Einquartierung
,
im Militärwesen die Unterbringung von
Soldaten in Bürgerquartieren. Früher wurde im
Frieden die Einquartierung
als
Staatslast, wie noch heute teilweise in Rußland, möglichst gleichmäßig auf das ganze Land verteilt;
jetzt strebt man allseitig nach Vereinigung der
Truppen in großen
Garnisonen (s. d.) und Unterbringung in
Kasernen, ja auch
bei regelmäßig wiederkehrenden Truppenversammlungen, wie bei den jährlichen
Schießübungen der
Artillerie, in Barackenlagern
(s.
Lager)
[* 2] auf den Schießplätzen selbst, so daß
nur für kleine Teile des
Heers die Einquartierung
dauernd den
Städten
zur
Last fällt und nur bei außergewöhnlichen Verstärkungen des
Heers und bei Truppenversammlungen, auf
Märschen und bei
den jährlichen Herbstübungen in größerm
Umfang Platz greift.
Die
Pflicht zur Übernahme der Einquartierung
ist nach wie vor den
Gemeindeverbänden auferlegt und nach Vorgang der
ältern preußischen Bestimmungen (Art. 61 der norddeutschen Bundesverfassung) im
Deutschen
Reiche gesetzlich geregelt durch
das auf das
Reich ausgedehnte
»Gesetz des Norddeutschen
Bundes vom betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete
Macht im
Frieden«, nebst zugehöriger Vorschrift über die Quartierbedürfnisse und angehängtem Servistarif sowie der Klasseneinteilung
der zum Bundesgebiet gehörigen Ortschaften, eingeführt in Südhessen durch Landesgesetz vom in
Elsaß-Lothringen
[* 3] durch
Gesetz vom in
Baden
[* 4] durch
Reichsgesetz vom und in
Bayern
[* 5] und
Württemberg
[* 6] durch
Reichsgesetze vom
ferner durch das
»Gesetz über die
Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im
Frieden vom 13. Febr. 1875«,
dem am eine
»Instruktion über die dem
Soldaten im
Quartier zustehenden Leistungen« vorangegangen war, und endlich
durch das
»Gesetz über die
Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873«. Für
Bayern besteht eine besondere Ausführungsinstruktion zum
Einquartie
rungsgesetz vom Durch
Gesetz vom sind der Servistarif und die Klasseneinteilung
der
Orte anderweit festgestellt worden.
Von der
Aufnahme von Einquartierung
sind nur befreit die
Häuser, resp.
Wohnungen der Mitglieder regierender oder früher reichsunmittelbarer
Familien, der fremden
Gesandten und
Konsuln, Dienstgebäude von Behörden,
Post und
Eisenbahnen, Unterrichtsanstalten,
Bibliotheken,
Museen,
Kirchen und
Häuser zum
Gottesdienst, endlich Gebäude, die als Waisen-,
Armen-, Kranken-, Besserungshäuser
oder als
Strafanstalten dienen, Privatgebäude in den ersten zwei Kalenderjahren nach demjenigen, in dem sie bewohnbar werden.
Im
Krieg bleiben nur landesherrliche
Schlösser und zu Staatszwecken dienende Gebäude frei.
Die Einquartierung
in den gewöhnlichen Friedensgarnisonen wird von den
Gemeinden meist durch sogen. Servisdeputationen,
aus
Gemeindebeamten und gewählten Gemeindevertretern bestehend, geordnet, nicht selten durch
Mieten größerer
Quartiere. Die
für die
Wohnung der
Militärpersonen gewährte
Entschädigung
(Servis) bestimmt der Servistarif je nach der
Charge und der
Einteilung
der
Orte in fünf
Klassen, über denen
Altona,
[* 7]
Berlin,
[* 8]
Bremen,
[* 9]
Dresden,
[* 10]
Frankfurt
[* 11] a. M.,
Hamburg,
[* 12]
Metz,
[* 13]
Mülhausen
[* 14] i. Einquartierung
,
München,
[* 15]
Straßburg
[* 16]
i. Einquartierung
und
Stuttgart
[* 17] noch eine besondere
Klasse A bilden; sie beträgt z. B. für einen
Gemeinen monatlich
im
Winter und
Sommer wechselnd in
Berlin 3,50 und 2,50 Mk., in der ersten
Klasse (große
Städte, wie
Breslau,
[* 18]
Leipzig,
[* 19]
Augsburg)
[* 20] 3 und 2 Mk., in der fünften
Klasse (kleine
Städte
und
Dörfer) 1,75 und 1,25 Mk. Ist dies auch
noch keine unter allen Umständen ausreichende
Entschädigung, so ist doch die Entschädigungspflicht des
Staats gegen die
Gemeinden dadurch im
Prinzip anerkannt.
Die Einquartierung
außerhalb der
Garnisonen erfolgt entweder auf
Märschen, also
nur für einen
Tag bis zum Weitermarsch
am andern
Morgen, mit einzelnen
Ruhe- oder sonstigen unvorhergesehenen
Liegetagen (Marschquartier), oder auf mehrere
Tage,
Wochen
und
Monate (Kantonnementsquartier). Bei dieser Einquartierung
wird nicht
nur für die
Gemeinen und
Unteroffiziere, sondern auch für
Offiziere,
Ärzte und
Militärbeamte (in den
Garnisonen Selbstmieter)
Quartier sowie der nötige
Raum für
Büreaus,
Wacht-
und Arrestlokale nebst
Stallung für die
Pferde
[* 21] der
Truppen beansprucht, und bei Marschquartieren tritt
Naturalverpflegung durch
die Quartiergeber ein.
Die
Entschädigung für letztere, 80
Pf. für jeden
Kopf und
Tag, kann bei hohen
Marktpreisen (Novemberpreise für
Roggen in
Berlin,
München,
Königsberg
[* 22] und
Mannheim
[* 23] über 160 Mk. für 1000 kg) vorübergehend bis zu 1 Mk.
erhöht werden; der Servistarif und die Klasseneinteilung der Ortschaften sollen alle fünf Jahre einer
Revision unterliegen.
Vorübergehende Einquartierung
wird im
Frieden den Verwaltungsbehörden vorher mitgeteilt, von diesen auf die
Gemeinden und von deren Vorständen
auf die einzelnen Hausbesitzer verteilt, während die
Gemeinde als
Ganzes für die nötigen Leistungen
haftet. Dann fertigt auf
Grund der
Marschrouten der Ortsvorstand Quartierbillets aus, welche die einzelnen
Soldaten den Hauswirten
gegenüber legitimieren. Die
¶
mehr
Entschädigungsansprüche für gewährtes Quartier sind, wenn sie nicht sofort vergütet werden, spätestens im Lauf des der
Quartierleistung folgenden Kalenderjahrs der zuständigen Behörde anzumelden. Die Stärke
[* 25] der Belegung mit Einquartierung
richtet sich
im Frieden nach der Leistungsfähigkeit der Gemeinden und den vorhandenen Räumlichkeiten; im Krieg entscheiden die Erfordernisse
der militärischen Lage, und es kann dabei bis zur Massenbelegung nach der Möglichkeit der Unterbringung
unter gleichzeitiger Heranziehung der Einwohner zur Verpflegung der Truppen gegangen werden. (Vgl. Marsch und Kantonnement.)
Eine Entschädigungspflicht dafür ist nur im eignen Land anerkannt, in Feindesland gelten für alle solche Leistungen die
Grundsätze des Requisitionssystems.
Vgl. »Gesetz, betreffend Quartierleistung etc. im Frieden, vom Nach den Materialien erläutert« (Berl. 1869);
v. Stein, Die Lehre [* 26] vom Heerwesen, S. 252 ff. (Stuttg. 1872);
Mondésir, Du logement des militaires chez les habitants (Par. 1873).