Eginenthal
,
französisch
Vallée d'Aigesse (Kt. Wallis,
Bez. Goms).
Zweites linksseitiges Querthal des Wallis,
vom
Rhonegletscher an gezählt.
Beginnt am
Distelgrat, einem kurzen Felskamm zwischen
Brodelhorn und
Ritzberg in 2660 m und wird vom Eginenbach,
den Abfluss des die Schmelzwasser der Firnfelder am
Brodelhorn und
Ritzberg sammelnden kleinen
Distelsees, entwässert. Unterhalb
dieses einsamen u. öden Kares biegt das Thal von O. nach NO. um, ist
beiderseits von grünen Alpweiden bestanden, von zahlreichen
kleinen
Bächen angeschnitten und wird links von der Hochterrasse von Rämenen, rechts von vereisten Felsausläufern
des
Faulhorns begleitet. Unterhalb der über der Vereinigung des vom
Griesgletschers herabkommenden
Baches mit der
Egine gelegenen
Hütten von Altstaffel wendet sich das Eginenthal
um den O.-Fuss des
Bochtenhorns herum nach NW.
Die mittlere Höhenlage der
Thalsohle beträgt (bei der Hohsandhütte am Fuss des
Blashorns) 1762 m, die Länge des ganzen
Thales 10 km
und seine grösste Breite, zwischen
Blashorn und Kühthalnollen, 3 km. Das auf Boden der
Walliser Gemeinde
Ulrichen gelegene
Thal wird nicht ständig bewohnt; die in seinem untern Abschnitt auf Lichtungen inmitten von Gebirgswaldungen stehenden
Hütten
werden im Frühjahr und Herbst und die höher oben gelegenen Alpweiden im Sommer bezogen.
Steinbrüche auf Ofen- (Gilt- oder Lavez-) Steine. Vor Ulrichen geht ein Fussweg über die Rhone, der über den rechts am Ausgang des Thales stehenden Weiler Zum Loch thalaufwärts führt und sich bei den Hütten von Altstaffel (am Fuss des Griesgletschers) verzweigt, um nach rechts über den Griesgletscher und -pass ins italienische Formazza- und Antigoriothal (bis Pommat 9, bis Domo d'Ossola 16 Stunden), nach links über den Nufenenpass (oder Col de Novène) ins Bedrettothal und nach Airolo (9 Stunden) zu führen.
Vor der Erbauung der grossen Alpenstrassen waren diese beiden Passübergänge stark begangen, indem sie
einem beträchtlichen Transitverkehr dienten, der oft auch im Hinüberschaffen von auf Maultieren verstautem Walliserwein
nach Italien bestand. Heute hat das Alles aufgehört, und nur Touristen begehen noch ab u. zu diese jetzt wieder vereinsamten
Wege. Der ganze obere Abschnitt des Eginenthales
ist häufigen Lawinenstürzen ausgesetzt, die oft grosse Verheerungen
anrichten und noch im August mit ihren Schneemassen stellenweise den
Thalbach überbrücken.
Eine klassische Stätte ist das obere Eginenthal
für den Botaniker, der hier eine Reihe von seltenen und interessanten Pflanzenarten
findet. Von solchen nennen wir (nach dem in den Neuen Denkschriften der schweiz. Naturforschenden Gesellschaft 1895 erschienenen
Catalogue de la flore valaisanne von Henri Jaccard) Aquilegia alpina, Thlaspi corymbosum, Hutchinsia
brevicaulis, Cerastium uniflorum und C. filiforme, Trifolium pallescens, Oxytropis lapponica, Saxifraga cæsia, Valeriana
saliunca, Adenostyles albifrons, A. alpina und A. leucophylla mit ihren Bastarden Adenostyles hybrida, A. fallax und A. eginensis;
dann noch Campanula cenisia, Gentiana tenella u. a. Reichlich vertreten sind in selbständigen Arten
und in Hybriden Schafgarben (Achillea) u. Habichtskräuter (Hieracium), von letztern besonders bemerkenswert H. fuscum, H.
cruentum, H. atratum, H. ræticum, H. Bocconei, H. gombense, H. macilentum. Das Thal urkundlich 1240 Ayguelina, 1354 (vallis)
Aquilina (Adlerthal) genannt; mitten
im Thal heute noch eine Lokalität Aarennest, althochdeutsch aarun-nest
(Adlernest). Näheres in Henchoz, Louis. Excursion dans l'Eginenthal
... im
Bull. de la Soc. Murithienne, fasc. 22-25,
Sion
1894-96.