, Wasserfall und Grotte, der Süden endlich den Park von Montsouris mit einem See und dem von der Weltausstellung 1867 hierher übertragenen Bardo (Palast des Beis von Tunis) aufzuweisen.
Dabei befindet sich das große Wasserreservoir de la Vanne, welches 300,000 cbm Wasser fassen kann und mittels eines 175 km langen Aquädukts aus der Champagne mit Wasser gespeist wird. Im Innern der Stadt fehlt es ebenfalls nicht an Grün; zu den alten und wohlgepflegten Gärten der Tuilerien (der besuchtesten Promenade, 1665 von Lenôtre angelegt, mit Statuen, Vasen und Springbrunnen geziert und von Terrassen flankiert), des Luxembourg, des Palais-Royal und dem Jardin des Plantes, bestehend aus dem eigentlichen botanischen und dem zoologischen Garten, gesellen sich der schöne, 1778 angelegte, nunmehr vollkommen verjüngte Park von Monceaux und zahlreiche Squares, die hier nicht, wie in London, nur für die Anwohnenden, sondern für das Publikum überhaupt zugänglich sind.
Diese kleinen und großen Parkanlagen, deren Zahl noch immer nach Möglichkeit vermehrt wird, bewirken hauptsächlich, daß Paris von allen großen Städten Europas noch den erträglichsten Sommeraufenthalt gewährt, wie denn der Fremdenstrom auch in der schönen Jahreszeit am stärksten ist. Von den Monumenten, Fontänen und andern Denkmälern, welche Paris in überreicher Menge besitzt, erwähnen wir außer den schon genannten den in der Mitte des Square St.-Jacques sich erhebenden, 1522 erbauten gotischen Turm der ehemaligen Kirche gleiches Namens mit dem Denkmal Pascals, das Denkmal des Marschalls Ney, die Fontänen Louvois, Molière, Cuvier, St.-Michel, de l'Observatoire, de Grenelle, die triumphbogenartigen Portes St.-Martin und St.-Denis, welche 1674 und 1672 als Ehrendenkmäler Ludwigs XIV. errichtet und mit Reliefs versehen wurden.
Unter den Kirchen steht die altehrwürdige Kathedrale Notre Dame in der Cité obenan. Dieselbe wurde von 1163 an bis in das Ende des 13. Jahrh. an Stelle zweier älterer Kirchen in romanisch-gotischem Stil erbaut, im 18. Jahrh. mehrfach verändert, seit 1845 aber von Viollet le Duc wieder geschickt restauriert. Die Kathedrale ist 130 m lang, 48 m breit und 35 m hoch; sie hat eine bedeutende Hauptfassade mit drei reichen Portalen und zwei schöne Querschnittfassaden reinen gotischen Stils; die beiden unvollendeten Türme, der südliche mit der bekannten großen Glocke, erheben sich zu einer Höhe von 68 m. Das Innere zerfällt in 5 Schiffe und 37 Kapellen und hat reichgeschnitzte Chorstühle und trotz der Verwüstung durch die Revolution noch manche alte Kostbarkeiten.
Ein reizendes gotisches Bauwerk ist die im Hof des Justizpalastes gelegene Ste.-Chapelle, welche, 1242-1247 erbaut, neuerdings stilgemäß restauriert wurde und 1871 glücklicherweise von dem Brande des Justizpalastes verschont blieb; sie besteht aus einer untern und einer obern Kapelle, enthält schöne alte Glasmalereien und polychrome Ausstattung und ist mit einem vergoldeten Turm gekrönt. Künstlerischen Wert haben von den übrigen Kirchen insbesondere die folgenden: die romanische Kirche St.-Germain des Prés, aus dem 11. und 12. Jahrh., mit bedeutenden Wandgemälden von Hippolyte Flandrin u. a.;
St.-Germain l'Auxerrois, aus dem 12.-16. Jahrh., lange Zeit die Hofkirche, mehrfach zerstört, aber wiederhergestellt, mit malerischer Fassade;
St.-Etienne du Mont, 1517-37 in gotischem Stil erbaut, mit zahlreichen Details französischer Renaissance, schlankem Turm, Glasmalereien und der Gruftkapelle der heil. Genoveva;
St.-Eustache, 1532-1641 in gotischem Stil erbaut, mit verschiedenen spätern Zuthaten und dem bemerkenswerten Grabdenkmal Colberts;
St.-Sulpice (1646-1749), mit säulengeschmückter Fassade und zwei Türmen (der eine unvollendet), im Innern mit neuern Wandgemälden;
das schicksalsreiche Panthéon (Ste.-Geneviève), ein nach dem Plan Soufflots 1764 begonnener griechisch-römischer Bau, der als Mausoleum berühmter Männer bis 1851, 1851-85 aber wieder als katholische Kultusstätte diente, mit großem Giebelrelief von David d'Angers und imposanter Kuppel;
die Madeleine, 1806-42 in der Form eines antiken römischen Tempels mit 54 umlaufenden korinthischen Säulen erbaut, mit großem Relief im Giebelfeld, schöner Bronzehauptthür, im Innern einschiffig, von drei Kuppeln überdeckt und mit zahlreichen Marmorbildwerken und Gemälden versehen;
endlich von den neuern die Kirchen Notre Dame de Lorette, eine 1823-36 erbaute, mit modernen Gemälden ausgestattete Basilika, St.-Vincent de Paul, 1824-44 in imposanter Lage erbaut, im Innern eine fünfschiffige Basilika mit polychromer Decke, großem Wandgemälde von Flandrin und modernen Glasmalereien, Ste.-Clotilde, eine moderne gotische Kirche (1846-57), La Trinité, moderne Renaissancekirche (1867) mit reicher Fassade, St.-Augustin (1868), St.-Ambroise (1863-69), beide in romanischem Stil erbaut.
Von den gottesdienstlichen Gebäuden andrer Konfessionen ist insbesondere die im byzantinischen Stil erbaute russische Kirche hervorzuheben. Zur Aufnahme der irdischen Reste der Bevölkerung dienen gegenwärtig nur fünf Friedhöfe, und von diesen sind drei, der Père-Lachaise, Montmartre und Montparnasse, die wegen ihres imposanten Umfangs, der Pracht ihrer Monumente und des Reichtums an berühmten Toten zu den größten Sehenswürdigkeiten der Stadt gehören, nur noch für als Grundeigentum erworbene Grabstätten (sépultures à perpétuité) reserviert, während die Friedhöfe von St.-Ouen und Ivry die Leichen aufnehmen, die sich mit einer zeitweiligen Ruhestatt von fünf Jahren begnügen müssen. Dann werden die ausgegrabenen Gebeine in den Katakomben, ursprünglich alten Steinbrüchen im S. der Stadt, aufgespeichert. Um diesem Übelstand abzuhelfen, wird jetzt eine ungeheure Nekropole von 827 Hektar auf dem unfruchtbaren Plateau von Méry sur Oise, eine Eisenbahnstunde nördlich von Paris, angelegt.
Das hervorragendste weltliche Bauwerk von Paris ist der Gebäudekomplex des Louvre und der Tuilerien, von der Seine, dem Tuileriengarten, der Rue de Rivoli und der Rue du Louvre begrenzt. Das Louvre, das älteste und eigentliche Königsschloß von Paris (s. »Baukunst«, Tafel XII, 4), in welchem fast drei Jahrhunderte hindurch die gekrönten Häupter Frankreichs residierten, wurde in seiner heutigen Gestalt in verschiedenen Perioden erbaut (begonnen unter Franz I. durch Lescot 1546, fortgesetzt unter Katharina von Medici, Heinrich IV., Ludwig XIII., Ludwig XIV. und Napoleon III.). Es wurde 1871 teilweise zerstört, aber seitdem wiederhergestellt und besteht aus
dem alten Louvregebäude mit der von Perrault 1674 in kolossalen Verhältnissen ausgeführten Fassade mit Säulenordnung und den die Place Napoléon flankierenden Bauten des neuen Louvre mit vorspringenden Pavillons und reicher Skulpturausstattung. Diese neuern Bauten stellen die Verbindung mit dem Tuilerienpalast her, so daß der ganze Gebäudekomplex ein aus drei Abteilungen bestehendes, von O. nach W. gestrecktes längliches Viereck bildet, welches den eigentlichen Louvrehof, die Place Napoléon und die Place du Carroussel umschließt.
Der Tuilerienpalast, 1564 unter Katharina von Medici von Philibert Delorme begonnen und mit wiederholten Unterbrechungen fortgeführt, wurde 1871 von den Kommunarden in Brand gesteckt und 1883 ganz abgetragen; nur zwei zum Louvre führende Flügel (Pavillon de Marsan und de Flore) sind erhalten. Die Place Napoléon ist mit Gartenanlagen versehen; auf der Place du Carroussel steht der von Napoleon I. 1806 nach dem Muster des Triumphbogens des Septimius Severus erbaute Arc de Triomphe du Carroussel, von einer Quadriga gekrönt.
Das Louvre enthält gegenwärtig die reichhaltigen Museen (s. unten), welche im J. 1871 glücklicherweise von der Zerstörung verschont blieben (nur die wertvolle Louvrebibliothek verbrannte), im nördlichen Bau des neuen Louvre ist das Finanzministerium untergebracht, dessen ehemaliges Palais in der Rue de Rivoli 1871 gleichfalls verbrannt wurde. Nahe dabei steht das Palais-Royal, dessen ältester Teil 1629-34 von Kardinal Richelieu erbaut wurde, später von verschiedenen Mitgliedern der königlichen Familie (insbesondere aus der Linie Orléans) bewohnt, jetzt Sitz des Staatsrats und des Kassationshofs; es besteht aus einem Vorbau mit Säulenhalle und drei Gebäuden, welche einen großen gartenähnlichen Hof (Jardin du Palais-Royal) einschließen und in ihren dem Garten zugekehrten, einem lebhaften Verkehr dienenden Galerien zahlreiche Restaurants und Kaufläden für Luxusartikel enthalten. Im nördlichen Teil des Palastes befindet sich das Théâtre du Palais-Royal, während südlich das Théâtre-Français angebaut ward (1782). Von öffentlichen Gebäuden und Palästen sind ferner zu erwähnen: das Palais d'Elysée, aus dem 18. Jahrh., von der Marquise von Pompadour reich ausgestattet, seit der Revolution Staatseigentum, jetzt Residenz des Präsidenten der Republik, mit großem Garten;
der in seinen Hauptteilen der Renaissanceperiode angehörige, unter Katharina von Medici 1615-20 von Jacques Desbrosses erbaute Palast Luxembourg, welcher, auf dem südlichen Seineufer gelegen, der Reihe nach fürstliche Personen, Regierungen und politische Körperschaften beherbergte, dazwischen in der großen Revolution als Staatsgefängnis diente, in seinen prächtigen Sälen eine ansehnliche Kunstsammlung (s. unten) enthält und von einem schönen Garten umgeben ist;
der Palast des Gesetzgebenden Körpers, 1722 als Palais Bourbon erbaut, seit 1804 dem Parlament eingeräumt, mit reichdekorierten Sälen;
das 1810-35 erbaute monumentale Palais du Quai d'Orsay, 1871 niedergebrannt;
der Palast der Ehrenlegion, 1786 erbaut, nach dem Brand von 1871 wiederhergestellt;
das Palais de Justice, ein großer Gebäudekomplex auf der Citéinsel, ursprünglich Residenz der Könige von Frankreich, dann Sitz des Parlaments, jetzt der Justiz- und Polizeiverwaltung dienend, nach den wiederholten Zerstörungen (1618, 1776 u. 1871) restauriert, mit wenigen vom ursprünglichen Bau erhaltenen Resten (Tour de l'Horloge etc.), der Ste.-Chapelle (s. oben), der großen Salle des Pas perdus und andern Sitzungssälen;
das gegenüberliegende Handelsgericht (1860-66) mit Kuppel und stattlicher Treppe;
das Ministerium des Äußern (1845) am Quai d'Orsay;
das Hôtel de Ville, 1533-1628 von Boccadoro u. a. in französischem Renaissancestil erbaut, seit 1837 erweitert und im Innern prachtvoll ausgestattet, 1871 von den Kommunarden niedergebrannt, seither aber in der frühern Gestalt wieder aufgebaut;
das 1671-74 unter Ludwig XIV. erbaute Hôtel des Invalides, welches eine reiche Waffensammlung, das Musée d'Artillerie, enthält und den Invalidendom in sich schließt, einen quadratischen Kuppelbau von 1706 mit Krypte, in welchem sich seit 1841 das Grab Napoleons I. befindet, ferner mit den Grabmälern von Turenne und Vauban;
die 1838 vollendete École des Beaux-Arts mit schöner Fassade;
das Conservatoire des Arts et Métiers, eine ehemalige, 1060 gegründete Abtei St.-Martin, von deren Räumen namentlich die Kirche und das Refektorium, beide aus dem 13. Jahrh., erhalten sind;
das großartige Opernhaus, 1861-75 von Garnier erbaut, mit reicher, aber etwas gedrückter Fassade, verschwenderisch ausgestattetem, beinahe überladenem Zuschauerraum mit 2156 Plätzen und einem mit trefflichen Deckengemälden geschmückten Foyer (Gesamtkosten 36 Mill. Frank);
das umfangreiche, 1751 errichtete Gebäude der École militaire, jetzt Kaserne (die Schule wurde nach St.-Cyr verlegt);
die Börse, 1808-27 in Form eines griechischen Tempels erbaut, mit korinthischen Säulen und Standbildern;
das Hôtel des Monnaies (Münzgebäude), am Quai Conti 1771 errichtet;
der alte Industriepalast in den Champs-Elysées, für die erste Pariser Weltausstellung 1855 erbaut, jetzt zu der jährlichen Kunstausstellung (»Salon«) dienend;
der Trocadéropalast, ein aus Anlaß der Weltausstellung 1878 in orientalischem Stil errichteter halbkreisförmiger Festbau.
Auch für die Weltausstellung des Jahrs 1889 werden auf dem Marsfeld große Bauten (darunter der viel angefochtene Eiffelturm) aufgeführt.
Die Zahl der Einwohner betrug 1886 bei mehr als 76,000 Wohnhäusern 2,344,550, dagegen 1881: 2,269,023, 1861:1,696,141, 1836: 909,126, 1798: 640,504. Das Anwachsen der Pariser Bevölkerung ist selbstverständlich weniger der natürlichen Zunahme infolge Überschusses der Geburten über die Sterbefälle als vielmehr dem fortwährenden Zufluß ortsfremder Bevölkerung nach Paris zuzuschreiben. Von 1000 Bewohnern sind denn auch nur 322 in Paris, 38 in andern Orten des Departements Seine, 565 im übrigen Frankreich und 75 im Ausland geboren. Die Bevölkerungsbewegung ergab 1884 folgende Hauptdaten: 20,562 Trauungen, 63,840 Geburten, 5019 Totgeborne, 56,970 Sterbefälle.
Dem Glaubensbekenntnis nach umfaßt die ihrer überwiegenden Mehrheit nach katholische Pariser Bevölkerung zufolge der letzten Erhebung (1872) 19,424 Calvinisten, 12,634 Lutheraner, 9615 sonstige Protestanten, 23,434 Juden und 1572 Mohammedaner und Buddhisten; 13,905 Individuen erklärten, überhaupt keinem Kultus anzugehören, und 11,041 bekannten sich zu religiösen Überzeugungen, die in ihrer Eigentümlichkeit sich jeder Klassifizierung entziehen. An der Spitze des aus 1193 Geistlichen zusammengesetzten Klerus von Paris steht der Erzbischof. Der Posten gilt für ebenso ehren- und einflußreich wie gefährlich; drei Erzbischöfe von Paris sind im Lauf
des letzten Menschenalters eines gewaltsamen Todes gestorben, obwohl die Masse der Bevölkerung, namentlich die Frauen, der Priesterschaft ergeben und nur ein Bruchteil, der dann aber von um so intensiverm Haß beherrscht wird, derselben feindlich ist.
Man kann darüber rechten, ob Paris den stolzen Beinamen der Hauptstadt der Welt verdient, den es sich selbst so gern beilegt, und welchen ihm seine Schmeichler, mit Victor Hugo an der Spitze, bei jeder Gelegenheit und nicht ohne die lächerlichsten Variationen (Paris-Lumière, Paris-Monde etc.) als schwache Huldigung darzubringen pflegten. Nach der Einwohnerzahl und als Weltemporium steht ihm London weit voran; an historischer und kulturgeschichtlicher Bedeutsamkeit kann es sich nicht mit Rom, an natürlicher Schönheit nicht mit Neapel, Lissabon oder Stockholm messen; in bunter Völker- und Rassenmischung wird es von Konstantinopel, Wien und New York übertroffen.
Gleichwohl übt Paris noch heute auf die Eingebornen wie auf die Fremden aller Nationen, ohne Unterschied des Ranges und Bildungsgrades, einen Zauber, welchen selbst die schroffsten politischen, religiösen und sozialen Gegensätze nicht brechen, die von andern Hauptstädten im Lauf unsers Jahrhunderts erzielten riesenhaften Fortschritte nicht entkräften konnten. Zu diesem für jedermann unwiderstehlichen Reiz der französischen Metropole wirken verschiedene Faktoren zusammen: Paris ist der Sitz einer vielhundertjährigen Zivilisation, der Brennpunkt der Kultur einer hochbegabten, von der Natur reich gesegneten, auf den verschiedensten Gebieten geistiger Thätigkeit hervorragenden, auf dem des Geschmacks und der Mode bis auf den heutigen Tag tonangebenden Nation, deren ganzes öffentliches Leben sich vermöge der straffsten politischen Zentralisation durch tausend Kanäle in dieser einzigen und wahren Hauptstadt zusammendrängt.
Sinnliche und geistige Genußsucht, Frivolität und ernstes Streben, das Bedürfnis nach eitler Zerstreuung und das Verlangen, recht unmittelbar am »sausenden Webstuhl der Zeit« zu stehen, der gröbste und der raffinierteste Geschmack finden in Paris ihre Rechnung. Keine andre Stadt ist durch langjährige Übung besser darauf eingerichtet, die Fremden aller Nationen zu empfangen und es ihnen bei sich heimisch zu machen, keine Stadt besitzt so viele Theater und Vergnügungslokale, keine Stadt hat aber auch einen solchen Fremdenverkehr aufzuweisen wie Paris. Endlich ist das Verdienst der Stadtverwaltung um den unvergleichlichen Universalerfolg der Stadt Paris nicht zu unterschätzen: von jeher haben sich die Regierungen Frankreichs in dem Bestreben, Paris zu verschönern, zu vervollkommnen, mit Sehenswürdigkeiten aller Art zu bereichern, überboten, und wenn dies häufig nur mit Hilfe einer unverhältnismäßigen Belastung der öffentlichen und städtischen Steuerlast geschah, so blieben die Resultate für die Stadt selbst darum nicht minder gewonnen.
Von allen großen Städten Europas ist Paris die gesündeste; seine Einrichtungen für die öffentliche Verpflegung, für Licht, Wasser, Luft, freie Zirkulation, Reinlichkeit, kurz, für alle materiellen Bedürfnisse eines großen Bevölkerungszentrums sind mustergültig und haben in der denkwürdigen 133tägigen Belagerung, vom bis die furchtbarste und entscheidendste aller Proben bestanden. Dabei ist die Bevölkerung dichter zusammengedrängt als irgendwo anders: auf das QKilometer entfallen nicht weniger als 30,050 Seelen. Am dichtesten ist die Bevölkerung im Stadtteil Börse, am wenigsten in Popincourt zusammengedrängt.
Besonders staunenswert ist die Verproviantierung, welcher die in zwölf Pavillons zerfallenden Zentralhallen nebst zahlreichen auf die einzelnen Stadtviertel verteilten Märkten, die alte, aus dem Jahr 1763 datierende Getreidehalle, der Viehmarkt und die Schlachthäuser von La Villette und das große, an den Jardin des Plantes grenzende Weinentrepot, dessen Keller 1 Mill. hl Wein fassen können, als Mittelpunkte dienen. In umfassender Weise ist auch ganz Paris mit einem Kloakennetz versehen, welches mittels eines großen Sammelkanals unterhalb Asnières in die Seine mündet.
Die Industrie ist in Paris in allen ihren Zweigen vertreten. Als Industriezentrum wird es höchstens London nachstehen, denn es zählt nicht weniger als 1,100,000 bei der Industrie beschäftigte Personen. Mit Einschluß des in gewerblicher Beziehung von Paris schwer zu trennenden übrigen Departements Seine zählte man 1881 bei der Fabrikindustrie 6654 Unternehmer, 13,539 Beamte, 146,784 Arbeiter und 121,232 Familienmitglieder; dagegen beim Kleingewerbe 70,157 Unternehmer, 52,272 Beamte, 564,042 Arbeiter und 372,596 Familienglieder.
Die Pariser Industrie charakterisiert sich hauptsächlich durch kleine Werkstätten, außerdem aber durch weitestgehende Arbeitsteilung. Große Etablissements zählt vor allem die metallurgische Industrie und zwar für Eisenbahnmaterial und Reparaturen, für Bronzen und Lampen, Messing- und Tombakwaren, Maschinen und Apparate, neben welchen sich zahlreiche kleine Unternehmungen für die verschiedensten Werkzeuge, Apparate und mechanischen Vorrichtungen, Maschinen- und Uhrenbestandteile vorfinden.
Außerdem bestehen geschlossene Fabriken für chemische Produkte, Seife, Kerzen, Farbewaren, Gas, Zuckerraffinerie, für Schokolade, konservierte Früchte und Gemüse, Likör, in neuerer Zeit auch Bierbrauerei, Zündhölzchen, Porzellan, Fayence und Majolika, Eisenbahnwagen und Kutschen, Leder, Sattler- und Riemerwaren, Kautschuk- und Guttaperchawaren, Typographie, Kunsttischlerei, für Shawls, Teppiche, Tapeten, Hüte, Schuhwaren, Kleider und Wäsche.
Kleinere Unternehmungen dagegen stehen hauptsächlich im Dienste der Kunstindustrie; sie liefern Gold- und Silberwaren, echten und falschen Schmuck, Gravüren, Bronzen, Garnituren, typographische und lithographische Arbeiten, Buntpapier, Stickereien, Posamentierwaren u. a. Einen großen Umfang hat ferner (und zwar gleichfalls im kleinern Betrieb) die Präzisionsmechanik, insbesondere die Erzeugung von optischen und chirurgischen Instrumenten und Apparaten, Uhren, Musikinstrumenten, anatomischen Präparaten, Wagen und Jagdwaffen, sowie das vielverzweigte Baugewerbe. In eigentlichen Luxusartikeln endlich liefert Paris jährlich für den Weltmarkt außerordentliche Quantitäten von Drechsler- und Kinderspielwaren, Necessaires, Korbwaren, Buchbinder- und Kartonagearbeiten, Objekten in Stahl und Aluminium, Agraffen, künstlichen Blumen, Modewaren, Parfümerien, Schmuckfedern, Fächern, Knöpfen, Handschuhen etc. In vielen Artikeln ist Paris nur das geschäftliche Zentrum, von welchem die Aufträge und Muster ausgehen, und wo die Verfeinerung zur vollendeten Handelsware vorgenommen wird. So steht denn auch die Industrie des Departements Seine außerhalb der Bannmeile der Hauptstadt fast ganz im Dienste der Pariser Industrieunternehmungen. Am hervorragendsten sind hier die Fabrikation von chemischen Produkten, Kerzen, Seife, Farbewaren, Firnissen und Lacken, Maschinen und Eisenwaren, Leder und Glas, die Färberei, Druckerei
und Bleicherei, die Eisengießerei und Gipserzeugung vertreten. Staatsmanufakturen bestehen in Paris für Tabak, Münzprägung, Buchdruck, Tapeten (Gobelins), im nahen Sèvres für Porzellan.
Hand in Hand mit der hoch entwickelten Industrie geht der in Paris konzentrierte und trefflich organisierte Handel. Beim Zollamt von Paris wurden 1885 in der Einfuhr (ohne Edelmetalle) 4,561,071 metr. Ztr. Waren im Wert von 427 Mill. Frank, in der Ausfuhr 890,325 metr. Ztr. im Wert von 388 Mill. Fr. behandelt. Die Zolleinnahme betrug über 113 Mill. Fr. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind: Wein, Zucker, Obst, Woll- und Baumwollwaren, Federn, Kakao, Kaffee, Papier und Bücher, Leder, Seidenwaren, Strohhüte.
Die hauptsächlichsten Ausfuhrartikel sind: Seiden-, Woll- und Lederwaren, Schmuckfedern, Spielwaren, falscher Schmuck, Modewaren und Kunstblumen, Papier und Bücher, Leder, Kleider und Wäsche. Seit etwa zehn Jahren weist allerdings der Export von Pariser Artikeln eine bedeutende Abnahme auf. Als Kommunikationsmittel dienen dem Handel außer den schiffbaren Flüssen und Kanälen die von Paris aus nach allen Teilen des Landes hin auslaufenden Eisenbahnen, deren Zentralverwaltung sich durchweg in Paris befindet.
Die Menge der mittels der Seineschiffahrt in Paris angekommenen Waren beträgt jährlich 1,6 Mill., die der abgeschickten Waren 0,6 Mill. Ton. Hierzu kommt der durch den Canal de l'Ourcq von St.-Denis und St.-Martin vermittelte Warenverkehr, welcher in beiden Richtungen zusammen 3,3 Mill. Ton. ausmacht. Für den Lokalverkehr sorgen außer den Eisenbahnen (darunter die Gürtelbahn) und den Seinedampfern die Omnibusse und Tramways. Erstere hatten 1885: 587 Wagen, 8095 Pferde und beförderten 105,4 Mill. Personen, letztere hatten 262 Wagen, 3309 Pferde und beförderten 74,3 Mill. Personen. An Kreditinstituten besitzt Paris vor allen die Bank von Frankreich, 1803 gegründet, mit dem Notenprivilegium versehen, mit 94 Filialen in ganz Frankreich und einem Aktienkapital von 182 Mill. Fr., ferner 26 bedeutendere Banken mit einem Aktienkapital von 862 Mill. Fr., eine Sparkasse mit einem Einlagenstand von 72,5 Mill. Fr., ein 1777 gegründetes Leihhaus (Mont de Piété) etc. Der Konsum der Pariser Bevölkerung ist naturgemäß ein außerordentlich großer. Er bezifferte sich 1885 an Fleisch und zwar Rind- und Schaffleisch auf 149,5, an Schweinefleisch auf 24,8 Mill. kg, an Wild und Geflügel 25,6, an Fischen 24,8, Austern 6,6, Butter 17,7, Eiern 21, Käse 5,3, Obst und Gemüse 233,4 Mill. kg, an Wein auf 4,6, Bier 0,3 Mill. hl, an Öl auf 15,2, Salz 14,5 Mill. kg, an Brennholz auf 0,7 Mill. Sters, an Holzkohle auf 5,1 Mill. hl, an Mineralöle auf 992,9 Mill. kg, an Gas auf 286,5 Mill. cbm.
An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt Paris 8 allgemeine Krankenhäuser (darunter das 1877 neugebaute Hôtel-Dieu, Lariboisière, Pitié etc.), 7 spezielle Krankenhäuser, 16 Anstalten für Irre, Sieche, Findelkinder etc., 20 Wohlthätigkeitsbüreaus nebst zahlreichen Asylen, Krippen, Werkhäusern und Unterstützungsgesellschaften.
Wie in keinem andern Staat, ist in Frankreich auch das Unterrichtswesen in der Hauptstadt zentralisiert. In dem gesamten höhern Unterrichtswesen weht jetzt ein frischerer Geist, und man beginnt sich aus den alten ausgetretenen Bahnen zu entfernen und namentlich nach deutschem Muster Reformen vorzunehmen. Die älteste und bedeutendste der Pariser Hochschulen ist die 1253 von Robert de Sorbon gegründete, in der Geschichte der geistigen Bewegung des Mittelalters besonders hervorragende Sorbonne, in dem 1629 unter Richelieu, der in der Kirche der Anstalt beigesetzt ist, errichteten Gebäude noch heute Sitz zweier Fakultäten, nämlich der Naturwissenschaften und der schönen Litteratur, die ehrwürdige Wiege des höhern Unterrichts, der auch hier seine Feste und Preisverteilungen feiert.
Die Juristen erhalten in der am Panthéonplatz gelegenen Faculté de droit, die Ärzte in der École de médecine (Amphitheater für 1400 Zuhörer) ihre Ausbildung. Die École pratique dient noch besonders für anatomische, chemische, physische, physiologische und biologische Studien und Übungen. Außer ihr gehören noch hierher die École de pharmacie, mehrere Écoles d'accouchement, die auf alle größern Hospitäler verteilten Kliniken, die anatomischen Sammlungen Orfila und Dupuytren und der Jardin des Plantes mit seinen reichen naturwissenschaftlichen Sammlungen.
Alle bisher genannten Hochschulfakultäten haben zusammen über 200 Lehrstühle und mehr als 8000 Studierende. Zu den Hochschulen ist ferner zu rechnen das Collège de France, 1529 von Franz I. ins Leben gerufen, welches ebenfalls Unterricht in Litteratur, Geschichte, Naturwissenschaft und andern Fächern erteilt, dann die École pratique des hautes études, ein Staatsinstitut mit fünf Sektionen. Endlich ist in neuerer Zeit noch eine schnell emporblühende freie katholische Universität hinzugekommen.
Für den höhern technischen Unterricht bestehen 4 Anstalten: die polytechnische Schule (École polytechnique), welche vom Kriegsministerium ressortiert, Militär- und Zivileleven umfaßt und einerseits die Ausbildung für die Artillerie, das Geniewesen und die Marine, anderseits für den Straßen- und Brückenbau, Bergbau, Staatsmanufakturen, Telegraphenwesen etc. bezweckt;
die École nationale des ponts et chaussées, welche für die Heranbildung von Wegebauingenieuren, zunächst für den Staatsbaudienst, bestimmt ist;
die École centrale des arts et manufactures, welche Ingenieure für alle Branchen der Industrie und für öffentliche Dienste, deren Leitung nicht den Staatsingenieuren obliegt, heranzieht;
die École spéciale d'architecture, welche durch Privatmittel gegründet und für die Heranbildung von Architekten bestimmt ist.
Die technischen Hochschulen haben zusammen 120 Lehrstühle und gegen 1500 Studierende. Das Konservatorium für Künste und Gewerbe ist eine höhere Fachschule und hat neben reichhaltigen Sammlungen von Maschinen, Instrumenten, landwirtschaftlichen und Industrieprodukten und einer Bibliothek 15 Kurse. Nennenswerte Fach- und Speziallehranstalten sind ferner: die École des chartes zur Ausbildung von Archivaren und Paläographen, die Spezialschule für lebende orientalische Sprachen, die höhere Normalschule für Mittelschullehrer, die École des mines für berg- und hüttenmännische Ausbildung mit mineralogischem u. geologischem Museum, die Tabaksmanufakturschule, die Schule der höhern Handelsstudien, das agronomische Nationalinstitut, die École des beaux-arts für Maler, Bildhauer, Architekten, Kupferstecher und Graveure mit einer Sammlung von Kunstwerken und Gipsabgüssen und berühmtem Wandgemälde von Delaroche, die Nationalschule der dekorativen Künste, das Nationalkonservatorium für Musik und Deklamation mit wertvollen Sammlungen musikalischer Instrumente, die höhere Kriegsschule, die höhere Marineschule und die Seegenieschule. Paris zählt ferner an Mittelschulen 6 Lyceen, 3 Collèges und mehrere Privatunterrichtsanstalten, endlich an
Elementarschulen 340 öffentliche und 1020 Privatanstalten nebst 130 Elementarschulen für Erwachsene (cours d'adultes). Die Krone des gesamten geistigen Lebens von Frankreich bildet das 1795 ins Leben gerufene Institut de France (s. Akademie). Unabhängig von dem Institut besteht die aus diesem Jahrhundert datierende Académie de médecine, dann eine Legion sonstiger gelehrter Gesellschaften für alle Wissenschaften und Hilfswissenschaften, Künste und Berufszweige.
Besonders reich ist an Bibliotheken, darunter die großartige Nationalbibliothek mit über 2 Mill. Bänden, 100,000 Handschriften, 1½ Mill. Stichen, Schnitten und Lithographien, zahlreichen Karten, 250,000 Medaillen und Münzen und einer wertvollen Sammlung von Antiken;
Bibliothek Mazarin mit 200,000 Bänden, 4000 Handschriften, 80 Reliefmodellen;
Bibliothek des Arsenals mit 200,000 Bänden, 8000 Handschriften;
Bibliothek Ste.-Geneviève mit 160,000 Bänden, 3500 Handschriften;
Bibliothek der Sorbonne mit 180,000 Bänden und 1000 Handschriften;
Bibliothek Bourbon mit 80,000 Bänden;
Bibliothek der École de médecine mit 35,000 Bänden.
Sehr reich an historischen Dokumenten ist auch das Nationalarchiv. Unter den übrigen wissenschaftlichen Anstalten verdienen Erwähnung: die 2 Sternwarten, das Mineralienkabinett und das große naturhistorische Museum.
In dem Reichtum und der Mannigfaltigkeit seiner Kunstschätze steht Paris unübertroffen da, denn nirgends sind die Kunsterzeugnisse aller Länder und Zeiten vollständiger vertreten und übersichtlicher zusammengestellt als in der französischen Hauptstadt. Das Louvre allein kann dem Kunstfreund eine Reise durch alle Stätten der menschlichen Zivilisation ersparen. Im alten Louvrepalast und im südlichen Flügel des neuen Louvregebäudes sind, teilweise in prächtigen Räumen (darunter die Apollogalerie), nicht weniger als 17 bedeutsame Sammlungen aufgestellt und zwar: das assyrische und phönikische Museum, das ägyptische Museum, eine große Sammlung etrurischer und griechischer Vasen, die Kollektion Campana (4500 Gegenstände der griechischen und altitalischen, namentlich etrurischen, Töpferkunst nebst pompejanischen Wandgemälden), das Museum antiker Skulpturen (darunter Meisterwerke, wie die Venus von Milo, Diana mit der Hirschkuh, der Borghesische Fechter), die Sammlung antiker Bronzen, die altchristlichen und jüdischen Altertümer, die Sammlung von Skulpturen und kleinern Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissance, die Sauvageotsche Sammlung verschiedener mittelalterlicher Kunstobjekte, die reichhaltige Gemäldegalerie, welche über 1800 Werke aller Schulen umfaßt (darunter Raffaels große heilige Familie und La belle jardinière, Veroneses Hochzeit zu Kana, Rubens' Gemälde zur Verherrlichung der Maria von Medici und Heinrichs IV. etc.), die Sammlung La Caze, gleichfalls mit wertvollen Gemälden, die Sammlung von Handzeichnungen (35,500 Blätter), die Sammlung von Kupferstichen (5000 Blätter), das Museum moderner Skulpturen, die Lenoirsche Sammlung (Lackarbeiten, Dosen, Miniaturen, Schmucksachen, chinesische Gegenstände etc.), das Marinemuseum und das ethnographische Museum.
Kunst- und Prachtliebe der Monarchen, Kunstsinn und Liberalität der Nation wie Einzelner haben diese Sammlungen geschaffen. Dazu kommen aber noch das Museum im Palais Luxembourg, welches als Ergänzung der Louvremuseen in Bezug auf die Sammlung französischer Gemälde und Skulpturen, namentlich von Künstlern der Gegenwart, dient; das Musée de Cluny, welches in dem im 15. Jahrh. erbauten Hôtel de Cluny (an der Stelle römischer Thermen, von welchen noch zwei Baderäume erhalten sind) untergebracht ist und eine reiche Sammlung von Kunstgegenständen, Möbeln und Geräten aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Renaissance enthält; das städtische Musée Carnavalet mit Bibliothek, die Münz- und Medaillensammlung im Hôtel des Monnaies und die mit einzelnen Unterrichtsanstalten verbundenen oben erwähnten Sammlungen nebst einer großen Zahl meist schwer zugänglicher Privatsammlungen. Überdies finden noch alljährlich im »Salon« Ausstellungen neuer Kunstwerke wie auch größere Spezialausstellungen im Industriepalast statt.
Wie die hauptstädtischen Zeitungen aller zivilisierten Länder, so ist auch die Tagespresse von Paris ein getreuer Spiegel des geistigen und gesellschaftlichen Lebens der Nation. An Raschheit, Zuverlässigkeit und Mannigfaltigkeit der Informationen wird sie nicht nur von der englischen, sondern in neuerer Zeit auch von der deutschen und österreichischen Presse weit übertroffen. Das Institut der Spezialkorrespondenten in fremden Hauptstädten ist in ihr nur sehr spärlich entwickelt, wie denn der französische Zeitungsleser, obwohl auch hier die Ereignisse von 1870/71 belehrend gewirkt haben, für auswärtige Angelegenheiten noch immer wenig Verständnis und noch weniger Interesse hat.
Die Kenntnis fremder Sprachen, selbst des Englischen, ist bei den Pariser Journalisten eine seltene Erscheinung, was natürlich den Wert ihrer Mitteilungen über auswärtige Vorgänge und Verhältnisse sehr herabdrücken muß. Dagegen liegt ihre Stärke in dem Schwung, der Klarheit und dialektischen Schärfe ihrer räsonierenden Artikel, des sogen. Premier-Paris, in welchem die bedeutendsten politischen Federn Frankreichs glänzen, da der Journalismus hier ohne den mühseligen Durchgang durch Prüfungen und langjährige Dienste direkt zu den höchsten Staatsämtern, zu parlamentarischen Stellen, zu einem Sitz in der Akademie führt.
Sehr viele französische Staatsmänner haben daher eine Zeitlang in der Presse gewirkt, deren Organe selbstverständlich die bunteste Mannigfaltigkeit in Ton und Haltung wie Parteistellung zeigen. Der Gebrauch, die Artikel zu unterzeichnen, hat das Standesgefühl belebt und schützt vor gewissen Ausschreitungen, wenn auch nicht vor der in einzelnen vielgelesenen Blättern geflissentlich hervortretenden Frivolität und Skandalsucht, vor der Neigung zur Darstellung von Verbrechergeschichten, anstößigen Begebenheiten u. dgl.
Das Bühnenwesen steht in Paris anerkanntermaßen auf einer sehr bedeutenden Höhe. Die französische Schauspielkunst, in den leichtern Gattungen des Konversationsstücks und der Posse, im drastischen Volksschauspiel und im blendenden Ausstattungsstück unübertroffen, bietet hier für alle diese Gattungen die hervorragendsten Muster. Die heroische, die komische Oper, die Operette, das Ballett verfügen, wenn nicht immer über die ersten künstlerischen Kräfte, so doch über das reichhaltigste und geschulteste Personal und Material. Das französische Theater trägt stets der augenblicklichen Richtung des Tags Rechnung und steht im engsten Zusammenhang mit dem Leben. Nur auf dem Gebiet der großen Oper ist die Produktion entschieden ermattet; Rossini, Meyerbeer, Auber und Halévy waren ihre letzten glänzenden Vertreter, und von ihren Schöpfungen zehrt noch heute fast ausschließlich die Pariser Oper, welche in dem neuen
Opernhaus (s. oben) eine herrliche Stätte gefunden hat. Das Gebäude der Komischen Oper ist mit mehreren hundert Personen im J. 1887 ein Raub der Flammen geworden. Für Opernvorstellungen besteht noch die Opéra-Populaire. Das von Offenbach ins Leben gerufene Genre der Operette hat sich, ein bedauerliches Zeichen des Zeitgeschmacks, eine ganze Reihe von Bühnen erobert, so die Bouffes-Parisiens, die Renaissance, die Folies-Dramatiques u. a. An der Spitze der recitierenden Bühnen steht das altehrwürdige und seinen Ruhm bis auf die neueste Zeit rechtfertigende Théâtre-Français (s. d., Salle Molière), ebenso mustergültig für die Darstellung der klassischen französischen Tragödie und Komödie wie für jene des modernen Schauspiels höherer Gattung.
Als eine Art Vorstufe und Vorschule für dasselbe, sowohl für Dichter als für Schauspieler, kann das Odéontheater, dem Luxembourg gegenüber, angesehen werden. Sonstige nennenswerte Theater, namentlich für Konversationsstücke, sind das Vaudeville und das Gymnase, für Feerien und Ballette das Châtelet u. a. Von kleinern, für das niedere Volk bestimmten Theatern sowie von Cafés chantants gibt es eine sehr große Zahl, ebenso ist in Paris kein Mangel an Zirkusvorstellungen und musikalischen Produktionen (darunter die berühmten Konzerte des Konservatoriums).
Für die Beratung der städtischen Angelegenheiten besteht ein Munizipalrat von 80 auf drei Jahre gewählten Mitgliedern. Der Seinepräfekt vereinigt in sich die Funktionen eines Zentralmaire von Paris. Die 20 Arrondissements besitzen je eine Mairie. Das Budget der Stadt Paris übersteigt dasjenige manches kleinen Königreichs. Für das Jahr 1888 wurden die ordentlichen Einnahmen mit 260 Mill. Frank (darunter Oktroi 137,5) und ebenso hoch die Ausgaben beziffert. Unter den letztern figurieren die Verzinsung und Amortisierung der Munizipalschuld mit 100,3 Mill. Fr., Unterricht mit 23,8, Polizei mit 25,5, Unterstützungs- und Humanitätsanstalten mit 22,8, öffentliche Straßen mit 20,2 Mill. Fr. Die städtische Schuld hat einen Stand von 1696,7. Mill. Fr. erreicht, wogegen der Besitz der Stadt mit 1616,9 Mill. Fr. bewertet wird. Man schätzt das Immobiliarvermögen innerhalb des von der Pariser Militärstraße umschlossenen Raums auf 23½ Milliarden Fr., wovon auf den Grundwert 11,7 Milliarden Fr. entfallen.
Paris ist Sitz des Präsidenten der Republik (im Elyséepalast), der Gesetzgebenden Körper, des Staatsrats, der Ministerien und sonstigen obersten Staatsbehörden, ferner der Seinepräfektur, der Polizeipräfektur, eines Generalkommandos, des Instituts der Ehrenlegion, der Staatsdruckerei, des Büreaus für Längenmessungen, eines Erzbistums, des protestantischen, reformierten und israelitischen Konsistoriums, an Gerichtsbehörden (außer dem Kassationshof) eines Appell- und Assisenhofs, eines Tribunals erster Instanz und eines Handelsgerichts, dann von 12 Friedensgerichten und 4 Conseils des Prud'hommes sowie eines deutschen Berufskonsuls.
Zur Zeit Julius Cäsars war die Gegend, wo jetzt Paris steht, im Besitz des keltischen Stammes der Parisier. Die Hauptstadt der Parisier, Lutuhezi, d. h. Wasserwohnung, bei den Römern und Griechen Lukotitia oder Lutetia (gewöhnlich Lutetia Parisiorum) genannt, lag auf einer Seineinsel (der Stelle der heutigen Cité). Geschützt durch zwei Arme der Seine sowie durch eine hölzerne Mauer, diente Lutetia dem Volk der Parisier in Kriegszeiten als Zufluchtsort für Greise, Weiber, Kinder und Vieh; in Friedenszeiten aber hielten die Druiden hier ihre geheimnisvollen Versammlungen sowie ihre Gerichtstage.
Cäsar veranstaltete 54 hier eine Versammlung der gallischen Völker. An der Erhebung des Vercingetorix nahmen auch die Parisier teil, wurden aber nach tapferer Verteidigung ihrer Hauptstadt 52 durch Labienus unterworfen. Cäsar ließ das während des Kriegs zerstörte Lutetia auf der Citéinsel wieder aufbauen und befestigen. Von jetzt an wurde Paris Urbs vectigalis (tributäre Stadt), und seine Bewohner, welche nicht unbedeutenden Handel auf der Seine trieben, wurden bald wohlhabend.
Auch war es Station einer Flußflottille, woher auch das Wappen der Stadt, ein Schiff, herrührte. Mehrere römische Kaiser hielten sich kürzere oder längere Zeit hier auf, so Constantius Chlorus, welcher auf dem linken Seineufer einen Palast baute (die Ruinen heißen jetzt Thermen), Konstantin d. Gr., Constans, Julian Apostata, welcher hier 360 zum Kaiser ausgerufen wurde, Valentinian I., Valens und Gratian, welch letzterm die in der Nähe von Paris gegen Maximus verlorne Schlacht Reich und Leben kostete.
Seit 358 ward der Name Lutetia durch die Bezeichnung Civitas Parisiorum, auch bloß Parisii oder Parisia verdrängt. 451 rettete die heil. Genoveva Paris vor einem Angriff durch Attila und wurde dafür Schutzpatronin der Stadt. 486 eroberte es Chlodwig ohne Schwertstreich und erhob es 508 zu seiner Hauptstadt, nachdem er es mit Mauern umgeben. Er residierte anfangs im Thermenpalast, ließ sich aber später einen zweiten Palast in der Nähe der Peter-Paulskirche erbauen und gründete die Kirche Ste.-Geneviève.
Auch bei den Teilungen unter Chlodwigs Nachfolgern blieb eine der wichtigsten Städte des Frankenreichs, so daß bei der Neuteilung des Reichs nach Chlotars I. Tod 561 die Söhne desselben über einen gemeinschaftlichen Besitz von Paris sich verständigten. Später wurde es Hauptstadt von Neustrien. Unter Karl d. Gr. wurde es Sitz eines Grafen von Paris. Im 9. Jahrh. hatte es von den Plünderungszügen der Normannen (841, 845, 855, 861) und verheerenden Hungersnöten (850, 855, 868, 873, 899) zu leiden. 885-886 hielt es unter der tapfern Leitung des Grafen Odo von eine 13monatliche Belagerung durch die Normannen aus.
Hugo Capet erklärte es 987 zur Hauptstadt des französischen Reichs, erweiterte es und fügte den Bürgern zu ihren alten Vorrechten neue hinzu. Ein königlicher Prévôt (Vogt) verwaltete unter ihm und seinen Nachfolgern im Namen des jedesmaligen Königs die Zivil- und Kriminaljustiz, nahm die Gerechtsame des Fiskus wahr und führte die Oberaufsicht über die Polizei. Der Prévôt der Kaufmannschaft stand an der Spitze der Verwaltung der städtischen Einnahmen und der öffentlichen Gebäude, wachte über die Aufrechterhaltung der Freiheiten sowie über den Seinehandel und übte die Polizei über die sechs Körperschaften der Kaufleute aus.
Nur der Adel, die Geistlichkeit und die Studenten waren jenen beiden Behörden nicht unterworfen. Die Pariser Schulen wurden schon im 12. Jahrh. durch berühmte Lehrer, wie Petrus Lombardus und Abälard, weit bekannt und sehr besucht. Unter Philipp II. August wurden zuerst die Straßen gepflastert, das alte Louvre erbaut und die Stadt mit einer starken Befestigungsmauer umgeben. 1200 wurde die Universität errichtet, die berühmteste des Mittelalters, welche bald 20,000 Studenten zählte und in der theologischen Wissenschaft eine große Autorität genoß.
König Ludwig der Heilige (1226-70) beseitigte viele bei der Prévôté eingeschlichene Mißbräuche, führte ein Appellationsgericht sowie vereidigte Notare ein, gab den Künstlern und Handwerkern eine geregelte Verfassung, hob den Handel, erließ Abgaben, schuf ein organisiertes Korps städtischer Truppen und ordnete überhaupt die städtischen Verhältnisse auf eine durchgreifende Weise; auch erbaute er die Ste.-Chapelle und das Hospital der Quinze-Vingts.
Unter Philipp IV., dem Schönen, verlegte das Parlament 1302 seinen Sitz nach Paris, und seitdem wurde diese Stadt der Vereinigungspunkt der höhern Staatsanstalten; auch versammelten sich die Generalstände daselbst. 1348 raffte der schwarze Tod ein Drittel der Bevölkerung hinweg. Während der Gefangenschaft des Königs Johann in England erregte 1358 König Karl der Böse von Navarra im Verein mit dem Prévôt der Kaufleute, Marcel (s. d.), bedeutende Unruhen in Paris, um es in die Hände der Engländer zu liefern; doch wurde Marcel von Maillard ermordet und der Dauphin des Aufstandes bald wieder Herr.
Die unter Philipp II. August aufgeführten Mauern und Wälle hatten das Wachstum der Stadt nicht zu hemmen vermocht, und unter Karls V. Regierung waren die Neubauten außerhalb der Ringmauern so bedeutend angewachsen, daß man 1367-83 die nördliche Ringmauer erweitern mußte. Damals zählte die Stadt bereits 280,000 Einw. 1382 kam es zum Aufstand der Maillotins, wie die Aufrührer nach den schweren bleiernen Hämmern benannt wurden, die sie als Waffen führten, gegen die vom Regenten, dem Herzog von Anjou, aufgelegten neuen Steuern, der blutig unterdrückt wurde.
In dem Streit der Burgunder und Armagnacs während des französisch-englischen Kriegs nahmen die Pariser für die erstern Partei. 1411 erlangten die Zünfte unter Führung der Schlächter, namentlich des Tierabhäuters Caboche (Cabochiens), die Herrschaft in Paris und vereinigten sich mit der burgundischen Partei, wurden zwar 1413 gestürzt, erhoben sich aber 1418 zum zweitenmal unter Perrinet le Clerc, ermordeten den Grafen von Armagnac und rächten sich grausam an ihren Unterdrückern.
Sie riefen den Herzog von Burgund nach Paris und lieferten die Stadt 1420 in die Hände der Engländer. 1429 versuchte Jeanne d'Arc vergebens einen Sturm auf sie, aber 1436 eroberte sie Dunois für Karl VII. Da sie durch Pest und Hungersnot über 100,000 Menschen verloren hatte, so zog man viele Fremde herbei, so daß die Stadt bei Ludwigs XI. Tod 1483 schon wieder 300,000 Einw. zählte, die sich in 17 Viertel oder Quartiere verteilten. Überhaupt genoß die Stadt jetzt einer längern Friedenszeit und wurde nur durch Epidemien, welche hauptsächlich der Straßenschmutz erzeugte, wiederholt heimgesucht. 1464 wurde die Briefpost, 1470 die erste Buchdruckerei in den Gebäuden der Sorbonne (Universität) errichtet, und 1472 erhielt Paris medizinische Unterrichtsanstalten.
Zur Zeit des Königs Franz I. war die Stadt schon der Vereinigungspunkt alles dessen, was Frankreich Großes und Schönes aufzuweisen hatte. Ein Freund der Wissenschaften und Künste, stiftete Franz das königliche Kollegium, die alte Burg des Louvre verschwand, die durch Jean Goujon mit herrlichen Skulpturarbeiten geschmückten Paläste nahmen die Meisterwerke der italienischen Maler auf, neue Straßen wurden angelegt. 1553 wurde der Bau des neuen Stadthauses begonnen.
Nun folgte die Schreckenszeit der Religionskriege und der bürgerlichen Zerrüttungen, in denen die Bürgerschaft von Paris leidenschaftlich für den Katholizismus und die Liga Partei nahm. Hier fand die »Bluthochzeit« statt, bei der die Pariser 2000 Hugenotten ermordeten. litt dann durch Belagerung, Pest und Hungersnot und ergab sich, nachdem es am »Tag der Barrikaden« Heinrich III. vertrieben, erst 1593 nach zweimaliger Belagerung, als bereits 13,000 Menschen den Hungertod gestorben waren, an Heinrich IV., nachdem derselbe in St.-Denis eine Messe besucht hatte.
Heinrich vollendete den Pont neuf und das Stadthaus, erweiterte die Tuilerien, begann die Galerie, durch welche diese mit dem Louvre in Verbindung stehen, legte die Place-Royale an, ließ die Kais ausbauen und fortsetzen und erweiterte die Bibliothek. Maria von Medici legte 1615 den Grund zum Palais Luxembourg. 1622 wurde Paris zum Erzbistum erhoben. Der Bau der Sorbonne, die Stiftung des Collège Louis le Grand, die Anlage des botanischen Gartens und die Errichtung der Académie française waren besonders für wissenschaftliche Bestrebungen von bedeutendem Einfluß.
Richelieu, von dem ein Teil dieser Anstalten gegründet ward, begann 1629 auch den Bau des Palais Cardinal (später Royal). 1642 wurde ein neues Quartier (Faubourg St.-Germain) in Angriff genommen, und gleichzeitig wurden mehrere Dörfer mit den Vorstädten St.-Honoré und St.-Antoine verbunden. Während der Minderjährigkeit Ludwigs XIV. war Paris Hauptschauplatz der Unruhen der Fronde und erbitterter Kämpfe in seinen Vorstädten. Ludwig XIV. legte 80 neue Straßen an und erweiterte und verschönerte die schon vorhandenen Plätze und Räumlichkeiten.
Mit Bäumen bepflanzte Promenaden (Boulevards) entstanden auf der Nord- und Südseite der Stadt, und die Wälle wurden in Straßen verwandelt. An die Stelle der engen Pforten traten die Triumphbogen der Thore St.-Denis, St.-Martin, St.-Antoine und St.-Bernard, von denen aber nur zwei die Revolution überdauerten. Die Stadt erhielt die Plätze Vendôme und des Victoires und die Kolonnade des Louvre (1665). 1664 wurden die Tuilerien vollendet, Lenôtre legte den Tuileriengarten und die Elysäischen Felder an; das Invalidenhaus, Findelhaus und Hospital général erstanden, der Justizpalast wurde erweitert, die Höhe St.-Roche geebnet, die Ponts au Change, de la Tournelle und Rouge umgestaltet und der Pont-Royal zur Beförderung des Verkehrs zwischen den Tuilerien und der Vorstadt St.-Germain errichtet. Auch erhielt Paris damals seine erste Straßenbeleuchtung.
Obwohl Ludwig XIV. die Residenz nach Versailles verlegte, wo sie bis 1789 blieb, war Paris doch immer der Mittelpunkt der französischen Gesellschaft, wohin alle durch ihre Stellung und ihren Geist bedeutenden Persönlichkeiten Frankreichs und des Auslandes zusammenströmten, um feinere Sitten zu lernen und dann in ihrer Heimat zu verbreiten. Künste und Wissenschaften feierten in Paris ihre Glanzperiode, die Universität erhielt das Collège Mazarin, Akademien wurden gegründet, das Observatorium ward erbaut, die Oper und das Théâtre-Français errichtet, und die französische Litteratur erlebte jetzt in Paris ihr goldenes Zeitalter. Unter Ludwig XV. wurde die Stadt 1726 mit neuen Ringmauern versehen. Der Adel schmückte die Vorstädte St.-Honoré und St.-Germain mit neuen Palästen, 1722 begann der Bau des Palais Bourbon, 1751 wurde die Militärschule auf dem Marsfeld gegründet und die Kirche Ste.-Geneviève neu aufgebaut. 1754 wurde der Platz Ludwigs XV. mit seinen Kolonnaden
angelegt und die Elysäischen Felder neu bepflanzt. In Paris wurde der Friede zwischen Frankreich und Spanien einer- und Großbritannien und Portugal anderseits geschlossen, welcher das Ende des Siebenjährigen Kriegs vorbereitete. Ludwig XVI. erbaute das Théâtre-Français, das Opernhaus (jetzt Porte St.-Martin) und die Italienische Oper (jetzt Opéra-Comique) und erweiterte den botanischen Garten (Jardin des Plantes). 1784 drangen die Generalpachter zur Verhütung des Schmuggels auf eine neue Umfriedigung der Stadt, und so wurde 1786 die zum Teil bis 1860 bestehende Ringmauer errichtet.
Die Revolution von 1789 tobte ganz besonders in Paris. Die Erstürmung der Bastille gab das Signal zu einer Reihe von Verwüstungen und Unruhen, wie der Zug nach Versailles der Sturm auf die Tuilerien die Septembermorde, der Sturz der Girondisten der Aufstand des 13. Vendémiaire (1795) u. a., welche bis 1799 ganz Frankreich erschütterten. Paris stand damals unter der terroristischen Herrschaft der aus Jakobinern und Cordeliers gebildeten Munizipalität dann der radikal-sozialistischen Kommune, welche an der Spitze des militärisch organisierten Pöbels die Nationalvertretungen, ja sogar den Wohlfahrtsausschuß, durch Drohungen und Gewaltstreiche zu den Ausschreitungen der Revolution zwang und einen verderblichen Einfluß auf Frankreichs Geschicke ausübte.
Der Pöbel von Paris, welches damals etwa ½ Mill. Einw. zählte, lernte in der ersten Revolution seine auf dem Übergewicht der großen, die geistigen und materiellen Kräfte ganz Frankreichs in sich konzentrierenden Hauptstadt über die Provinz beruhende Macht kennen und fühlte sich fortan als das Herz Frankreichs, dessen Pulsschlag die ganze Nation folgen müsse, während die Provinz trotz ihres bewußten Gegensatzes gegen die Hauptstadt nur selten die Kraft und den Mut besaß, ihre eignen Wege zu gehen.
Erst unter dem Konsulat trat wieder Ruhe ein; Paris wurde von Napoleon I. politisch mundtot gemacht, um durch großartige Bauten zu einer seines Weltreichs würdigen Hauptstadt umgeschaffen zu werden. Doch hat Napoleon nur einen Teil seiner Pläne durchführen können. Ganze Stadtteile entstanden in erneuter Pracht, und was er auf seinen Siegeszügen an Schätzen der Kunst und Wissenschaft erbeutete, wurde in der Hauptstadt aufgehäuft. Die Kais längs der Seine wurden fortgesetzt, neue Häfen angelegt, die Wasserleitung von Ourcq begonnen; für den Handel erhoben sich neue u. bequemere Hallen, die Marktplätze St.-Martin, Blancs Manteaux, St.-Germain und des Carmes wurden eingerichtet.
Der Karussellplatz wurde mit Mauern umgeben und erweitert. Ein Triumphbogen erhob sich auf demselben, und eine neue Galerie dehnte sich gegen das Louvre hin aus. Der Tuileriengarten wurde verschönert, die Triumphsäule auf dem Vendômeplatz sollte die Thaten Napoleons I. und seiner großen Armee der Nachwelt überliefern. Der Grund zur Börse sowie zum Handelstribunal wurde gelegt, und die während der Revolution teils verwüsteten, teils ihrer Bestimmung entfremdeten Kirchen und Kapellen wurden wiederhergestellt und neu ausgeschmückt. Der Triumphbogen de l'Etoile ward begonnen, die Brücken von Austerlitz und Jena sowie der Pont des Arts erbaut.
1814 war Paris das Hauptobjekt der Operationen der Alliierten in Frankreich. Als die letztern nach mehreren mißlungenen Versuchen endlich durch die Siege von Laon und Arcis sur Aube sich den Weg nach Paris geöffnet hatten, versuchte Napoleon durch den kühnen Marsch auf Nancy dieselben nach Osten abzuziehen; die Verbündeten folgten ihm jedoch nicht, sondern erschienen 29. März vor Paris, das von Marmonts und Mortiers Korps besetzt war. Am 30. März früh begann der Angriff der Russen und der preußischen Garden von Nordosten, der schlesischen Armee von Norden, des Kronprinzen von Württemberg von Osten her, und nach tapferm Widerstand der Franzosen erstürmten die Verbündeten unter großen Verlusten das Plateau von Romainville und den Montmartre, so daß die französischen Marschälle den weitern nutzlosen Kampf aufgaben, am Nachmittag einen Waffenstillstand und in der Nacht eine Kapitulation abschlossen, welche ihnen freien Abzug gewährte und die eroberte Stadt der Großmut der Sieger empfahl. Am Mittag des 31. März hielten der König von Preußen und der Kaiser von Rußland an der Spitze ihrer Garden ihren Einzug in Paris durch die Porte St.-Martin nach den Elysäischen Feldern unter jubelnder Begrüßung durch die des Kriegs müde Bevölkerung. Am 3. Mai zog Ludwig XVIII. ein. Am 30. Mai wurde der erste Pariser Friede zwischen Frankreich und den Verbündeten abgeschlossen, welcher Frankreich die Grenzen von 1792 sicherte. Am hielt Napoleon wieder seinen Einzug in Paris und gab 1. Juni ein glänzendes Fest auf dem Marsfeld.
Aber nach der Niederlage bei Belle-Alliance verließ er Paris 25. Juni für immer; in der Nacht vom 6.-7. Juli räumte Davoût nach einer Kapitulation mit Blücher und Wellington die Stadt, und 7. Juli zogen die verbündeten Truppen, 8. Juli Ludwig XVIII. zum zweitenmal in Paris ein. Dies verlor jetzt die von Napoleon zusammengeraubten Kunstschätze, welche an ihre frühern Eigentümer zurückgegeben werden mußten. Am 20. Nov. wurde in Paris der zweite, für Frankreich erheblich ungünstigere Pariser Friede mit den Alliierten unterzeichnet.
Unter Ludwig XVIII. wurden die Hospitäler und Armenhäuser erweitert und über 2500 neue Häuser erbaut. Die Produkte der Manufakturen und Fabriken hatten einen jährlichen Wert von 214 Mill. Fr., wovon Paris selbst für 112 Mill. verbrauchte. 1830 war Paris Schauplatz der Julirevolution, in welcher zum erstenmal wieder die republikanische Partei sich geltend machte, aber nicht stark genug war, die Gründung der Monarchie der Orléans zu verhindern. Unter Ludwig Philipp erlitten der Garten u. der Palast der Tuilerien große Veränderungen, mehrere Kais wurden erweitert und verschönert, ein neuer Getreidehafen entstand, eine Hängebrücke vereinigte Bercy mit La Garre, zwischen dem Pont des Arts und dem Pont-Royal erhob sich die Karussellbrücke;
die Kirche La Madeleine, der Triumphbogen de l'Etoile, die Gebäude des Kais Orsay, die Schule der schönen Künste, die Kirche Notre Dame de Lorette wurden vollendet;
auf dem Konkordienplatz ward der Obelisk von Luksor, auf dem Bastilleplatz die Julisäule, auf der Vendômesäule wieder die Statue Napoleons I. aufgestellt. Paris erhielt besseres Pflaster, mehr Abzugskanäle, bessere Beleuchtung;
die Bièvre wurde geschlämmt, und besonders ward unter Ludwig Philipp die 1840 von den Kammern genehmigte Befestigung von Paris (s. oben) ausgeführt.
In der Februarrevolution 1848 zeigte sich wieder die herrschende Stellung der Pariser niedern Bevölkerung Frankreich gegenüber, da nur diese die Republik ernstlich verlangte, um ihre sozialistischen Ideen durchzuführen. Die Schwäche der Regierung beförderte die Anmaßung des Pöbels, bis derselbe in der furchtbaren Junischlacht von
Cavaignac niedergeworfen wurde. Die Reaktion der Provinz gegen Paris erleichterte Napoleon III. die Errichtung des zweiten Kaiserreichs, welches durch großartige Straßendurchbrüche und Anlagen Paris gesünder und schöner, zugleich die Revolutionen schwieriger machen wollte. Unter Haußmanns, des Seinepräfekten, energischer, wenngleich verschwenderischer Leitung wurde das Bois de Boulogne zu einem glänzenden Park umgeschaffen, die äußern Boulevards angelegt, die Verbindung des Louvre mit den Tuilerien vollendet. Am ward zu Paris der Friede zwischen Frankreich, England, Sardinien und der Türkei einer- und Rußland anderseits geschlossen. 1860 wurde das Weichbild bis zur Enceinte erweitert. 1855 fand zu Paris die erste, 1867 die zweite, weit großartigere Weltausstellung statt.
Trotzdem zeigte sich die Bevölkerung dem Kaisertum nicht geneigt, und die Wahlen in Paris waren stets oppositionell, 1869 sogar radikal. Nach dem Tag von Sedan wurde daher das Kaiserreich ohne Widerstand beseitigt und auf dem Stadthaus die Regierung der nationalen Verteidigung eingesetzt, welche ihren Ursprung und die anmaßende Stellung von Paris dadurch kennzeichnete, daß sie aus den Deputierten von Paris im Gesetzgebenden Körper gebildet war. Am zernierten die dritte und vierte deutsche Armee die Stadt (Belagerung von Paris, s. Deutsch-französischer Krieg, S. 795 ff.), und es begann nun ein gewaltiger Kampf zwischen dem weit ausgedehnten, nur dünnen, aber festen Einschließungsring des Belagerers und den großen Massen der unter General Trochus Oberbefehl stehenden bunt gemischten Truppen des Belagerten.
Dieser Kampf ward deutscherseits gewissermaßen passiv, in der Absicht, die Stadt auszuhungern, geführt, während zahlreiche Ausfälle der Franzosen die Durchbrechung der Zernierung zum Zweck hatten. Das große Heer in Paris, zusammen 580,000 Mann zählend, war in drei Armeen geteilt worden, welche verschiedene Bestimmung hatten. Der Nationalgarde, welche die erste Armee bildete, ward die Verteidigung der Enceinte und die Sicherung der öffentlichen Ruhe übergeben.
Eine zweite Armee ward aus den regulären Truppen und Matrosen gebildet, um Ausfälle zu machen, und eine dritte Armee aus Mobilgarden zur Verteidigung der Forts organisiert. Die Verteidigung leitete der Gouverneur General Trochu, der besonders in der Organisation der Truppen, der Beschaffung des Geschützmaterials und der Verstärkung der Befestigungen Großes leistete. Unter den zahlreichen Ausfällen sind bemerkenswert die gegen Villejuif 23. und 30. Sept. gegen das deutsche 6. Korps, 13. Okt. gegen Clamart, während dessen durch die Granaten des Mont Valérien das Schloß von St.-Cloud in Brand gesteckt wurde, 21. Okt. gegen Malmaison, 28. Okt. gegen Le Bourget, das der preußischen Garde entrissen, aber 31. Okt. von dieser wiedererobert wurde.
Dieser Verlust, verbunden mit der Nachricht von der vom 27. Okt. erfolgten Kapitulation von Metz und der Ankunft von Thiers mit Waffenstillstandsanträgen, veranlaßte in der Nacht vom 31. Okt. auf den 1. Nov. einen Aufstand der Sozialisten. Unter Führung von Flourens, Félix Pyat, Delescluze u. a. umringten aufrührerische Bataillone der Nationalgarde das Hôtel de Ville, bedrohten die Regierungsmitglieder und wurden nur durch den glücklichen Zufall der Ankunft treu gebliebener Truppen an Errichtung der »Kommune« verhindert; doch wagte man nicht, die Urheber der Revolte zu bestrafen. Am 30. Nov. begann der größte Ausfall. Derselbe richtete sich nach Südosten und hatte den Zweck, einen Durchbruch zu bewirken, um mit der von Süden herandringenden Loirearmee in Verbindung zu treten. Der Kampf dauerte mehrere Tage hindurch (s. Villiers, Schlacht bei), und erst 3. Dez. zog Ducrot seine durch Waffen und strenge Kälte stark gelichteten Heerhaufen wieder in die Stadt zurück.
Durch so anhaltendes schweres Mißgeschick war bei allen einsichtigen Militärs in der Stadt jede Hoffnung auf das endliche Gelingen eines Ausfalls zerstört worden. Aber es gab eine große Partei in der Stadt, welche, ohne jedes Verständnis für militärische Verhältnisse, den Gouverneur zu immer neuen Versuchen drängte. Besonders die Nationalgarde, wohl damit zufrieden, daß sie selbst ruhig außer Schußweite bleiben durfte und dafür jeder 1½ Frank täglich erhielt, verlangte beständig neue Ausfälle der übrigen Truppen.
Die höhern und mittlern Schichten der Bevölkerung begannen zwar schon unter dem zunehmenden Mangel an Lebensmittel zu leiden, ertrugen aber diese Entbehrungen mit heroischer Entsagung und traten aus gesteigertem Patriotismus und Nationalstolz dem Drängen auf fortgesetzten Kampf nicht entgegen. So opferte Trochu denn wiederholt Tausende, um den Beweis zu führen, daß es nicht seine Schuld sei, wenn schließlich doch kapituliert werden mußte. Am 21. Dez. geschah ein größerer, doch erfolgloser Ausfall auf der ganzen Nordfronte.
Ende Dezember begann nun, nachdem die großen Schwierigkeiten beim Transport der Geschütze und der Munition überwunden worden waren, deutscherseits der Artillerieangriff, zunächst gegen den Mont Avron, vom an aus einer Reihe von Batterien auf den Höhen südwestlich von Paris gegen die Forts der Südfronte und auf die Stadt selbst. Die Wirkung der deutschen Artillerie sollte der Berechnung nach eine vorwiegend moralische sein und war es auch, wenngleich in nicht erwünschtem Sinn.
Während die in der Stadt angerichtete Zerstörung im Verhältnis zur Größe der Stadt nur ganz unbedeutend war und auch das Feuer der am meisten beschädigten Forts, Issy und Vanves, nicht andauernd zum Schweigen gebracht werden konnte, erzeugte die Beschießung in den Gemütern der Pariser mehr Erbitterung als Niedergeschlagenheit. Und unter diesem Eindruck ward noch einmal vor dem vollständigen Sieg des Hungers über die große Bevölkerung ein bedeutender Ausfall auf der Westfronte vom Mont Valérien aus versucht, zu dem auch die bis jetzt geschonte Nationalgarde mit verwandt wurde. 100,000 Mann unter Trochu selbst gingen in drei Kolonnen auf Versailles vor; jedoch die Verspätung des rechten Flügels unter General Ducrot brachte den Angriff ins Schwanken, der infolge des tapfern Widerstandes des 5. deutschen Korps mit dem Rückzug der Franzosen nach einem Verlust von etwa 7000 Mann endete.
Mit dieser neuen Niederlage erlosch die Hoffnung auch der hartnäckigsten Verteidiger. Nur der Pöbel schrie über Verrat, und eine neue Revolte 22.-23. Jan. bedrohte die Regierung mit völligem Umsturz. Die Not in der Stadt war auf einen hohen Grad gestiegen. Brot und Pferdefleisch, ersteres zu 300, letzteres zu 30 g für die Person berechnet, wurden seit Wochen schon von der Regierung in Rationen ausgegeben, und dazu war das Brot von einer sehr schlechten Beschaffenheit. So entschloß sich die Regierung endlich zur Kapitulation. Am 23. Jan. begannen zwischen Jules Favre und dem Grafen Bismarck zu Versailles
Unterhandlungen wegen eines Waffenstillstandes, und dieselben führten 28. Jan. zur Konvention von Versailles, in welcher hinsichtlich Paris bestimmt ward, daß die Außenforts dem Feind übergeben, die Enceinte entwaffnet werden sollte, während die Garnison mit Ausnahme der Nationalgarde, 7500 Offiziere und 241,000 Mann, kriegsgefangen wurde. Paris mußte 200 Mill. Frank städtische Kontribution zahlen.
Am 29. Jan. wurden die Forts besetzt, u. sofort begann die Verproviantierung der Stadt. Da der Abschluß der Friedenspräliminarien sich über den dreiwöchentlichen Waffenstillstand hinaus verzögerte, forderte Bismarck 26. Febr. als Bedingung der Verlängerung desselben die Besetzung des westlichen Teils von Paris bis zum Abschluß. Dieselbe erfolgte auch 1. März mit 30,000 Mann, hörte aber nach Genehmigung der Präliminarien durch die Nationalversammlung in Bordeaux 2. März wieder auf.
Die höhern Schichten der Bevölkerung hatten zum großen Teil nach dem Ende der Belagerung Paris verlassen; der Rest war ermüdet und gegen die Regierung gereizt durch die Festsetzung des Verfalltags der Wechsel auf 13. März, wodurch viele kleine Leute ruiniert gewesen wären, und die Verlegung des Sitzes der Nationalversammlung und der Regierung nach Versailles (10. März). Daher war das Feld völlig frei für die Wühlereien der roten Republikaner, der Sozialisten und Kommunisten, zu deren Unterdrückung die Regierung trotz der Revolten vom und nichts that. Die Nationalgarde war regelmäßiger Thätigkeit gänzlich entwöhnt, seit Monaten von Agitatoren bearbeitet und in fortwährender Erregung und wünschte die weitere Zahlung ihres Soldes. Am 26. Febr. begannen ihre Eigenmächtigkeiten, indem sie 27 Kanonen vom Wagramplatz nach der Vorstadt St.-Antoine schleppte. Am 9. März that sich unter dem Namen »Zentralkomitee der Nationalgarden« auf dem Montmartre eine förmliche Gegenregierung auf, die 417 Kanonen dort aufpflanzte und die freie Wahl aller Offiziere sowie Fortbezug des Tagessoldes verlangte. Der Versuch des Generals Vinoy, 18. März die Kanonen der Nationalgarde zu entreißen und den Montmartre zu besetzen, mißglückte, da das 88. Linienregiment zu den Rebellen überging; die Generale Lecomte und Thomas wurden von diesen erschossen, und das Zentralkomitee nahm von dem Stadthaus Besitz, während am 19. die Regierung und Vinoy mit den Linientruppen Paris räumten. Das Zentralkomitee pflanzte die rote Fahne auf und ordnete die Wahl einer Kommune an, welche die echte Republik begründen sollte. Die Bevölkerung verhielt sich meist passiv, eine Ordnungsdemonstration von 4000 Bürgern wurde 22. März durch eine Salve der Nationalgardisten auf dem Vendômeplatz auseinander getrieben, und ein Vermittelungsversuch des Admirals Saisset 23. März hatte nur zur Folge, daß der Kommune, die 26. März gewählt worden war und sich am 28. konstituierte, die Herrschaft in Paris gänzlich zufiel. Dieselbe schloß die Thore, um das Entweichen der Flüchtlinge zu verhindern, schickte Agenten in die Provinz, um dort kommunistische Aufstände zu entzünden, und unternahm 3. April unter Flourens' Führung einen Zug nach Versailles, um die dortige Regierung zu stürzen. Derselbe wurde aber zurückgeschlagen, wobei Flourens selbst fiel; die Aufstände in der Provinz wurden unterdrückt. Die Kommune wurde auf Paris beschränkt, das im Westen und Süden nun von einer eiligst zusammengezogenen französischen Armee zerniert wurde, während im Norden und Osten die Deutschen die Forts besetzt hielten. In der Kommune nahmen inzwischen die internationalen sozialistischen Ideen immer mehr überhand, deren entschlossenste Fanatiker, Blanqui, Félix Pyat und Cluseret, die Herrschaft an sich rissen und 19. April ein Programm veröffentlichten, das die Umwandlung des zentralisierten Frankreich in eine Eidgenossenschaft unabhängiger Stadtrepubliken mit einer Delegation als gemeinsamer Regierung ohne Klerus, Beamtentum, stehendes Heer und Hauptstadt proklamierte. Seine Verwirklichung begann mit dem ärgsten Terrorismus gegen die Freiheit der Presse und der Person. Ihre Kosten, die sich im ganzen auf 52 Mill. Frank beliefen, bestritt die Kommune durch Konfiskation öffentlicher Gelder und durch Erpressung bei der Bank und den Eisenbahnen, auch bei Privaten.
Inzwischen verlief der Kampf gegen die Versailler Armee von Tag zu Tag unglücklicher. Langsam, aber unaufhörlich drang diese vor und bombardierte die südlichen Forts, die im Besitz der Kommune waren, sowie vom Mont Valérien aus Paris selbst. Am 9. Mai mußte Fort Issy, am 14. die Forts Vanves und Montrouge aufgegeben und die Verteidigung auf die innere Stadt beschränkt werden. Selbst die Enceinte wurde verlassen, und 21. Mai nachts drang das Korps Douays, von einem gewissen Ducatel davon benachrichtigt, bei der Porte St.-Cloud in Paris selbst ein. In fünf Kolonnen rückten die Versailler Truppen konzentrisch auf das Stadthaus vor, während die Kommune, nachdem sie das Haus Thiers' und die Vendômesäule zerstört hatte, 24. Mai die Ermordung der Geiseln, am 25. die Anzündung der öffentlichen Gebäude befahl.
Dies geschah auch wirklich, während der Kampf in den Straßen der Stadt aufs heftigste wütete. Die Tuilerien, die Gebäude des Finanzministeriums, der Polizeipräfektur, das Stadthaus u. a. brannten nieder; der Erzbischof Darboy und die übrigen Geiseln wurden erschossen. Indes wurde eine Barrikade nach der andern von den Regierungstruppen genommen und über die gefangenen Kommunarden sofort ein blutiges Strafgericht verhängt. Am 28. Mai wurde auch die Vorstadt Villette und die Buttes Chaumont erobert und der Aufstand erstickt. Am 29. Mai ergaben sich die letzten Insurgenten in Vincennes. 38,000 Kommunisten, darunter aber nur 9000 Pariser, wurden gefangen genommen und nach Versailles gebracht, um dort durch Kriegsgericht abgeurteilt zu werden, 16,500 waren gefallen.
Hierauf wurde die Stadt entwaffnet und die Nationalgarde aufgelöst. Die Ruhe in Paris war hiermit für längere Dauer hergestellt, da die Arbeiterbevölkerung beträchtlich vermindert und durch das Blutbad eingeschüchtert war. Die Stadt nahm wiederum einen großartigen Aufschwung in Gewerbe und Handel, die dritte Weltausstellung von 1878 übertraf an Größe und Pracht ihre Vorgängerinnen, und 1879 wurde auch der Sitz der höchsten Behörden und der Kammern von Versailles nach Paris verlegt. Nach und nach aber regte sich wieder der radikale Geist in der Bevölkerung, besonders seit der Rückkehr der Kommunarden aus der Verbannung infolge der Amnestiedekrete von 1879 und 1880. Der Munizipalrat setzte sich zum größten Teil aus Anhängern dieser Richtung zusammen und versuchte wiederholt, sich über die Gesetze zu stellen und seinen Willen der Nation aufzuzwingen.
»Paris, ein Spiegelbild seiner Geschichte, seines Geistes und Lebens in Schilderungen von V. Hugo, L. Blanc, E. Pelletan u. a.« (deutsche Ausg., Berl. 1871, 5 Bde.);
die Reisehandbücher von Meyer,