forlaufend
Nichtig-352
keitserklärung ihrer frühern
Ehe eine neue eingehen, wenn sie inzwischen geboren hat (§. 1313). 8) Der Ansspruch des
Standesbeamten
bei der Eheschließung
soll nicht mehr lauten, dah er sie nunmehr kraft des Gesetzes für rechtmäßig verbundene
Eheleute erlläre, sondern daß sie kraft dieses Gesetzes nunmehr rechtmäßig verbundene Ehelcute seien
(§. 1318). Diese
Ände- rung entspricht ebenso wie die
Überschrift des ganzen von der
Ehe handelnden
Abschnittes
(«Bürgerliche
Ehe») einem
Antrag des Centrums. Es kommt da- durch zum deutlichen
Ausdruck, daß die Verlobten infolge der Eheschließung
vor dem
Standesbeamten
nur nach weltlichem (staatlichem) Gesetz, aber nicht notwendig auch für das kirchliche
Recht Eheleute
sind, dah alfo die
Civilehe kirchliche Wirkungen nicht hat.
9) Eine
Ehe ist nichtig, d.h. sie gilt als nicht geschlossen a. bei Nichtbeachtung der
gesetzlichen wesentlichen Förmlichkeiten der Eheschließung
, und zwar ohne weiteres, wenn die
Ehe nicht in das
Heiratsregister eingetragen
ist, andernfalls nur auf
Nichtigkeitsklage hin; als wesentliche Förmlichkeit gilt, daß die Verlobten
vor einem
Standesbeamten, und zwar persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die
Ehe mit- einander eingehen
zu wollen, dah der
Standes- beamte zur Entgegennahme der Erklärung bereit ist und daß die Erklärung nicht unter
Bedingung
oder Zeitbestimmung abgegeben wird.
Dabei gilt als Standesbeamter auch, wer, ohne es zu sein, das
Amt eines solchen öffentlich ausübt (solche
Fülle kommen mehrfach vor), es sei denn, daß die Verlob- ten den
Mangel der amtlichen Befugnis bei der Eheschließung
kannten (§. 1319);
trotz Formmangels ist die
Ehe auch dann als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die
Ehe in das
Heiratsregister
eingetragen ist und die
Ehegatten nach der Eheschließung
10 Jahre oder, falls einer von ihnen vorher gestorben lst, bis zu dessen
Tode,
jedoch mindestens drei Jahre als
Ehegatten miteinander lebten;
d. bei Geschäftsunfähigkeit,
Be- wußtlosigkeit oder vorübergehender
Störung der Geistesthätigkeit eines
Ehegatten zur Zeit der Eheschließung
(§. 1325), die
Ehe würde denn nachher
von ihm be- stätigt;
c. bei Verstoß gegen das Eheverbot der Doppelehe, der Verwandtschaft und Schwägerschaft und gegen das Verbot wegen Ehebruchs (§§. 1326 -1328).
Bei d. und c. kann die Nichtigkeit nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden.
10) Die
Ehe ist anfechtbar, d.h. die
Ehe wird bis zur erfolgten
Anfechtung als gültig behandelt, ist aber
nach erfolgter
Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen (8-1343) wegen
Mangels der er- forderlichen Einwilligung des
gesetzlichen
Vertreters, wegen des auf
Irrtum beruhenden
Mangels der Übereinstimmung des wirklichen Willens mit dem erklärten,
wegen
Irrtums über die Perfon oder über solche persönliche Eigenschaften des andern
Teils, welche bei
Kenntnis der Sachlage und bei verstün- diger Würdigung des Wesens der
Ehe von der Eheschließung
abgehalten haben würden, bei gleichartiger
arglisti- ger Täuschung (außer über Vermögensverhältnisse), wegen
Drohung und wegen
Irrtums über das Leben des für tot
erklärten
Ehegatten M. 1331 - 1335, 1350).
Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die
Ehe nachträglich vom
Ehegatten bestätigt
oder vom ge- ietzlichen
Vertreter genehmigt wird, oder wenn die für die
Anfechtung bestimmte Frist (fechs
Monate) verstrichen
ist (tztz. 1337,1339 und 1350). Im all- gemeinen liegt der Unterscheidung von nichtiger und anfechtbarer
Ehe der
Gedanke zu
Grunde: Nich- tigkeit tritt ein, wenn die Aufrechterhaltung der
Ehe mit dem Wesen der
Ehe und der öffentlichen
Ord- nung nicht vereinbar wäre, Anfechtbarkeit, wenn ein
Mangel in Frage steht, bei dem wesentlich das Interesse des verletzten
Eheteils darüber entscheiden muß, ob die
Ehe bestehen bleiben soll oder nicht.
11)
Das neue
Eherecht wird auch in
Helgoland
[* 3] in Kraft
[* 4] treten, wo das Personenstandsgesetz vom nicht gilt. Es entfällt
damit die er- leichterte Form der Eheschließung
, die dort zulässig ist und vor allem darin besteht, daß das
Aufgebot für Fremde nicht
an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte er- folgen muß, sondern in
Helgoland erfolgen kann. Den in
Romanen
noch mehr als in Wirklichkeit be- nutzten
«Helgoländer
Ehen» ist damit der recht- liche
Boden entzogen; denn alles fpricht
eher da- gegen als dafür, daß im 1.1900 noch die Helgo- länder
Ehen in Rücksicht darauf aufrecht erhalten werden,
daß in dem deutsch-cngl.
Abtretungsvertrag vom vereinbart ist: «Jetzt bestehende Gesetze und
Gebräuche bleiben soviel als möglich unverändert.» Das Einführungsgesetz zum Bürgert. Gesetzbuch enthält wenigstens
keinen
Vorbehalt. Die Eheschliehungsform des Bürgert. Gesetzbuchs gilt, wie die des Personenstandsgesetzes bisher, für alle
im deutfchen Reichsgebiet aefchlossenen
Ehen (H. 1320), also auch für die von
Ausländern da- selbst eingegangenen,
foweit nicht, wie in den
Han- delsverträgen mit
Costa-Rica und Salvador
[* 5] vereinbart ist, daß die
Ehe des
Ausländers auch gültig sein soll, wenn sie nach den Gesetzen seiner
Heimat abgeschlossen ist, oder, wie es mit
Brasilien
[* 6]
Para- guay und mit
Italien
[* 7] geschehen, daß die beiderseitigen Konsuln befugt
fein sollen, Eheschließung
zwischen
Angehörigen ihres
Landes in dem andern
Lande vorzunehmen.
Für die Eheschließung.
Deutscher im
Ausland gilt der
Satz, daß für die Eheschließung
sform zwar die
Beobachtung der
Gesetze des Ortes genügt, wo die Eheschließung
vorgenommen wird («I00U8
i-LZir kcwin»),
aber im übrigen (be- züglich der Ehevoraussetzungen) die Eingehung der
Ehe, sofern auch nur einer der Verlobten
ein
Deut- fcher ist, in Anfehung eines jeden der Verlobten nacb den Gesetzen des
Staates beurteilt wird, dem er an- gehört
(Einführungsgefetz zum Bürgert. Gesetzb. Art. 11 und 13). Üm den
Deutschen im
Ausland mühelose
Garantie zu geben, dah ihre
dort ab- geschlossenen
Ehen in
Deutschland
[* 8] als solche in jeder
Richtung anerkannt werden, hat das
Deutsche Reich
[* 9] schon durch
Gesetz vom Vorsorge ge- troffen, daß vor
Beamten des deutfchen diplomat. oder konsularischen
Dienstes in fremden
Ländern von
Deutschen Eheschließung
vorgenommen werden können.
Vor- aussetzung für ihre Thätigkeit ist selbstverständlich, daß der auswärtige
Staat die Vornahme von Eheschließung
durch fremdstaatliche
Beamte überhaupt gestattet; dies wird vorher durch völkerrechtlichen
Vertrag (Konfularvertrag) festgestellt. Aber auch dann
find die deutfchen diplomat. oder konfularischen
Be- amten im
Ausland nicht sofort berechtigt, Eheschließung
vorzu-
nehmen, sondern erst dann, wenn ihnen eine beson- dere Ermächtigung hierzu durch den Reichskanzler erteilt wird. Durch Eheschließung
vor
dem heimatlichen
Be- amten ist die Rechtsgültigkeit der
Ehe nicht nur nach deutschem
Recht, sondern auch für das betreffende
Ausland gesichert. Für Ehchindernissc, Fonn der Eheschließung
, Eintrag ins
Heiratsregister gelten analog die für
das deutsche Inland geltenden Bestimmungen; das Ein- führungsgesetz zum Bürgert. Gesetzb. Art. 40 hat
¶
Titel
Ehe
(v. altdeutschen Ewa, Euua, Eoa, Ea, d. h. Bündnis, Vertrag, Einigung, auch Gesetz), die nach gesetzlichen Vorschriften eingegangene Vereinigung eines Mannes und Weibes zur lebenslänglichen und ungeteilten Gemeinschaft aller Lebensverhältnisse. Die Ehe ist in erster Linie ein religiös-sittliches Institut; sie erhebt Mann und Weib über das bloß Sinnliche, da ihre Grundlagen Liebe, Achtung und gegenseitige Hingebung, ihre Bedingungen gegenseitiges Sichfreuen, Dulden und Beistehen sind. In diesem Wesen der Ehe als der vollkommensten sittlichen Lebensvereinigung der Geschlechter liegt es daher auch, daß dieselbe ihre Bestimmung vollkommen nur erfüllen kann als Monogamie (Ehe. Eines Mannes mit Einer Frau), indem nur so eine durch gegenseitige Ergänzung hervorgebrachte Einheit der Person denkbar ist. In den Ländern, wo Polygamie (Vielweiberei) eingeführt ist, hat die Ehe einen ganz andern Charakter und gleicht mehr einem Dienstverhältnis zwischen den Frauen und dem Mann.
Bedeutung der Ehe bei den verschiedenen Völkern.
Bei den orientalischen Völkern finden wir zwar fast überall Polygamie, doch kann dieselbe glücklicherweise nie allgemein stattfinden, denn nur in seltenen Fällen vermag der Mann mehr als eine Frau zu ernähren; auch kommen sich die Zahlenverhältnisse der Männer und Weiber meist einander so nahe, daß allgemeine Vielweiberei eine reine Unmöglichkeit ist. Bei den Chinesen wurden und werden noch heute die Frauen verkauft. Polygamie ist dort erlaubt. Die Frauen leben äußerst eingezogen und dürfen sich fast nie öffentlich sehen lassen; nach dem Tode des Mannes steht seinen Erben das Recht zu, die Witwen als Sklavinnen zu verkaufen.
Bei den Babyloniern herrschte Polygamie. Die Mädchen wurden auf dem Markt öffentlich versteigert. Von den Medern wird uns berichtet, daß bei ihnen Polyandrie (Vielmännerei) bestanden habe. Unter den Persern dagegen führte schon Zoroaster Monogamie ein, und bei ihnen scheinen überhaupt die Frauen eine würdigere Stellung eingenommen zu haben als bei den übrigen asiatischen Völkern, was schon daraus hervorgeht, daß der Perser bloß in dem Fall der Unfruchtbarkeit einer Frau sich eine andre nehmen durfte, und überdies nur mit Einwilligung der erstern.
Die Zustände der Inder haben viele Ähnlichkeit [* 11] mit denen der Chinesen; Polygamie ist erlaubt, kommt aber selten vor. Es besteht kein Verbot, aus einer Kaste in die andre zu heiraten, woraus viele Zwischen- oder Mischkasten entsprangen. In Ägypten [* 12] war die Polygamie beschränkt, und man begegnete dort den Frauen mit mehr Achtung. Sicher ist es, daß der Priesterkaste nur Monogamie gestattet war. Bei den Juden wurde die Vielweiberei auch von Moses nicht abgeschafft; meist hatte der Mann vier Frauen, zwei wirkliche und zwei Sklavinnen. Er konnte sich ohne alles Weitere von dem Weib scheiden und war nicht einmal verpflichtet, der Verstoßenen Unterhalt zu gewähren.
Die Mädchen wurden verkauft, bisweilen um sehr sonderbare Kaufpreise (vgl. 1. Sam. 18, 21-27). Erst nach der babylonischen Gefangenschaft schwand die Polygamie. Durch die höhere Bildungsstufe, auf welcher Griechen und Römer [* 13] standen, wurde bei ihnen auch eine humanere Behandlung des weiblichen Geschlechts und eine würdigere Regelung der ehelichen Verhältnisse herbeigeführt. Von einem eigentlichen Familienleben war aber auch bei ihnen noch nicht die Rede.
Das öffentliche Leben, der Staat, absorbierte fast alle übrigen Verhältnisse; so kam es denn, daß auch die Ehe vielfach als eine Art Staatsanstalt betrachtet wurde. Durch den ihnen angebornen politischen Sinn wurden die Griechen zur Monogamie hingeleitet, womit auch in den übrigen sozialen Verhältnissen eine Hauptwurzel des asiatischen Despotismus vernichtet wurde. Am tiefsten unter allen griechischen Völkern standen in der Behandlung ihrer Frauen die Spartaner, welche die Ehe bloß als Mittel betrachteten, um dem Vaterland gesunde, kräftige Krieger zu verschaffen, aus welchem Grunde die Mädchen zu körperlichen Übungen angehalten, aber auch Ehelosigkeit (Agamia) sowie Mißheirat (Kakogamia) und zu späte Heirat (Opsigamia) bestraft wurden. Zu demselben Zweck war es den spartanischen Frauen zu Zeiten, wo ihre Männer im Krieg abwesend waren, erlaubt, sich mit andern, besonders schönen und kräftigen jungen Leuten, einzulassen.
Die auf diese Weise erzielten Kinder (Parthenier) wurden von Staats wegen erzogen. Die Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie war verboten. In Athen [* 14] finden wir die Frauen mehr zurückgehalten als bei den Doriern, doch wurden dieselben im allgemeinen weit besser behandelt; nicht bloß der Mann, sondern auch die Frau wurde als berechtigter Teil in der Ehe betrachtet. Keine athenische Bürgerin durfte eine Ehe ohne Einwilligung ihrer Eltern schließen, auch war in gewissen Fällen die Verheiratung naher Verwandten verboten. Dagegen war die Ehe unter ¶
mehr
Verwandten Pflicht, wenn ein Bürger bloß eine Erbin hinterlassen hatte, in welchem Fall diese den nächsten ihrer Anverwandten ehelichen mußte, um das Vermögen der Familie zu erhalten. Den Römern war es vorbehalten, den eigentlichen Begriff der Ehe herauszufinden. Trotz des Versuchs mehrerer Kaiser, der Polygamie Eingang zu verschaffen, blieb die Ehe monogamisch. Ehelosigkeit wurde bestraft, fruchtbare Ehen dagegen begründeten gewisse Rechte (jus liberorum).
Das strenge römische Zivilrecht erkennt von jeher nur eine Art der Ehe an unter den Namen nuptiae, justae nuptiae, justum matrimonium; aber selbst diese konnte verschiedenerlei Wirkungen haben, je nachdem sie die Ehefrau in die volle Familiengewalt (manus) des Mannes brachte oder nicht. Sie war nur bei römischen Bürgern möglich und unterschied sich dadurch von dem Matrimonium juris gentium, der Ehe zwischen Peregrinen oder zwischen römischen Bürgern und Peregrinen.
Außerdem bestand noch ein gesetzlich zulässiges außereheliches Verhältnis, das Konkubinat, welches nur darin von der Ehe verschieden war, daß die Konkubine nicht Genossin des Ranges und Standes ihres Mannes ward. Die eheliche Verbindung der Sklaven hieß Kontubernium. Bei den altgermanischen Völkern finden wir Polygamie erlaubt, aber nur sehr selten (»Standes halber«, wie Tacitus sagt) vorkommend. Der Mann gab eine Brautgabe an die Frau, meist in Rindern, gezäumten Pferden, Waffen [* 16] etc. bestehend. Besonders ausgezeichnet sind die Germanen durch ihre strenge Bewahrung der ehelichen Treue und durch die schweren Strafen, welche auf deren Verletzung gesetzt waren. Bei einzelnen Völkerschaften bestand die Sitte, daß nur Jungfrauen heiraten durften, wodurch den Witwen die Möglichkeit einer zweiten Verehelichung abgeschnitten war.
Auf mehrere Aussprüche der Apostel gestützt, erkannte die christliche Kirche von Anfang an nur die Monogamie an, die sie übrigens überall schon verbreitet fand, indem die Römer in allen Ländern, wohin sie ihre Gesetzgebung getragen hatten, gerade auf die Ehe einen entschiedenen Einfluß geübt hatten. Anfangs blieben die Bestimmungen des römischen Rechts in Gültigkeit; allein als die Kirche nach und nach anfing, ihre Macht auszubreiten, kam es bald dahin, daß sie sich vermöge des in der Ehe liegenden religiösen Elements ganz und gar derselben bemächtigte. So erhielten im Orient seit dem 7. Jahrh. (und seit der Christianisierung der Germanen auch im Occident) die kirchlichen Sanktionen das Übergewicht.
Gestützt auf Eph. 5, 32,. wo die Ehe ein Mysterium genannt wird, was die Vulgata mit Sacramentum übersetzt, legte man der Ehe selbst das Prädikat Sacramentum bei, und noch heutzutage erkennt die katholische Kirche die Ehe als eins der sieben Sakramente an. Von nur vorübergehendem Einfluß war in der ersten Zeit des Christentums der übergroße Purismus, durch welchen sich die Anhänger jener Religion auszeichneten. Wie alle Sinnenlust, so betrachtete man auch den Umgang der beiden Geschlechter als etwas Sündliches, und die Ehe wurde fast nur als ein notwendiges Übel geduldet.
Wie sich zur Zeit der Entwickelungsperiode der germanischen Welt, im Mittelalter, in allen Verhältnissen die schreiendsten Gegensätze ausbildeten, so geschah dies auch hinsichtlich der Ehe. Während wir auf der einen Seite die allerreinste, das weibliche Geschlecht fast als göttliches verehrende Liebe erblicken, wie bei den Troubadouren und Minnesängern, sehen wir auf der andern Seite Einrichtungen sich entwickeln, die der rohesten Barbaren würdig gewesen wären, wie das Jus primae noctis mancher Gutsherren.
Doch bleibt dem Mittelalter immer das Verdienst, daß sich in ihm ein eigentliches Familienleben herausbildete. Das Konkubinat ward durch die Reichspolizeiordnung von 1577 als etwas Unsittliches und Gemeingefährliches verboten. Neben der vollwirksamen Ehe kommen bei germanischen Völkern noch vor die Ehen zur linken Hand [* 17] (morganatische Ehen, matrimonium ad morganaticam, matrimonium ad legem salicam), welche sich darin von der eigentlichen Ehe unterscheiden, daß die Frau nicht den Rang und Stand des Mannes teilt und die Kinder bezüglich der Succession in Lehen und Fideikommisse nicht die vollen Rechte haben.
Ursprünglich auf die Ehe zwischen einer freien und einer unfreien Person beschränkt, steht dies Institut noch jetzt mit den Verhältnissen des hohen Adels im Zusammenhang, bei welchem allein es heutzutage noch vorkommen kann (s. Ebenbürtigkeit). Was die nichtchristlichen Völker der Neuzeit anlangt, so modifizieren die Juden ihre Eheverhältnisse mehr oder minder nach den in den Ländern, wo sie sich aufhalten, herrschenden gesetzlichen Grundbestimmungen. Bei den Mohammedanern herrscht Polygamie, doch auch nur unter der reichern Klasse.
Der vornehme Türke hat gewöhnlich gemäß den Bestimmungen der vierten Sure des Korans vier Weiber und außerdem noch eine beliebige Anzahl von Sklavinnen, welche ihm als Konkubinen dienen. Verboten ist die Ehe mit den Weibern des Vaters, mit den Müttern, Schwestern, Töchtern, Muhmen, mit den Töchtern der Brüder und Schwestern, mit den Säugammen und Milchschwestern, den Müttern der Weiber, den Stieftöchtern sowie mit schon verehelichten Weibern, mit Ausnahme der Sklavinnen. Als Kuriosität ist zu bemerken, daß auf der malabarischen Küste Polyandrie (Mehrheit von Männern) besteht. Dieselbe kommt auch in Vorderindien, in Tibet und im Himalaja vor. Endlich ist auch noch der Sekte der Mormonen (s. d.) zu gedenken, bei welcher die Polygamie üblich ist.
Voraussetzungen der Eheschließung.
Insofern die Ehe als ein Rechtsverhältnis zu betrachten, erscheint dieselbe als ein Vertrag, welchem nach deutschem Eherecht meist noch ein präparatorischer Vertrag vorhergeht: das Sponsalium, Verlöbnis, Eheversprechen, das aber nicht geradezu als notwendig erfordert wird (s. Verlöbnis). Der Abschluß der Ehe selbst kann, wie der jedes rechtlichen Geschäfts, nur unter gewissen Voraussetzungen erfolgen. Ein Ehehindernis (impedimentum matrimonii) ist jeder Grund, welcher dem Zustandekommen einer Ehe entgegensteht, sei es, daß die natürliche Fähigkeit zur Ehe fehlt, oder daß dieser besondere gesetzliche Verbote entgegenstehen.
Die Ehehindernisse sind entweder trennende (impedimenta dirimentia) oder aufschiebende (impedimenta impedientia), je nachdem die trotz derselben abgeschlossene Ehe nichtig ist, oder je nachdem sie gültig bleibt, wofern nur das Ehehindernis beseitigt wird. Ferner unterscheidet man Impedimenta publica und I. privata (öffentliche und private Ehehindernisse). Die Berücksichtigung der Impedimenta publica wird von Amts wegen überwacht, wie z. B. das Ehehindernis wegen Verwandtschaft. Die Impedimenta privata dagegen werden nur insofern berücksichtigt, als der andre Ehegatte oder ein dritter Berechtigter dieselben geltend macht, wie z. B. Zwang zur Eingehung der Ehe. Absolute Hindernisse sind solche, welche jemand die Ehe überhaupt unmöglich machen, relative solche, welche die ¶
mehr
Ehe nur für bestimmte Personen verhindern. Zu den erstern gehören: Fehler der physischen Fähigkeit, wie Mangel der Ehemündigkeit,
also zu junges Alter (nach römischem Recht wurde Pubertät [für Männer 14, für Weiber 12 Jahre], nach dem deutschen Reichsgesetz
vom betreffend die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung
, werden für Männer
20, für Weiber 16 Jahre gefordert), Kastration und Impotenz; Mangel der Fähigkeit zu einer Willensbestimmung: Wahnsinn, Trunkenheit.
Bei mangelnder Ehemündigkeit ist nach dem angezogenen deutschen Reichsgesetz Dispensation zulässig. Wer schon verheiratet ist, kann keine fernere Ehe eingehen (impedimentum ligaminis); diejenigen, welche das Gelübde der Keuschheit abgelegt haben, sind nach katholischem Kirchenrecht durch dasselbe von dem Eingehen einer Ehe abgehalten, namentlich also katholische Geistliche. Witwen dürfen während des Trauerjahrs um ihren Gatten, nach dem deutschen Reichsgesetz vom während der ersten zehn Monate nach seinem Tod, nicht wieder heiraten; doch ist Dispensation zulässig.
Ein absolutes, meist nur aufschiebendes Hindernis ist Mangel der Einwilligung von seiten der Eltern, Verwandten, Vormünder und Vorgesetzten. Nach dem angezogenen deutschen Reichsgesetz bedürfen eheliche Kinder, solange der Sohn das 25., die Tochter das 24. Lebensjahr nicht vollendet haben, der Einwilligung des Vaters, nach dem Tode des Vaters der Einwilligung der Mutter und, wenn sie minderjährig sind, auch der Einwilligung des Vormundes. Sind beide Eltern verstorben, so bedürfen Minderjährige der Einwilligung des letztern.
Uneheliche Kinder sind in dieser Beziehung wie vaterlose eheliche Kinder zu behandeln. Es kann aber bei grundloser Vertagung der Einwilligung großjährigen Kindern gegenüber das Gericht dieselbe ergänzen. Personen, die im öffentlichen Kirchen-, Hof-, Zivil- oder Militärdienst stehen, bedürfen des Ehekonsenses von seiten der vorgesetzten Dienstbehörde. Zu den relativen Hindernissen gehört zunächst die Verwandtschaft. Das mosaische Recht verbot die Ehe mit der Mutter, mit des Sohnes Tochter, mit der Tochter Tochter, mit der vollbürtigen und halbbürtigen Schwester, mit der Mutter Schwester. Im römischen Recht bestanden Eheverbote zwischen Aszendenten und Deszendenten, zwischen Personen, die im Respectus parentelae (Verhältnis zwischen Oheim oder Tante einerseits und Neffen oder Nichte anderseits) standen, und zwischen Geschwistern.
Das kanonische Recht stellte strengere Regeln auf und verbot nicht bloß die Ehe zwischen Geschwisterkindern, sondern selbst die zwischen Andergeschwisterkindern (sobrini), also bis zum 6. Verwandtschaftsgrad einschließlich nach römischer Komputation. Um die Eheverbote und mit diesen die Dispensationsgebühren zu mehren, ließ man später zwar den Worten nach das Verbot bis zum 6. Grad fortbestehen, führte aber eine neue Zahlungsart der Grade ein, die sogen. Computatio canonica, bei welcher nicht, wie bei der römischen Berechnungsweise, die Zeugungen auf beiden Linien, sondern nur auf der einen und zwar der längern gezählt werden.
Hiernach waren also durch das kanonische Recht die Ehen erst vom 14. Grad römischer Komputation an erlaubt. Papst Innocenz III. beschränkte jedoch 1216 die Eheverbote wieder bis auf den 4. Grad kanonischer Komputation inklusive. Nach evangelischem Kirchenrecht ist die gerade Linie durchgehends ein vernichtendes, indispensables öffentliches Ehehindernis, die Seitenlinie desgleichen im 1. Grad, also in Ansehung der Geschwister. Außerdem bestand früher ein dispensables Ehehindernis in dem vorhandenen Respectus parentelae.
Auch die Schwägerschaft bildet ein Ehehindernis. Nach mosaischem Recht war verboten die Ehe mit der Stiefmutter, Stieftochter, Schwiegermutter, Schwiegertochter, Tochter des Stiefsohns und der Stieftochter, des Bruders Frau und des Vatersbruders Frau. Hatte aber der verstorbene Bruder mit seiner Frau keinen Sohn erzeugt, so war die Ehe mit seiner Witwe nicht nur erlaubt, sondern sogar eine Pflicht (Leviratsehe). Das römische Recht untersagte die Ehe zwischen verschwägerten Aszendenten und Deszendenten; in der Seitenlinie war Schwägerschaft meist kein Hindernis, erst später wurde Verheiratung mit der Frau des verstorbenen Bruders und der Schwester der verstorbenen Frau verboten.
Von dem kanonischen Recht wurden, ähnlich wie bei der Verwandtschaft, die Verbote unter Verschwägerten unmäßig ausgedehnt; doch setzte Innocenz III. dies Verbot bis auf den 4. Grad herab, und das evangelische Kirchenrecht verminderte die Verbote des kanonischen Rechts ebenso wie bei der Verwandtschaft. Ein ferneres Ehehindernis war die Adoptivverwandtschaft und Schwägerschaft. Das römische Recht verbot nicht nur die Ehe zwischen Adoptiveltern und Adoptivkindern sowie zwischen dem Adoptivkind und dem Agnaten des Adoptivvaters, sondern auch die Ehe des Adoptivvaters mit der Witwe des Adoptivsohns und umgekehrt.
Das tridentinische Konzil leitete endlich auch aus der durch Taufe und Firmung entspringenden Cognatio spiritualis Ehehindernisse zwischen dem Taufenden sowie zwischen dem Paten und dem Taufkind und analog bei der Firmung her. Die evangelische Kirche und ebenso die neue deutsche Reichsgesetzgebung verwerfen jedoch den ganzen Begriff. Nach römischem Rechte durften ferner der Vormund und dessen Sohn die Mündel vor abgelegter Vormundschaftsrechnung nicht heiraten.
Das deutsche Reichsgesetz vom hat dies Impediment beibehalten und die Eheschließung
eines Pflegebefohlenen mit seinem
Vormund oder dessen Kindern während der Dauer der Vormundschaft für unzulässig erklärt. Doch kann eine
gleichwohl abgeschlossene Ehe als ungültig nicht abgefochten werden. Im übrigen kennt des Gesetz vom (§ 33) folgende
Ehehindernisse:
1) Verwandtschaft in auf- und absteigender Linie;
2) das Verhältnis zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern, 3) zwischen Stiefeltern und Stiefkindern, Schwiegereltern und Schwiegerkindern jeden Grades, gleichviel ob dies Verhältnis auf ehelicher oder außerehelicher Geburt beruht, und ob die Ehe, durch welche die Stief- oder Schwiegerverbindung begründet ist, noch besteht oder nicht;
4) das Rechtsverhältnis zwischen Personen, von denen die eine die andre an Kindes Statt angenommen hat, während der Dauer desselben;
5) endlich ist die Ehe untersagt zwischen einem wegen Ehebruchs Geschiedenen und seinem Mitschuldigen, doch kann von diesem letztgedachten Ehehindernis dispensiert werden. Dagegen ist die katholische Priesterweihe ein staatliches Ehehindernis nicht mehr. Weiter hat das gedachte Gesetz, abgesehen von den bereits besprochenen und von ihm beibehaltenen dispensabeln Hindernissen der noch nicht erreichten Ehemündigkeit, des mangelnden Konsenses und des für Witwen bestehenden Verbots des Abschlusses einer anderweiten Ehe vor Ablauf [* 19] des zehnten Monats seit Beendigung der frühern Ehe, verordnet, daß an den partikularistischen Bestimmungen über die Wirkungen des Zwanges, Irrtums und Betrugs auf die Gültigkeit der Ehe nichts geändert ¶
Zum Duden
Nr. | Ergebnis | Ehe |
---|---|---|
1 | ****** | ehe, (verkürzt:) eh <Konj.> [mhd. ē (Adv.) = vormals, früher, verkürzt aus: ēr, →eher]: vor ... |
2 | ****** | Ehe, die; -, -n [mhd. ē[we], ahd. ēwa = Ehe(vertrag); Recht, Gesetz, viell. urspr. ... |
3 | ***** | Ho|mo-Ehe, Ho|mo|ehe, die [zusgez. aus: Homosexuellenehe] (ugs.): gesetzlich anerkannte Lebensgemeinschaft zweier gleichgeschlechtlicher Partner od. ... |
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-
Bürgerliche Ehe
-
Ehe
-
Ehe.
(+1) -
Ehehindernis, s. Ehe
-
Ehescheidung, s. Ehe
-
Heirath, s. Ehe
-
Morganatische Ehe
-
Scheidung, s. Ehe
Rechtswissenschaft: Allgemeines. Privatrecht (Familienrecht)
Seite 191: Ehe.- Ehe.
- Bürgerliche Ehe.
- Civilehe.
- Concubitus, s. Konkubinat.
- Connubium.
- Disparagium.
- Gemischte Ehen.
- Gewissensehe.
- Glaubensehe.
- Kebsehe
- Konjugal.
- Konkubinat.
- Mésalliance, s. Mißheirath.
- Mißheirath.
- Morganatische Ehe.
- Nothcivilehe, s. Civilehe.
- Putativ.
- A mensa.
- Antenuptial.
- Braut.
- Diremtion, s. Dirimiren.
- Dirimiren
- Ehehindernis, s. Ehe.
- Ehescheidung, s. Ehe.
- Eheverlöbnisse, s. Sponsalien.
- Ehevertrag.
- Hagestolz.
- Hand, ärgere.
- Heimführung der Braut.
- Heirath, s. Ehe.
- Konkubine.
- Licentia.
- Prokuration.
- Repudiation.
- Scheidung, s. Ehe.
- Scheidung von Tisch und Bett.
- Sponsalien, s. Verlöbnis.
- Trauer.
- Verlöbnis.
- Wittwe
- Wittwer
Rechtswissenschaft: Rechtsgeschichte
Seite 206: Ehe.- Confarreatio.
- Contubernium.
- Conventio in manum.
- Koëmtion.
Quellen, Literatur
Band - Seite | Artikel | Autor | Titel | Ausgabe |
---|---|---|---|---|
5.341 | Ehe | Klein | Das Eheverlöbnis | (Straßb. 1881) |
5.341 | Ehe | Peters | Die Ehescheidung | (Berl. 1881) |
5.341 | Ehe | Hölder | Die römische E. | (Zürich 1874) |
5.341 | Ehe | Stölzel | Deutsches Eheschließungsrecht | (3. Aufl., Berl. 1876) |
55.742 | Ehe | Stölzel | Deutsches Eheschließungsrecht | (3. Aufl., Berl. 1876) |
5.341 | Ehe | Glisson | Le mariage civil | (2. Aufl., Par. 1880) |
15.995 | Unfruchtbarkeit | P. Müller | Die U. der Ehe | (Stuttg. 1885) |
5.341 | Ehe | Friedberg ^[Derselbe] | Verlobung und Trauung | (Leipz. 1876) |
66.69 | Unfruchtbarkeit | Müller | Die Sterilität der Ehe | (Stuttg. 1885) |
55.742 | Ehe | Scheurl | Das gemeine deutsche Eherecht | (Erlangen 1881-82) |
55.742 | Ehe | Freisen | Geschichte des kanonischen Eherechts | (Tüb. 1888) |
55.742 | Ehe | Schulte | Handbuch des kath. Eherechts | (Gieß. 1855) |
5.341 | Ehe | Unger | Die E. in ihrer welthistorischen Entwickelung | (Wien 1850) |
5.341 | Ehe | Lichtschein | Die E. nach mosaisch-talmudischer Auffassung | (Leipz. 1879) |
5.341 | Ehe | Barra | Das Heiraten in alten u. neuen Gesetzen | (Berl. 1874) |
5.341 | Ehe | Friedberg ^[Derselbe] | Die Geschichte der Zivilehe | (Berl. 1877) |
65.552 | Syphilis | Fournier | S. und Ehe | (übersetzt von Michelson, ebd. 1881) |
5.341 | Ehe | v. Scheurl | Die Entwickelung des kirchlichen Eheschließungsrechts | (Erlang. 1877) |
55.742 | Ehe | Hergenhahn | Das Eheschließungs- und Ehescheidungsrecht | (2. Aufl., Hannov. 1890; Bd. 2., ebd. 1893) |
5.341 | Ehe | Friedberg | Das Recht der Eheschließungin seiner geschichtlichen Entwickelung | (Leipz. 1865) |
55.742 | Ehe | Achelis | Die Entwicklung der E. Beiträge zur Volks- und Völkerkunde, Bd. 2 | (Berl. 1893) |
53.378 | Bourbon | Aus der Ehe mit Maria Pia | Prinzessin von Sicilien | (gest. 1882) |
7.798 | Großbritannien | Als sein neunjähriger Sohn aus der Ehe mit Johanna Seymour | Eduard VI. | (1547-53) |
5.341 | Ehe | Hinschius | Das deutsche Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes | (2. Aufl., Berl. 1876) |
32.158 | Berühren | §. 1. 2 Mos. 12 | 22. Hagg. 2, 14. II) Figürlich wird der Beischlaf und die Ehe selbst damit bezeichnet. | |
3.319 | Brandenburg | Eine abermalige Zerstückelung verhinderte dessen ältester Sohn erster Ehe | Joachim Friedrich | (1598-1608) |
53.265 | Bölte | "Liebe und Ehe" | (3 Bde., Hamb. 1857) | |
5.341 | Ehe | v. Scheurl ^[Derselbe] | Das gemeine deutsche Eherecht | (das. 1881-82) |
8.616 | Hoffmann | "Das Breviarium der Ehe" | (Leipz. 1853) | |
19.652 | Morre | "Die Statuten der Ehe" | (1881) |
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