Titel
Elektrizität.
Elektrizität (elektris

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Elektrizität.
[* 2] Wenn man eine Glasröhre oder eine Siegellackstange reibt, etwa am Rockärmel, so erlangen
sie die
Eigenschaft, leichte Körperchen, wie Papierschnitzel, Zigarrenasche u. dgl.,
anzuziehen. Da diese
Eigenschaft schon in alter Zeit zuerst am
Bernstein,
[* 3] welchen die Griechen
Elektron nannten, beobachtet
worden war, so nannte man den Zustand, in welchem sich die geriebenen
Körper befinden, elektrisch und die
Ursache desselben
Elektrizität.
Außer den genannten zeigen auch noch andre
Körper, z. B.
Schwefel,
Edelsteine,
[* 4]
Seide,
[* 5]
Harze (zu welchen
auch
Siegellack und
Bernstein gehören),
Kautschuk (Hartkautschuk,
Kammmasse,
Ebonit),
Guttapercha,
Kollodium etc., diese
Eigenschaft;
dagegen bemüht man sich vergebens, eine in der
Hand
[* 6] gehaltene
Eisen- oder Messingstange durch Reiben elektrisch zu machen.
Elektrizität (Leiter u

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Seite 5.530.
Befestigt man aber die Metallstange an einem
Griffe von
Glas
[* 7] oder Hartkautschuk, den man mit der
Hand faßt,
so wird sie durch Reiben gleichfalls elektrisch. Wir schließen daraus, daß, als wir die Metallstange unmittelbar in der
Hand hielten, jenes Wirksame, das wir Elektrizität
nennen, zwar ebenfalls erzeugt wurde, jedoch durch das
Metall selbst und die berührende
Hand sofort entwich, dagegen durch den
Griff von
Glas oder Hartkautschuk nicht fortgeleitet wurde. Während also
Metall die Elektrizität
fortpflanzt
oder leitet, besitzen
Glas und
Kautschuk diese Fähigkeit nicht. Die besten
Leiter der Elektrizität
sind die
Metalle; weniger gut leiten
der menschliche
Körper,
Kohle,
Wasser und viele
¶
mehr
andre Flüssigkeiten, Holz, [* 9] Papier, Stroh, Baumwoll- und Leinenfaser, Holundermark, Leder, viele Gesteine [* 10] und die Erde; Nichtleiter dagegen oder richtiger sehr schlechte Leiter sind die oben bereits aufgezählten Körper. Soll ein Leiter den elektrischen Zustand, in welchen man ihn auf irgend eine Weise versetzt hat, bewahren, so muß er rings von Nichtleitern umgeben und dadurch von allen Leitern seiner Umgebung getrennt (isoliert) werden; wegen dieser Anwendung nennt man die Nichtleiter auch Isolatoren. Ein Metallkörper, der an gläsernem Griff in der Hand gehalten wird oder auf gläsernem Fuße steht, ist isoliert, denn die Luft, mit der er außerdem noch in Berührung steht, ist, wenn trocken, ein Nichtleiter; feuchte Luft leitet zwar an sich ebenfalls nicht, sie beschlägt aber die Oberflächen der festen Isolatoren mit einer dünnen Wasserschicht und macht sie dadurch leitend.
Ein an seidenem Faden, [* 11] also isoliert, aufgehängtes Holundermarkkügelchen nennt man ein elektrisches Pendel. Nähert man dem Kügelchen einen geriebenen Glasstab, so wird es von demselben angezogen, kommt mit ihm in Berührung, wird dadurch selbst elektrisch, und nun wird es von dem Glasstab abgestoßen; von einer geriebenen Siegellack- oder Hartkautschukstange aber wird es jetzt lebhafter angezogen, als wenn es unelektrisch wäre. Macht man das Kügelchen mittels der Siegellackstange elektrisch, so wird es von dieser abgestoßen, von dem Glasstab dagegen angezogen.
Pen - Pendel

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Pendel.
Die Glas- und die Siegellackstange befinden sich demnach in verschiedenen elektrischen Zuständen, da sie auf das Kügelchen
entgegengesetzte Wirkungen ausüben. Prüft man andre geriebene Körper an dem elektrischen Pendel,
[* 12] so findet man, daß sie
sich dem durch den Glas- oder Siegellackstab elektrisch gemachten Kügelchen gegenüber entweder wie Glas
oder wie Siegellack (Harz) verhalten. Es gibt also nur zwei verschiedene elektrische Zustände, als deren Ursache wir zwei verschiedene
Elektrizitäten
annehmen, welche man Glas- und Harzelektrizität
nennen kann.
Hängt man einen geriebenen Glasstab an einem Faden wagerecht auf, so wird er von einem zweiten geriebenen
Glasstab abgestoßen, von einer geriebenen Siegellackstange aber angezogen; eine geriebene Siegellackstange, ebenso aufgehängt,
wird von einer Glasstange angezogen, von einer Siegellackstange aber abgestoßen. Es ergibt sich also, daß gleichnamige
Elektrizitäten
sich gegenseitig abstoßen, ungleichnamige sich anziehen. Man erkennt jetzt, daß vorhin die leitende Kugel
des elektrischen Pendels, nachdem sie mit der Glasstange in Berührung war, glaselektrisch, und daß sie
durch Berührung mit der Siegellackstange harzelektrisch geworden war.
Die auf einem geriebenen Körper erregte Elektrizität
läßt sich also ohne Änderung ihrer Beschaffenheit durch Berührung auf einen
Leiter übertragen. Von zwei durch gläserne Griffe isolierten Messingplatten werde nun die eine glaselektrisch,
die andre ebenso stark harzelektrisch gemacht; ob sie gleichstark elektrisch sind, erkennt man daran, daß sie die unelektrische
Kugel des Pendels aus gleicher Entfernung gleichweit aus der lotrechten Gleichgewichtslage ablenken.
Bringt man nun die Platten miteinander in Berührung, so erweisen sie sich nachher als vollkommen unelektrisch. Die beiden
ungleichnamigen Elektrizitäten
in gleichen Mengen miteinander vereinigt, heben sich also gegenseitig
auf oder neutralisieren sich. Zwei Größen, die sich so verhalten, bezeichnet man als entgegengesetzte und zwar die eine
als positiv, die andre als negativ. Gräbt
man z. B. ein Loch, so bildet die ausgeschaufelte Erde einen Haufen; der Haufe ist
eine positive, das Loch die entsprechende negative Größe; vereinigt man beide miteinander, d. h. schaufelt
man den Haufen in das Loch, so »heben sie sich gegenseitig auf«, und es entsteht wieder die
ursprüngliche ebene Bodenfläche.
Man kann daher das Verhalten der beiden entgegengesetzten Elektrizitäten
zu einander sehr treffend dadurch bezeichnen, daß
man die eine die positive (+E), die andre die negative (-E) nennt. Welche von beiden als positiv zu betrachten
sei, darüber geben uns die Erscheinungen selbst keinen Wink; man ist aber allgemein dahin übereingekommen, die Glaselektrizität
positiv, die Harzelektrizität
negativ zu nennen. Wie man kein Loch graben kann, ohne einen entsprechenden
Erdhaufen aufzuwerfen, so ist es auch unmöglich, die eine Elektrizität
zu erregen, ohne gleichzeitig ebensoviel
von der andern hervorzubringen.
Haare der Pflanzen

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Haare.
Reibt man eine Glasstange mit einem Kautschuklappen und nähert diesen der zuvor mit negativer Elektrizität
geladenen
Kugel des elektrischen Pendels, so wird dieselbe abgestoßen, von der Glasstange aber angezogen, und zeigt
somit, daß, während letztere positiv elektrisch geworden ist, der als Reibzeug dienende Kautschuklappen negativ elektrisch
wurde. Hierdurch wird die Vorstellung gerechtfertigt, daß die beiden Elektrizitäten
durch das Reiben nicht erst entstehen,
sondern in gleichen Mengen miteinander vereinigt in jedem unelektrischen Körper bereits vorhanden sind und durch das Reiben
nur voneinander getrennt werden, so daß die eine auf dem geriebenen Körper, die andre auf dem Reibzeug
auftritt. Der Arbeit, welche beim Reiben aufgewendet wurde, um die beiden sich anziehenden Elektrizitäten
voneinander zu
trennen, entspricht die Energie (Potenzialdifferenz), mit welcher sie bestrebt sind, sich wieder miteinander zu vereinigen.
- Indem man je zwei Körper aneinander reibt und prüft, welche Elektrizität
jeder derselben angenommen hat, kann
man alle Körper in eine Reihe ordnen, in welcher jeder, mit einem der folgenden gerieben, positiv, mit einem der vorhergehenden
negativ wird. Die wichtigsten Körper dieser Spannungsreihe für Reibungselektrizität sind: Haare
[* 13] (Katzenfell, Fuchsschwanz),
poliertes Glas, Wolle, Papier, Seide, mattes Glas, Kautschuk, Harze (Siegellack), Bernstein, Schwefel, Metalle,
Kollodium (Schießbaumwolle);
weiteres s. in dem Artikel Elektrische Spannungsreihe. [* 14]
Die Elektrizität kann sich im Gleichgewichtszustand nur auf der Oberfläche der Leiter, niemals in ihrem Innern befinden. Denn da die Teile einer und derselben Elektrizitätsart sich gegenseitig abstoßen, so werden sie auseinander weichen, bis ein Nichtleiter ihrem Entweichen eine Grenze setzt, was eben an der Oberfläche eines isolierten Leiters stattfindet. Hat man z. B. eine auf einem Glasfuß stehende Metallkugel elektrisch gemacht und bedeckt sie nun mit zwei an gläsernen Griffen gehaltenen hohlen Halbkugeln, so erweist sich nach Wegnahme der letztern die Kugel ganz unelektrisch; ihre Elektrizität ist auf die Halbkugeln, welche einen Augenblick ihre Oberfläche bildeten, übergegangen. Auf eine isolierte Metallplatte stelle man ein Metallsäulchen, an welchem an einem dünnen Draht [* 15] eine Holundermarkkugel als elektrisches Pendel herabhängt;
führt man der Metallplatte Elektrizität zu, so wird das Pendel von dem Metallsäulchen lebhaft abgestoßen;
deckt man jetzt eine Glocke aus Drahtgewebe darüber, so hängt das Pendel an dem Säulchen schlaff herab;
es ist jetzt in das Innere des ¶
mehr
ganzen Leiters versetzt, auf dessen Oberfläche sich alle Elektrizität begeben hat. Metallteile an elektrischen Apparaten brauchen daher nicht massiv zu sein, sondern können ebensogut hohl sein. Auf einer Kugelfläche verbreitet sich die Elektrizität überall gleichmäßig; sie hat überall dieselbe Dichte, d. h. auf gleichen Flächenteilen ist die gleiche Elektrizitätsmenge vorhanden. Auf Körpern von andrer Gestalt sammelt sich die Elektrizität an denjenigen Stellen am dichtesten an, welche am meisten hervorragen, besonders an Kanten, Ecken und Spitzen.
Namentlich auf Spitzen häuft sich die Elektrizität dergestalt an, daß sie aus denselben auszuströmen scheint; in Berührung mit einem elektrischen Körper werden nämlich die Luftteilchen gleichnamig elektrisch und um so stärker abgestoßen, je größer die Dichte der Elektrizität auf dem Körper ist; an Spitzen entweicht die elektrisch gewordene Luft so kräftig, daß sie sich der entgegengehaltenen Hand als elektrischer Wind fühlbar macht und eine Kerzenflamme zur Seite bläst.
Ein leichtes mit seiner Mitte auf eine Spitze aufgesetztes Metallrädchen (das elektrische Flugrad), dessen zugespitzte Speichen alle nach derselben Richtung gekrümmt sind, wird durch den Rückstoß der den Spitzen entströmenden Luft der Strömungsrichtung entgegen in Umdrehung versetzt. Ein mit einer Spitze versehener Leiter kann nicht oder nur schwach elektrisch gemacht werden, weil der von der Spitze ausgehende elektrische Wind die Elektrizität rasch entführt. Soll daher ein Leiter die Elektrizität behalten, so muß man ihm unter Vermeidung aller scharfen Kanten und Ecken eine möglichst abgerundete Gestalt geben; soll er dagegen seine Elektrizität rasch abgeben, so muß man ihn mit Spitzen versehen.
Nähert man einem isolierten Leiter, z. B. einem an den Enden abgerundeten, auf einem Glasfuß wagerecht aufgestellten Metallcylinder, vom einen Ende her einen elektrischen Körper, etwa einen geriebenen Glasstab, so wirkt die (positive) Elektrizität des letztern auf die beiden in dem Leiter anfangs noch miteinander verbundenen Elektrizitäten und trennt sie, indem sie die ungleichnamige (negative) an das nähere Ende heranzieht, die gleichnamige (positive) nach dem entferntern Ende zurückdrängt.
Daß die beiden Enden des Metallcylinders in der angegebenen Weise entgegengesetzt elektrisch geworben sind, erkennt man an elektrischen Doppelpendeln, die man daselbst aufgehängt hat; jedes derselben besteht aus zwei Holundermarkkugeln, welche an leinenen Fäden nebeneinander hängen und im unelektrischen Zustand sich berühren; beim Annähern der Glasstange sieht man jedes Pendelpaar auseinander gehen, weil die beiden Holundermarkkugeln eines jeden, gleichnamig elektrisch geworden, sich abstoßen und zwar, wie man sich leicht durch Prüfung überzeugen kann, die am nähern Ende mit negativer, die am entferntern Ende mit positiver Elektrizität. Man nennt diese durch den Einfluß eines genäherten elektrischen Körpers in einem Leiter bewirkte Trennung der beiden Elektrizitäten elektrische Verteilung oder Influenz.
Würde man nun den elektrischen Körper (den Glasstab) wieder entfernen, so würden sich die beiden getrennten Elektrizitäten sofort wieder vereinigen, der isolierte Leiter in den unelektrischen Zustand zurückkehren und die Pendelpaare wieder zusammenfallen. Berührt man dagegen bei fortdauernder Gegenwart des Glasstabes den Metallcylinder mit dem Finger, so ist der abgestoßenen positiven Elektrizität ein Ausweg eröffnet, sie entweicht durch den leitenden menschlichen Körper in die Erde, und das am entferntern Ende aufgehängte Pendelpaar klappt zusammen; aber die am nähern Ende angehäufte negative Elektrizität kann durch den Finger nicht entweichen, weil sie, von der positiven des Glasstabes angezogen, festgehalten oder, wie man sagt, gebunden wird.
Nimmt man jetzt erst den Finger und dann den Glasstab weg, so verbreitet sie sich frei über den ganzen Cylinder, und beide Pendelpaare fahren auseinander mit negativer Elektrizität. Der Metallcylinder ist also jetzt negativ geladen durch den Einfluß eines positiv elektrischen Körpers, ohne daß dieser von seiner Elektrizität das mindeste abgegeben hat. Es wäre jedoch irrig, anzunehmen, daß jene negative Elektrizität ohne entsprechenden Arbeitsaufwand gewonnen worden sei; denn indem man den positiv elektrischen Glasstab von dem negativ elektrischen Leiter entfernte, hatte man die zwischen beiden wirksame Anziehung zu überwinden und dabei eine Arbeit zu leisten, deren Ergebnis die auf dem Leiter auftretende elektrische Energie ist.
Elektroskop - Elektrot
![Bild 56.12: Elektroskop - Elektrotechnik [unkorrigiert] Bild 56.12: Elektroskop - Elektrotechnik [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0012.jpeg)
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Elektroskop.Ein leitend aufgehängtes Pendelpaar, seien es nun zwei an Leinenfäden aufgehängte Holundermarkkügelchen oder wegen der bedeutendern Empfindlichkeit zwei Strohhälmchen oder noch besser zwei Goldblättchen, ist sehr geeignet, die auf einem Leiter, mit dem sie verbunden sind, herrschende elektrische Spannung anzuzeigen, u. dient daher als Elektroskop. [* 17] Das Goldblattelektroskop [* 2] (Fig. 1) besteht aus einem in ein Glasröhrchen mit Siegellack eingekittetes Messingstäbchen, welches oben eine Messingplatte, unten als elektrisches Doppelpendel zwei Streifen aus Blattgold trägt. Um die Pendel vor Luftströmungen zu schützen und zugleich das Ganze zu isolieren, ist das Röhrchen mittels eines Korks oder einer eingekitteten Metallfassung in den Hals eines Glasgefäßes eingesetzt.
Hält man einen elektrischen Körper, z. B. eine geriebene Glasstange, in einiger Entfernung über die Platte, so gehen die Pendel auseinander mit positiver der positiv elektrische Glasstab hat nämlich in dem Metallkörper des Elektroskops Verteilung bewirkt, indem er positive Elektrizität in die Pendel trieb, negative in die Platte heranzog. Berührt man jetzt die Platte mit dem Finger, so entweicht die abgestoßene positive Elektrizität, und die Pendel fallen zusammen, während die negative Elektrizität in der Platte gebunden bleibt.
Wird nun nach Wegnahme des Fingers auch der Glasstab entfernt, so wird diese negative Elektrizität frei, verbreitet sich über den ganzen Metallkörper und zwingt die Pendel, auseinander zu gehen. Das Elektroskop ist demnach mittels des positiven Glasstabes mit negativer Elektrizität dauernd geladen. Mittels einer geriebenen Kautschuk- oder Siegellackstange hätte man es auf dieselbe Weise positiv laden können. Nähert man dem negativ geladenen Elektroskop den Glasstab wieder, so gehen die Pendel mehr zusammen, weil der Glasstab durch seine verteilende Wirkung positive Elektrizität in die Pendel treibt und negative aus ihnen herauszieht und somit ihre negative Spannung vermindert; nähert man dagegen eine negativ elektrische Siegellackstange, so wird eine neue Menge negativer Elektrizität in die Pendel getrieben, und sie gehen weiter auseinander. Das geladene Elektroskop gibt also nicht bloß
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Goldblattelektroskop.] ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Elektrizität
Gestellung - Getreideh
![Bild 67.480: Gestellung - Getreidehandel [unkorrigiert] Bild 67.480: Gestellung - Getreidehandel [unkorrigiert]](/meyers/thumb/67/67_0480.jpeg)
* 18
Gesteinsbohrmaschinen.[* 2] als Motor von Tiefbohr- und Gesteinsbohrmaschinen, [* 18] s. Erdbohrer. [* 19]