Elfen
(richtiger Elben, altnord. Alfar, angelsächs. Älf, engl. und schwed. Elf, alt- und mittelhochd. Alb, Plur. Elbe), in der nordischen Mythologie Geister der Luft und des Windes, die sich mannigfach mit den Zwergen (s. d.) berühren, waren, wie diese, ursprünglich das Volk der Sterne (»die Kleinen dort oben«, »das stille Volk«, »the good people«, »die guten Nachbarn«, wohl auch als die Geister der Verstorbenen angesehen) und ihre Mythen: die Deutung der Wolkenphänomene, in denen sie sich zu bethätigen schienen.
Die Wolke gilt als ihre Hel- oder Tarnkappe (Alberich) oder Nebelkappe; der Donnerkeil heißt Albschoß, ihre Pfeile wie ihr Anhauch lähmen (im Blitz) Mensch und Tier (elbentrötsch, s. v. w. blödsinnig). Sie sind zauberkundig und lieben wie alle Windgeister Spiel und Tanz; im Gewitter backen, brauen und schmieden sie in den Wolkenbergen. Wie die Gewitterwesen nur zeitweise am Himmel aufzutreten und dann erst am Horizont heraufzukommen scheinen, bekommen sie auch den Charakter als zum Teil unterirdischer Wesen.
Das letztere heftet sich besonders an die angeblich dann in den Tiefen der Erde hausenden und schmiedenden Berggeister. In weiterer Entwickelung, unter Ausscheidung manches volkstümlichen Zuges, teilt die Edda die Alfar dann geradezu in zwei Klassen: in Hvîtâlfar, Ljósâlfar (weiße Elfen, Lichtelfen), deren Wohnung Ljósâlfaheim überirdisch zu denken ist, und in Svart- oder Dökkâlfar (schwarze Elfen). Die Lichtelfen sind außerordentlich schön, von reiner Farbe, ganz ätherisch, mit silberschimmernden Kleidern angethan; die Schwarzelfen, nach der Edda auch Zwerge genannt, sind dagegen mißgestaltet, kommen nur während der Nacht aus ihren Bergen hervor und werden, falls sie die Sonne überrascht, in Steine verwandelt.
Sie wissen ihre Wohnung, die siebente Welt zwischen der Erde und Helheim, durch das Licht der Edelsteine und der edlen Metalle auf das glänzendste zu erhellen, ja Prachtpaläste aus den Schätzen der wunderbaren Höhlen zu erbauen. Über ihre Kunstfertigkeit im Schmieden s. Zwerge. Als besonders charakteristisch ist ihnen in der Sage verblieben die Liebe zur Musik, auch ist ihre Lust zum Tanz unermüdlich. Sie halten die Menschen, die ihnen zu nahe kommen, fest, rauben vorzüglich gern schöne Mädchen etc. Sie haben eigne Könige; als solche erscheinen in der Sage: Luarin (Lâurin), besonders aber Alberich (im »Nibelungenlied« und »Otnît«). - Auch im heutigen Volksglauben treten die noch vielfach auf; sie sind menschlich gestaltet, meist von grauer (in Norwegen auch blauer) Farbe und wohnen für gewöhnlich in Schluchten und Klüften, nach dem schwedischen Glauben auch in kleinen, zirkelrund ausgehöhlten Steinen, sogen. »Elfenmühlen« (alfquarnar, schottisch elfmills, isländisch âlfavakir). Die eigentliche Zeit ihres Erscheinens ist nach Sonnenuntergang, besonders in sommerlauen Mondnächten. Ihre schönen und feurigen Töchter (Ellisen) buhlen oft mit Menschen, doch sind solche Liebesverhältnisse nur im Anfang glücklich. In der Neujahrsnacht wahrsagen sie den Menschen auf
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Kreuzwegen. Auch in der modernen Poesie leben die noch fort. Ihr König ist hier Oberon (entstanden aus Alberich), ihre Königin Titania. Namentlich hat Shakespeare in seinem »Sommernachtstraum« das Treiben der Elfen poetisch verewigt; auch Goethes »Erlkönig« (d. h. Elfenkönig) gehört hierher. Andre elfische Wesen sind die Schrate oder Schratzen (Waldgeister), Nixe (Wassergeister, Brunnenholde), Kobolde (Hausgeister) etc.
Vgl. Jak. u. Wilh. Grimm, Irische Elfenmärchen (Leipz. 1826);
Croker, Fairy legends of the south of Ireland (neue Ausg., Lond. 1850);
Keightley, Mythologie der Feen und Elfen (deutsch, Weim. 1828, 2 Bde.).