Titel
Eduard
(engl. Edward, angelsächs. Eádvëard, »Vermögenswart oder -Wächter«),
Name mehrerer Könige und Prinzen von England:
1) der Bekenner, Sohn Ethelreds II., der letzte angelsächsische König von England, geboren um 1002, wurde 1042 nach dem Tode des Dänen Harthaknut auf den englischen Thron [* 2] erhoben. Seine Begünstigung des französischen Wesens (er war in der Normandie erzogen) rief einen Aufstand unter dem Grafen Godwin hervor, der aber niedergeschlagen wurde. den Frömmigkeit und Herzensgüte auszeichneten, war dabei nur ein schwacher Regent, unter dem die Kraft [* 3] des Volkes erlahmte. Er starb Daß er Wilhelm von der Normandie zum Erben eingesetzt habe, ist nicht erwiesen.
2) Eduard
I., aus dem
Haus
Anjou, geb. Sohn
Heinrichs III., stellte noch bei Lebzeiten des letztern durch den glänzenden
Sieg bei
Evesham über
Simon von
Montfort 1265 die Macht des
Königtums wieder her und unternahm 1270 eine
Kreuzfahrt nach
Palästina.
[* 4] Während seiner
Abwesenheit starb sein
Vater und Eduard
kehrte nach
England zurück, wo er
im
August 1274 ankam. Ein energischer
Fürst, stellte er im Innern
Ruhe und
Ordnung her: beschränkte die Macht des
Klerus, namentlich
durch das
Gesetz, daß kein Grundbesitz mehr an die
Tote Hand fallen dürfe, und durch
Besteuerung der geistlichen
Güter, und verfolgte nach außen eine konsequente Eroberungspolitik. Er unterwarf 1276-83
Wales, wo bis dahin eine unabhängige
keltisch-britische Herrschaft bestanden hatte, und benutzte die in
Schottland nach dem
Tode des
Königs
Alexander III. 1286 entstandenen
Wirren, um seine Macht dort geltend zu machen. Er unterstützte den von ihm abhängigen Kronprätendenten
John
Baliol gegen
Robert
Bruce, wogegen dieser 1292 die Oberlehnsherrlichkeit der
Krone von
England über
Schottland anerkannte.
Als
Baliol sich 1296 im
Bund mit
Frankreich gegen Eduard
erhob, schlug dieser ihn bei
Dunbar, setzte ihn ab und
ließ nun
Schottland durch
Statthalter regieren. Die von den
Schotten unter
Wallace und dem jüngern
Robert
Bruce immer wieder
versuchten Empörungen schlug er mit
Energie und Grausamkeit nieder; auf einem
Zuge gegen den letztern starb er in
Burgh bei
Carlisle, einer der gefeiertsten
Könige der englischen
Sage und Geschichte. Mit seinem
Parlament,
zu
dem er regelmäßig seit 1295 außer den geistlichen und weltlichen
Lords auch Abgeordnete der
Städte und
Flecken sowie der
Grafschaften berief, stand Eduard
in gutem Einvernehmen und vergrößerte seine Macht sehr wesentlich, indem er 1297 sein
Steuerbewilligungsrecht anerkannte. Als Gesetzgeber hat er sich um
Handel und
Münzwesen,
[* 5] den
Schutz des
Eigentums und des
Landfriedens verdient gemacht.
Vgl. Stubbs, Chronicles of the reigns of Edward I. and II. (Lond. 1882).
3) Eduard
II., Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. zu
Carnarvon, der erste englische
Kronprinz, der den
Titel eines
Prinzen von
Wales führte, hatte weder die
Energie noch die Charakterstärke seines
Vaters geerbt und vermochte
weder im Innern die aufrührerischen
Großen niederzuhalten,
noch die auswärtigen Erwerbungen desselben zu behaupten. Von
Robert
Bruce wurde er bei
Bannockburn geschlagen und mußte 1323 mit demselben einen
Frieden auf 13 Jahre schließen,
der die Unabhängigkeit
Schottlands sicherte. 1324 kam er mit
Karl IV. von
Frankreich, der die persönliche Lehnshuldigung Eduards
für
Guienne forderte, in
Konflikt, und als er einen schimpflichen
Vertrag, den seine Gemahlin
Isabella,
Karls IV.
Schwester, mit
diesem abschloß, nicht vollkommen ausführte, vereinigte sich die
Königin mit dem jüngern
Bruder Eduards
,
Edmund,
Grafen von
Kent, mit
Roger
Mortimer,
Grafen von
March, der für ihren
Liebhaber galt, und einer Anzahl unzufriedener
Großen 1326 zu
Eduards
Sturz. Der König floh, wurde gefangen, im
Januar 1327 durch Parlamentsbeschluß abgesetzt und 22. Sept. d. J. in
Berkeley
Castle ermordet.
4) Eduard
III., Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. zu
Windsor, bestieg 1327 den
Thron und rächte, zur
Mündigkeit gelangt (1330), seinen
Vater durch die
Hinrichtung
Mortimers (1330)
und die Verweisung
Isabellas vom
Hof.
[* 6]
Schottland nötigte er durch den
Sieg bei
Halidon Hill (1333), wo die
Blüte
[* 7] des schottischen
Adels fiel, die
Oberhoheit
Englands anzuerkennen, und nachdem 1328 die direkte
Linie der
Kapetinger ausgestorben
war, erhob er als Enkel
Philipps des
Schonen Ansprüche auf die französische
Krone. 1340 nahm
er den französischen Königstitel
an und kämpfte in der
Seeschlacht von Sluys (1340), dann in der Landschlacht bei
Crécy (1346), der die
Einnahme
von
Calais
[* 8] folgte (1347), zuletzt bei
Poitiers so glücklich gegen
Philipp VI. von
Valois, daß dieser ihm im
Frieden
zu
Bretigny gegen seinen
Verzicht auf die
Krone einen großen Teil des westlichen
Frankreich,
Gascogne,
Guienne,
Poitou
und die
Grafschaft
Ponthieu sowie
Calais, mit allen Souveränitätsrechten abtrat.
Für die Dauer aber vermochte er diese Erwerbungen nicht zu behaupten, und als
Karl V. von
Frankreich 1369 den
Krieg erneuerte,
verlor Eduard
in fünf
Jahren bis auf wenige feste
Plätze alle seine
Eroberungen. Infolge der vielen
Kriege Eduards und der für
dieselben erforderlichen Geldbewilligungen steigerten sich der Einfluß und die Macht des
Parlaments unter
seiner
Regierung bedeutend. Im Einvernehmen mit demselben traf Eduard energische Maßregeln gegen die päpstlichen Übergriffe
in
England und schützte den
Reformator
John Wiclef vor dem geistlichen
Gericht; er hat auch, wahrscheinlich nach der Rückkehr
von
Calais, 1347 oder 1348 den
Hosenbandorden gestiftet. Eduard starb
Vgl. Longman, History of the life and times of Edward III. (Lond. 1869, 2 Bde.);
Pauli, Bilder aus Altengland (Gotha [* 9] 1860);
Warburton, Edward III. (Lond. 1875).
5) Eduard IV., Sohn des Herzogs Richard von York, Graf von March, geb. zu Rouen, [* 10] wurde nach dem Fall seines Vaters bei Wakefield (1460) an Stelle Heinrichs VI. zum König ausgerufen und befestigte seine Krone durch den Sieg bei Towton (1461), wodurch die Regierung vom Haus Lancaster (rote Rose) an das Haus York (weiße Rose) kam, aber auch ein langer, blutiger Bürgerkrieg zwischen beiden Häusern hervorgerufen ward. Durch seine Heirat mit Elisabeth Wydeville und die Begünstigung ihrer Verwandten rief er eine Empörung des mächtigen Grafen von Warwick hervor, dem sich nebst andern Großen der jüngere Bruder des Königs, Georg von Clarence, anschloß. Eduard mußte im November 1470 in Holland Zuflucht suchen, und Heinrich VI. ¶
mehr
wurde durch Parlamentsbeschluß aus dem Tower wieder auf den Thron erhoben. Schon im März 1471 kehrte indes Eduard, von seinem Schwager, Karl dem Kühnen von Burgund, unterstützt, nach England zurück, sammelte ein Heer, versöhnte sich mit seinem Bruder und schlug Warwick 14. April entscheidend bei Barnet; Heinrich VI. wurde wieder gefangen genommen. Auch ein französisches Hilfsheer, mit welchem Margareta, die Gemahlin Heinrichs VI., und deren Sohn, Prinz Eduard, in England erschienen, wurde bei Tewkesbury geschlagen und Margareta mit ihrem Sohn gefangen.
Letzterer wurde niedergehauen und Heinrich VI. im Tower ermordet. Die Häupter vieler englischer Großen fielen auf dem Schafott. Nachdem sich Eduard so den Thron gesichert hatte, verband er sich mit dem Herzog von Burgund gegen Frankreich und landete 1475 bei Calais, bewilligte aber Ludwig XI. den Frieden und die Auslieferung Margaretas gegen 75,000 Kronen [* 12] und reichliche Jahrgelder für sich und seine Räte. Mit Clarence entzweite der König sich später abermals und ließ ihn 1478 im Tower ermorden. Im Innern stützte Eduard sich auf Ritterschaft und Städte und schritt energisch gegen die geistlichen und weltlichen Lords ein.
Eine kluge Finanzwirtschaft und strenge Beitreibung der Steuern und Zölle machten ihn zu einem der reichsten Fürsten seiner Zeit; durch Verträge mit der Hansa und den Niederländern suchte er Sicherheit der Schiffahrt herzustellen. Eduard starb Er hinterließ aus seiner Ehe mit Elisabeth fünf Töchter und zwei Söhne, Eduard V. und Richard, im Alter von 10 und 12 Jahren, welche beide ihr Oheim, der Herzog von Gloucester, nachdem er als Richard III. die Krone usurpiert hatte, im Tower ermorden ließ.
6) Eduard VI., geb. Sohn Heinrichs VIII. und der Johanna Seymour, bestieg 1547 den Thron unter der Vormundschaft seines Oheims Edmund Seymour, Herzogs von Somerset. Der jugendliche Fürst war aufrichtig dem Protestantismus ergeben; eine von ihm herrührende Schrift gegen die Anmaßungen des Papstes ist erst vor einigen Jahren aufgefunden worden (hrsg. von Potts, Cambr. 1874). Seine Regierungszeit ist erfüllt durch das Bestreben, England zur protestantischen Kirche herüberzuführen.
Ebenso suchte Somerset die Verbindung mit Schottland durchzusetzen, welches Bemühen aber ohne Erfolg blieb. Somerset wurde 1549 gestürzt und 1551 hingerichtet. Nach ihm leitete der Herzog von Northumberland den König und beredete ihn sogar, die Thronfolgeordnung zu gunsten der Johanna Grey zu ändern. Eduard starb an der Schwindsucht in jungen Jahren, ehe er seinen Charakter vollständig entwickelt hatte. Sein Testament wurde durch seine Schwester Maria umgestoßen.
Vgl. »Literary remains of King Edward the sixth« (hrsg. von Nichols, Lond. 1857, 2 Bde.).
7) Prinz von Wales, Fürst von Aquitanien, nach der Farbe seiner Rüstung [* 13] der Schwarze Prinz genannt, Sohn Eduards III. von England, geb. zu Woodstock, führte schon 1346 in der Schlacht bei Crécy das erste Treffen des englischen Heers, machte 1355, von seinem Vater zum Statthalter von Aquitanien eingesetzt, einen verheerenden Einfall ins südliche Frankreich und schlug bei Poitiers den französischen König Johann, der in Gefangenschaft geriet.
Nach dem Frieden mit Frankreich erhob ihn sein Vater 1362 zum Fürsten von Aquitanien (Guienne und Gascogne), wo Eduard zu Bordeaux [* 14] glänzend Hof hielt. 1366 mischte er sich in die innern Wirren Spaniens und führte den aus seinem Land vertriebenen König Peter den Grausamen von Kastilien durch den Sieg bei Navarrete auf seinen Thron zurück, geriet aber, da Peter ihm die Kriegskosten nicht erstattete, mit dem Adel seines Landes, dem er aus Geldnot eine drückende Abgabe auferlegte, und mit König Karl V. von Frankreich, der ihn deshalb vor den Pairshof nach Paris [* 15] lud, in Konflikt.
Der Krieg begann 1369; Eduard eroberte 1370 die abgefallene Stadt Limoges, wo er 3000 Einw. niedermetzeln ließ, kehrte aber dann, schon lange von schleichender Krankheit ergriffen und über den Tod seines ältesten Sohns, Eduard, tief betrübt, nach England zurück und starb in Canterbury. Sein jüngerer Sohn bestieg nach Eduards III. Tod unter dem Namen Richard II. den englischen Thron.
Vgl. James, Life of Edward the Black Prince (Lond. 1839);
Le Poittevin [* 16] de la Croix, Histoire des expéditions d'Édouard III et du Prince Noir (Brüss. 1854).