forlaufend
832
dem Reichstag vorgelegte Gesetzentwurf ist unerledigt geblieben. Neuerdings beabsichtigt Preußen [* 3] in einem dem Landtage bereits vorgelegten Entwurf die Angelegenheit (auch hinsichtlich der Kleinbahnen) für sich gesetzlich zu regeln. Falls mehrere Schuldaufnahmen stattfinden, werden die Obligationen in Klassen geteilt und gehen dann diejenigen früherer Emissionen im Zinsgenuß und in der Tilgung denjenigen späterer Ausgaben vor. Die Ausgabe von auf den Inhaber gestellten Prioritätsobligationen bedarf in Preußen nach dem Gesetz vom in den neuen Provinzen eingeführt durch Verordnung vom königlichen Privilegiums; in Osterreich ist nach dem Eisenbahnkonzessionsgesetz vom für alle Eisenbahnanleihen mit Hinausgabe von Obligationen Bewilligung der Staatsregierung und seit dem Gesetz vom vorgängige Einverleibung des Pfandrechts auf die zur Hypothek bestimmte, den Gegenstand einer Eisenbahnanlage bildende bücherliche Einheit erforderlich.
Wenn der
Staat Eisenbahnen baut, wird in der Regel das gesamte für die
Anlage erforderliche
Kapital durch
Anleihen beschafft.
Da der
Staat als Sicherheit dem
Gläubiger nicht nur die Rentabilität der von der
Anleihe zu bauenden
Bahn, sondern die gesamte
Steuerkraft des
Landes bietet, so haben in
Bezug auf die Kapitalbeschaffung die Staatsbahnen
[* 4] vor den Privatbahnen den Vorzug.
Die Möglichkeit oder Leichtigkeit, eine Eisenbahnanleihe aufzunehmen, hängt von der
Lage des Geldmarktes
und vom Kredit des Schuldners ab. Wird das durch die Eisenbahnanleihe beschaffte
Geld in wirklich zweckmäßiger
Weise in Eisenbahnb
auten
angelegt, so belastet die dadurch hervorgerufene
Vermehrung der öffentlichen Schuld die Steuerzahler nicht, da das in den
Eisenbahnen angelegte
Kapital sich selbst verzinst und die Eisenbahnen selbst eine fortwährende, sich
immer steigernde
Hebung
[* 5] aller wirtschaftlichen Verhältnisse hervorrufen. (S.
Staatsschulden.) Eisenbahnartēls, s.
Bestätterung.
Eisenbahnaufsicht, s. Eisenbahnb
ehörden. Eisenbahnauskunftsstellen, s.
Auskunftsstellen in Eisenbahnangelegenheiten. Eisenbahnausschuß, s. Eisenbahnb
eiräte. Eisenbahnb
ataillon,
s. Eisenbahntruppen. Eisenbahnbau
,
[* 6] im weitern
Sinn die gesamte auf Herstellung und
Ausrüstung neuer Eisenbahnen gerichtete
Thätigkeit, insbesondere auch die Leitung des
Baues, ferner die Einrichtung der
Behörden u. s. w. Im
engern
Sinn versteht man darunter die technische Seite des
Baues und unterscheidet hierbei die den
Bau vorbereitenden
Arbeiten
und die eigentliche Bauausführung.
Erstere bestehen: in den allgemeinen Vorermittelungen über das Bedürfnis zur Herstellung einer Eisenbahn und die zweckmäßigste Art seiner Befriedigung und in den Vorarbeiten (Aufstellung des Entwurfs) für die in Aussicht genommene Linie. Bei den allgemeinen Vorermittelungen werden die wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse der in Betracht kommenden Gebiete untersucht, über den zeitigen und den für die neue Bahn zu erwartenden Verkehr statist. Aufnahmen gemacht und Berechnungen angestellt.
Nach dem gewonnenen Ergebnis wird geprüft, welche von den verschiedenen in Frage kommenden Linien die wirtschaftlich beste und bauwürdigste ist. Hieran schließen sich die Vorarbeiten für die gewählte Linie, die wiederum in allgemeine (generelle) und ausführliche (specielle) Vorarbeiten zerfallen. Die allgemeinen Vorarbeiten bezwecken den Nachweis der wirtschaftlichen und technischen Zweckmäßigkeit sowie der voraussichtlichen Kosten der Bahn. Sie bilden die Unterlage für die Erteilung der Konzession bei Privatbahnen (s. Eisenbahnkonzession) und die Bewilligung der Geldmittel bei Staatsbahnen.
Die Erlaubnis zur Vornahme allgemeiner Vorarbeiten (sog. Vorkonzession) wird von der Aufsichtsbehörde erteilt. Die ausführlichen Vorarbeiten bezwecken die Aufstellung der Entwürfe für die Ausführung. Die Genehmigung zur letztern wird von der Aufsichtsbehörde erteilt, nachdem die Entwürfe in landespolizeilicher und eisenbahntechnischer Beziehung von den hierfür zuständigen Behörden (in Preußen Regierungspräsidenten, Eisenbahn-Kommissariat und Minister der öffentlichen Arbeiten) geprüft und festgestellt sind.
Nach den für die preuß. Staatsbahnen bestehenden Bestimmungen müssen die allgemeinen Vorarbeiten eine Übersichtskarte, die erforderlichen Lage- und Höhenpläne, einen Erläuterungsbericht und Kostenanschlag sowie eine Denkschrift über die wirtschaftliche Bedeutung der Bahn nebst Ertragsberechnung und Betriebsplan enthalten. Der Anfertigung der Pläne gehen örtliche Messungen voraus. Dieselben erstrecken sich auf die genaue Feststellung der wagerechten (horizontalen) und senkrechten (vertikalen) Lage der Bahn zur Erdoberfläche, die Krümmungsverhältnisse, welche durch das Terrain geboten sind, auf die Berechnung der Auf- und Abtragungen von Erdreich sowie der nötigen Kunstbauten.
Die Krümmungen oder Kurven der Bahn müssen nach einem möglichst großen Halbmesser abgerundet werden, da die Fahrt in kurzen Krümmungen teils aufhaltend, teils gefährlich ist, auch das Material der Bahn stark abnutzt. Nach den in Kraft [* 7] getretenen Bestimmungen der «Normen für den Bau und die Ausrüstung der Haupt-Eisenbahnen Deutschlands» [* 8] und der «Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands» vom (s. unten) sollen, in Übereinstimmung mit den frühern Vorschriften (s. Bahnpolizei), die kleinsten Krümmungshalbmesser der Kurven auf freier Strecke bei Vollbahnen 180 m, bei Nebenbahnen mit Normalspur 100 in betragen.
Halbmesser unter 300 m auf freier Bahn bedürfen bei Hauptbahnen der Genehmigung des Reichseisenbahnamtes. Die Steigungen betreffend, überschreitet man nicht gern im Flachlande das Verhältnis von 1 m Erhebung auf 200 m Länge, im hügeligen Lande von 1:100 und in Gebirgsgegenden von 1:40. Jedoch kommen auf manchen Gebirgsbahnen noch bedeutendere Steigungen vor, z. B. auf der peruan. Eisenbahn von Lima [* 9] nach Oroya am Ostabhange der Kordilleren, deren höchster Punkt, der Summit-Tunnel, 4760 m ü. d. M. liegt und bei der die höchste Steigung 1:20 ½ beträgt (s. Cordilleren-Eisenbahnen); wegen ihrer schwierigen Steigungsverhältnisse sind noch zu erwähnen: die Semmeringbahn (s. d.), die bad. Schwarzwaldbahn zwischen Hausach und Villingen, die Brennerbahn (s. d.), die Centralpacificbahn (s. Pacific-Eisenbahnen) bei Übersteigung der Sierra Nevada u. a. m. Nach den obigen Bestimmungen sind in Deutschland [* 10] bei Vollbahnen nur Steigungen bis zu 1:40, bei Nebenbahnen in der Regel bis zu 1:25 zulässig. Für stärkere Steigungen als 1:80 bei Hauptbahnen und als 1:25 bei Nebenbahnen ist die Zustimmung des Reichseisenbahnamtes erforderlich. ¶
forlaufend
833
Die eigentliche Bauausführung, die technische Ausführung des aufgestellten Entwurfs, umfaßt zwei Hauptteile, den Unterbau und den Oberbau. Hieran schließt sich die Herstellung der Betriebseinrichtungen, wie der Weichen, der Bahnhöfe, [* 12] der Signale u. s. w., und endlich auch die Ausrüstung der Bahn mit den erforderlichen Betriebsmitteln. Der Unterbau einer Eisenbahn, der den eigentlichen Schienenweg (Oberbau) zu tragen bestimmt ist, besteht aus dem Erdkörper und den vorkommenden Kunstbauten.
Zur Herstellung des Erdkörpers dienen die Erd- und Felsarbeiten oder Erdarbeiten schlechthin, durch welche die Erhöhungen und Vertiefungen der Erdoberfläche ausgeglichen werden. Man unterscheidet hierbei Dämme (s. Damm) oder Aufträge und Einschnitte oder Abträge. Erdkörper, bei denen Auf- und Abtrag zugleich vorkommen, heißen Anschnitte. Für die Art der Herstellung von Einschnitten in [* 11] Fig. 1 (Damm) und [* 11] Fig. 2 (Einschnitt) Beispiele gegeben. In den [* 11] Fig. 3, 4 u. 5 ist die Gestaltung des Unterbaues dargestellt.
[* 11] Fig. 3 ist der Querschnitt eines Dammes, [* 11] Fig. 4 der eines Einschnittes, [* 11] Fig. 5 der eines Anschnittes. Bei Einschnitten werden zur Abführung des Wassers zu beiden Seiten des Bahnkörpers Gräben angelegt. Einschnitte von 100000 cbm Inhalt gehören schon zu den größern, es giebt aber auch Einschnitte, namentlich in England, von 1 bis 1 ½ Mill. cbm Inhalt. Die Tiefe der Einschnitte überschreitet nur selten 25-30 m, bei größern Tiefen sind Tunnels vorteilhafter. Wo die Örtlichkeit die Herstellung der natürlichen Böschungen nicht gestattet, man vielmehr genötigt ist, einem tiefen Einschnitt eine möglichst schmale Breite [* 13] nach oben zu geben oder den Fuß eines Dammes möglichst schmal zu halten, oder wo der Fuß eines Berges oder Hügels wegzunehmen und die Bahn an steilen Abhängen hinzuführen ist, wendet man zum Schutz des Erdreichs Erddruckmauern (s. d.) an. Wenn die durch die geogr. Bodenbeschaffenheit gebotenen Hindernisse weder durch Krümmungen umgangen, noch durch Steigungen und Gefälle, Dämme und Einschnitte überwunden werden können, müssen die Kunstbauten: Brücken, [* 14] Viadukte und Tunnels eintreten.
Das Hauptmaterial der Eisenbahnb
rücken ist das Eisen,
[* 15] und zwar das Schmiedeeisen, in neuerer Zeit auch Stahl. Unter den bedeutendem
Eisenbahnb
rücken sind zu erwähnen: die Britannia-Röhrenbrücke über die Menaistraße (s. Röhrenbrücken), die Brücke
[* 16] der
niederländ. Staatsbahn über den Lek bei Kuilenburg, die Brücken über den Rhein bei Düsseldorf,
[* 17] Köln
[* 18] und Koblenz,
[* 19] über die Elbe bei Hamburg,
[* 20] die über die Weichsel bei Dirschau,
[* 21] Thorn,
[* 22] Fordon und Graudenz.
[* 23] Neuerdings ist neben
der Gitterbrücke bei Dirschau eine neue zweigleisige Eisenbahnbrücke über die Weichsel unter Beteiligung des Reichs an den
Baukosten hergestellt, und die alte, nur eingleisige
¶
forlaufend
Eisenbahn-834
brücke dem Landverkehr übergeben worden. Ferner sind zu erwähnen die neue Brücke über den Firth of Tay bei Dundee [* 25] (3286 in in 85 Spannungen, mit größter Spannweite von 74,70 m) und die von dem Prinzen von Wales eröffnete Brücke über den Firth of Forth bei Queensferry (s. Forth-Brückej. Letztere ist zur Zeit die bedeutendste Eisenbahnbrücke der Welt. In Amerika [* 26] sind zu erwähnen: die Drahtseilhängebrücke über den East-River (s. Hängebrücken) zwischen Neuyork [* 27] und Brooklyn mit drei Hauptöffnungen, deren mittlere 518 m weit ist, die Mississippibogenbrücke bei St. Louis, die Hängebrücke über den Delaware bei Philadelphia [* 28] und die Victoriabrücke bei Montreal [* 29] über den St. Loren z; in Ostindien: [* 30] die mit einem Kostenaufwands von 60 Mill. M. erbaute, 1072 m lange Dufferin-Brücke über den Ganges bei Benares, die Brücke über den Tschinab (2834 m) u. a. (Näheres s. Eisenbrücken, [* 31] Hängebrücken, Röhrenbrücken.) [* 24] ^[Abbildung:]Fig. 3. [* 24] ^[Abbildung:]Fig. 4. Tief einschneidende Thäler werden durch Viadukte überspannt, von denen auf dem Festland mit der größte der Viadukt der sächs.-bayr. Bahn zur Überschreitung des Göltzschthals ist, 680 m lang und 80 m über dem tiefsten Punkte der Thalfohle.
Der neue Verrugasviadukt auf der peruan. Bahn von Lima nach Oroya, wie der eingestürzte, ganz von Eisen konstruiert, hat drei Öffnungen von zusammen 129 m Länge und Mittelpfeiler von 80 in Höhe. (S. Cordilleren-Eisenbahnen.) In Großbritannien [* 32] liegen mitunter drei oder vier Verkehrswege übereinander. So kommt auf der North-Midlandbahn der Fall vor, daß die Eisenbahn unter dem Cromfordkanal, aber über der Landstraße fortgeht, die selbst wieder an dieser Stelle den Fluß Amber übersetzt. - Von den Tunnels oder den Durchbohrungen ganzer Berge sind als die längsten anzuführen: der im Juni 1882 eröffnete Gotthardtunnel (s. Gotthardbahn) von 15 km Länge, der eröffnete Mont-Cenistunnel (s. Mont-Cenis) von 12,2 km Länge, der Hoosactunnel auf der Eisenbahn von Boston [* 33] (Massachusetts) nach Albany von 7,6 km Länge, der auf der österr.
Staatsbahn Innsbruck-Bludenz hergestellte Arlbergtunnel (s. Arlberg), 10,25 km lang u. s. w. [* 24] ^[Abbildung:]Fig. 5. Der Oberbau besteht aus der Bettung, den Schienenunterlagen (Schwellen) und den Schienen mit ihren Verbindungsstücken, als Laschen, Schrauben, [* 34] Platten, Nägeln, Bolzen u. s. w. (Kleineisenzeug). Unter Bettung versteht man Schichten von Kies oder Steinschlag, die auf den Bahnkörper gebracht werden, um das Eindrücken der Schwellen in den Boden zu verhindern und den Ablauf [* 35] des Regenwassers zu befördern.
Nach den Normen für den Bau und die Ausrüstung der Haupteisenbahnen Deutschlands vom (s. S. 842 b) soll die Bettung unter den Schienenunterlagen mindestens 20 cm stark fein. In nachstehender [* 24] Fig. 6 ist die Bettungsschicht mit den Schwellen und Schienen ersichtlich gemacht. Das beste Bettungsmaterial bildet Steinschlag aus wetterbeständigen harten Steinen. Damit sich auf dem Bahnkörper kein Wasser ansammeln kann, wird derselbe von der Mitte aus nach beiden Seiten geneigt angelegt und mit Gräben versehen.
Die Schwellen werden meist so weit mit Kies bedeckt, als dies die Überwachung der Schienenbefestigungen gestattet; auf den amerik. Bahnen bleiben sie gewöhnlich frei von Kies. Je tiefer die Schwellen in die Bettung eingreifen, desto fester liegt das Gleis und desto geringer ist das Geräusch der Fahrt. [* 24] ^[Abbildung:]Fig. 6. Hinsichtlich der Gestaltung der Schienenunterlagen unterscheidet man hauptsächlich 3 Systeme:
1) das System mit Einzelunterlagen, bei dem jede Schiene eines Gleises für sich, durch einzelne Steinwürfel, gußeiserne Glocken oder dergleichen unterstützt wird; dasselbe (s. nachstehende [* 24] Fig. 7) ist gegenwärtig nur wenig im Gebrauch;
2) das Querschwellensystem, bei dem die beiden Schienen eines Gleises gemeinschaftlich durch hölzerne oder eiserne schwellen in Entfernungen von 0,8 bis 1 m unterstützt werden;
3) das Langschwellensystem, bei dem die Schienen fortlaufend gleichmäßig unterstützt sind, sodaß das Gleis einem ununterbrochenen Langträger gleicht. Bei diesem System werden in der Regel sämtliche Teile aus Eisen und Stahl gefertigt. In Deutschland und Osterreich kommen gegenwärtig fast nur in Betracht: hölzerne Querschwellen (in Deutschland etwa 81 Proz. aller Gleise), eiserne Querschwellen und eiserne Langschwellen. [* 24] ^[Abbildung:]Fig. 7. Die hölzernen Querschwellen bestehen aus Eichen-, Kiefern- (Lärchen-, Fichten-) und Buchenholz. Sie werden vor der Verwendung in besondern Imprägnierungsanstalten mit Kreosot, Quecksilbersublimat, holzessigsaurem Zinkoxyd, ¶