(griech.), eine
Krankheit des
Nervensystems, welche sich durch Krampfanfälle äußert, die mit
Bewußtlosigkeit
verbunden sind. Man unterscheidet zwei
Formen, nämlich die der
Kinder und die der Schwangern und Gebärenden.
Die der
Kinder (Eclampsia infantum) ist eine recht häufige
Krankheit und beruht auf mannigfachen
Ursachen. Eine gewisse
Disposition
dazu muß in der
Regel angenommen werden, und eine
Vererbung von den Eltern ist nicht abzuleugnen, indem
eine
Neigung zu
Krämpfen bei der
Mutter oder zur
Epilepsie beim
Vater in dieser Form auf das
Kind überzugehen scheint.
Vorzugsweise sollen
Knaben der
Krankheit unterworfen sein. Am häufigsten wird sie im Säuglingsalter, namentlich während
des Zahndurchbruchs, selten im spätern Kindesalter beobachtet.
Krankheiten des
Gehirns, der
Ausbruch vonScharlach,
Masern etc.,
Störungen der
Verdauung, anämische Zustände etc. können Eklampsie hervorrufen. Auch Wurmreiz
hat man als
Ursache der Eklampsie beobachtet. Zuweilen gehen dem
Ausbruch der
Krankheit Vorboten voraus. Die
Kinder sind unruhig, mürrisch,
ihr
Schlaf ist unterbrochen; sie träumen viel, schreien plötzlich auf und knirschen mit den
Zähnen; derAtem
ist ungleich, das
Gesicht
[* 2] wird verzerrt.
Oft aber bricht der eklamptische Anfall ganz plötzlich aus. Je nach dem
Alter des
Kindes sind die Zeichen der
Bewußtlosigkeit
mehr oder weniger erkennbar; der
Blick ist stier, die
Augen werden umhergerollt, das
Gesicht ist verzerrt und nimmt einen lächelnden
oder schmerzlichen
Ausdruck an; die Mundwinkel zucken, die
Zähne
[* 3] knirschen, und der
Körper ist vollkommen
unempfindlich. Gleichzeitig treten krampfhafte Zuckungen oder starrkrampfähnliche Zustände im ganzen
Körper auf.
¶
mehr
Infolge derselben werden die Atmung und der Kreislauf des Bluts
[* 5] beeinträchtigt, es entsteht eine blausüchtige Färbung des
Gesichts, der Finger und Zehen, Schaum tritt vor den Mund; die Hände und Füße sind dabei meist kalt, während sich Kopf und Leib
heiß anfühlen. Der Puls ist überaus schnell und klein. Zuweilen gehen Kot und Urin unwillkürlich ab.
Die geschilderten Erscheinungen, welche einen ausgeprägten Anfall charakterisieren, sind jedoch nicht immer gleichzeitig
vorhanden; manchmal beschränken sich dieselben auf krampfhafte Zustände, welche nur die Augen und das Gesicht betreffen oder
sich als Kontraktionen der Finger und Zehen darstellen.
Eine selbst geringfügige Veranlassung vermag aber oft den Anfall in seiner vollen Stärke
[* 6] hervorzurufen.
Die Anfälle währen meist nur kurze Zeit, von einigen Augenblicken bis zu fünf Minuten und selbst noch länger. Zuweilen
beschränkt sich die Krankheit auf einen oder wenige Anfälle; oft besteht sie aus einer ganzen Reihe von Anfällen, welche
dann mehrere Tage und sogar wochenlang periodisch wiederkehren. Die Eklampsie gehört zu den gefährlichern
Krankheiten des zarten Kindesalters, denn zuweilen führt schon der erste heftige Anfall zum Tod und zwar meist dadurch, daß
die Muskeln
[* 7] der Stimmritze diese krampfhaft verschließen und dadurch Erstickung veranlassen.
Oft aber, namentlich bei Gehirnkrankheiten, wird die die Anfälle hervorrufende ursprüngliche Krankheit
die Ursache des tödlichen Ausganges. Oft bleiben auch nachhaltige Störungen zurück, wie z. B. Schielen,
[* 8] das während der Anfälle
selten fehlt. Auch Blödsinn kann sich ausbilden, oder die Anfälle wiederholen sich fort und fort und gehen in wahre Epilepsie
über. Der häufigste Ausgang ist aber vollkommene Genesung, namentlich in den Fällen, wo nicht ein wichtiges
Organ, besonders das Gehirn,
[* 9] tiefer erkrankt ist.
Die Behandlung der Anfälle kann leider wenig eingreifen. Bricht ein eklamptischer Anfall aus, so muß vor allem jede festere
Bekleidung entfernt werden, besonders am Hals; man legt das Kind so, daß es sich keinen Schaden zufügen kann,
gibt reizende Klystiere, macht kalte Umschläge oder Begießungen auf den Kopf und gibt, sobald das Kind wieder schlucken kann,
Baldrianthee oder ähnliche nervenerregende ^[wohl: nervenberuhigende] Arzneimittel. Alles, was das Kind in Aufregung versetzen
könnte, muß vermieden werden. Im übrigen richtet sich die Behandlung nach der veranlassenden Krankheit. Behufs der Verhütung
neuer Anfälle nehme man auf angemessene körperliche Pflege des Kindes Bedacht, lasse Luftveränderung stattfinden, gebe lauwarme
Bäder und sorge besonders für Regulierung des Stuhlganges.
Die der Schwangern und Gebärenden, weit seltener als die vorher beschriebene Krankheit, befällt vorzugsweise Frauen, welche
zum erstenmal schwanger sind, und zwar selten vor dem sechsten Monat, meist erst während des Gebäraktes,
nur zuweilen auch während des Wochenbettes. In der Regel leiden nur kräftige, vollblütige, zugleich aber nervös reizbare
Personen an Eklampsie. Die Ursache dieser Krankheit ist nicht genügend aufgehellt. Auch bei dieser Form von Eklampsie gehen zuweilen Vorboten
voraus, namentlich heftiger Kopfschmerz, Flimmern vor den Augen, einzelne Zuckungen etc. Wenn der Anfall
ausbricht, was in der Regel plötzlich geschieht, so verliert sich das Bewußtsein oft so lange, daß Gebärende von dem ganzen
Geburtshergang nichts wissen, welcher sich während eines Anfalles vollzogen hat.
Gleichzeitig sind während dieser Zeit Zuckungen und krampfhafte Zusammenziehungen der Muskeln vorhanden;
Rücken und Kopf sind nach hinten
gebogen, die Daumen eingeschlagen. Auch hier stellt sich infolge der Atembehinderung Blausucht
ein, Schaum tritt vor den Mund, die Zähne sind übereinander gebissen, und wenn die Zunge zwischen denselben sich einklemmt,
wird sie gewöhnlich stark gequetscht. Der Puls ist überaus schnell und hart, die Kranke trieft von Schweiß,
Kot und Urin werden nicht selten unwillkürlich entleert.
Zusammenziehungen der Gebärmutter
[* 10] fehlen selten dabei, oft wird das Kind sehr schnell, zuweilen tot geboren; manchmal aber
tritt ein krampfartiger Zustand der Gebärmutter auf, ohne daß dadurch die Geburt in ihrem Verlauf befördert wird. Die Anfälle
währen verschiedene Zeit, von einigen Minuten bis zu einer Viertelstunde, und gehen in der Regel in einen
schlafsüchtigen Zustand über, der kürzere oder längere Zeit andauert. Selten bleibt es bei Einem Anfall, derselbe wiederholt
sich vielmehr, wenn er nicht gar schon zum Tod führt, in meist sehr kurzen Zwischenräumen, wodurch die Kräfte
der Patientinnen sehr geschwächt werden und der tödliche Ausgang beschleunigt wird.
Nur bei manchen gehen die Anfälle in ruhigen Schlaf über, aus dem die Kranken zuweilen erst nach längerer Zeit erwachen.
Die Eklampsie gehört zu den gefährlichsten Krankheiten, von welchen schwangere und gebärende Frauen befallen werden können; etwa
ein Drittel aller davon Befallenen sterben an dieser überaus schnell verlaufenden Krankheit. Die Behandlung,
da sie sich nicht gegen die noch unbekannten Ursachen richten kann, ist eine rein symptomatische. Bei heftigem Blutandrang
nach dem Kopf ist ein Aderlaß nicht zu versäumen; reizende Klystiere, Hautreize, sobald es geht, kräftige Abführungsmittel
müssen zur Anwendung kommen; in neuester Zeit hat man mit Glück die Anästhetika, vornehmlich Chloroform,
sowie die Opiate in Anwendung gebracht, um die Krampfanfälle zu verhüten und abzukürzen. Als Regel gilt, den Geburtsvorgang
so schnell wie möglich, unter Umständen durch Wendung und Extraktion des Kindes oder durch Anlegung der Zange,
[* 11] zu beendigen,
weil andernfalls auch das Leben des Kindes neben demjenigen der Mutter aufs äußerste bedroht ist, und
weil man beobachtet hat, daß die eklamptischen Anfälle häufig aufhören, sobald die Geburt erfolgt ist.
(grch.), über den ganzen Körper verbreitete, in heftigen Zusammenziehungen
der Muskulatur bestehende und mit Bewußtlosigkeit verbundene Krampfanfälle, welche von der Epilepsie (s. d.) sich dadurch
unterscheiden, daß bei letzterer die Krampfanfälle sich in gewissen Perioden regelmäßig wiederholen,
während die eklamptischen Krämpfe nur einmal oder nur mit einigen Wiederholungen während einer gewissen Zeit einzutreten
pflegen. Man unterscheidet zwei Formen, nämlich die der Kinder und die der Schwangern und Gebärenden. Die Eklampsie oder die Konvulsionen
der Kinder (eclampsia infantum), auch wohl
¶
mehr
Krämpfe, schlagender Jammer, Gichter oder Fraisen genannt, stellen eine verhältnismäßig häufige Kinderkrankheit dar, welche
auf den verschiedensten Ursachen beruhen kann. Am häufigsten findet sie sich bei Säuglingen, namentlich zur Zeit des Zahndurchbruchs,
seltener im spätern Kindesalter, und zwar wird sie ebensowohl bei kräftigen und vollsaftigen als bei schwächlichen und
blutarmen Kindern beobachtet; Knaben werden im Durchschnitt etwas häufiger von ihr befallen als Mädchen.
In manchen Fällen handelt es sich um eine ererbte Anlage zu Krämpfen, insofern gar nicht selten die meisten oder alle Kinder
derselben Familie zu einer gewissen Zeit an eklamptischen Anfällen leiden.
Bisweilen überrascht der Anfall das Kind plötzlich mitten im Spiel, in anscheinendem Wohlbefinden; in
andern Fällen gehen längere oder kürzere Zeit gewisse Vorboten voraus. Die Kinder sind mißmutig und ärgerlich, schlafen
unruhig und unterbrochen, schließen während des Schlafs nur unvollständig die Augenlider und verziehen von Zeit zu Zeit
den Mund, knirschen auch mit den Zähnen und fahren bei Berührung schreckhaft zusammen. Dann bricht meist
plötzlich der Anfall aus, indem der Blick stier und starr wird, die Augen umhergerollt werden, das Gesicht sich krampfhaft verzerrt
und gleichzeitig mehr oder minder heftige krampfartige Zuckungen oder auch starrkrampfähnliche Zustände sich über den
ganzen Körper verbreiten.
Während derselben wird das Gesicht gerötet und leicht blausüchtig, der in Schaum verwandelte Speichel tritt vor die Lippen,
die Haut
[* 14] wird mit kaltem Schweiß bedeckt, der Bauch
[* 15] durch verschluckte Luft aufgetrieben, die Atmung schwer beeinträchtigt,
der Puls klein und überaus schnell. Dabei ist das Bewußtsein vollkommen aufgehoben und mit ihm die Empfindlichkeit
für die stärksten Reize erloschen. Die Dauer derAnfälle ist verschieden; oft beträgt sie nur einige Minuten bis zu einer
Viertelstunde und darüber, in andern Fällen ziehen sie sich mit mehr oder weniger langen Unterbrechungen tage-, selbst wochenlang
hin.
Die Eklampsie zählt zu den gefährlichern Krankheiten des Kindesalters, denn wenn auch die meisten Anfälle in
völlige Genesung übergehen, so geschieht es doch nicht gar selten, daß während eines heftigen eklamptischen Anfalls durch
krampfhaften Verschluß der Stimmritze der Tod eintritt oder nach demselben nachhaltende Störungen, wie Schielen, Lähmungen
oder andere schwere Affektionen zurückbleiben oder die Krankheit durch fortwährende Wiederholung der
Anfälle in wahre Epilepsie übergeht.
Die Behandlung der Eklampsie soll in erster Linie eine prophylaktische sein, indem alle jene schädlichen Momente von dem Säugling
fern zu halten sind, welche erfahrungsgemäß den Ausbruch der Krankheit begünstigen. Man sorge also für eine vernünftige
Ernährung des Kindes, am besten durch Mutter- oder Ammenbrust, für regelmäßige Verdauung, gute Luft in
den Zimmern, für Reinlichkeit durch
Waschungen und Bäder und vermeide alles, was Reizungen des Gehirns veranlassen könnte
(anhaltendes Schaukeln, schnelles Fahren auf holperigen Wegen u. dgl.). Ganz besondere Vorsicht ist bei solchen Kindern geboten,
bei denen der Verdacht einer erblichen Disposition zu Nervenkrankheiten vorliegt.
Während des eklamptischcn Anfalls selbst befreie man das Kind von allen beengenden Kleidungsstücken, namentlich am Halse,
lagere es zweckmäßig mit etwas erhöhtem Kopfe und so, daß es sich keinen Schaden zufügen kann, und schiebe, wenn sich
der Krampf auch auf die Kiefermuskeln erstreckt, ein Stück Holz,
[* 16] Kork
[* 17] oder zusammengerollte Leinwand zwischen
die Kiefer, damit das Kind freier atmen kann und sich die Zunge nicht verletzt. Daneben sorge man für möglichst schnelle Zufuhr
reiner frischer Luft, mache kalte Umschläge oder Begießungen auf den Kopf und gebe reizende Klystiere aus kaltem Wasser und
Essig; gegen das Ende des Anfalls erweist sich das Einflößen von Kamillen- oder Baldrianthee oder ähnlichen
nervenbelebenden Mitteln ersprießlich. Behufs Verhütung neuer Anfälle ist auf zweckmäßige Ernährung, genaue Regulierung
des Stuhlganges, Abhärtung durch kalte Waschungen und auf sorgsame Vehütung vor Erkältung und Aufregung Bedacht zu nehmen.
Die der Schwangern und Gebärenden besteht gleichfalls aus plötzlich auftretenden, heftigen und mit
vollständigem Verlust des Bewußtseins verbundenen krampfhaften Zuckungen und Zusammenziehungen der gesamten Körpermuskulatur,
welche vorzugsweise Frauen, die zum erstenmal schwanger sind, und zwar gewöhnlich erst während der Entbindung, seltener
im Verlaufe des Wochenbettes, befallen und hinsichtlich ihrer Ursachen durchaus noch nicht sicher erkannt sind.
Einige Ärzte schreiben sie einer durch Nierenentzündung bedingten Harnstoffvergiftung des Blutes zu, während
andere sie von einer anämischen Blutbeschaffenheit und der durch die Wehenthätigkeit hervorgerufenen Steigerung des Blutdruckes
im arteriellen Gefäßsystem, welche Blutüberfüllung und Odem des Gehirns zur Folge hat, herleiten. Die Dauer des einzelnen
Anfalls ist verschieden und schwankt von einer Minute bis zu einer Stunde und darüber. Während des Anfalls
ist das Gesicht blau verfärbt, die Pupillen sind weit, das Herz schlägt unregelmäßig, das Atmen wird schnarchend und vor
den Mund tritt Schaum.
Mit Nachlaß der Zuckungen verfällt die Kranke gewöhnlich in einen schlafsüchtigen Zustand, aus welchem sie anfangs mit
wiederkehrendem Bewußtsein, jedoch tief angegriffen und ohne Ahnung von dem überstandenen Krampfe erwacht;
ihr Kopf ist wüst, sie klagt über Schwere und Schmerzen in den Gliedern, bis nach längerer oder kürzerer Pause ein neuer
Anfall ausbricht, der die vorausgegangenen meist an Heftigkeit übertrifft; späterhin kehrt auch in den Pausen das Bewußtsein
nicht zurück, sondern die Kranken verharren in ihrem schlafsüchtigen Zustand, der entweder durch Herz-
und Gehirnlähmung zum Tode führt oder nach einem langen Schlafe in Genesung übergeht.
Die Eklampsie gehört zu den gefährlichsten Erkrankungen der Schwangern und Gebärenden, da durch sie nicht nur das
Leben der Mutter, sondern auch das des Kindes auf das äußerste bedroht wird. Die Behandlung besteht außer
einer zweckmäßigen Lagerung der Kranken, reizenden Klystieren, Hautreizen und kräftigen Abführungsmitteln vornehmlich in
¶
mehr
Anwendung der anästhetischen Mittel (Chloroform, Chloralhydrat, Opium), wodurch es nicht selten gelingt, die Krampfanfälle
zu verhüten oder wenigstens abzukürzen. Die Entbindung selbst ist durch Kunsthilfe (Anwendung der Zange, unter Umständen
Wendung und Extraktion des Kindes) so schnell als möglich zu beendigen, da das Leben des Kindes durch die krampfhaften Zusammenschnürungen
der Gebärmutter und die hierdurch bedingten Cirkulationsstörungen auf das höchste gefährdet ist und zudem mit der Ausstoßung
des Kindes aus der Gebärmutter die eklamptischen Anfälle häufig von selbst aufhören. -
Vgl. Schmorl, Pathol.-anatom. Untersuchungen
über Puerperal-Eklampsie (Lpz. 1893).