Ehescheidu
ngsstrafen.
Wird die Ehe geschieden, so tritt natürlich eine Absonderung der beiderseitigen Vermögensmassen ein, und für die Regel fällt eine Beerbung des einen Teils durch den andern weg. Die Durchführung richtet sich nach dem für die Ehegatten maßgebenden System des ehelichen Güterrechts. Daneben treten nach manchen Gesetzgebungen gewisse vermögensrechtliche Nachteile gegen den schuldigen, Vorteile für den unschuldigen Ehegatten ein.
Nach Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 1750 hat der unschuldige Ehegatte, welcher sich nicht standesgemäß unterhalten kann, wenigstens den Unterhalt von dem schuldigen Ehegatten zu fordern. Dies Recht fällt weg, wenn das Bedürfnis aufhört oder der unschuldige Ehegatte sich anderweit verheiratet. Dieselbe Bestimmung enthält der Deutsche [* 2] Entwurf §. 1454. Nach rhein.-franz. Recht verliert der schuldige Teil alle Vermögensvorteile, welche ihm von dem andern Teil durch den Heiratsvertrag oder seit Eingehung der Ehe zugewendet wurden; der unschuldige behält die ihm zugewendeten Vorteile und kann im Fall des Bedürfnisses eine das Dritteil der Einkünfte des schuldigen Ehegatten nicht übersteigende Unterhaltsrente beanspruchen Code civil, Art. 200, 299, 301, 1518). Nach Österr.
Bürgerl. Gesetzbuch gebührt dem durch Urteil geschiedenen unschuldigen Ehegatten volle Genugthuung (Ersatz des Schadens, entgangener Gewinn, Tilgung der verursachten Beleidigung); er erhält alles, was ihm in dem Ehepakt auf den Fall des Überlebens bedungen worden ist, von Zeit der erkannten Trennung. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft bestanden hat, wird wie bei dem Tode geteilt, und das Recht aus einem Erbvertrage bleibt dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten, die gesetzliche Erbfolge kann er nicht beanspruchen (§. 1266). Nach Preuß. Allg. Landr. II, 1, §. 783 soll der schuldige Ehegatte den unschuldigen wegen der künftigen Erbfolge aus seinem Vermögen abfinden, und es soll so angesehen werden, als ob der Schuldige am Tage des Scheidungsurteils verstorben sei. Der Unschuldige erhält, was ihm vertragsmäßig für den Erbfall zugesichert ist; fehlt es an vertragsmäßiger Festsetzung oder beträgt dieselbe ¶
mehr
weniger als die gesetzliche Abfindung, so erhält der Unschuldige eine Quote vom Vermögen des Schuldigen (§§. 785, 792-797). Die Höhe der Quote wird nach dem Maße der Schuld bemessen. Statt der Abfindung kann die unschuldige Ehefrau standesmäßige Verpflegung bis an ihren Tod aus den Mitteln des schuldigen Ehemanns fordern (§. 798). Den Standpunkt, daß der unschuldige Ehegatte für die ihm durch die Scheidung entzogenen Vorteile entschädigt werden soll, nehmen auch das Württemb.
Landr. II, 32, §. 1, das Bayrische Landr. I, 6, §. 43, das Gothaische, Altenburgische und Schwarzburg-Sondershausensche Gesetz ein. Wo weder deutsche Partikulargesetze noch ein Gewohnheitsgesetz das röm. Recht beseitigt oder modifiziert haben, gilt dasselbe noch heute. Dieses faßte die den schuldigen Ehegatten treffenden Nachteile aus dem Gesichtspunkte einer Strafe. Der schuldige Ehegatte verliert den vierten Teil seines Vermögens, in gewissen Fällen den dritten Teil an die Kinder, den Nießbrauch an den unschuldigen Ehegatten; wenn Kinder nicht vorhanden sind, erhält der unschuldige Ehegatte auch das Eigentum. Daß statt dieses Vermögensteils die Dos (s. Mitgift), wenn solche gegeben war, und die Donatio propter nuptias (s. d.) verwirkt sein sollte, ist heute bei dem andern Charakter der Ausstattung und der Beseitigung der donatio propter nuptias fast überall unpraktisch.