mehr
sind 2c. Dann ist der Staatsbedarf ein so hoher, daß es bei der gegebenen
Lage der
Dinge geradezu unmöglich wäre, denselben
ausschließlich durch eine einzige Einkommens
teuer zu decken. Bei den obern und obersten
Klassen kann man nun einmal über einen gewissen
Prozentsatz nicht hinausgehen, so daß hier bald eine
Schranke für die
Steigerung der
Einnahme gesetzt
ist; bei den untern aber ist die
Erhebung praktisch mit einer
Reihe von solchen Übelständen verbunden, daß hier auf die
Einkommens
teuer verzichtet werden muß und erst von gewisser
Grenze an mit einem mäßigen
Steuerfuß begonnen werden kann. Da nun aber
doch einmal die
Masse beisteuern muß, so bleibt nichts andres übrig, als dieselbe auf dem wenigst empfindlichen
und technisch vorteilhaftesten Wege heranzuziehen. Hierfür bietet sich das
Mittel der indirekten
Besteuerung, welche in allen
großen
Staatshaushalten eine wichtige
Rolle spielt und mit steigendem Staatsbedarf gerade in der neuern Zeit immer mehr an
Bedeutung gewonnen hat.
Die indirekten Steuern belasten die Pflichtigen gerade nicht nach Maßgabe der Steuerfähigkeit. Eine große Zahl von Gegenständen zu erfassen, ist steuertechnisch nicht von Vorteil. Man begnügt sich deshalb auch in der Praxis mit einer kleinern Zahl von Gütern, und zwar solchen, welche in groben Massen verbraucht werden und dabei nicht gerade unentbehrlich sind. Infolgedessen trifft die Steuer individuell ungleich, indem der eine mehr von den versteuerten Gegenständen verbraucht als der andre. Dann ist der Verbrauch nicht gerade um so größer, je größer das Einkommen ist. Somit ist die Belastung im großen ganzen eine umgekehrt progressive. Was die Reichern an Steuern für Kaffee, Zucker, [* 3] Bier, Branntwein, Salz, [* 4] Tabak [* 5] 2c. bezahlen, macht einen geringern Prozentsatz von ihrem Einkommen aus als das, was die weniger Reichen und Ärmere entrichten von deren Einkommen.
Führt aber auf diese
Weise die praktische
Notwendigkeit zu einer Steuerverteilung, welche die
Theorie und die
Anschauungen des
praktischen
Lebens nicht für billig erachten, so muß auf einem andern Gebiet nach einer Ausgleichung
gesucht werden. Dies Gebiet ist dasjenige der direkten
Steuern, wenn wir hierzu noch einige
Verkehrssteuern rechnen, insbesondere
dasjenige der Einkommens
teuer. Die
Praxis hat denn auch in der neuern Zeit in einigen
Ländern, als man sich zu einer
Erhöhung
der indirekten
Steuern veranlaßt sah, die direkten
Steuern zu reformieren gesucht.
Die direkten Steuern sind teils Ertrags- oder Real-, teils Personalsteuern. Dieselben in der Weise systematisch auszubauen und zu veranlagen, daß weder Doppelbesteuerungen noch einseitige Befreiungen vorkommen, und daß die Besteuerung eine vollständig gleichmäßige ist, ist bei der Mannigfaltigkeit und Beweglichkeit unsrer heutigen Wirtschafts-, Verkehrs- und Kreditverhältnisse sowie bei der Unvollkommenheit der zu Gebote stehenden Hilfsmittel der Besteuerung nicht allein schwierig, sondern geradezu unmöglich. Die bestehenden Steuersysteme sind in der That sämtlich unvollkommen und lückenhaft, insbesondere diejenigen, welche Ertrags- und Personalsteuern in unvollständiger Weise miteinander verbinden.
Die Ertragssteuern fassen die Erträge an ihren Quellen ohne Rücksicht auf deren Verteilung an verschiedene Personen, und zwar nach allgemeinen Durchschnittssätzen, also ohne Rücksicht auf die individuellen Verhältnisse, individuelle Leistungsfähigkeit, günstigere oder ungünstigere wirtschaftliche Stellung des Eigentümers 2c. Infolgedessen belasten die Ertragssteuern schon von Haus aus ungleichmäßig. Die Tüchtigern sowie diejenigen, welche die Konjunkturen besonders begünstigen, zahlen nicht mehr als diejenigen, welchen das Glück weniger hold ist.
Dazu kommt die Schwierigkeit, Roherträge und Kosten zu bemessen. Oft muß man sich an äußere Merkmale halten, welche nur sehr unsichere Schlüsse zulassen, wie bei der Gewerbesteuer. Oder es kann wegen der hohen Kosten die Steuer nicht alljährlich neu veranlagt werden; dieselbe wird alsdann im Laufe der Zeit, wenn die Grundlagen der Besteuerung sich geändert haben, mehr und mehr ungleich, wie z. B. die Grundsteuer; Schulden kommen bei der Ertragssteuer nicht in Abzug.
Die Zinsen, welche der Gläubiger zieht, werden demnach, wenn auch nicht genau nach ihrer wirklichen Höhe, bereits bei dem Schuldner besteuert. Nun werden aber bei unsern heutigen Kreditverhältnissen auch Zinsen bezogen, welche noch nicht besteuert worden sind, wie Zinsen aus Staats-, Gemeindeanleihen 2c. Dieselben müßten demnach besonders belastet werden, was bei den vorhandenen internationalen Kreditbeziehungen und der Mannigfaltigkeit der Steuersysteme und der Steuerveranlagung verschiedener Länder mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden ist, sofern Ungleichmäßigkeiten vermieden werden sollen. Die Bezahlung für fremde Arbeitsleistungen kommt bei den Ertragssteuern unter den Kosten in Anrechnung und in Abzug. Dafür ist die Arbeit als besondere Ertragsquelle durch eine eigne Steuer zu treffen, und zwar nicht nach den wirklichen Erträgen in jedem gegebenen Fall, sondern nach Durchschnitten je für eine Klasse von Fällen.
Ausschließlich durch Personalsteuern den gesamten öffentlichen Bedarf zu decken, ist heute nicht durchführbar. Die Realsteuern haben sich meist derart eingelebt, daß ihre Aufhebung oft einem Geschenk an den augenblicklichen Besitzer gleichkäme. Dann sind Wohnort des Besitzers und Lage seines Besitztums oft voneinander getrennt; dort würde die Personalsteuer entrichtet, während hier zu gunsten des Besitzers öffentliche Aufwendungen gemacht werden müssen.
Aus diesem Grunde würden insbesondere Gemeinden die Realertragssteuer nicht entbehren können. Durch Verbindung beider Arten von Steuern hat man wohl einige Lücken ausgefüllt und Unvollkommenheiten beseitigt, ist aber trotzdem überall von einer gleichmäßigen Belastung noch weit entfernt. Bayern [* 6] hat drei Ertragssteuern (Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer), welche nach Durchschnitten und äußern Merkmalen bemessen und zum Teil (Grundsteuer) vor Jahren veranlagt sind.
Daneben besteht eine
Kapitalrentensteuer, welche zum Teil eine
Doppelbesteuerung bildet und nur deswegen wenig als solche empfunden
wird, weil die Ertragssteuern, welche keine Rücksicht auf die
Schulden nehmen, nur sehr roh veranlagt
sind.
Alle durch eine dieser direkten
Steuern noch nicht getroffenen
Einkommen werden durch eine sogen. Einkommens
teuer getroffen, welche
im
Wesen eine Ertragssteuer ist, sich aber einer
Personalsteuer insofern nähert, als
sie der jeweiligen Einkommenshöhe
angepaßt
wird.
Die preußische Besteuerung und ihre Reform.
In Preußen [* 7] besteht kein vollständiges Ertragssteuersystem. Es gibt nur eine Gebäude-, eine Grund- und eine Gewerbesteuer. Neben denselben wird der Ertrag der Arbeit nicht besonders getroffen. Dann besteht in Preußen keine Kapitalrentensteuer, durch welche wenigstens diejenigen Zinseinnahmen belastet werden müßten, welche noch nicht bereits durch die Ertragssteuern mitgetroffen worden sind. Dagegen ¶
mehr
besitzt Preußen eine allgemeine Einkommens
teuer, welche das Gesamteinkommen der einzelnen Steuerpflichtigen erfaßt.
Infolgedessen werden alle Bezüge doppelt getroffen, welche bereits durch Ertragssteuern belastet worden sind, demnach auch
die Zinsen, welche die Besitzer von Gewerben, Grund und Boden und Häusern zu zahlen haben. Nur einmal dagegen werden besteuert
die Zinsen, welche aus andern Quellen fließen, dann die als Lohn, Gehalt 2c. gezahlten Erträge der Arbeit.
Nun sind aber die Steuern selbst wegen verschiedener Mängel in der Veranlagung und in der Art ihrer Durchführung sehr ungleichmäßig. Dazu kam die Notwendigkeit, wegen der Erhöhung der indirekten Steuern und mit Rücksicht auf eine angemessene Deckung des Gemeindebedarfs eine Änderung bei den direkten Steuern vorzunehmen. Aus diesen Gründen machten sich schon seit einer Reihe von Jahren Reformbestrebungen geltend, welche anfänglich nach Bedarf auszuhelfen suchten, in der neuern Zeit aber den Weg einer gründlichern Änderung eingeschlagen haben.
Der ganze Entwickelungsgang der direkten Steuern Preußens,
[* 9] insbesondere aber der allgemeinen Einkommens
teuer, ist ebenso
interessant wie lehrreich. Er sei deshalb in kurzen Zügen hier dargestellt.
Im J. 1811 wurde zuerst mit einer umfangreichern, die ganze Monarchie umfassenden Personalsteuer ein Versuch unternommen, als die alten Accisen nicht mehr zureichten und eine Änderung erheischten. Auf dem platten Lande und in den kleinen Städten trat an Stelle der Mahlsteuer eine Kopfsteuer im Betrage von ½ Thlr. von jedem über 12 Jahre alten Einwohner. Dieselbe war jedoch für die Dauer nicht haltbar, weil bei ihr die Ungleichmäßigkeit der Belastung allzu offen zu Tage lag.
Einen Fortschritt in dieser Beziehung bildete der Übergang zur Klassensteuer, bei welcher die Bevölkerung [* 10] nach äußerlich leicht wahrnehmbaren Merkmalen in Klassen eingeteilt wird. Steuerfähigkeit und Besteuerung der einzelnen Klassen sind voneinander verschieden, doch zahlen die Angehörigen einer Klasse gleich viel. Die Anzahl der Klassen kann nicht sehr groß sein, weil es hierfür an den nötigen Unterscheidungsmerkmalen fehlt, während in den Klassen selbst die Vermögenslage eine wesentlich verschiedene sein kann.
Aus diesen Gründen dürfen bei einer echten Klassensteuer die Steuersätze der einzelnen Klassen nicht sehr stark voneinander
abweichen, und es ist demnach die Klassensteuer nur als eine verbesserte Kopfsteuer oder als ein Schritt zum Übergang zu einer
Besteuerung nach der wirklichen Leistungsfähigkeit der Pflichtigen zu betrachten. Eine weitere Verbesserung
besteht darin, daß Einkommens
stufen gebildet werden, in welche die Staatsangehörigen nach ihren irgendwie ermittelten oder
angenommenen Einkommen eingereiht werden.
Mit Verbesserung der Steuerveranlagung und der anwendbaren Kontrollmittel kann die Anzahl der Stufen vermehrt werden, so daß
man sich immer mehr dem Ideal der Belastung nach der Steuerfähigkeit der einzelnen nähert. Einen Entwickelungsgang
dieser Art machte die Steuer in Preußen durch. Noch im J. 1811 wurde ein Versuch mit der Klassensteuer angestellt, schon 1812 wurde
dieselbe durch eine allgemeine Vermögens- und Einkommensteuer
ersetzt, welche Steuer aber nur 2 Jahre lang bestehen blieb.
Nunmehr war das ganze Steuersystem wieder so unvollkommen wie früher und in seiner damaligen Gestalt nicht geeignet, einem
wachsenden Staatsbedarf zu genügen. Domänenverwaltung und Grundsteuer warfen nahezu die Hälfte aller Einnahmen ab, daneben
spielte das
verwickelte Zoll- und Accisewesen eine wichtige Rolle. Eine Reform brachte das Jahr 1820 mit drei Gesetzen (vom 30. Mai) über Mahl- und Schlacht-, Gewerbe- und Klassensteuer. Der Entwurf zum Gesetz über die Klassensteuer teilte die Bevölkerung in 4 Klassen mit Steuersätzen von 48, 12, 4 und ½ Thlr. Im Gesetz selbst war die Zahl der Klassen auf 6 erhöht, und schon im folgenden Jahr wurde dieselbe auf 12 gesteigert. Die Steuer wurde nur auf dem platten Lande und in den kleinern Städten, und zwar nach Haushaltungen erhoben, während selbständige Personen ohne Haushalt (alle über 14 Jahre alten, seit 1827 alle über 16 Jahre alten) die Hälfte zahlten, jedoch mit der Beschränkung, daß in der untersten Stufe höchstens drei solcher Personen auf einen Haushalt gerechnet werden durften.
In den 132 größern Städten vertrat die Mahl- und Schlachtsteuer ihre Stelle. In der Folgezeit wurden zwar die früher üblichen 4 Hauptklassen beibehalten, und zwar 1) besonders Wohlhabende und Reiche, 2) Wohlhabende, 3) der geringe Bürger- und Bauernstand, 4) die übrigen Staatsangehörigen, wie gewöhnliche Lohnarbeiter, Gesinde und Gewerbtreibende, welche hauptsächlich vom Tagelohn leben. Die Klassen selbst waren nach leicht in die Augen tretenden äußern Merkmalen getrennt. Jedoch wurde jede Klasse in drei Abteilungen geschieden. Die Einschätzungen in diese letztern erfolgte nach der Leistungsfähigkeit. Die Steuersätze waren in den einzelnen Klassen: I. 144, 96, 48;
II. 24,18, 12; III. 8, 6, 4; IV. 3, 2, 1 ½ und ½ Thlr.
Die Belastung durch die Klassensteuer war aber immer noch sehr ungleichmäßig und keineswegs der wirklichen Leistungsfähigkeit
angepaßt, der Steuerfuß war in der Wirtlichkeit ein umgekehrt progressiver, da die Steuer bei den höhern
Einkommen einen geringern Prozentsatz von diesen ausmachte, als beiden kleinern. Eine Änderung war deshalb unvermeidlich.
Eine solche brachte nach längern Vorarbeiten das Gesetz vom welches eine Verbindung von Klassensteuer und klassifizierter
Einkommensteuer
schaffte.
Für die kleinern Einkommen wurde der Gedanke der alten Klassensteuer beibehalten, indem die Veranlagung nach Klassenmerkmalen erfolgt, und zwar in 3 Hauptklassen, welche wieder in 12, bez. 13 Stufen zerfallen, in welche die Steuerpflichtigen der betreffenden Klassen nach ihrer besondern Leistungsfähigkeit eingeschätzt wurden. Die Steuersätze stuften sich ab von 24 bis ½ Thlr. Die alte Verbindung mit der Mahl- und Schlachtsteuer blieb bestehen. Die Klassensteuer wurde nur in den nicht mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Orten, und zwar von Einwohnern erhoben, deren Einkommen 1000 Thlr. nicht überstieg.
In den übrigen Orten trat an ihre Stelle die Mahl- und Schlachtsteuer. Die klassifizierte Einkommensteuer
war im ganzen Gebiete des Staates
von allen Einkommen über 1000 Thlr. zu entrichten, doch kamen in den mahl- und schlachtsteuerpflichtigen
Städten für jeden Steuerpflichtigen 20 Thlr. in Abzug. Diese Verbindung mit der kopfsteuerartig wirkenden Aufwandsteuer hatte
schon Ungleichheit in der Belastung zwischen Stadt und Land zur Folge. Für die Einkommen über 1000 Thlr. waren 30 Stufen gebildet,
welche anfangs um je 200 Thlr., später um höhere Beträge bis zu 240,000
Thlr. steigen. Alle Einkommen, welche derselben Stufe angehörten, zahlten den gleichen Steuersatz, das geringste 3 Proz., die
höhern einen entsprechend geringern Prozentsatz. Alle Einkommen von über 240,000 Thlr. hatten 7200 Thlr. an Steuern zu entrichten;
für diese war demnach der Steuerfuß ein umgekehrt progressiver, indem er sich von 3 Proz. ab
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mit steigendem Einkommen immer mehr erniedrigte, für ein Einkommen von 720,000 Thlr. auf 1 Proz. 2c. Die Einkommensbemessung erfolgte nicht durch die Pflichtigen, sondern durch Einschätzung von seiten einer Kommission; doch sollte jedes lästige Eindringen in die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der einzelnen Steuerpflichtigen vermieden werden.
Die Notorietät sollte die Stelle der speciellen Abschätzung vertreten. Aus diesem Grunde wurden Steuerpflichtige auch nur für den Fall mit Strafe bedroht, daß sie bei einer Reklamation wissentlich zu niedrige Angaben machten. Die Hilfsmittel für eine richtige Einschätzung waren sehr unvollkommen und die Besteuerung demgemäß, wie allgemein bekannt und neuerdings in vielbesprochenen Fällen mehr in die Öffentlichkeit gezogen, sehr ungleichmäßig. Dabei spielten hier und da auch das Vetterschaftswesen, die Parteiangehörigkeit 2c. eine Rolle. Anerkannt reiche Leute waren viel zu niedrig eingesteuert, ohne daß sie zu einer Berichtigung verpflichtet waren. Gegen zu hohe Einschätzung konnte jedoch Einspruch erhoben werden. Die Steuer trug demnach weniger ein, als sie hätte einbringen müssen, und die auf sie gestützten Einkommensbemessungen für den ganzen Staat lieferten zu niedrige Ergebnisse.
Das Jahr 1873 (Ges. vom 20. Mai) brachte einige Änderungen, welche zum Teil der damaligen Finanzlage, zum Teil dem Bestreben nach Herbeiführung einer größern Gleichmäßigkeit in der Belastung, zum Teil endlich den damals herrschenden Anschauungen über die Zulässigkeit von Oktroi und Aufwandsteuern zu verdanken waren. Die Mahl- und Schlachtsteuer kam mit dem Jahr 1875 in Wegfall. Während früher alle Staatsangehörigen steuerpflichtig waren, so wurden nunmehr alle Einkommen bis zu 420 Mk. steuerfrei, eine Befreiung, welche insbesondere durch den Hinweis auf die Schwierigkeiten der Beitreibung und auf die Kosten und schlimmen Folgen der verhältnismäßig zahlreichen Mahnungen und Zwangsvollstreckungen gerechtfertigt werden konnte. Für die der Klassensteuer zu unterstellenden Einkommen (420-3000 Mk.) wurden nun ebenso Einkommensstufen aufgestellt, wie sie bereits für die größern Einkommen bestanden, und zwar mit Steuersätzen, welche von 0,6 bis 2,7 Proz. stiegen.
Der Ertrag der Steuer wurde auf 33, später, nach Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer, auf 42 Mill. Mk. kontingentiert. Die
ursprüngliche Unterscheidung zwischen Klassen- und klassifizierter Einkommensteuer
wurde demnach hinfällig, sie hatte nur noch eine Bedeutung
für das Verfahren der Einsteuerung und der Reklamation. Früher war es zulässig, bei der Klassensteuer
besondere Umstände zu berücksichtigen, welche die Leistungsfähigkeit minderten, wie Krankheiten, große Kinderzahl 2c.,
so daß die Einsteuerung in eine niedrigere Klasse als diejenige erfolgte, in welche sie nach der Einkommensgröße hätte
geschehen müssen.
Dies sollte nunmehr auch bei den zwei ersten Stufen der klassifizierten Einkommensteuer
(3000-3600 und 3600-4200 Mk.und
seit 1883 auch bei den folgenden drei Stufen bis zu 6000 Mk.) zugelassen werden. Endlich wurde die Unzuträglichkeit beseitigt,
daß die höchsten Einkommen über 720,000 Mk. einen mit steigendem Einkommen sinkenden Prozentsatz als Steuer entrichten; auf
die seitherige letzte Stufe folgten weitere mit Unterschieden von je 60,000 Mk., von welchen je 1800 Mk.
mehr an Steuern zu entrichten waren.
Die seit 1879 eingetretenen Steuer- und Zollreformen des Deutschen Reiches gestatteten nicht allein, weitere Änderungen vorzunehmen, sondern es erschien, da die neuen indirekten Steuern die untern
Klassen mehr belasteten als wünschenswert, auf dem Gebiete der direkten Steuern eine Ausgleichung anzustreben.
Durch Gesetz vom wurde bestimmt, daß die Summen, welche dem preußischen Staat aus dem Ertrag der Zölle u. Tabaksteuern
oder infolge weiterer Reformen des Reiches jährlich überwiesen würden, insoweit darüber nicht zur Deckung des Staatsbedarfs
oder zum Zweck der Überweisung eines Teiles der Grund- und Gebäudesteuer an die Kommunalverbände verfügt
werde, zum Erlaß von Monatsraten der Klassensteuer und der fünf untersten Stufen der klassifizierten Einkommensteuer
verwandt werden sollten.
Im folgenden Jahr wurde ein dauernder Erlaß von drei Monatsraten angeordnet (Gesetz vom und 1883 (Gesetz vom 26. März) wurden
die untersten Stufen der Klassensteuer, d. h. die Einkommen von 420-900 Mk., von der Steuer ganz befreit,
von den übrigen Stufen wurden drei Monatsraten, von der ersten Stufe der klassifizierten Einkommensteuer
deren zwei und von der zweiten
eine »außer Hebung«
[* 12] gesetzt. Die 1873 angeordnete Kontingentierung wurde aufgehoben. Ein Gesetzentwurf der Regierung, nach welchem
die Steuerfreiheit auch auf die Einkommen von 900-1200 Mk. ausgedehnt, von da ab mit einer Besteuerung
von 1 Proz. begonnen werden und der Steuerfuß, allmählich steigend, erst bei 10,000 Mk. die Höhe von 3 Proz. erreichen sollte,
kam nicht zu stande. Auch fand das Verlangen, die Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien zur Einkommensteuer
heranzuziehen,
keine Zustimmung.
Zu einem vorläufigen Abschluß gelangten die Reformbestrebungen in der neuesten Zeit, und zwar wurden außer der Einkommensteuer
auch
noch die Gewerbe- und die Erbschaftssteuer einer Änderung unterworfen. Eine Vermehrung der Einnahmen aus den direkten Steuern
anzustreben, erachtete die Regierung bei der gegebenen Finanzlage nicht für notwendig. Es sollte vielmehr
nur eine gerechtere, den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßte, insbesondere der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen
in höherm Maße entsprechende Verteilung der direkten Steuern angestrebt werden.
Aber auch an eine Abbröckelung und Verminderung der direkten Steuern, welche eine notwendige Ergänzung der indirekten bildeten,
wird nicht gedacht. Sollten die Reformen günstig verlaufen und insbesondere die Einkommensteuer
bei der neuen Veranlagung
einen höhern Ertrag abwerfen, so könne über die Hälfte der Grund- und Gebäudesteuer an die kommunalen Verbände an Stelle
der jährlich unsichern und schwankenden Getreide- und Viehzölle überwiesen werden. Von der Einkommensteuer
insbesondere wird erhofft,
daß sie der Hauptträger der direkten Staatsbesteuerung werde.
Die Vorschläge der Regierung fanden mit wenigen Ausnahmen die Zustimmung der Volksvertretung und Aufnahme im neuen Einkommensteuergesetz vom Durch dieses sind die Klassen- und die klassifizierte Einkommensteuer zu einer einheitlichen Steuer verschmolzen. Die subjektive Steuerpflicht wurde dahin erweitert, daß nunmehr auch Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Berggewerkschaften, welche in Preußen einen Sitz haben, dann diejenigen eingetragenen Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb über den Kreis [* 13] ihrer Mitglieder hinausgeht, sowie Konsumvereine mit offenem Laden, sofern dieselben die Rechte juristischer Personen haben, zur Besteuerung herangezogen werden. Seither wurden nur physische Personen durch die Einkommensteuer getroffen. Die Neuerung gestattet nun auch, die bisher der Einkommensteuer entgangenen Erträge derjenigen ¶