Eisen.
[* 2]
Gediegenes Eisen
ist in den Goldwäschen von Berezowsk im
Ural gefunden worden. Es stammt aus
den goldführenden
Sanden des alten
Alluviums des Pischmathales, welche von einer 3,5-5 m dicken
Schicht von
Torf,
Thon und goldarmem
Sand bedeckt sind. Die
Eisenstücke sind an der Oberfläche rostfarbig, sie sind stark magnetisch, ohne
Polarität, vom spez. Gew.
7,59; sie enthalten kein
Nickel und zeigen beim
Ätzen mit
Säure keine
Widmanstättensche Figuren, sind
also nicht außerirdischen Ursprunges.
Beim Zersägen erhielt
man in dem Feilicht außer Rostpartikelchen auch steinige Körnchen. Diese bestanden aus
Quarz,
Glimmer,
Olivin,
[* 3] Angit,
Serpentin,
Feldspat,
Eisenoxydul und Chromeisen.
In dem S. konnte etwa 0,1 Proz.
Platin nachgewiesen werden. Dies
Zusammenvorkommen von magnesiumhaltigen
Mineralien
[* 4] mit platinhaltigem, gediegenem Eisen
ist bereits an andern
Orten beobachtet und weist auf einen Ursprung aus den infragranitischen Tiefen des Erdkörpers hin.
Alle
Charaktere sprechen ferner dafür, daß das gediegene Eisen
nicht etwa durch
Reduktion aus einen:
Oxyd entstanden, sondern
sich bei
Abwesenheit oder wenigstens bei Mangel an
Sauerstoff mit den übrigen
Bestandteilen zu dem Fundstück
associiert hat. Eine deutlich blätterige
Struktur, eine eigentümliche
Krümmung, die erkennen läßt, daß das
Stück energisch
um sich selbst gedreht ist, läßt sich kaum anders erklären, als durch die Einwirkung starker mechanischer
Kräfte, welche
beim Hervorpressen der
Massen aus den infragranitischen Tiefen mitgewirkt haben.
Bei der ausgedehnten Benutzung des
Eisens und
Stahles zu
Schienen,
Brücken
[* 5] und sonstigen Bauzwecken ist
es von höchstem
Interesse, das Verhalten des
Eisens bei niedriger
Temperatur kennen zu lernen.
Steiner benutzte zu seinen derartigen
Versuchen Blechstreifen der verschiedenen Eisen-
und Stahlsorten von 3-5
cm
Breite,
[* 6] 20
cm
Länge und 7-10
mm
Dicke, ermittelte
durch besondere
Versuche die
Festigkeit
[* 7] dieser Materialien und kühlte sie dann in einem aus zwei Samthülsen hergestellten
Schlauch durch flüssige
Kohlensäure, die bekanntlich bei der
Verdampfung infolge der hierbei auftretenden Temperaturerniedrigung
zum Teil erstarrt.
Nachdem die Versuchsstücke 30 Minuten von fester Kohlensäure umhüllt in dem Frostsack verweilt hatten, wurden sie herausgenommen und durch Biegen auf ihre Festigkeit geprüft. Schweißeisen, Flußeisen und englischer Gußstahl ließen nach allmählicher Erwärmung auf Normaltemperatur keine wesentliche Änderung bei der Biegeprobe erkennen. Schweißeisen ließ sich auch im abgekühlten Zustande um 180° biegen, ohne zu brechen; war es aber vor der Abkühlung auf einer Seite mit einem Meißel [* 8] etwa 1 mm tief eingekerbt worden, so ertrug es diese Biegung nicht mehr.
Die Bruchfläche, die in ungekühltem Zustande faserig war, zeigte in gekühltem Zustande ein körniges Gefüge. Weiches, unverletztes Flußeisen und noch viel mehr der untersuchte Stahl sprang nach erlittener kleiner Biegung schon beim dritten schwachen Schlage klirrend wie Glas [* 9] entzwei. Die, wie angegeben, eingekerbten Versuchsstücke dieser zwei Sorten zeigten dies Verhalten schon beim ersten leichten Schlage, ohne eine Biegung anzunehmen; die Bruchflächen der gekühlten Stücke zeigten körnige, der Stahl sogar fast grobkörnige Struktur. Diese Versuchsergebnisse zeigen klar den ungünstigen Einfluß hoher Kältegrade auf die genannten Baumaterialien und bestätigen die bekannte Regel, daß Brücken aus Flußeisen bei abnorm niedrigen Temperaturen nur langsam zu befahren sind, und daß äußere Verletzungen der Flußeisenbestandteile einer Brücke [* 10] schon beim Bau, soweit irgend thunlich, vermieden werden müssen.
Die französische Regierung hat Versuche über das Verhalten von Kanonenstahl bei niedrigen Temperaturen angestellt. Es wurden gehärtete und nicht' gehärtete Probestücke verschiedenen Prüfungen bei einer durch feste Kohlensäure mit Äther erzeugten Temperatur von -56 bis -73° unterworfen, und man fand, daß die gekühlten Stäbe durchschnittlich durch sechs Schläge zerbrochen wurden, während sie unter gewöhnlichen Verhältnissen 15 Schläge ertrugen.
Diesen Versuchen gegenüber erscheint es auffallend, daß die eisernen Werkzeuge [* 11] und Gewehrläufe der Nordpolfahrer so wenig unter dem Einfluß der Kälte (bis -56°) zu leiden scheinen. Besonders die Gewehrläufe, die dem heftigen Stoß des explodierenden Pulvers ausgesetzt sind, müßTen eine Abnahme der Festigkeit des Eisens erkennen lassen. Hierüber ist aber nichts bekannt geworden, und man darf daher wohl annehmen, daß die eben angeführten Erscheinungen auf eine durch plötzliche, sehr starke Abkühlung bedingte momentane Umlagerung der Eisenmoleküle zurückzuführen sind, und daß bei allmählicher Erniedrigung der Temperatur die Moleküle Zeit finden, eine den neuen Verhältnissen entsprechende Lagerung anzunehmen.