Leitungen, Vorrichtungen zur Überführung der elektrischen Energie von der Erzeugungsstelle nach den verschiedenen
Verwendungsstellen. Als Leiter der Elektrizität dienen vorwiegend die Metalle; unter ihnen nimmt das Kupfer,
welches neben dem Silber die größte Leitungsfähigkeit besitzt, den ersten Rang für die Praxis ein. Man würde es wohl ausschließlich
verwenden, falls man nicht auch in manchen Fällen, wie bei frei gespannten Leitungen, auf die Zugfestigkeit Rücksicht zu
nehmen hätte, welche des öftern die Wahl von Leitungen aus Eisen, Siliciumbronze, Aluminiumbronze, Phosphorbronze
nötig macht. Es gilt nun ferner, diese Leitungen gegen andre Leiter zu isolieren, damit sich nicht durch deren Berührung
der Strom teilweise unbeabsichtigte Bahnen verschafft.
Bei Verwendung von blanken Leitungen müssen daher die Stellen, an welchen die Leitungen befestigt sind,
durch Nichtleiter (Glas, Porzellan, imprägniertes Holz etc.) isoliert werden, oder man überzieht die Leitungen in ihrer ganzen
Länge mit einer isolierenden Schicht (Baumwolle, Seide, Guttapercha u. a. m.). Notwendig wird dies, wenn die Leitungen unterirdisch
oder im Wasser verlegt werden. Unterirdische Leitungen (Kabel) werden entweder zu telegraphischen, bez. telephonischen Übertragungen,
oder zu Licht-, bez. Kraftzwecken benutzt. Um sie bequem verlegen zu können, muß
man namentlich bei Leitungen mit großem Kupferquerschnitt eine Anzahl dünner Drähte seilartig verbinden, weil nur dadurch
die nötige Biegsamkeit erzielt wird.
Das isolierte Kupferseil wird zum Schutz der Isolation vor den zerstörenden Wirkungen des Erdreichs mit einer dicht anliegenden
Bleihülle umgeben (Bleikabel). Damit endlich bei Erdarbeiten mechanische Beschädigungen (durch Hacken etc.) möglichst ausgeschlossen
werden, umgibt man das Bleikabel noch mit Eisenbändern, welche wieder durch eine aus geteertem Hanf bestehende Schicht gegen
Zutritt von Feuchtigkeit etc. geschützt werden (eisenbandarmiertes Bleikabel).
Derartige Kabel sind teuer und fallen namentlich bei einem großen Netz sehr ins Gewicht. Man hat daher
versucht, unterirdische Leitungen auf die Weise herzustellen, daß man die Leitungen blank in eingegrabenen Zementkanälen
(Monierkanäle nach ihrem Erfinder benannt; vgl. Monierbau) verlegte und an den Unterstützungspunkten Isolatoren verwendete.
Allein die Praxis hat ergeben, daß diese Leitungen völlig unzureichend und keineswegs betriebssicher sind.
Im Berliner Leitungsnetz, wo sie
mehr
probeweise zur Verwendung kamen, sind sie wieder durch Kabel ersetzt worden. Es ist schwierig, die Zementkanäle wasserdicht
zu verschließen, sodann werden sie nur zu häufig durch Grundwasser überflutet, wobei die gegeneinander isolierten Leitungen
in leitende Verbindungen gebracht werden, drittens lassen sich die Kanäle nicht unter den Fahrdamm verlegen, da sie
eine größere Belastung nicht vertragen; wollte man sie jedoch stärker bauen, so würden sie bei weitem teurer werden als
Kabel, es sei denn, daß man in jeden Kanal eine große Anzahl von Leitungen legte; endlich aber ist die Isolation für Ströme
von hoher Spannung kaum betriebssicher herzustellen. Man ist daher in der Praxis vorläufig von diesem
System abgekommen.
Leitungen. Die wesentlichen Neuerungen auf dem Gebiete der elektrischen Leitungen beziehen sich
zumeist auf betriebssichere Fortleitung sehr hoher Spannungen, also auf möglichst vollkommene Isolierung
der Leitungen gegen ihre Umgebung. Bei unterirdischen Leitungen (Kabeln), muß die gesamte Länge mit Isolationsmasse umgeben
sein, bei oberirdischen Leitungen dagegen brauchen nur die Stützpunkte eine ausreichende Isolation zu besitzen. Während
man bislang ökonomische Kabel für 10,000 Volt Spannung noch für etwas schier Unerreichbares hielt, bieten heute bereits
einige Fabriken 10,000 Volt-Kabel unter Garantie an; ja Siemens Brothers and Co. hatten ein 400 m langes Doppelkabel in Frankfurt
a. M. ausgestellt, welches, mit 20,000 Volt gespeist, einen Teil der Main-Ausstellung mit Licht versorgte. Bevor das Kabel dem
Betrieb übergeben wurde, war es 4 Stunden lang mit 50,000 Volt geprüft worden. Es besteht aus zwei mit
je einer etwa 1 cm starken Guttaperchaschicht umgebenen Kupferleitungen, welche in einem Drall von ca. 1 m umeinander gewunden
sind und zum äußern Schutze zusammen in eine mit Asphalt getränkte Hanfhülle gebettet sind.
Bei oberirdischen Leitungen für hohe Spannungen haben sich die gewöhnlichen Porzellanisolatoren, wie
sie sich bei Telegraphenleitungen 2c. in allgemeiner Verwendung befinden, als nicht mehr ausreichend erwiesen. Bei diesen
wird durch einen oder mehrere Zacken a, b
(Fig. 1) ein direkter Übergang der Feuchtigkeit von dem Porzellanmantel f nach dem
Eisenbolzen g so ziemlich ausgeschlossen, und diese kann daher zwischen dem gestützten Draht d und dem
etwa feuchten Mast eine leitende Verbindung mit der Erde kaum herstellen; wenigstens reicht die Isolation ^[im Faksimile Satzfehler
Isolalation] aus, solange der Draht d nur Ströme niederer Spannung (bis zu 600 Volt) führt. Für höhere Spannungen
muß man jedoch noch für eine bessere
Isolation sorgen, denn man hat sehr häufig mit dem Fall zu rechnen, daß sich
die ganze Isolatorglocke außen und innen mit
Feuchtigkeit beschlägt, und schon dies genügt, um der hohen Spannung eine Brücke zum Übergang zur Erde zu bieten. Um auch
hiergegen Vorkehrungen zu treffen, biegt man den Porzellanmantel nach innen auf und füllt die so entstandene
Rinne a mit Öl aus
(Fig. 2); dieses Öl wird dann, da leichter als Wasser, immer an seiner Oberfläche zwischen d und o eine
starke isolierende Schicht bilden und selbst bei den stärksten Spannungen den Bolzen genügend von dem
Porzellanmantel isolieren.
Versuche haben ergeben, daß mittels dieser sogen. Ölisolatoren Ströme von 20,000 und mehr Volt betriebssicher geleitet werden
können. Eine andre Art von Ölisolatoren zeigt
Fig. 3. Hier sehen wir mehrere Rinnen angeordnet,
welche mit Öl gefüllt werden; sie bieten einen erhöhten Schutz. Bei der Lauffeuer Kraftübertragung wurden
ca. 9000 Ölisolatoren verwendet, und zwar 6000 von der Form in
Fig. 2, und 3000 von jener in
Fig. 3.
Fig. 4 zeigt ferner das Leitungsgestänge für die drei von Lauffen nach Frankfurt a. M. führenden Drähte.
Eine weitere Neuerung bezieht sich vorwiegend auf die Verlegung von Drahtleitungen in eleganten Räumen.
Die Leitungen werden in eigens dazu hergestellte Röhren von unverbrennbarer Papiermasse verlegt. Diese Röhren können wie
Holz- oder Gipsleisten zugleich als Dekoration dienen. Sie sind ferner wasserdicht und bieten dadurch den Leitungen noch erhöhten
Schutz.