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lein Protestler in den Gemeinderat gewählt, während im Oberelsaß die Wahlen nicht günstig ausfielen. Bei der Anwesenheit des Kaisers in Straßburg [* 3] und seiner Umgebung aus Anlaß des Kaisermanövers im September 1886 zeigte die Bevölkerung, [* 4] besonders die des Landes, große Freude, ja Begeisterung. Als der Landesausschuß wieder eröffnet wurde, konnte der Staatssekretär u. Hofmann auf die günstige Lage der Finanzen hinweisen, indem die Etats von 1887 und 1888 einen Überschuß von 2 Mill. ergaben. Unter dem Eindruck der großen Debatte im Reichstag über das Septennat 11.-14. Jan. 1887 (s. Deutschland, [* 5] Bd. 17, S. 236) ward auch die Kriegsfrage im Landesausschuß berührt.
Nachdem der Abgeordnete
Zorn v. Bulach (der jüngere) das
Septennat als sicheres
Mittel, den verderblichen
Krieg mit
Frankreich
zu verhindern, empfohlen hatte, wies
Hofmann auf die Bedeutung der nächsten Reichstagswahlen für Elsaß
-Lothringen
[* 6] hin. »Wenn
das Land«, sagte er 28. Jan., »Abgeordnete in den
Reichstag schickt, die dort laut und entschieden verkünden
und auch ihre
Abstimmung danach einrichten, daß Elsaß
-Lothringen
vom Revanchekrieg nichts wissen will, so wird das in
Frankreich
Eindruck
machen. Die 15
Stimmen der elsaß
-lothringischen Abgeordneten haben in einer
Frage, bei der es auf das
Verhältnis zwischen
Deutschland und
Frankreich ankommt, weit mehr
Gewicht als die
Stimmen der andern Reichstagsabgeordneten,
denn sie werden in
Frankreich als der
Ausdruck der öffentlichen Meinung in Elsaß
-Lothringen
aufgefaßt. Es fällt dort das
Gewicht dieser
Stimmen entweder in die Wagschale des
Kriegs oder in die des
Friedens, je nachdem sie in dem einen oder andern
Sinn abgegeben
werden.« Auch
Fürst
Hohenlohe sprach bei einem Festmahl 9. Febr. von der Bedeutung der Reichstagswahlen, von
deren Ergebnis die Gleichstellung
Elsaß-Lothringens mit den andern deutschen
Ländern in staatsrechtlicher Beziehung abhänge,
und forderte in einem Aufruf 15. Febr. die
Wähler auf, durch die
Wahl von Abgeordneten, welche den
Frieden von 1871 rückhaltlos
anerkennten, zur
Sicherung des
Friedens beizutragen, während sie sich durch
Wahl von Protestlern für die
Gefährdung desselben verantwortlich machten.
Aber alle
Mahnungen und Warnungen waren nutzlos. Während der Manteuffelschen Mißregierung war den Wühlereien der
Franzosen
und Franzosenfreunde so freies
Spiel gelassen worden, daß die
Masse der
Bevölkerung an einen dauernden Bestand der deutschen
Herrschaft nicht glaubte. Aus Elsaß-Lothringen
gebürtige französische Beamte und
Offiziere, zurückgekehrte Optanten und junge Leute,
die französische
Schulen besuchten, hatten ungehindert für
Frankreich agitieren dürfen und wußten nun die
Ansicht zu verbreiten,
daß in dem bevorstehenden, von
Boulanger vortrefflich vorbereiteten
Krieg die
Franzosen siegen, dann aber über alle Deutschenfreunde
ein fürchterliches Strafgericht verhängen würden, während man Ähnliches von den langmütigen, geduldigen
Deutschen selbst
im Fall eines
Siegs derselben nicht zu befürchten habe.
Wenn der katholische
Klerus diese
Ansicht auch nicht teilte, so wünschte er doch eine engere
Verbindung mit
Deutschland nicht,
weil er von ihr ein Eindringen der freiern deutschen Geisteskultur und eine Gefährdung seiner Herrschaft
über das
Volk befürchtete. Und die
Bevölkerung von Elsaß-Lothringen
bewies ihren unter französischer Herrschaft großgezogenen Mangel
an Selbständigkeit, indem sie teils von den Vorspiegelungen und
Drohungen der Französlinge sich einschüchtern, teils von
den
Geistlichen sich willenlos leiten ließ und 21. Febr. lauter Protestler und Klerikale wählte; der septennatsfreundliche Baron Zorn v. Bulach mußte einem unbedeutenden, sogar anrüchigen Arzt weichen. Der der Regierung günstige Ausfall der Wahlen im übrigen Deutschland, welcher die Annahme des Septennats sicherte, beseitigte jede Kriegsgefahr und damit auch etwanige üble Folgen der elsaß-lothringischen Wahlen. Aber mit Recht wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht ein Regierungssystem, welches nach 16jähriger wohlwollender und umsichtiger Thätigkeit so gut wie nichts für die Befestigung der deutschen Herrschaft und die Verschmelzung des Reichslandes mit dem Reich erreicht habe, unbrauchbar sei und geändert werden müsse.
Hohenlohe setzte es indes durch, daß an der Verfassung des Reichslandes nichts Wesentliches geändert wurde; nur der Staatssekretär u. Hofmann wurde 9. März entlassen und erst provisorisch, 188^ definitiv durch den Unterstaatssekretär v. Puttkamer ersetzt. Das Unterstaatssekretariat des Innern wurde mit dem des Handels und der Gewerbe verschmolzen und dem Regierungspräsidenten zu Königsberg, [* 7] Studt, übertragen. Das der Finanzen erhielt Back, später Schraut.
Dann wurde aber eine ganze Reihe von Maßregeln ergriffen, um dem noch so mächtigen französischen Einfluß zu begegnen und die Einwohner, besonders die Behörden der Gemeinden, zum Gehorsam zu zwingen. Daher wurde im Juni 1887 durch Reichsgesetz das Gesetz vom aufgehoben, wonach die Bürgermeister aus dein Gemeinderat auf fünf Jahre genommen werden mußten, und der Regierung das Recht zuerteilt, die Bürgermeister beliebig zu ernennen und ihnen auch auf Gemeindekosten einen Gehalt anzuweisen.
Dann wurde das Recht des Landesausschusses, Reichsgesetze bei ihrer Einführung als Landesgesetze zu verändern, beschränkt. Zahlreiche Vereine, die eine deutschfeindliche Haltung zeigten, wurden aufgelöst, die Feuerwehr nach deutschem Muster umgestaltet, französische Agitatoren und Optanten ausgewiesen, französischen Offizieren und Zivilpersonen der Aufenthalt nur gegen besondere Erlaubnis gestattet, mehrere Bürgermeister abgesetzt und einige Spione verhaftet und verurteilt.
Der Gebrauch der deutschen Sprache [* 8] in der Öffentlichkeit wurde auch auf Anschläge und Veröffentlichungen ausgedehnt. Das energische Auftreten der Regierung hatte zur Folge, daß in Straßburg anstatt des Protestlers Kable ein deutschfreundlicher Elsässer, Rechtsanwalt Petri, welcher als Hospitant der nationalliberalen Partei beitrat, zum Reichstagsabgeordneten gewählt wurde. Der Landesausschuß genehmigte den Bau des Landesausschußgebäudes, dessen Bewilligung 1887 wegen der unsichern Zukunft des Landes verschoben worden war, und die Bildung eines Landwirtschaftsrats.
Obwohl
Kaiser
Friedrich III. in seinem
Erlaß vom verkündete, daß er die
Regierung der
Reichslande im
Namen des
Reichs
übernommen habe und entschlossen sei, die
Rechte des
Reichs über diese deutschen, nach langer Zwischenzeit wiederum mit dem
Vaterland vereinigten Gebiete zu wahren", belebten unbestimmte Gerüchte über die Absicht des neuen
Kaisers, Elsaß-Lothringen
an
Frankreich zurückzugeben oder ihm eine selbständigere
Stellung einzuräumen, wieder die Maulwurfsarbeit der
Französlinge, die, unter der äußerlich ruhigen Oberfläche fortwährend thätig, die
Stimmung im Land nicht zur
Ruhe kommen
ließen und der
Regierung ihre Aufgabe so sehr erschwerten.
Daher erließ die
Regierung 22. Mai eine
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Verordnung, wonach alle über die französische Grenze zureisenden Ausländer einen Paß,
[* 10] welcher von der deutschen Botschaft
in Paris
[* 11] visiert sei, vorzeigen mußten; an Personen, welche in irgend einer Eigenschaft zur französischen Armee und Marine gehörten
oder vor Erfüllung ihrer Wehrpflicht ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatten, sollte das Visum der Botschaft
nur nach vorgängiger Zustimmung der elsaß-lothringischen Behörden zu einem möglichst kurzen Aufenthalt erteilt werden
Diese Paßverordnung schädigte Zwar etwas die wirtschaftlichen Interessen der Grenzorte und den Verkehr auf den Reichseisenbahnen,
trug aber wesentlich dazu bei, den Besuch französischer Aufwiegler zu verhindern, die Auswanderung von Elsaß-Lothringern
zu vermindern, da sie nun nicht mehr so leicht nach Elsaß-Lothringen
zurückkehren konnten, und
auch die jungen Leute von den französischen Lehranstalten fern zuhalten; die Beruhigung des Landes wurde hierdurch wesentlich
gefördert.
Die Paßverordnung wurde daher nicht aufgehoben, obwohl der Landesausschuß im Januar 1889 dies beantragte und auch im Reichstag Petri dafür eintrat. Die französischen Scheidemünzen wurden verboten, auch für notarielle und Privaturkunden die deutsche Sprache vorgeschrieben und den nichtdeutsche Schulen besuchenden Kindern eine jährliche Prüfung vor dem Kreisschulinspektor auferlegt Die Wahlen für die Kreis- und Bezirkstage und den Landesausschuß 1888 bestätigten die günstige Wirkung des neuen Regierungssystems. Der Empfang des Kaisers Wilhelm II. und seiner Gemahlin in Straßburg 1889 war ein herzlicher auch von feiten der alteinheimischen Bevölkerung.
Zur Litteratur: »Ortschaftsverzeichnis von Elsaß-Lothringen«
(hrsg.
vom Statistischen Büreau, Straßb. 1889);
Grad, L’Alsace, le pays et ses habitants (Par. 1889);
Hertzog, Die bäuerlichen Verhältnisse im Elsaß (Straßb. 1886);
Herkner, Die oberelsässische Baumwollindustrie (das. 1887);
Naeher, Die Burgen
[* 12] in Elsaß-Lothringen
(das. 1886);
Rathgeber, Elsässische Geschichtsbilder aus der Revolutionszeit (Basel [* 13] 1886);
Rocholl, Zur Geschichte der Annexion des Elsaß durch die Krone Frankreichs (Gotha [* 14] 1888).