Einspritzung
[* 2]
(Injektion),
[* 3] chirurgisches
Verfahren, wobei
man in der
Regel in natürliche
Höhlen und Hohlgänge, wie z. B.
in den
Mastdarm
(Klystier)
[* 4] oder in die
Mutterscheide oder in die
Harnröhre und
Blase oder in die äußern Gehörgänge und die
Nase,
[* 5] einspritzt, teils um entleerend oder reinigend zu wirken, teils um reizende oder milde
Flüssigkeiten
auf die umkleidende
Haut
[* 6] der
Organe aufzutragen. Eine Abänderung dieses
Verfahrens ist die sogen. parenchymatöse Einspritzung.
Man versteht
darunter die Einspritzung
arzneilicher
Stoffe direkt in die
Gewebe
[* 7] oder
Parenchyme, um dieselben auf chemischem Weg zu zerstören, zum
Absterben und zur Ausstoßung zu bringen oder sie in
Entzündung zu versetzen, ein jetzt jedoch verlassenes
Verfahren. Am gebräuchlichsten ist die subkutane (hypodermatische) Einspritzung
(z. B.
des
Morphiums,
Äthers,
Kampfers,
Ergotins,
Sublimats etc.), welche seit ihrer Einführung in die
Praxis durch den
Engländer
Wood
(1855) die ausgedehnteste Anwendung findet.
Bei diesem Verfahren werden die Arzneistoffe in möglichst kleiner Menge und daher in möglichst konzentrierter Lösung in das lockere Zellgewebe unter der Haut eingespritzt. Die gelösten Stoffe werden binnen wenigen Sekunden aus den Maschen des Zellgewebes durch die Lymphgefäße abgeführt und der allgemeinen Säftemasse einverleibt. Der Vorteil dieser ausgezeichneten Methode liegt darin, daß die Arzneistoffe schnell und sicher in ganz genau zu bemessender Quantität in die Säftemasse gelangen, ohne daß die Zunge und der Magen [* 8] des Patienten irgendwie belästigt wurden.
Daher ist die
Wirkung der subkutanen Einspritzungen
viel konstanter und zugleich viel schneller, als wenn die Arzneien vom
Magen aus einverleibt werden. Im allgemeinen reicht die halbe
Dosis, in welcher das
Mittel innerlich gebraucht
wird, für die subkutane Einspritzung
aus. Wegen der großen Sicherheit der Dosierung eignet sich die subkutane Einspritzung
vorzugsweise
zur Einverleibung der stark wirkenden (giftigen)
Alkaloide, wie z. B. des
Morphiums, des
Strychnins und ähnlicher
Stoffe. Der
Magen bleibt bei dieser Applikationsweise ganz unbeteiligt; man kann sie ohne Rücksicht auf den
¶
mehr
jeweiligen zufälligen Füllungsgrad desselben, ohne Rücksicht auf drohende Verdauungsstörungen etc.
vornehmen. Die Methode ist zumal in den Fällen von größtem Wert, wo man die Arzneien überhaupt nicht in den Magen bringen
kann, z. B. bei Bewußtlosen, bei Schlundverengerung und in ähnlichen Fällen. Man bedient sich zu der subkutanen der von
Pravaz angegebenen gläsernen Injektionsspritze (s. Abbildung). Letztere besteht aus einem Glasrohr, das genau 1, 2, 6-8 ccm
Flüssigkeit enthält, einem Stempel, welcher eine feine Maßeinteilung trägt, und ist mit einer scharfen hohlen Nadel (Kanüle)
zum Einstechen in eine emporgehobene Hautfalte verbunden. Es ist ziemlich gleichgültig, an welcher Körperstelle die Einspritzung
vorgenommen
wird, denn die örtliche Wirkung der Einspritzung
ist eine ganz verschwindende gegenüber der allgemeinen Wirkung, welche durch Aufnahme des
Arzneistoffs in das Blut herbeigeführt wird.
Auch der Schmerz ist bei der subkutanen Einspritzung
mancher Stoffe, wie des Morphiums, ganz unerheblich. Gewisse Arzneistoffe wendet man
dagegen nicht sowohl zu subkutanen als vielmehr zu parenchymatösen Einspritzungen
an. So führt man
z. B. die Nadelspitze tief in die Muskelmassen ein, wenn man Sublimatlösungen einspritzt, weil die Schmerzen zu heftig sein
würden, wenn diese Lösungen mit den sensibeln Hautnerven in zu innige Berührung kämen. Bisweilen kommt es an der Einstichstelle
zur Bildung kleiner Abscesse, die jedoch gewöhnlich nicht viel zu bedeuten haben und leicht ausheilen.
[* 2] ^[Abb.: Injektionsspritze von Pravaz.]