[* 2] eine
Periode des
Diluviums, zu welcher, sei es auf der ganzen
Erde, sei es auf der nördlichen
Halbkugel, sei
es nur in bestimmten Gegenden
Europas und
Nordamerikas, eine geringere Mitteltemperatur geherrscht haben
muß als in der heutigen
Periode. Während man früher eine allgemeine Verminderung der Mitteltemperatur aller
Orte der
Erde
durch die verschiedenen geologischen
Perioden hindurch bis zum
Alluvium annehmen zu dürfen glaubte, so zwar, daß in den ältesten
Perioden herab bis etwa zur Kreidezeit überhaupt keine klimatischen Unterschiede existierten und während
der Kreideperiode, dem
Tertiär und dem
Diluvium
[* 3] an einem bestimmten
Ort noch höhere Mitteltemperaturen herrschten als in der
Alluvialperiode, weisen die untrüglichsten
Anzeichen darauf hin, daß bestimmte
Orte während der ältern Diluvialzeit eine
niedrigere Mitteltemperatur hatten als heutzutage.
Die Kenntnis der Merkmale der Eiszeit rührt von der
Schweiz
[* 4] her. Das großartige, den
Alpen
[* 5] entstammte Blockmaterial, welches im
W. das Land zwischen
Alpen und
Jura bis hoch hinauf an den Abhängen des letztern, im N. die Vorschweiz und die Gegenden nördlich
des
Bodensees bedeckt, wurde zuerst auf
Transport durch Wasserfluten zurückgeführt, ja selbst auf Rechnung
lokaler Eruptionsthätigkeit gesetzt, bald aber und jetzt allgemein als das
Produkt einer sehr bedeutenden Gletscherthätigkeit
aufgefaßt, deren
Entwickelung in die
Periode der Eiszeit fällt.
Fünf solcher großer Diluvialgletscher unterscheiden die
Schweizer Geologen für die
Schweiz. Der größte, der Rhônegletscher,
kam aus dem Wallis;
er verbreitete sich über den
Genfer See bis an den
Jura und entwickelte an diesem seine höchste
Höhe in der
Verlängerung
[* 6] der
Richtung des untern Rhônethals; er erfüllte das ganze Hauptthal des Wallis
mit seinen zahlreichen
Nebenthälern und reichte um mehrere
TausendFuß über die jetzige Thalsohle hinauf, wie die polierten
Felswände und Blockwälle anzeigen.
Kleiner war der
Aargletscher, welcher die
Thäler des
Berner Oberlandes bis 650
m über die jetzige Thalsohle füllte. Der Reußgletscher
erhielt seine Zuflüsse aus den
Thälern des Kantons Uri,
aus dem
Engelberg- und Muottathal und reichte bis an die Albiskette hinauf. Der
Linthgletscher erhielt seine Hauptzufuhr aus dem Kanton Glarus
[* 7] und überzog einen großen Teil des Kantons Zürich.
Der
Gletscher des
Rheinthals bezog sein
Material aus Graubünden
und teilte sich am Schellberg, indem ein
Arm den Wallenseegletscher bildete, der andre aber
das Rheinthal füllte, den
Bodensee und seine Umgebungen bedeckte und bis nach dem
Hegau und der
Donau hinausreichte.
Im S. der
Alpen drang ein großer
Gletscher aus dem Tessin
in die lombardische
Ebene vor und erfüllte das
Becken des
Lago Maggiore;
ein zweiter kam vom
Splügen und
Bergell, bildete, mit dem
Gletscher des
Veltlin sich vereinigend, eine
Brücke
[* 8] über den
Comersee
und rückte seine Endmoräne bis in die Gegend von
Monza vor. Auch über den
Gardasee reichte ein
Gletscher
und wurden Schuttmassen geschoben, welche jetzt bis über
Peschiera hinaus das Land bedecken. Am weitesten nach S. wurde der
Gletscher des
Monte Rosa vorgeschoben, dessen Schuttmassen heute bis Clusio die aus der
Ebene aufsteigenden, bis 490 m
hohen Hügelzüge bilden. - Das
Studium dieser Verhältnisse in der
Schweiz bot den
Schlüssel zum Verständnis ähnlicher
Erscheinungen
an andern
Orten.
Fremdes, aus N. stammendes
Material bedeckt die Norddeutsche Tiefebene, und auch hier nahm man zur
Erklärung des
Transports
als
FaktorEis
[* 9] an, freilich anfänglich mit der Modifikation, daß man mit den südlicher als heute reichenden
skandinavischen
Gletschern ein
Meer in
Verbindung dachte, auf welchem das Gesteinsmaterial durch
Eisberge unter dem Einfluß
nordsüdlicher Strömungen nach S. transportiert worden sei. Die meisten Geologen haben diese sogen.
Drifttheorie (vgl.
Diluvium) neuerdings verlassen und neigen der
Ansicht zu, es sei auch für den
Norden
[* 10] Europas eine gewaltige Vergletscherung während der ältern Diluvialperiode anzunehmen.
Diese
Anschauung einer weitverbreiteten Vergletscherung unterstützend, wurden
Spuren ehemaliger
Gletscher in einem großen
Teil
Englands, in
Nordamerika,
[* 11] in den europäischen
Mittelgebirgen und an andern
Orten nachgewiesen, und da auch paläontologischerseits
die nordische
Natur der im ältern
Diluvium eingeschlossenen Reste bewiesen wurde, so wird die
Existenz
einer Eiszeit wohl von keinem Geologen mehr bezweifelt. Eine Übersicht der hauptsächlichsten frühern und heutigen
Gletschergebiete der
Erde (nach Penck) geben die nebenstehenden Polarkärtchen.
Weniger
groß ist die Übereinstimmung der
Forscher hinsichtlich wichtiger an die Kardinalfrage sich direkt anknüpfender
Fragen.
Dahin gehört der Streitpunkt, ob mehrere Eiszeiten, von interglazialen
Perioden unterbrochen, einander
gefolgt sind, oder ob es sich bei der
Wechsellagerung von echt sedimentärem
Material und Gletscherprodukten nur um ein periodisches
Zurückweichen und Anschwellen der
Gletscher Einer Eiszeit handelt.
Offen bleibt ferner die
Frage, ob schon ältere geologische
Perioden
als das
DiluviumSpuren einer Eiszeit aufzuweisen haben, wie einzelne Geologen (so namentlich
Ramsay für das
Rotliegende) nachgewiesen zu haben glauben. Getrennt sind weiter die Meinungen über den
Grad der Beteiligung der Diluvialgletscher
bei der Erodierung der Erdoberfläche; während einige dieselbe nur gering anschlagen und den
Gletschern eine mehr konservierende
Rolle zuschreiben, erblicken andre in den
Gletschern der Diluvialperiode die wichtigsten
¶
mehr
Faktoren der Thalbildung und namentlich der Aushöhlung der Landseebecken.
Am weitesten gehen die Ansichten auseinander, wenn es sich um die Frage nach den letzten Ursachen der Eiszeit handelt. Die ältesten
der aufgestellten Hypothesen knüpften an dieselben lokalen Verhältnisse an, von deren Untersuchung die Kenntnis der Erscheinung
selbst ausgegangen war: an die Alpen, und zwar nahm Charpentier an, daß die allmähliche Verringerung der
Höhe der Alpen durch die Erosion
[* 13] genüge, um auch eine Verringerung der Gletscherthätigkeit zu erklären.
Escher von der Linth fand im Föhn, der nach ihm aus der Sahara stammt, den einer größern Verbreitung der Gletscher entgegenwirkenden
Faktor; derselbe sei aber erst seit jener Zeit wirksam, seit welcher die Sahara trocken gelegt sei, ein
Vorgang, der sich nach ihm erst nach der Diluvialperiode abgespielt hat. Spätere Untersuchungen haben die Unhaltbarkeit
der Hypothese dargelegt, für den Föhn nachgewiesen, daß er nicht über die Sahara hinwegstreicht, sondern einen westlichern
Weg nimmt, und zugleich gezeigt, daß die Sahara auch schon während der Diluvialzeit kein Meer bildete.
Der weitern Ausdehnung
[* 14] der Untersuchung glazialer Vorkommnisse entsprechend, beziehen sich später aufgestellte Hypothesen
nicht auf die Alpen allein, sondern auf ganz Europa.
[* 15] Von der unleugbaren Thatsache ausgehend, daß dem Golfstrom ein wichtiger
Einfluß im Sinn derErhöhung der Mitteltemperatur für Europa zugesprochen werden muß, fand man in der
Ablenkung desselben während der Diluvialzeit, sei es durch einen zwischen Amerika
[* 16] und Europa früher existierenden Kontinent
(Atlantis, s. d.), sei es durch Eintreten desselben in den GroßenOzean über die angeblich damals noch mit Wasser bedeckte
jetzige Landenge von Panama
[* 17] hinweg, eine Ursache für die Herabdrückung der mittlern TemperaturEuropas während
der Eiszeit. Nach andern (Lyell) wich während der Diluvialperiode die Verteilung von Land und Wasser von der heutigen wesentlich
ab, indem damals die nördliche, nicht wie jetzt die südliche Halbkugel die wasserreichere Hälfte der Erde war.
Wie nun heute die südliche Halbkugel die Gletscher, selbst bis zum Meer herabsteigend,
noch unter Breiten
besitzt, unter denen auf der nördlichen Hemisphäre die untere Gletschergrenze eine sehr bedeutende Meereshöhe zeigt (s.
Gletscher), so traten in der Diluvialzeit ähnliche Verhältnisse für die nördliche Halbkugel ein. Man hat ferner die größere
Abkühlung während der Diluvialzeit mit einer geringern Wärmeausstrahlung der Sonne
[* 18] (zahlreichern Sonnenflecken)
in Verbindung gebracht.
Auch hat man angenommen, daß das Sonnensystem bei seiner Bewegung im Weltenraum bald kältere, bald wärmere Regionen durchflöge,
also die Erde einer bald größern, bald kleinern Wärmeausstrahlung unterworfen sei. Die meisten Vertreter hat eine Hypothese
gefunden (Croll, Pilar, Wallace, Penck, allerdings mit sehr wesentlichen Abweichungen im nähern Ausbau der
Hypothese), welche die periodischen Schwankungen in der Exzentrizität der Erdbahn als Erklärung herbeizieht.
Eine veränderte Verteilung von Land und Wasser oder eine wesentliche Veränderung in den Höhenverhältnissen der Gebirge
nimmt die Hypothese nicht an, findet vielmehr in dem Umstand, daß die diluvialen Gletscher nur vergrößerte alluviale sind,
einen Beweis für die Stetigkeit der betreffenden Verhältnisse. Ihre Richtigkeit vorausgesetzt, würde
die Periode, welche man gewöhnlich als Eiszeit bezeichnet, nur als die letzte der nördlichen Halbkugel aufzufassen sein, welcher
in frühern Zeiten, sowohl während der Diluvialzeit als in ältern geologischen Perioden, regelmäßige Eiszeiten vorausgegangen
wären.
diejenigen Epochen der der Gegenwart unmittelbar vorausgehenden Quartärzeit,
in welche die größte Verbreitung der Gletscher fällt. Die Beweise für eine früher größere Vergletscherung der Erde liefern
1) die erratischen Blöcke. Dieselben bestehen aus Gesteinsarten, welche meistens der nächsten Umgebung fremd sind und nur
im Ursprungsgebiet des betreffenden Gletschers, von dem sie transportiert wurden, anstehend gefunden werden. Die Mehrzahl
der Blöcke liegt an den Gehängen und auf den Oberflächen von Höhenzügen oft in bedeutender Höhe über dem Thal
[* 29] und in
den seltsamsten Stellungen. Die großen Blöcke, häufig von vielen tausend Kubikmetern Inhalt, sind stets eckig und scharfkantig
[* 30]
(Fig. 1). 2) Die alten Moränen.
Diese sind aus den gleichen, der Umgebung fremden Gesteinen zusammengesetzt wie die erratischen Blöcke.
Das Material ist verschieden groß, bald eckig und kantig, bald abgerundet, geglättet oder geschrammt. Die Moränen bilden
mehr oder minder zusammenhängende Hügelzüge von oft über 100 m Höhe und liegen meist in mehreren parallelen Zügen hintereinander.
Die äußern Moränenzüge sind am stärksten unterbrochen, die innern haben ihre charakteristische Form
am besten bewahrt.
3) Der alte geschichtete Gletscherschutt (Glazialschotter). Das Gesteinsmaterial entspricht nach Ursprung, Beschaffenheit
und Zusammensetzung dem der beiden andern erratischen Bildungen. Die oft freilich unregelmäßige Schichtung deutet auf die
Mitwirkung von Wasser, sei es in Gletscherbächen oder Seen.
6) Weniger beweiskräftig sind die sogen Riesentöpfe (s. d., Bd.
13) oder Strudellöcher, entstanden durch Gletschermühlen, welche die Grundmoräne entfernten und mit Mahlsteinen den
Untergrund bis zu verschiedener Tiefe aushöhlten, wie im bekannten »Gletschergarten«
in Luzern.
[* 34] Die genannten glazialen Ablagerungen ruhen meistens aus den jüngsten tertiären Bildungen, vielfach trifft man aber auch
als Übergangsstufe Süßwasserablagerungen, wie Kalke und sandige Thonmergel, oder auch marine Bildungen, wie in Norddeutschland
Cyprinenthone mit Cyprina islandica, an. Die eigentlichen glazialen Bildungen zeigen ferner eine häufige
Wechsellagerung von echten Moränen mit Gerölllagern, Ligniten, Torflagern und Sand- und Thonschichten und sind stellenweise
von Löß bedeckt; so schalten sich in der Nordschweiz zwischen die untern und obern MoränenSchieferkohlen in einer Mächtigkeit
von 3 m undGerölle ein, ebenso in den AlgäuerAlpen in der Nähe von Sonthofen.
Daraus geht hervor, daß die Vergletscherung der Alpen mehrfachen Schwankungen in Bezug auf ihre Ausdehnung unterlag, die entweder
nur untergeordneter Natur waren, oder längern Zeitepochen entsprachen. Aus der relativen Lage der äußern und innern Moränenzüge
ist nun geschlossen worden, daß von den wiederholten Vereisungen die letzte nicht den Umfang der vorhergehenden
erreichte. In der Schweiz liegen außerhalb der typischen Endmoränen noch Grundmoränen und erratische Blöcke.
Dasselbe Verhältnis kehrt am ganzen Nordrand der Alpen, am Fuß der Pyrenäen, in Mitteleuropa und Nordamerika wieder, die ältern
Moränen sind stets weiter verbreitet als die jüngern. Beide unterscheiden sich nicht bloß orographisch,
insofern als die äußern Moränen die charakteristischen Eigentümlichkeiten ihrer Entstehung nicht mehr aufweisen, sondern
auch geologisch, indem sie durch Zwischenbildungen voneinander getrennt sind. Die Quartärzeit besteht somit nicht aus einer
einzigen Gletscherperiode, sondern zerfällt in zwei Perioden des Gletscherwachstums, getrennt durch eine Zeit des Abschmelzens,
des zeitweiligen Gletscherrückgangs, eine Interglazialzeit.
Bei der Mannigfaltigkeit in der lokalen Ausbildung der Gletscherablagerungen ist eine Parallelisierung verschiedener Gebiete
noch mit Schwierigkeiten verknüpft, indem sich nicht sicher nachweisen läßt, daß z. B.
die Gletscher in den Alpen genau zur gleichen Zeit ihre größte Verbreitung hatten wie diejenigen in Skandinavien, oder daß
die Eiszeit Europas mit derjenigen Amerikas gleichzeitig war, es steht nur fest, daß dies innerhalb des gleichen
geologischen Zeitabschnitts geschah.
In den wichtigsten Gebieten der frühern Vergletscherung sind die Grenzen,
[* 35] bis zu denen das Land von Eis
bedeckt war, ziemlich genau festgelegt, wenn auch über die Deutung
der Erscheinungen noch nicht volle Übereinstimmung herrscht.
Am intensivsten ist die ehemalige Vergletscherung der Alpen und des voralpinen Hochlandes durchforscht. In der Schweiz waren
es außer den weniger bedeutenden Arve- und Isèregletschern fünf mächtige Eisströme, die sich über
die Hochebene ergossen und teilweise bis in den Jura reichten.
Der alte Rhônegletscher hatte über 5000 qkm, ebenso der Rheingletscher, derjenige der Linthca. 1000 qkm, der alte Aaregletscher
650, der Reußgletscher 1900 qkm Fläche. Die obern Grenzen der Gletscherspuren weisen ein Gefälle auf, das beim Reußgletscher
bis 40 m auf 1 km erreicht, beim Aaregletscher sogar bis auf 45 m steigt, die Dicke der Eisschicht betrug bei beiden stellenweise
fast 1000 m. Der Rheingletscher wurde durch den SchwäbischenJura nach NO. abgelenkt und von demselben aufgestaut.
Die Moränenlandschaft der zweiten Vereisung, End- und Ufermoränen, zeigt mehrfache Ein- und Ausbuchtungen
und bleibt hinter der äußersten Grenze des Moränengebiets um 10-20 km zurück. Entsprechend der Abnahme des eiszeitlichen
Gletscherphänomens von W. nach O. steht der Salzachgletscher mit seinen Größenverhältnissen in der Mitte zwischen seinen
beiden Nachbarn, dem Inn- und Traungletscher. Die Ursache der Abnahme der eiszeitlichen Gletscherentfaltung, welche
ganz proportional der heutigen Entwickelung ist, liegt nicht nur in der Änderung der Höhenverhältnisse des Gebirges, sondern
auch in dem Kleinerwerden der Thalsysteme gegen O. Nördlich der alpinen Vergletscherung beherbergten von den deutschen Mittelgebirgen
der Schwarzwald und die Vogesen in ihren südlichen Thälern kleine Gletscher.
Skandinavien war zur Eiszeit ebenso wie heute noch Grönland unter Eis begraben. Nach W. durchkreuzte skandinavisches
Eis die Nordsee und lagerte norwegisches Gestein an der schottischen und englischen Ostküste ab. Am mächtigsten war aber die
Verbreitung nach S., wo die Eismassen die Ostsee überschritten und die norddeutsche Tiefebene bis an den Außenrand der deutschen
Mittelgebirge mit Geschiebe bedeckten. Die Südgrenze des skandinavischen Eises wird durch eine Linie bezeichnet,
welche sich von den Rheinmündungen an den Gehängen des rheinisch-westfälischen Schiefergebirges, Harzes, ThüringerWaldes,
Erz- undRiesengebirges entlang bis zum Nordabhang der Karpathen östlich von Krakau
[* 36] verfolgen läßt (s. die Karte). In Zentralrußland
verbreitete sich der skandinavische Gletscher bis Kiew
[* 37] am Dnjepr und Nishnij Nowgorod an der Wolga. Die vergletscherte
Fläche ist scharf und auf allen Seiten vom Ural getrennt. Im Ural und ganzen nördlichen
¶
mehr
Sibirien hat es zur Eiszeit ebensowewig Gletscher gegeben wie heute, wo bis zu den nördlichsten Ausläufern nicht die geringsten
Spuren zu finden sind. Zwischen beiden Gebieten nahm der Timangletscher eine besondere Stellung ein. Die Gesteine,
[* 39] welche in
dem untern Geschiebemergel Norddeutschlands, der Grundmoräne der ersten Vereisung, liegen, gestatten einen Schluß auf
ihren Ursprungsort. Die kristallinischen und eruptiven Felsmassen führen auf das Festland von Skandinavien, die Basalte, welche
in der Mark und Mecklenburg
[* 40] gefunden werden, auf Schonen, wo allein Basalt anstehend bekannt ist, in Ost- und Westpreußen
[* 41] sind
vorherrschend Granite von Finnland und den Ålandsinseln, namentlich Rapakivi, verbreitet, welche weiter westlich
fehlen; die versteinerungsführenden paläozoischen Gesteine stammen sowohl von dem skandinavischen Festland als von den InselnÖland, Gotland, Ösel, Dagö.
Während der ersten Eiszeit breitete sich das von Skandinavien vorrückende Inlandeis fächerförmig im norddeutschen
Flachland aus; dementsprechend ist im Zentrum der Tiefebene die Richtung im allgemeinen NNW. bis SSO. (Rüdersdorf, Lommatzsch,
Leipzig) im W.: NNO. bis SSW. (Belpke, Osnabrück); bei der zweiten Eisinvasion war die Richtung eine ausgesprochen ost-westliche
(jüngeres Schrammensystem von Rüdersdorf und
Belpke). Wie in der Richtung, unterscheidet sich die zweite
Eisbedeckung auch in Bezug auf die Ausdehnung nach S. und die Mächtigkeit von der ersten.