Eiweißharnen,
Albuminurie, die Ausscheidung von gelöstem Eiweiß durch den Harn, ist nicht sowohl eine selbständige Krankheit als vielmehr das Symptom einer solchen. Der Harn des Menschen im gesunden Zustande enthält für gewöhnlich kein Eiweiß, d. h. das im Blute enthaltene Eiweiß wird in den Nieren, welche den Harn absondern, nicht mit ausgeschieden. Wohl aber kann dies geschehen, wenn entweder die Nieren erkranken und die krankhaft veränderten Wände der Nierenkanälchen und der feinsten Blutgefäßchen nun das Eiweiß des Blutes durchtreten lassen, oder wenn das Blut nicht ungestört aus den Nieren abfließen kann, deshalb anstaut und unter so hohen Druck kommt, daß das Eiweiß mit durch die Gefäßwände hindurchgepreßt wird, was sonst nur mit den normalen Harnbestandteilen geschieht.
Das Eiweißharnen zeigt sich vorzugsweise bei der Brightschen Krankheit (s. d.), ferner bei den durch Herz- oder Lungenkrankheiten, Verengerungen oder Verschließungen der Nierenvenen u. s. w. herbeigeführten Blutstauungen in den Nieren. Bisweilen kommt Scharlach mit akuter Nierenentzündung und Eiweißharnen kompliziert vor. Auch bei Krankheiten der Harnwege (Harnröhre, Blase und Harnleiter) kann der Urin eiweißhaltig werden; man findet dann aber neben Eiweiß gleichzeitig noch Blut- oder Eiterkörperchen in demselben.
Mitunter treten übrigens auch bei ganz gesunden Menschen nach anstrengender Muskelarbeit, reichlichen Mahlzeiten, Gemütsbewegungen, kalten Bädern u. dgl. vorübergehend geringe Mengen von Eiweiß im Harn auf. Man erkennt das Eiweißharnen daran, daß beim Kochen des schwach angesäuerten Harns ein flockiger weißer Niederschlag von geronnenem Eiweiß entsteht, der durch Zusatz von Salpetersäure sich nicht wieder auflöst. Bei längerer Dauer des Eiweißharnen wird das Blut allmählich eiweißärmer und also relativ wasserreicher. Je dünner aber das Blut wird, um so leichter geschieht der Austritt von Blutserum durch die Kapillarwände in die Gewebe, um so geringer wird der Rücktritt der Gewebsflüssigkeit in die Blutbahn, und es entsteht allgemeine Wassersucht (s. d.). -
Vgl. Senator, Die Albuminurie in physiol. und klinischer Beziehung (2. Aufl., Berl. 1890).