![vergrössern: Eifischthal. ^[Karte: 5° 15’ O; 46° 10’ N; 1:250000]. vergrössern: Eifischthal. ^[Karte: 5° 15’ O; 46° 10’ N; 1:250000].](/meyers/teile/41/41_0698-1.jpg)
Eifischthal
oder Einfischthal, französisch Val des Anniviers oder Val d'Anniviers (Kt. Wallis). Eines der sieben grossen Querthäler des Wallis; öffnet sich gegenüber Siders zum Rhonethal und steigt nach SSO. bis ins Herz des Massives der Dent Blanche an.
Seine Länge beträgt 35 km, seine mittlere Breite 10 km;
es umfasst eine Fläche von 260 km2, wovon nicht weniger als 65 km2 auf Gletscher entfallen;
seine Sohle liegt im Mittel in 1250 m, das heisst 700 m über dem Rhonethal.
Entwässert
wird das Thal vom Abfluss des Durandgletschers, der Navigenze (oder Usens), die nach 22 km langem
Lauf beim Dorfe
Chippis,
gegenüber
Siders, von links in die
Rhone mündet. Das Eifischthal
spaltet sich nach rückwärts in zwei Arme, das direkt nach
S. verlaufende Thal von
Moiry und das nach SO. sich streckende Thal von
Zinal, die beide durch die Kette des
Garde de Bordon
(3316 m) und der schönen
Corne de
Sorebois (2933 m) von einander getrennt werden. Aus dem
Thale von
Moiry
strömt der Navigenze der stürmischwilde
Torrent zu, der dem von den Firnfeldern des
Grand Cornier,
Bouquetin und
Pigne de l'Allée
genährten grossen Moirygletscher entspringt und kurz vor seiner Vereinigung mit dem Thalflusse den prachtvollen Doppelfall
von Grougé bildet.
Von der unweit des Moirygletschers gelegenen Torrentalp zweigen sich die Wege ab, die diesen einsamen Erdenwinkel mit den benachbarten Thalsystemen verbinden: nach rechts über den prachtvollen Col de Torrent der Pfad nach Evolena, nach links über den Pass de Sorebois und am ideal schönen Aussichtspunkt der Corne de Sorebois vorbei der Pfad nach Zinal. Dieses kann übrigens von der Torrentalp aus auch noch über den Col de l'Allée oder den Col de Bordon erreicht werden.
Der bedeutendere der beiden hintern Aeste des Eifischthales
ist ohne Zweifel das Thal von
Zinal, das bei
Ayer sich öffnet
und mit dem wundervollen Gletscherzirkus der
Grande
Couronne abschliesst, den der
Bouquetin,
Grand Cornier,
die
Dent Blanche,
Pointe de Zinal, der
Mont Durand (oder das
Arbelhorn), das
Ober Gabelhorn, die
Wellenkuppe, das
Trifthorn,
Zinal
Rothorn, der
Moming und
Lo Besso einrahmen und in dessen Mitte der mächtige
Durand- oder Zinalgletscher eingebettet ist. Vom
Thale von
Zermatt wird
Zinal geschieden durch das
Weisshorn, und die von diesem nach NNW. abzweigende Kette
trennt Eifisch- und
Turtmanthal von einander. Hier erheben sich die
Crête
Millon,
Diablons, das Frilihorn, der
Roc de Budri,
Tounot, das
Meidenhorn, die
Bella Tola und das
Illhorn; von einem Thal ins andere führen über die Kette
der
Col des Diablons oder de
Tracuit, Col de la Forclettaz,
Meidenpass,
Pas du Bœuf und
Illpass.
Das Eifischthal
ist vielleicht das an Naturschönheiten reichste und sowohl mit Bezug auf Bodenbeschaffenheit als Bewohner
interessanteste Thal der
Schweiz überhaupt. In immer stärker anschwellendem
Strome pilgern von Jahr zu Jahr
Tausende von Fremden zu seinen Schönheiten und sammeln sich in den Erholungs- u. Excursionszentren
Vissoye,
Saint Luc,
Chandolin,
dem Hotel
Weisshorn, Grimenz und
Zinal. Eine der interessantesten Sehenswürdigkeiten ist auch der
Siders mit
Vissoye (1221 m)
verbindende Fahrweg; sein bemerkenswertester Abschnitt führt zum Teil auf Mauern und vorspringenden Balken den
Felswänden der sogenannten Pontisschluchten entlang. Zuerst als Saumpfad für Maultiere angelegt, ist die Strasse 1613 auf
Anregung des gemeinnützigen Pfarrers von
Saint Luc von den Thalbewohnern selbst erbaut worden.
Die Gesamtbevölkerung des Thales mag ungefähr 2200 Köpfe betragen, die sich auf die Gemeinden Chippis, Chandolin, Saint Luc, Grimenz, Ayer und Saint Jean verteilen.
Eigen - Eiger

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Seite 41.699.Die Sitten der Anniviarden sind von denen der Bewohner der übrigen Thäler des Wallis und der ganzen Schweiz vollständig verschiedene. ^[Note:] Der hervorstechendste Zug ist der, dass der Anniviarde das ganze Jahr hindurch beständig von einem Orte zum andern wandert. Im März steigt die Bevölkerung in die Umgebungen von Siders hinunter und arbeitet dort in ihren Weinbergen; in der Woche vor Ostern kehren die Leute in ihr Thal zurück, um hier Wiesen und Felder zu düngen, Kartoffeln und Bohnen zu pflanzen und Gerste und Hanf zu säen, die «Bisses» oder Bewässerungskanäle und Wege wieder in guten Stand zu setzen etc.; im Sommer wird das Vieh auf die zwischen 1800-2600 m hoch gelegenen oberen Alpweiden getrieben, die jede einzeln vom Pfarrer von Vissoye eingesegnet wird. Er erhält dafür mächtige Käse, die sogen. ¶
mehr
«Prämissen», geschenkt, deren grösster (der von der Torrentalp) 100 Pfund schwer zu sein pflegt. Zur Erntezeit steigt der Anniviarde wieder ins Unterthal und in die Rhoneebene hinunter, desgleichen im Oktober - wie im Frühjahr mit der ganzen Familie und sämtlichem Viehbesitz - zur Weinlese; Ende Oktober oder Anfangs November endlich erfolgt die Heimkehr in die Dörfer und Maiensässe, wo in verhältnismässiger Ruhe überwintert wird. Einfache Sitten zeichnen den gastfreien, gutmütigen und nüchternen Thalbewohner aus.

Geschichte.
Der Ursprung der Anniviarden ist von einem einst hierher verschlagenen Stamme von Hunnen abgeleitet worden. Da die Bischöfe schon früh die Feier einer jährlich sich wiederholenden Prozession angeordnet hätten, soll das Thal den Namen Annivisium erhalten haben: das heisst das Thal, welches einmal im Jahre besucht wird (anni visio). Wahrscheinlicher ist die Ableitung von ad nives (1100: vallis Anivesii): «Thal nahe dem ewigen Schnee». Sichere historische Kenntnisse knüpfen sich erst an die Burgen Vissoye und Beauregard (Périgard der Anniviarden; am rechten Thaleingang auf stolzer Höhe gelegen).
Die schon bedeutende Herrschaft ging 1053 an das Bistum Sitten über, das ihr einen Vitzdom (Statthalter) vorsetzte, der den
Namen des Thales, de Annivisio oder, später, d'Anniviers, zu führen pflegte. Durch Erbschaft kam die Herrschaft 1382 in den
Besitz des mächtigen Grafen Peter von Raron und später an Amadeus VII. von Savoyen. 1415 wurde die Burg
Beauregard zerstört. In der Burg Vissoye sass bis 1798 ein bischöflicher Kastellan. Beim Einfall der Franzosen 1799 blieb
das Eifischthal
verschont. Es ist die ursprüngliche Heimat des Walliser Patriziergeschlechtes de Torrenté.