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mischtes Privat- und Staatsbahnsystem. Die Staa- ten haben dabei die Privatbauthätigkeit vielfach unterstützt durch Zuschüsse zu den Baukapitalien, durch Übernahme von Zinsgarantien für die zum Bau verwendeten Kapitalien, durch unentgeltliche Überlassung von im Staatsbesitz befindlichen Flächen, Gewährung von Steuerfreiheit u. s. w. Die Ver- bindung von Staatseigentum und Privatbetrieb der Eisenbahnen ist in der Form der Verpachtung von Staatseisenbahnen an Privatunternehmer zur Anwendung gebracht, wie z. B. in Holland (s. Nieder- ländische Eisenbahnen) und in Italien [* 3] (s. Italieni- sche Eisenbahnen).
Vgl. Denkschrift zu dem ersten Verstaatlichungsgesetz in Preusicn vom (Drucksachen des Hauses der Abgeordneten 1879/80, Nr. 5).
Die Frage, ob Privat- oder Staatsbahnen [* 4] vor- zuziehen seien, ist bestritten. Die Gegner der Staats- bahnen berufen sich auf die allgemeinen Nachteile staatlicher Aetrieve und behaupten, der Staat baue und verwalte teurer als Privatunternehmer. Durch die Vereinigung der Eisenbahnen in der Hand [* 5] des Staates würde die belebende Privatthätigkeit lahm gelegt und die Macht des Staates bedenklich er- weitert; es liege die Gefahr vor, dah die wichtigsten Verkehrsfragen nicht im allgemein wirtschaftlichen Interesse des Landes, sondern nach einseitigen bu- reaukratischen Rücksichten entschieden würden.
Auch erscheine der Staatskredit gefährdet, wenn von dem Staate solch ungeheure Summen, wie sie Bau und Betrieb von Eisenbahnen erforderten, aufgewendet würden und das Gleichgewicht [* 6] des Staatshaushalts von den schwankenden Vcrkchrseinnahmen der Eisen- bahnen abhängig sei. Demgegenüber wird von den Verteidigern der Staatsbahnen darauf hingewie- sen, daß eine wirtschaftliche Verwendung des Na- tionalvermögens, das durch die Anlaye und den Betrieb von Eisenbahnen in so großartigem Maße in Anspruch genommen werde, nur bei dem Staats- eisenbahnsystem möglich sei.
Die Verwaltung der Eisenbahnen, deren gewinnwirtschaftliche Inter- essen mit den Interessen der Gemeinwirtschaft viel- fach, insbesondere auf dein wichtigen Gebiete des Tarifwesens, in Widerspruch ständen, könne nie- mals von auf Erwerb bedachten Privatgefellschaf- ten, sondern nur allein vom Staate in einer dem Gemeinwohl entsprechenden Weise geleitet werden. Auch ließe sich die einheitliche staatliche Betriebs- verwaltung dilliger gestalten, als dies bei der großen Wenn gleichwohl die in den Kammerucrhand- lungen und in der Presse [* 7] hervortretenden Meinun- gen über die Vorzüge des Privat- und des Etaats- bahnsystems immer noch geteilt sind, so gewinnt doch bei den maßgebenden Stellen aller Kultur- länder immer mehr die Ansicht die Oberhand, daß es dem öffentlichen Interesse am besten entspricht, wenn der Staat mindestens alle wichtigern Bahnen selbst besitzt und auch selbst betreibt.
Soweit die be- sondern Verhältnisse der einzelnen
Länder es aus- führbar erscheinen lassen, wird deshalb auch überall
an die Verwirklichung der Idee, den
Bau und
Be- trieb der Eisenbahnen dem
Staat zu übertragen, geschritten. Am entschiedensten
sind in dieser
Be- ziehung die deutschen
Staaten vorgegangen. Der Versuch, an
Stelle der Einzelstaaten das Deutsche
[* 8]
Reich als
solches zum
Träger
[* 9] der Eisenbahnp
olitik zu machen und es zunächst in den
Besitz eines einflußreichen
Eisen- bahnnetzes,
der preuh.
Staatsbahnen, zu setzen, mißglückte. Das preuß. Gesetz vom wegen Übertragung des Eigentums und sonstiger Rechte des Staates an Eisenbahnen auf das Deutsche Reich ist bisher, infolge des Widerspruchs der deutschen Mittelstaaten, nicht zur Ausführung ge- kommen. Preußen [* 10] sah sich daher genötigt, allein vorzugehen. Seit 1879/80 ist das reine Staatsbahn- system durch den. inzwischen bewirkten Ankauf fast sämtlicher wichtigern Privatbahnen durch den Staat sichergestellt (s. Preußische Eisenbahnen): in Bayern, [* 11] Sachsen, [* 12] Württemberg [* 13] und Baden [* 14] gehören die vorhandenen Eisenbahnen fast aus- schließlich den betreffenden Staaten. Eisenbahnen.) Der österreichische Staat, der im Dränge der Finanznot in den fünfziger Jahren sei- nen Eisenbahnbesitz verkauft hatte, sucht wieder in den Besitz der Eisenbahnen zu kommen und hat be- reits eine Reihe wichtiger Linien angekauft und in Betrieb genommen.
Ungarn [* 15] bedurfteeinerselbstän- digen nationalen Tarifpolitik für die Beförderung seiner landwirtschaftlichen Massenprodukte, und da eine solche mit den Privatbahnen nicht durchzuführen war, so wurden letztere für den Staat erworben und befindet sich dort jetzt der größte Teil der Eisenbahnen in den Händen des Staates. (S. Österreichisch-Un- garische Eisenbahnen.) In Dänemark [* 16] sind nur noch wenige Bahnen im Privatbesitz. (S. Dänische Eisenbahnen.) In Norwegen [* 17] sind die Bahnen von Anfang an fast nur vom Staat gebaut und be- trieben worden, und in Schweden gehört ein großer Teil der vorhandenen Eisenbahnen dem Staate. (S. Norwegische Eisenbahnen und schwedische Eisenbahnen.) In den Niederlanden sind die zum größten Teile dem Staate gehörenden Linien an zwei Privatgesellschaften, die Gesellschaft für den Betrieb Niederländischer Staatsbahnen und die Holländische Eisenbahngesellschaft, [* 18] verpachtet.
Durch das Gesetz vom ist ferner die Verstaatlichung der niederländ. Rheinbahn geneh- ! migt, und neuen mit den Vetriebsgesellschaften ab- ! geschlossenen Verträgen, durch welche die Regierung sich weitgehende Befugnisse bezüglich der Einwir- kung auf die Gestaltung der Tarife und Fahrplüne vorbehalten hat, die Bestätigung erteilt worden. (S. Niederländische [* 19] Eisendahnen.) Ebenso gehört in Belgien [* 20] ein großer Teil des Eisenbahnnetzes dem Staat und wird von demselben betrieben. (S. Belgische Eisenbahnen.) In der Schweiz [* 21] be- steht einstweilen noch das reine Privatbahnsystem, dessen Mängel sich aber im Laufe der Zeit fo fühl- bar gemacht haben, dah schon feit Jahren der Er- werb aller Bahnen für den Bund erörtert wird.
Nachdem der 1887 versuchte Ankauf der Nord- ostbahn vereitelt wurde, hat die Bundesregierung einen neuen Weg bcfchritten und die Aktien eini- ger größerer Privatbahnen (Iura-Simplon- und Centraldahn) erworben, um sich maßgebenden Ein- fluß in der Verwaltung dieser Bahnen zu sichern und den Erwerb derselben durch den Staat vor- zubereiten. (S. Schweizerische Eisenbahnen.) In Italien befindet sich die überwiegende Mehr- zahl der Bahnlinien im Besitz des Staates. Die- selben sind, wie schon bemerkt, in ähnlicher Weise, wie es in Holland geschehen, an Privatunternehmer verpachtet. (S. Italienische Eisenbahnen.) InNuß - land, wo für die Eisenbahnen im Privatbesitz vom Staat sehr hohe Beihilfen gezahlt werden müssen, wnrde in neuester Zeit ein ausgedehntes Netz von Privatbahnen für den Staat erworben, auch wurden ¶