Titel
Elektromet
allurgie
[* 2] (griech.), die Benutzung der Elektrizität [* 3] bei der Gewinnung der Metalle aus ihren Erzen. Abgesehen von den sehr zahlreichen Verhältnissen, in welchen die Elektrizität in der Hüttenkunde dieselbe oder eine ähnliche Verwendung finden kann wie in andern Zweigen der Technik, bieten sich hier noch besondere Gelegenheiten zur vorteilhaften Verwertung. Eine Maschine [* 4] zur Trennung magnetischer und unmagnetischer Erze wurde von Siemens u. Halske gebaut und in die Praxis eingeführt. Dieselbe [* 1] (Fig. 1) besteht aus einer etwas schief liegenden, mit einem messingenen Schraubengewinde bb versehenen Achse aa; um das Schraubengewinde ist eine feststehende Messingröhre cc gelegt, welche nach obenhin aufgeschnitten und umgebogen und mit einem Abstreifer dd versehen ist, der sich tangential von innen an einen das Ganze umgebenden magnetischen Hohlcylinder ee anlegt.
Dieser Hohlcylinder besteht aus Eisenscheiben, die nebeneinander liegen und durch zwischenliegende Messingringe voneinander getrennt sind. Außerhalb sind diese Eisenscheiben durch Eisenstangen verbunden, so daß sie also eigentümlich gestellte Hufeisenmagnete werden, deren ringförmige Pole die innere Wand des Hohlcylinders bilden. Die Magnetisierung wird durch isolierte Drähte hervorgebracht, welche vor Anbringung der äußern Eisenstangen zwischen die Scheiben gewickelt werden. Die ersten Zwischenräume erhalten nur wenig Windungen, die folgenden mehr, und am Ende sind sie vollgewickelt. Durch den die Windungen durchlaufenden elektrischen Strom entsteht nun infolge entsprechender Anordnung der Windungen eine regelmäßige Folge von Nord- und Südpolen, und der ¶
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Hohlcylinder bietet also eine glatte Röhrenfläche dar, die aus lauter ringförmigen, nebeneinander liegenden Nord- und Südpolen besteht. An einem Ende ist der Cylinder durch eine durchlöcherte Scheibe ff mit der Achse des Apparats verbunden, und am andern lagert er an der feststehenden innern Messingröhre. Das zu trennende Material wird dem erstern Ende des Hohlcylinders zugeführt und durchläuft dann langsam den etwas schräg stehenden rotierenden Cylinder. Es muß hierbei die rotierenden ringförmigen Magnetpole passieren, welche die magnetischen Teile festhalten und mit in die Höhe nehmen, wo sie durch den Abstreifer in die feststehende innere Messingröhre geworfen werden, aus welcher sie die Schraube heraus befördert.
Wenn nun gleich am Anfang ein sehr starker Magnetismus [* 6] vorhanden wäre, so würde hier gleich das magnetische Material in zu großer Masse festsitzen; der ganze Raum würde gefüllt werden, und die Trennung würde schon entweder hier bei dem ersten Ringe ganz vor sich gehen, oder wenn dies nicht ginge, würde der Apparat das nicht leisten können, was er soll; darum ist die Einrichtung getroffen, daß der Magnetismus erst allmählich in voller Stärke [* 7] auftritt, so daß beim Durchgang des Erzes durch den rotierenden Hohlcylinder immer stärker werdende magnetische Kräfte auf die magnetischen Teile des Gemisches wirken. Wie stark der Strom zu machen ist, hängt von der Natur des Erzes und dem Grade der Röstung desselben ab. Der magnetisierende Strom wird von einer kleinen dynamoelektrischen Maschine geliefert, und die Stromstärke wird dadurch reguliert, daß man die stromerzeugende Maschine so schnell dreht, daß man das gewünschte Scheidungsverhältnis bekommt.
W. Siemens benutzte seit 1880 den dynamoelektrischen Strom zur Schmelzung von schwer flüssigen Metallen, namentlich Platin, Iridium, Stahl und Eisen [* 8] etc. Der Apparat [* 2] (Fig. 2) besteht aus einem gewöhnlichen Schmelztiegel T, welcher in ein metallisches Gefäß [* 9] H unter Ausfüllung des Zwischenraums mit einem schlechten Wärmeleiter eingesetzt ist. Durch den Boden des Schmelztiegels ist ein Stab [* 10] von Eisen, Platin oder von Gaskohle eingeführt. Der Deckel des Schmelztiegels nimmt die negative Elektrode, einen Cylinder von gepreßter Kohle von vergleichsweise beträchtlichen Abmessungen, auf. An dem einen Ende A eines in der Mitte unterstützten Balkens AB ist die negative Elektrode durch einen aus Kupfer [* 11] hergestellten Streifen aufgehängt, während am andern Ende B des Balkens ein hohler Cylinder von weichem Eisen befestigt ist, welcher sich vertikal in der Drahtspule S frei bewegen kann.
Durch ein Lauf- oder Gleitgewicht G kann das Übergewicht des nach der Drahtspule hin liegenden Balkenarms so verändert werden, daß es die magnetische Kraft, [* 12] mit welcher der hohle Eisencylinder in die Solenoidrolle S hineingezogen wird, ausgleicht. Ein Ende der Drahtspule ist mit dem positiven, das andre Ende mit dem negativen Pol des elektrischen Bogens verbunden. Der Widerstand der als Solenoid wirkenden Drahtrolle ist so bemessen, daß die Kraft, mit welcher sie auf den Eisencylinder anziehend wirkt, der elektromotorischen Kraft zwischen beiden Elektroden oder mit andern Worten dem Widerstand des zwischen den Elektroden in dem Schmelztiegel sich entwickelnden elektrischen Lichtbogens selbst proportional ist.
Der Widerstand des Bogens wird dadurch bestimmt und nach Belieben innerhalb der Grenzen, [* 13] welche die Kraftquelle zuläßt, festgestellt, daß man das Gewicht auf dem Balken verschiebt. Vergrößert sich aus irgend welchem Grunde der Widerstand des Bogens, so gewinnt der durch die Drahtspule gehende Strom an Kraft, die magnetische Anziehung überwindet das entgegenstehende Gewicht und verursacht dadurch, daß die negative Elektrode tiefer in den Schmelztiegel eintaucht, eine Verminderung des Wi-
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Maschine zur Trennung magnetischer von unmagnetischen Erzen.
Fig. 2. Apparat zum Schmelzen von Metallen.] ¶
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derstandes des Lichtbogens, während, wenn der Widerstand unter die gewünschte Grenze sinkt, das Gewicht den Eisencylinder in die Spule zurücktreibt, wodurch sich die Länge des Bogens so lange vergrößert, bis das Gleichgewicht [* 15] zwischen den wirkenden Kräften wiederhergestellt ist. Diese automatische Regulierung ist für die Erlangung vorteilhafter Ergebnisse der elektrischen Schmelzung von großer Wichtigkeit. Eine andre wichtige Bedingung besteht darin, daß das zu schmelzende Material den positiven Pol des Bogens bildet, da an diesem die Wärme [* 16] hauptsächlich erzeugt wird.
Der elektrische Strom wird durch eine nur mit 4 Pferdekräften betriebene dynamoelektrische Maschine geliefert. Der elektrische Schmelztiegel kann mit 1 Pfd. für den Betrieb der Dynamomaschine verbrauchter Kohle nahezu 1 Pfd. Gußstahl schmelzen, während 2½-3 Ton. Koks verbraucht werden, um 1 Ton. Stahl in Schmelztiegeln in dem zu Sheffield [* 17] benutzten gewöhnlichen Gebläsofen zu schmelzen. Andre Vorteile, welche zu gunsten des elektrischen Verfahrens sprechen, sind:
1) daß der erreichbare Hitzegrad theoretisch unbegrenzt ist, während der höchste erreichbare Hitzegrad der Schmelzöfen nur 2500-2800° beträgt;
2) daß die Schmelzung in einer vollkommen neutralen Atmosphäre vor sich geht;
3) daß das Verfahren im Laboratorium [* 18] ohne viel Vorbereitung und unter den Augen des Beobachters vorgenommen werden kann;
4) daß bei Benutzung der gewöhnlichen schwer schmelzbaren Materialien die praktisch erreichbare Grenze der Hitze sehr hoch liegt, da im elektrischen Schmelzofen [* 19] das schmelzende Material eine höhere Temperatur als der Schmelztiegel selbst hat, während im gewöhnlichen Verfahren die Temperatur des Schmelztiegels diejenige des darin geschmolzenen Materials übersteigt. Sehr wichtig verspricht auch die Benutzung der chemischen Wirkung des elektrischen Stroms in der Metallurgie zu werden. In Harzer Hüttenwerken hat man dynamoelektrische Maschinen zur Zersetzung von Kupferlösungen aufgestellt, von denen jede bei einem Verbrauch von 10 Pferdekräften 250-300 kg sehr reines Kupfer ausfällt. Auch zur Entsilberung von silberhaltigem Blei, [* 20] zur Bearbeitung von Kobaltnickelerzen und zur Gewinnung von Zink ist die Elektrizität benutzt worden.