forlaufend
375
aus elektrischem Wege eigentümliche, noch nicht ge- nügend bekannte ^trahlenarten erzengt werden (s. Kathodenstrahlen und Röntgenstrahlen). - Endlich ist zu erwähnen, daß, wie gleichfalls zuerst von H. Hertz beobachtet wurde, das Licht [* 3] ans die Entladung elektrisch geladener Körper fördernd einwirkt. Es sind besonders die unsichtbaren, ultravioletten Strah- len, die die Zerstreuung negativer Elektricität un- gcmcin beschleunigen. Elektrophysiologie, der Teil der Phrisiologic, der sich mit elektrischen Vorgängen und Methoden befaßt.
Hierzu ist in zweierlei
Richtung Veran- lassung gegeben. Erstens ist der elektrische
Strom seiner Dosierbarkeit und relativen
Unschädlichkeit halber das wichtigste und am meisten gebrauchte Reizmittel; zweitens giebt es eine große
Zahl von Lebensvorgängen, bei denen die pflanzlichen und tierischen Gewebe
[* 4] selbst elektrische
Strome erzeugen. Jede Thätigkeit
der
Drüsen,
Muskeln
[* 5] und
Nerven
[* 6] geht mit dem Auftreten elektrischer
Spannungen 'M'to Strömungen einher.
Elektrische
[* 7]
Ströme ent-
stehen in den willkürlich bewegten
Muskeln wie im thätigen
Gehirn;
[* 8] jeder
Herzschlag führt zu elektri- schen
Oscillationen, die sich durch dem menschlichen Körper angelegte
Elektroden nach außen ableiten lassen. Die großartigste
Leistung in dieser
Richtung sind die von den elektrischen Fischen mit Hilfe ihrer elektrischen Organe erzeugten
Schläge. -
Begründet wurde die Elektrotechnik
durch
Galvani. Einzelne Reizerfolge des elektrischen
Stroms wurden indes schon früher von verschiedenenBeobachtern
beschrieben. Die Aus- bildung einer exakten Methodik und die systematische Durcharbeitung des ganzen Gebietes geschah durch
Du Vois-Reyinond. -
Vgl. Galvani, De viriduä 6i60tricit3,ti8 in moto mu30uIcN'i coininontlN'iuZ, hg.von A.von Ottingen (in Ostwalds «Klassikern der erakten Wissenschaften», Nr. 52,1894);
Du Vois- Reymond, Untersuchungen über tierische Elektri- cität (2 Bde., Verl. 1848 - 84);
W. Biedermann, Elektrophysiologie (Jena [* 9] 1895).
^ Elektrotec
hnik. Iu der Schwach str omtech - nik sind im Laufe der letzten Jahre keine umwälzen- den Neuerungen zu verzeichnen
gewesen. (Näheres s.
Elektrische Telegraphen, Mikrophon,
Telegraphie ohne
Draht.)
[* 10] Das
Gleiche gilt von derStark
st r o m - technik;
doch hat die wirtschaftliche
Entwicklung der letztern die Erwartungen weit übcrtrossen. Die
elek- trische
Beleuchtung
[* 11] breitet sich immer weiter aus, so- wohl in Einzel- als in Centralanlagen; aber mebr bietet die
Elektrische Kraftübertragung
(s. d.) und die Elektrochemie (s. d.)
das eigentliche Arbeitsfeld für die elektrische Großindustrie. Es giebt beute Fabriken, die jährlich
3-5000 Dynamomaschinen und Mo- toren bauen.
Infolge des lebhaften Geschäftsganges liegen Mitte 1896 für die großen Firmen für mehrere Hundert Millionen Mark Aufträge vor. Physiologische Wirkungen des Stark- stroms. Durch die Verbreitung der Starkstromanla- gen im Fabrik- und Geschäftsbetrieb sowohl als im öffentlichen Vcleuchtungs- und Verkehrswesen ist die Möglichkeit gegeben, daß das Publikum, das Fabrit- und Geschästspersonal u. s. w. mit den l^tromlcitun- gen in gefahrbringende Berührung kommt.
Daß der elektrische Strom auf Muskeln und Nerven einwirkt, ist seit langer Zeit bekannt, aber es ist bis jetzt sehr wenig erforscht, welche Teile des menschlichen Körpers bei Berührung mit hochgespannten Strömen derart gestört werden, daß das Leben in Gefadr kommt. Zunächst hat man angenommen, daß bei Durchgang derartiger Ströme durch den menschlichen Körper eine plötzliche Zertrümmerung der Nerven stattfindet, die je nach ihrem Umfang vorübergehende oder dauernde Störungen im Organismus oder den Tod zur Folge hat.
Die Versuche mit der elektrischen Hinrichtung in Amerika [* 12] haben aber durch ihre nega- tiven Ergebnisse gezeigt, daß die edelsten Teile: Rückenmark und Gehirn, gegen Stromdurchgang wenig empfindlich sind. In allen Fällen, wo unvor- sichtige Vcrührnng elektrischer Leitungen starke Läh- mungen oder den Tod zur Folge hatten, waren meistens die starken Muskelpartien, Arm-, Bein-, Brust- und Herzmuskel, die Leiter für den Strom, und man kann daraus folgern, daß die tödliche Wirkung des elektrischen Stroms besteht in einer mehr oder minder heftigen Erschütterung nervenreicher Muskel- partien: Muskelkrampf, Lähmung der motorischen Nerven, Störungen des Blutkreislaufs, ungleiche Vlutverteilung (Herz- und Gehirnschlag), Starr- krampf u. s. w. Es hat sich gezeigt, daß Personen, die nur sehr kurze Zeit mit dem (Htrom in Berührung waren, durch geeignete Maßnahmen ins Leben zurück- gerufen werden konnten, was nach längerm Strom- durchgang nicht mehr möglich war. Visher nahm man an, daß Gleichstrom erst von 1000 Volt und Wechselstrom erst von000-700 Volt absolut tödlich sei; in neuerer Zeit hat sich jedoch gezeigt, daß Wechsel- strom schon bei 450 Volt Spannung Todesfälle her- vorrufen kann, wenn die Berührung längere Zeit gedauert hat, während bei kurz andaucrudem Strom- durchgang bei der gleichen Spannung keine nach- teiligen Folgen aufgetreten sind. Zu berücksichtigen ist ferner, daß sich der menschliche Körper sehr ver- schiedenartig bei Stromdurchgang verhält; während der eine schon durch 100 Volt Gleichstrom heftig er- schüttert wird, kann der andere bequem das Drei- bis Vierfache an Spannnng ohne merklichen Schmerz er- tragen; ferner kommt der Zustand der Haut [* 13] in Be- tracht: Schwielen an der Hand [* 14] setzen dem Strom einen sehr hohen Widerstand entgegen, während andererseits der Körper nach einem Bad in [* 15] Salz- wasser den geringsten Widerstand zeigt. Eigentüm- lich ist, daß Pferde [* 16] schon durch 500 Volt Gleichstrom getötet werden können, wie dies z. B. in Chemnitz [* 17] (1895) durch einen herabgefallenen Arbeitsdraht der elektrischen Straßenbahn geschehen ist. ströme von geringer Spannung beeinflussen die Nerven günstig und atteriercn die Muskeln nicht; sie werden daher in der Heilkunde angewendet außerdem ist es auffallend, daß Wechselströme von sehr hoher Spannung und sehr hoher Wechselzahl (s.Teslasche Versuche, Bd. 15) ebenfalls ohneSchaden durch den menschlichen Körper geleitet werden können.
Ist jemand durch elektrischen Schlag betäubt, so ist es notwendig, sofort zum Arzt zu senden; inzwischen soll man sich bemühen, die künstliche Atmung herbei- zuführen. Der Körper wird so an die Erde gelegt, daß der Kopf etwas nach unten hängt, dann werden die Ilrme langsam über den Kopf gezogen, zwei bis drei bekunden gehalten und wieder abwärts bewegt nnd die Ellbogen fest auf den Brustkasten des Be- täubten gedrückt. Diese Manipulation soll so lange fortgesetzt werden, bis man sich über den etwaigen Tod des Betäubten klar geworden oder bis die natür- liche Atmung wieder eingetreten ist; jedenfalls sind die Bewegungen eine Stunde lang fortzusetzen. Ist eine zweite Person zur Stelle, so kann diese dadurch Hilfe leisten, daß sie mit einem Taschentuch die Zunge des Betäubten ergreift und beim jedesmaligen ¶