Ekzem
(grch., «das durch die Hitze Herausgetriebene») oder nässende Flechte, Gesamtname für eine Gruppe scheinbar sehr verschiedenartiger Hautausschläge, welche jedoch das Gemeinsame haben, daß sie sämtlich auf einer Entzündung der obersten, dicht unter dem hornigen Überzuge (Epidermis) [* 3] gelegenen Schichte der Lederhaut (s. Haut) [* 4] beruhen, welche sich durch ihre weichere Beschaffenheit und ihren größern Reichtum an Blutgefäßen von der übrigen Lederhaut unterscheidet.
Diese Entzündung ist stets von einem Ergusse von Flüssigkeit (Exsudat) unter die Oberhaut oder, wenn diese abgestoßen ist, aus die freie Fläche der Haut begleitet. Das der äußern Haut entspricht hiernach durchaus dem Katarrh der Schleimhäute; denn auch dieser besteht in einer Entzündung der obern Schicht der Schleimhaut, verbunden mit reichlicher Absonderung von Flüssigkeit. Beide Krankheiten haben die Neigung, sich leicht über größere Strecken der Haut oder Schleimhaut zu verbreiten, und beide bilden bei weitem die häufigste Form der Erkrankung dieser Organe.
Bei allen Formen des Ekzem
sind die obern Hautschichten infolge der
Entzündung mit
Blut überfüllt und erscheinen
daher röter und geschwollener als die übrige
Haut. Die aus den überfüllten
Blutgefäßen ausgeschwitzte Flüssigkeit hebt
die Oberhaut stellenweise oder in größerer
Ausdehnung
[* 5] empor, und es entstehen auf diese
Weise entweder
Bläschen mit einem
bald klaren (Eczema vesiculosum), bald durch Eiterkörperchen getrübten (Eczema impetiginosum)
Inhalt,
oder die Oberhaut wird in Fetzen abgestoßen.
Letzternfalls, oder wenn die Bläschen platzen und ihren Inhalt ergießen, bilden sich dann durch das gerinnende und trocknende Exsudat Decken, Borken und Grinde, welche oft eine bedeutende Dicke erreichen. Ist das Exsudat sehr gering, so kommt es gar nicht zur Bläschenbildung, sondern die Flüssigkeit durchtränkt nur die Schichten der Oberhaut, welche sich allmählich in Schüppchen oder größern Fetzen ablöst (Eczema squamosum). Ist das Exsudat sehr reichlich und dünnflüssig, so entstehen kleinere oder größere, bisweilen sehr ausgedehnte, nässende, stark gerötete Hautstellen, an welchen die Haut mit der Zeit infolge der chronischen Entzündung sehr derb wird und ein gespanntes, glänzendes Aussehen erhält, soweit sie nicht von Schuppen und eingetrockneten Exsudatmassen bedeckt ist.
Letztere
Affektion ist unter dem
Namen Salzfluß (Eczema rubrum) bekannt und findet sich besonders häufig an der Vorderfläche
der
Unterschenkel. Weil in der obern Schicht der
Haut zahlreiche Empfindungsnerven endigen, ist das Ekzem
meist
von einem oft unerträglichen
Jucken begleitet. Die nässende Flechte verbreitet sich bald über einen großen
Teil der Körperoberfläche,
bald tritt sie nur örtlich beschränkt am behaarten
Kopf, an
Augen und
Ohren, im
Gesicht,
[* 6] an den Genitalien, am
After oder an
Händen und Füßen auf.
Chronische Ekzem
führen meist infolge von Bindegewebswucherung zu einer dauernden Verdickung und
Hypertrophie
der
Haut.
Die
Ursachen des Ekzem
sind oft äußere, d. h. irgend welche Reizungen der
Haut durch Hitze, Reibung,
[* 7]
Parasiten, scharfe
Stoffe
(Senfteige, span. Fliegen
[* 8] u. s. w.)., auch zu reichlich und
in zu starken Lösungen angewandte äußere
Arzneimittel, wie
Carbolsäure,
Sublimat u. a. Das sog.
Bade-
oder Brunnenfriesel, dem man früher eine große Bedeutung für den Verlauf der Badekuren zuschrieb, ist nichts weiter als
die Folge der reizenden Mineralbestandteile oder der Hitze der
Bäder.
Ebenso hat das Friesel, welches bei Kaltwasserkuren häufig eintritt, durchaus nicht die kritische Bedeutung,
welche ihm manche
Ärzte zuschreiben, sondern ist die Folge der Hautreizung durch Kälte und
Abreibungen. Häufig aber entsteht
allerdings das Ekzem
aus innern
Ursachen, zumeist wohl infolge einer krankhaften Blutmischung, welche Ernährungsstörungen der
mannigfachsten Form, also auch solche der
Haut hervorrufen kann. Insbesondere sieht man skrofulöse
Kinder und
Bleichsüchtige häufig an hartnäckigem Ekzem
leiden; auch stehen manche Ekzem mit chronischen Verdauungsstörungen,
andere mit
¶
mehr
Unregelmäßigkeiten in der Menstruation in ursächlichem Zusammenhang. Das von Hebra als Eczema marginatum beschriebene Ekzem
, welches
sich mit Vorliebe an den innern Schenkelflächen entwickelt, wird durch einen pflanzlichen Hautparasiten (Trichophyton) verursacht.
Die Behandlung des Ekzem
hat sich natürlich zuerst nach den Ursachen zu richten. Sind äußere Reizungen der Haut die
Ursache, so wird das Übel meist bald zu heilen sein, wenn es nicht schon zu sehr eingewurzelt ist.
Liegen erkennbare Störungen des Gesamtorganismus (Skrofulose, Bleichsucht, Syphilis) zu Grunde, so müssen vor allem diese gehoben
werden. In der neuern Zeit giebt man den äußerlichen, direkt auf die erkrankte Haut wirkenden Mitteln
vor den früher üblichen innern Kuren den Vorzug, weil durch die erstern die Ernährungsstörungen der Haut am schnellsten
und sichersten ausgeglichen werden, während man früher, wiewohl ganz mit Unrecht, befürchtete, durch eine eingreifende
äußere Behandlung an Stelle des vertriebenen Ekzem
schwerere Störungen in innern Organen zu erzeugen. Im akuten Stadium
des Ekzem
sind alle Waschungen und Bäder zu untersagen und nur lindernde Mittel, wie Hebrasche Salbe, Stärkemehl, Talk und andere
Streupulver, anzuwenden. Zu den wirksamsten Mitteln gegen die spätern Stadien des Ekzem
zählen das Wasser in seinen verschiedenen
Anwendungsformen (als Regendouche und Voll- oder örtliches Bad,
[* 10] als Auflösungsmittel adstringierender Substanzen,
wie Alaun,
[* 11] Blei- und Zinkpräparate), die Fette, Vaselin und Lanolin zur Erweichung und Entfernung der Borken sowie in der Form
der verschiedenen Salben, ferner Streupulver, grüne Seife, Resorcin, Teerpräparate, Anätzungen der Haut mit Ätzkali u. dgl.;
doch gewährt, zumal bei veralteten Ekzem
, nur eine konsequente und methodische Behandlung Aussicht auf
dauernde Heilung.