Ekliptik
(grch.), die scheinbare
Bahn, welche die
Sonne
[* 2] im Laufe eines Jahres unter den
Sternen am Himmel
[* 3] beschreibt.
Da diese
Bahn in einer durch den Erdmittelpunkt gehenden Ebene liegt, bildet sie einen größten
Kreis
[* 4] an der
Himmelskugel.
Weil man wahrnahm, daß die
Sonnen- und Mondfinsternisse immer nur dann stattfinden, wenn der Mond
[* 5] sich
in der Nähe dieses Kreises befindet, so veranlaßte dies die Griechen, denselben die Ekliptik
(von grch.
ekleipsis, d.i. Finsternis) zu nennen.
Die Ebene der Ekliptik
ist gegen die des
Äquators geneigt und bildet mit ihr einen Winkel,
[* 6] den man die
Schiefe
[* 7] der Ekliptik
nennt und der gegenwärtig 23° 27' beträgt. Da die Erde sowohl im Mittelpunkt des
Äquators als auch der Ekliptik
steht,
schneiden sich die von beiden an der
Himmelskugel gebildeten größten
Kreise
[* 8] in zwei um 180° voneinander abstehenden Punkten,
welche die
Nachtgleichen- oder
Äquinoktialpunkte (s.
Äquinoktium) heißen. Die
Sonne passiert sonach auf
ihrer scheinbaren
Bahn unter den
Sternen zweimal im Jahre den
Äquator.
Das eine
Mal
ist dies um die Zeit des 21. März. Sie geht dann für alle Orte der Erde genau im
Osten
auf und im Westen unter,
Tag und
Nacht sind dann gleich.
Ihre
Mittagshöhe ist dann gleich der
Äquatorhöhe des Beobachtungsortes. Verfolgt
man die
Sonne auf ihrer jährlichen
Bahn von einem
Ort der nördl. Halbkugel aus, so sieht man, daß sie vom 21. März ab immer
mehr nördlich vom Ostpunkt aufgeht, ihre
Abweichung vom
Äquator also immer nördlicher wird. Infolgedessen nimmt auch die
Tag
esdauer und die
Mittagshöhe der
Sonne zu. Die
Größe der Zunahme der letztern ist anfangs täglich etwa 24', verlangsamt
sich aber immer mehr und mehr,
bis am 21. Juni die
Sonne scheinbar gegen den
Äquator still steht.
Nun beginnt sie wieder sich dem Äquator zu nähern, ihre nördl. Deklination nimmt ab. Ihr Aufgangspunkt rückt von Norden [* 9] her immer näher an den Ostpunkt heran, bis sie um den 23. Sept. zum zweitenmal im Jahre wieder im Äquator selbst steht. Sie geht dann wieder genau im Osten auf, Tag und Nacht sind sich gleich. Von nun an geht sie täglich immer mehr südlich vom Ostpunkt auf, ihre Abweichung vom Äquator wird eine südliche, und ihre Mittagshöhe nimmt nach und nach um ebensoviel ab, wie sie zwischen 21. März und 21. Juni zugenommen hatte.
Dies dauert bis zum 21. Dez. Dann scheint die Sonne gegen den Äquator abermals stillzustehen. Vom 21. Dez. ab, wo die Mittagshöhe der Sonne ihren kleinsten Betrag im Jahre erreicht, wendet die Sonne sich wieder nach Norden und nähert sich dem Äquator, bis sie diesen am 21. März wieder erreicht. Daß die Sonne während des eben geschilderten Jahres sich nicht nur von Norden nach Süden und von Süden zurück nach Norden bewegt hat, sondern dabei auch von Osten nach Westen unter den Sternen vorwärts gewandert ist, sieht man daraus, daß immer andere, weiter nach Osten zu gelegene Sternbilder am nächtlichen Himmel erscheinen.
Die Punkte der Ekliptik
, welche die größte
Abweichung vom
Äquator haben und 90° von den Nachtgleichenpunkten abstehen,
heißen die
Solstitien oder
Sonnenwenden (s. d.), da die
Sonne in ihnen, wie wir gesehen haben, um die Zeit des 21. Juni und 21. Dez. erst
gegen den
Äquator stillzustehen und dann sich wieder dem
Äquator zuzuwenden scheint. Den ganzen
Umfang der Ekliptik
teilt man vom
Frühlingspunkt aus in 360° oder auch in 12 Zeichen zu je 30°, die nach gewissen in der Ekliptik
gelegenen
Sternbildern benannt sind. (S.
Tierkreis.) Da die beiden erwähnten Durchschnittspunkte der Ekliptik
mit dem
Äquator nicht fest sind,
sondern in jedem Jahre um 50'', in jedem Jahrhundert beinahe 1° 23'' rückwärts, d.i. westlich gehen (s.
Präzession), so sind seit der Zeit, wo jene 12 Zeichen erfunden wurden, diese
Sternbilder in der Ekliptik
jetzt
sehr verrückt worden, sodaß das
Sternbild der Fische,
[* 10] die früher im letzten Zeichen standen, jetzt im ersten Zeichen, das
des Widders, der früher im ersten stand, jetzt im zweiten Zeichen steht u. s. w., oder
daß die
Sternbilder alle um ein ganzes Zeichen von 30° vorgerückt sind. Auch die
Schiefe der Ekliptik
ist veränderlich; sie beträgt
jetzt nahe 23° 27', wird aber in jedem der nächsten Jahrhunderte um beinahe 50'' kleiner. Wenn sie immerfort abnähme,
so würde endlich die Ekliptik
mit dem
Äquator zusammenfallen und ein immerwährender
Frühling auf der Erde
entstehen; sie nimmt aber nicht immer ab, sondern schwankt periodisch zwischen bestimmten Grenzen
[* 11] (21 und 28°), die sie
nie übersteigen kann, hin und her. Nach den
¶
mehr
darüber angestellten Rechnungen war sie um 2000 v. Chr. beinahe gleich 23° 53'. Seitdem nimmt sie ab, bis sie gegen 6600 n. Chr. am kleinsten und gleich 22° 54' sein wird. Von da wird sie wieder bis zum J. 19 300 zunehmen, einen Wert von 25° 21' erreichen und dann wieder abnehmen. Diese geringen Änderungen können auf die Jahreszeiten [* 13] keinen wesentlichen Einfluß äußern. In Wirklichkeit bewegt sich nicht die Sonne um die Erde, sondern die Erde um die Sonne. Die Ebene, in der sich scheinbar die Sonne bewegt, ist in Wirklichkeit die Bahnebene der Erde; somit ist auch die der Durchschnitt der Erdbahn mit der Himmelskugel.