umfaßt das Gebiet der in der Technik verwerteten Eigenschaften des elektrischen Stroms. Sie hat es zunächst
zu thun mit der Erzeugung des elektrischen Stromes. Neben der Herstellung von galvanischen Elementen befaßt sich dieser Zweig
vor allem mit der Herstellung elektrischer Maschinen, denn nur die maschinelle Erzeugung des elektrischen Stromes machte dessen
Eigenschaften allererst praktisch nutzbar. Für die elektrischen Maschinen, wie überhaupt für die eigentliche Elektrotechnik kann
das Jahr 1867, das Jahr der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips von Werner v. Siemens (s. Magnetelektrische Maschinen,
[* 13] Bd. 11), als Geburtsjahr gelten.
Von da ab erst sehen wir eine fabrikmäßige Herstellung elektrischer Maschinen beginnen. Allein die ersten Maschinen waren
weit davon entfernt, ihrer Grundbedingung, der Umsetzung mechanischer Energie in elektrische ohne nennenswerte
Verluste, zu genügen. Erst als gegen Ende der 70er Jahre die berühmten Abhandlungen der Gebrüder Hopkinson und Kapp Aufschluß
über die günstigsten Eisen- und Kupferverhältnisse bei elektrischen Maschinen gegeben hatten, war es möglich, nicht nur
Maschinen herzustellen, welche über 90 Proz. der mechanischen Energie in nutzbare elektrische Energie umsetzten,
nein, man hatte sogar die Mittel, Maschinen voraus zu berechnen.
Und so konnte denn der Bau der Dynamomaschinen jenen Aufschwung nehmen, welcher uns heute noch mit Staunen erfüllt. Wurden
früher Maschinen von 10 Pferdekräften als sehr groß angesehen, so sieht man heute schon eine ganze Anzahl Maschinen von 500 Pferdekräften
laufen, Maschinen also, von welchen jede 5-6000 Glühlampen von 16 Normalkerzen speisen kann. Dies gilt zunächst für die
Gleichstrommaschinen. Aber auch die Wechselstrommaschinen, welche mit der Verbesserung der Gleichstrommaschinen mehr und mehr
in den Hintergrund getreten waren, erfuhren mannigfache Ausbildungen, namentlich von jenem Zeitpunkt ab, wo die ersten brauchbaren
Wechselstromtransformatoren hergestellt wurden. Die Gleichstrommotoren waren gleichzeitig mit der Vervollkommnung der Gleichstrommaschinen
ausgebildet, da ja bei Gleichstrom eine und dieselbe Maschine als Strommaschine und als Motor verwendet wird. Es nimmt daher
kein wunder, wenn auch die Gleichstrommotoren einen Wirkungsgrad von über 90 Proz. besitzen. Die Wechselstrommotoren
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dagegen bieten heutzutage noch ziemliche Schwierigkeiten in der Herstellung. Es sind zwar verschiedene Arten solcher Motoren
vorhanden, allein bis heute kranken sie alle noch an einer Reihe von Übelständen. Teilweise laufen sie nur mit einer einzigen,
ganz bestimmten Geschwindigkeit, gehen nur leer an, vertragen eine plötzliche Belastung nicht und müssen
für gleiche Leistung viel größer gewählt werden als Gleichstrommotoren; teilweise benötigen sie drei und mehr Leitungen
von der Strommaschine aus; dagegen ist die Behauptung, daß der Wirkungsgrad ein schlechter sei, völlig unbegründet, man
hat bereits Motoren, die über 80 Proz. Nutzeffekt haben. Der Wirkungsgrad ist aber allein nicht maßgebend.
Die elektrischeBeleuchtung war wohl das erste, was die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hier waren
die Vorteile gegenüber der alten Beleuchtungsart zu packend, als daß man lange auf eine weitverbreitete Anwendung verzichten
konnte. Die Erfindung der Glühlampen, die Herstellung selbstregulierender Bogenlampen mußte einen gewaltigen Aufschwung bedingen;
die Lösung des Problems der Teilung des Lichtes, d. h. die Lösung des Problems, jede einzelne Lampe
[* 15] unabhängig
von der andern brennen zu können, durch das System der Parallelschaltung,
[* 16] sicherte der jungen Technik die praktische Durchführbarkeit,
deren schönste Beweise die allerorts entstehenden elektrischen Zentralen sind (s. Elektrische Zentralstationen).
[* 17]
Ein andres, für die Zukunft noch weit bedeutenderes Feld ist die elektrische Kraftübertragung. Obwohl
schon jetzt, namentlich in Amerika,
[* 18] zur praktischen Durchführung gelangt, so liegt sie immer noch in den ersten Anfängen,
da ihre Vorzüge noch nicht so völlig in Fleisch und Blut übergegangen sind wie jene des elektrischen Lichtes. Bedenkt man
aber, daß die elektrische Kraftmaschine die zugeführte Energie ohne Zwischenapparate unmittelbar in drehende
Bewegung umsetzt, daß also alle diejenigen Teile fortfallen, welche zur Umsetzung der hin- und hergehenden in drehende
Bewegung bei andern Betriebsmaschinen (Dampf-, Gaskraftmaschinen)
[* 19] nötig sind, Teile, welche bekanntlich sehr kostspielig und,
da in fortwährender Bewegung, auch am meisten der Erneuerung bedürftig sind, bedenkt man ferner, daß
die Zuleitung der Energie durch dünne Kupferdrähte die denkbar einfachste ist, daß keine toten Punkte vorhanden sind, daß
Schmutz und Belästigung irgend welcher Art gänzlich ausgeschlossen sind, so müssen wir den Elektromotor, der überdies
bei gleicher Kraftleistung das geringste Gewicht besitzt, den kleinsten Raum einnimmt und in der Anlage
weitaus am billigsten ist, als das Ideal einer Betriebsmaschine ansehen. Dazu aber kommt, daß die elektrische Energie auf
die weitesten Entfernungen ohne nennenswerten Verlust zu leiten ist (s. Elektrische Kraftübertragung).
Endlich aber sind es auch noch die chemischen Wirkungen des elektrischen Stromes, welche in der Technik Anwendung
gefunden haben. Teilweise werden diese Wirkungen dazu benutzt, um elektrische Energie aufzuspeichern, teilweise um Substanzen
in bestimmte Bestandteile zu zerlegen. Die Aufspeicherung elektrischer Energie in den sogen. Akkumulatoren ermöglicht es, die
Maschinen nicht während der ganzen Zeit des Lichtbedürfnisses in Betrieb zu halten. Brennen z. B. in einer Anlage in den
Abendstunden 100 Lampen
[* 20] gleichzeitig, während ca. 10-20 LampenTag undNacht brennen sollen, so wäre es im höchsten Grade unwirtschaftlich,
wollte man wegen dieser
wenigen Lampen die MaschineTag undNacht in Betrieb halten. Da empfiehlt es sich vielmehr, die Maschine
einige Stunden vor Beginn des Hauptlichtbedürfnisses anzulassen, teilweise die 10-20 Lampen zu speisen,
den überschüssigen Strom aber in die Akkumulatoren zu schicken. Während vorher die MaschineTag undNacht hätte arbeiten müssen,
genügt jetzt ein Maschinenbetrieb von nur 6-8 Stunden, indem die Akkumulatoren die übrige Zeit die Speisung der Lampen übernehmen.
Neuerdings finden außerdem die Akkumulatoren eine großartige Anwendung bei Zentralstationen (s. Elektrische Zentralstationen).
Die Zerlegung chemischer Substanzen in bestimmte Bestandteile, die sogen. technische Elektrolyse,
[* 21] hat seit der Herstellung von
Maschinen ganz gewaltige Fortschritte gemacht. Man unterscheidet bereits vier weite Gebiete, auf welchen sie sich bethätigt.
Die Elektrometallurgie
[* 22] hat es mit der Reingewinnung von Metallen zu thun. Teilweise handelt es sich darum,
die Metalle vollkommen rein zu erhalten, wie z. B. bei Kupfer,
[* 23] teilweise sind Metalle auf keinem andern Wege und in größerm
Maße gleich vorteilhaft herstellbar, wie z. B. Aluminium. Ein andrer Zweig beschäftigt sich mit der Herstellung von chemisch-technischen
Stoffen, z. B. Soda, die Galvanoplastik mit der Herstellung plastischer Abdrücke, die Galvanostegie
[* 24] endlich
mit der Herstellung metallischer Überzüge (Verkupferung, Versilberung etc.).
[Hygienisches.]
Seit der Einführung des elektrischen Lichtes, der elektrischen Kraftübertragung und der Benutzung des von
Dynamomaschinen erzeugten Stromes zu medizinischen Zwecken sind elektrische Leitungen vielfach in bewohnte Räume geführt worden,
und es entsteht die Frage, welche Gefahren für Leben und Gesundheit hiermit verbunden sein können und wie
sich dieselben vermeiden lassen. Die elektrischeBeleuchtung, welche so viele, auch hygienische Vorzüge vor der ältern Beleuchtung
besitzt, zeichnet sich auch durch Vermeidung der Feuersgefahr so sehr aus, daß sie selbst dort angewandt werden kann, wo
bisher die Benutzung offener Flammen ausgeschlossen war.
Eine gewisse Gefahr ist freilich mit dem elektrischen Licht
[* 25] insofern verbunden, als unter Umständen Leitungsteile sich stark
erhitzen und die Entzündung umgebender Teile bewirken können. Zur Vermeidung dieser Gefahr hat man hinreichend große Leitungsquerschnitte
anzuwenden, damit die Drähte, auch wenn ein stärkerer Strom als der der gewöhnlichen Beanspruchung entsprechende
hindurchgeht, sich nicht erhitzen, innerhalb der Gebäude sind alle Teile der Leitung, welche irgendwie mit brennbarem Material
in Berührung kommen können, sorgfältig zu isolieren und zwar mit einem die Wärme schlecht leitenden Material, welches höhern
Temperaturen, der Feuchtigkeit, dem Mäuse- und Rattenfraß und sonstigen äußern Einflüssen gut widersteht. Sehr empfehlenswert
sind auch Einschaltungen von Bleisicherungen, die bei Erhitzungen leicht schmelzen und dadurch den Strom vollständig unterbrechen.
Viel bedeutsamer als die durch elektrische Leitungen herbeigeführte Feuersgefahr ist die zufällige unvermutete Einwirkung
des elektrischen Stromes auf den Menschen. Wenn eine Berührung mit der nicht isolierten Stromleitung in der Weise stattfindet,
daß der Körper des Betroffenen von dem Strom durchflossen wird, d. h. wenn der Körper die positive und
die negative Leitung gleichzeitig berührt und so einen Schluß zwischen beiden bildet, oder wenn eine Leitung infolge
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mangelhafter Isolation mit dem Boden in Verbindung steht, so daß der Strom durch die Füße des Berührenden und durch seinen
Körper zurück zur zweiten Leitung geht, so kann der Berührte durch den Strom an seiner Gesundheit schwer geschädigt, auch
getötet werden. Dieser Gefahr sind meist Leute ausgesetzt, welche die Maschinen oder Leitungen zu bedienen
haben und die nötige Vorsicht außer acht lassen. Ganz schwache Schläge können den Betreffenden so erschrecken, daß er
z. B. von einer Leiter fällt etc. Auch können Verbrennungen vorkommen, die besonders dann gefährlich werden, wenn der Betreffende
im Fallen
[* 27] oder um einen Halt zu gewinnen, nun erst recht in die Drähte greift und bewußtlos längere
Zeit mit denselben in Berührung bleibt.
Sorglosigkeit und Unvorsichtigkeit der Arbeiter führt auch hier die meisten Unglücksfälle herbei, besonders dadurch, daß
versäumt wird, vor irgend einer Reparatur oder dergleichen die Stromleitung abzustellen. Besonders häufig sind Unglücksfälle
in Amerika vorgekommen, wo man die Leitungen mit unerhörtem Leichtsinn verwaltet. Ein StückDraht
[* 28] einer
aufgegebenen Leitung verrostet, fällt herab auf einen andern Draht, der vielleicht von einem hochgespannten Strom durchlaufen
wird, und stellt eine Verbindung dieses Stromes mit der Erde her. Berührt dann der Draht im Fallen einen Menschen, so kann er
diesen verletzen oder töten, fällt er auf einen Telegraphen- oder Telephondraht, so leitet er den gefährlichen
Strom in die Häuser und kann auch hier verderblich wirken.
Die Gefahr der elektrischen Leitungen steigt sehr erheblich bei Anwendung des Wechselstromsystems. Man benutzte bisher bei
Beleuchtungsanlagen das Gleichstromsystem mit elektrischem Strom von geringer Spannung, der zu seiner Fortleitung
einen verhältnismäßig starken Draht erfordert, geht aber jetzt mehr und mehr zum Wechselstromsystem über, indem man Ströme
von hoher Spannung anwendet, für deren Fortleitung schwächere Drähte genügen. Um die Ströme von hoher Spannung auf eine
beliebig niedrigere zu bringen, werden Transformatoren angewendet, bei welchen der hochgespannte Strom eine
Spule durchfließt und dabei in einer zweiten Spule einen schwächern Strom induziert.
Bei Isolationsfehlern im Transformator kann die primäre hohe Spannung sehr leicht einmal unerwartet im sekundären Leitungskreis
auftreten, was um so bedenklicher ist, als das Gefühl vermeintlicher Sicherheit Veranlassung zu nicht gerechtfertigter Sorglosigkeit
und Unachtsamkeit gibt. Besonders gefährlich ist eine derartige oberirdische Leitung, bei welcher der
Transformator im Haus, etwa unter dem Dach
[* 29] steht, aber auch bei unterirdischen Leitungen ist Sorge zu tragen, daß bei Arbeiten
im Straßengrund kein Unglück geschieht.
Die Wirkung elektrischer Ströme auf den Menschen ist von so vielen Verhältnissen abhängig, daß sich darüber wenig Allgemeines
sagen läßt. Nach Versuchen in Hannover
[* 30] kann ein Erwachsener, der an die Wirkungen der Elektrizität gewöhnt ist, wenn man
ihm den Strom mittels metallener Handhaben von gebräuchlicher Größe zuführt, die fest in die befeuchteten Hände genommen
werden, ohne daß wirkliche Schmerzempfindung oder ein merklicher Nachteil für die Gesundheit eintritt, einen
Strom eben noch aushalten, der durch eine Spannungsdifferenz von 50-100 Volt erzeugt wird.
HöhereSpannungen, wie sie Serienmaschinen für Bogenlicht
[* 31] liefern, können daher sehr wohl nachteilige Wirkungen hervorrufen,
und es scheint, daß 600 Volt bei vollem Anfassen metallischer Teile der Schließung die
Grenze bilden, jenseit welcher Gefahr
vorhanden ist. Viel gefährlicher als Gleichströme sind aber Wechselströme. Hunde,
[* 32] welche in EdisonsLaboratorium
[* 33] kontinuierlichen Strömen von 1000-1400 Volt widerstanden, wurden durch Wechselströme von 250-800 Volt getötet.
Eine französische Kommission fand, daß bei geschlossenem Stromkreis Stromdifferenzen bis zu 500 Volt durchaus ungefährlich
sind. Wechselströme von 60 Volt, also von der Stärke
[* 34] der gewöhnlichen Jablochkowströme, töteten Meerschweinchen
bei längerer Einwirkung, solche von 120 Volt führten augenblicklichen Atemstillstand und Tod herbei. Die Kommission schlug
daraufhin der Regierung vor, Gleichströme von 500 Volt an und Wechselströme von 60 Volt an der Konzessionspflicht zu unterwerfen.
Mit diesen Ergebnissen ist aber die Frage bei weitem noch nicht erledigt und es wird weitern Tierversuchen
vorbehalten bleiben, größere Sicherheit zu schaffen. Jedenfalls ergibt sich schon jetzt, daß oberirdische Leitungen für
Ströme von stärkerer Spannung in Städten nur ausnahmsweise und dann unter Beobachtung ganz besonderer Vorsichtsmaßregeln
zulässig sind. Wenn beide Leiter durch sorgfältige Befestigung vollkommen isoliert und so weit voneinander entfernt
sind, daß gleichzeitige Berührung sicher ausgeschlossen ist, so ist immerhin die Unfallgefahr auf ein Minimum reduziert.
Im allgemeinen ist unterirdische Leitung vorzuziehen, und zwar sollten nur Kabel mit fester Eisenumhüllung oder Kanäle aus
Mauerwerk, Beton oder Gußeisen, in denen die Drähte als Luftleitungen ausgespannt sind, verwendet werden.
Die Leitungen zu den Straßenlampen führt man zweckmäßig innerhalb der Kandelaber
[* 35] aufwärts. Transformatoren
sind von den Gebäuden fern zu halten und etwa vor denselben in gut gesicherten Hohlräumen unter dem Bürgersteig anzubringen.
Das Durchschlagen zwischen primärer und sekundärer Leitung und damit der Eintritt hoher Spannungen in bewohnte Räume ist durch
sorgfältige Arbeit und gewissenhafte Kontrolle zu verhüten. Alle in Wohnungen eingeführte Leitungen sind
durch Isoliermaterial von oben angegebener Beschaffenheit zu schützen.
Niemals dürfen elektrische Leitungen an Gas-, Wasser- oder sonstige Leitungen angeschlossen werden. Leitungen für hohe Spannungen
müssen so verlegt werden, daß Berührung von unberufener Hand
[* 36] ausgeschlossen ist, namentlich müssen positive und negative
Leitung so weit voneinander entfernt liegen, daß gleichzeitige Berührung beider unmöglich ist. Für Ströme bis zu 10,000
Volt hat man inEngland konzentrische Kabel konstruiert, bei denen der gut isolierte positive Leiter in dem röhrenförmigen negativen
Leiter liegt.
Zweifellos kann bei elektrischen Leitungen, auch bei solchen von hoher Spannung, die Gefahr vermieden werden,
und in der Regel werden, wenigstens bei uns, die Unternehmer das Ihrige thun, um möglichste Sicherheit zu schaffen. Gleichwohl
erscheint eine gesetzliche Regelung der Verhältnisse, auf welche bis jetzt nur die gewöhnlichen Normen der Gewerbeordnung
Anwendung finden, durchaus geboten. Italien
[* 37] besitzt bereits eine brauchbare Gesetzgebung, und Frankreich
hat vor einigen Jahren eine Enquete unternommen, welche wichtige Anhaltspunkte beigebracht hat.