Titel
Edelmetalle
,
im engern, gewöhnlichen
Sinn Bezeichnung für
Gold
[* 2] und
Silber, während im weitern
Sinne noch andre
Metalle,
vorzugsweise
Platin, dazu gerechnet werden (s.
Metalle). Wir beschränken uns hier auf die wirtschaftlich statistische Besprechung
der Edelmetalle
im erstern
Sinn.
I. Kulturhistorisches.
Gold und Silber sind als eigentliche Begleiter der menschlichen Kultur mit dieser selbst innig verbunden; seit Menschengedenken folgen sie regelmäßig den Wanderungen der Völker Schritt für Schritt. Wie sie im ältesten Mythus vorkommen, so treten sie im Sagenkultus des germanischen Mittelalters und im Mystizismus der Alchimie wieder hervor; sie bilden das Ziel von Unternehmungen, die sich im Altertum sagenhaft an das Goldene Vlies, an die dunkeln Wohnstätten der Hyperboreer und Arimaspen, an das Aufsuchen des Goldlandes Ophir, im Mittelalter abenteuerlich an die geographischen Entdeckungen der Spanier und Portugiesen, in der neuesten Zeit realistisch an die überseeischen Wanderungen nach Amerika [* 3] und Australien [* 4] knüpfen.
Und wie in der Vergangenheit, so bilden in der Gegenwart die beiden Edelmetalle
eine materielle Macht, welche in alle
Lebenskreise hineinreicht. Die
Erklärung des Einflusses, welchen die Edelmetalle
von jeher auf die
Menschen ausgeübt haben, liegt
in verschiedenen
Ursachen. Die Seltenheit des Vorkommens hat die Edelmetalle
in ältester Zeit als das geeignetste
äußerliche Kennzeichen der
Größe, Vornehmheit und des
Reichtums ansehen lassen; die Verwendung zu kostbarem
Schmuck war
wohl die älteste Form und hatte die
Anschauung zur
Folge, daß man den
Besitz von Edelmetallen
überhaupt als ein
Attribut menschlicher
Macht anzusehen begann.
Daraus ergab sich von selbst das
Streben nach deren
Erwerb, daraus die allgemeine Wertschätzung, ihre
Verwendung als Tauschmittel, Geldstoff, und ihre heute allgemeine Anerkenntnis als
Maßstab
[* 5] der Güterpreise. Zu dieser historisch-psychologischen
Begründung der Herrschaft der Edelmetalle
gesellen sich natürliche
Gründe andrer Art. Das Vorkommen der Edelmetalle
ist geologisch ein solches,
daß deren Gewinnung immer relativ hohe Gestehungskosten verursachen muß; auf dem hohen Kostenpreis
ruht also auch ein hoher
Tauschwert und darauf die Eignung der Edelmetalle
zu Schmuckgegenständen und als Geldstoff.
Die Edelmetalle
sind vermöge ihrer chemisch-physikalischen
Eigenschaften zur dauernden
Aufbewahrung von Wertvorräten besonders geeignet
und bilden aus diesen natürlichen
Gründen sowie wegen der vortrefflichen Formbarkeit und der Möglichkeit
wiederholten Umschmelzens und Umprägens das beste, ja alleinige
Material echter
Währungs- oder Kurantmünzen. Die Aufbewahrungsfähigkeit
der Edelmetalle
bringt es mit sich, daß die Menschheit über einen stets wachsenden Vorrat
(Stock) derselben verfügt, dessen Vorhandensein
genügt, um die
Preise der Edelmetalle relativ stabiler zu machen als diejenigen andrer, dem materiellen Verbrauch
oder gar dem Verderben unterliegender
Waren; daraus ergibt sich die natürliche Eignung der Edelmetalle als fester Preismaßstab, und
diese wird wesentlich dadurch erhöht, daß der innere
Wert der Edelmetalle in dem
Sinn absolut gleichmäßig ist, daß bei
Gold und
Silber keiner derjenigen Qualitätsunterschiede
vorkommt, die bei jeder andern
Ware je nach dem Fundort,
der Herrichtung etc. eintreten. Es erscheint daher ebenso erklärlich wie tief begründet, daß
zu allen
Zeiten und bei allen Völkern die Edelmetalle als die
Repräsentanten des materiellen
Reichtums im intensivsten
Sinn des
Wortes
angesehen wurden.
Die Gewinnung der Edelmetalle reicht historisch bis in das 5. oder vielleicht 6. Jahrtausend v. Chr. zurück; die Bergwerke in Ägypten [* 6] sind die ältesten, die auf Gold und Silber betrieben wurden; die Erze an der äthiopischen und alten arabischen Grenze, in Äthiopien, in Nubien, dann in dem zuzeiten König Salomos so erträgnisreichen Ophir gehören dahin. Ebenso ist in der altindischen Kultur das Stromgebiet des obern Indus und Satadru (Satledsch) im heutigen Tibet eine Fundgrube von Edelmetallen gewesen (goldholende Inder, Dardi), und die nördlichen Abfälle des Altaigebirges und Ural dienten als Hauptquelle für die Füllung der assyrisch-babylonischen Schätze.
Die in ältester Zeit in Zentralasien [* 7] gewonnenen Edelmetalle mußten wohl während vieler späterer Jahrhunderte auf ihren Wanderungen nach dem Westen der klassischen Kultur dienen; die Beiträge der Fundorte, welche die wandernden Völker im Kaukasus, in den Flüssen um Kolchis, dann in den lydischen und phrygischen Gebirgen und Gewässern fanden, sind im Verhältnis zu jenen ältesten Funden nicht sehr bedeutend; noch weniger aber lieferten damals die Edelmetallbergwerke in Europa [* 8] selbst (im Pangäischen Gebirge, in Skapte Hyle, auf einigen Inseln des Ägeischen Meers, in Laurion), sondern das klassische Altertum versorgte sich zumeist mit den ursprünglich in Afrika [* 9] und Asien [* 10] gesammelten Metallschätzen, welche im Lauf der Kriege der Griechen gegen die Perser, dann der Alexanderzüge und der römischen Feldzüge als Beute, Subsidien, Tributzahlungen etc. nach Hellas, Karthago [* 11] und Rom [* 12] (Schätze der Seleukiden und Ptolemäer) gelangten. Im Mittelalter wurde die Vermehrung des Edelmetallvorrats nur mäßig durch die in Gallien und Hispanien sowie vielfach zerstreut betriebenen Bergwerke und Goldwäschereien bewerkstelligt.
Ein großer, mächtiger Zuwachs erfolgte erst nach der Entdeckung Amerikas sowohl durch die von den Spaniern vollzogene Erbeutung dort vorgefundener Schätze als durch die seit Beginn des 16. Jahrh. ununterbrochen betriebene Silbergewinnung [* 13] in den Minen von Potosi und Guanajuato (Mexiko). [* 14] Mit diesen Ereignissen beginnt jene gewaltige Strömung von Edelmetallmassen aus Amerika, welcher gegenüber die Schätze des Altertums verschwinden. Alle diese Veränderungen werden aber durch die Ereignisse der neuesten Zeit verdunkelt, deren Schauplatz Kalifornien, bez. die westlich von den Rocky Mountains gelegene Bergregion der Andesketten und Australien bilden.
II. Gewinnung (Produktion) der Edelmetalle.
Da noch heute die Vorräte von Edelmetall, welche vor Jahrhunderten gewonnen und angehäuft wurden, fast ebenso in Betracht kommen wie jene Quantitäten, die erst in der Gegenwart bergmännisch zu Tage gefördert werden, so wäre eine Statistik der Edelmetalle ohne Geschichte derselben wertlos, und jeder Versuch einer rationellen Beantwortung aller einschlägigen Fragen muß mit Berücksichtigung des historischen Teils erfolgen. Die vorhandenen Quellen gestatten kaum, viel weiter als bis ins Ende des 15. Jahrh. zurückzugreifen. Aber auch die vielen Angaben, welche für den seit der Entdeckung Amerikas verflossenen Zeitraum vorliegen, sind, obwohl sie von hervorragenden Autoritäten, wie A. v. Humboldt, J. T. ^[John Towne] ¶
mehr
Danson, Mich. Chevalier u. a., herrühren, keineswegs kritiklos hinzunehmen, sondern erfordern eine sorgfältige Revision, die in neuerer Zeit insbesondere von A. Soetbeer, W. Lexis, Del Mar u. a. angebahnt worden ist. Die bedeutendste Leistung ist diejenige von A. Soetbeer, welcher ganz neue, kritisch korrigierte Daten über die Edelmetallgewinnung seit 1493 aufzustellen versucht hat. Um die wichtigsten Phasen der Edelmetallgewinnung schärfer zu markieren, sind folgende Perioden festzuhalten.
Der erste Zeitabschnitt umfaßt die 28 Jahre von 1493 bis 1520; während desselben liefern noch die Bergwerke in Sachsen [* 16] und im Harz, in Böhmen, [* 17] Tirol [* 18] und Salzburg, [* 19] in Ungarn [* 20] und Siebenbürgen bei weitem das meiste Edelmetall, namentlich Silber; aus Westindien [* 21] und Amerika kommen nur jährlich ca. 800 kg Gold. Der zweite Zeitabschnitt, von 1521 bis 1544, kennzeichnet die Jahre, in welchen der eigentliche Umschwung in der Massenhaftigkeit der Silberproduktion durch die Entdeckung der Silberminen von Potosi beginnt. In dieser Zeit wird die durchschnittliche Silberproduktion von Deutschland [* 22] und Österreich [* 23] schon durch die amerikanischen Sendungen relativ zurückgedrängt, denn nun kommen aus der Neuen Welt außer den von den Plünderungen in Peru [* 24] und Mexiko herrührenden Gold- und Silbermengen auch noch die ansehnlichen Erträge der Goldwäschereien in Neugranada und der Silbergruben zu Porco in Peru in Betracht.
Der dritte Zeitabschnitt, von 1545 bis 1560, ist dadurch motiviert, daß in demselben durch den kolossalen Ertrag der Minen in Potosi und Mexiko die Silbergewinnung ein entschiedenes Übergewicht gegen die relativ zurücktretende Goldproduktion erhält. Von 1561 bis ans Ende des 18. Jahrh. werden die Verhältnisse so gleichartige, daß sie in der unten folgenden Tabelle in gleichmäßigen je 20jährigen Abschnitten zusammengefaßt sind. Zuerst und zwar von 1561 bis 1580 nimmt der Ertrag der Minen in Potosi ab, und der Ausfall ist noch nicht durch die Silbergruben in Mexiko ausgeglichen; dann zeigt sich von 1581 bis 1600 wieder eine bedeutende Zunahme der Silberproduktion, indem in dieser Zeit die Gruben von Potosi, begünstigt durch die in ihrer Nähe aufgefundenen Quecksilberbergwerke, ihre größte Ergiebigkeit erreicht haben.
Von da angefangen, bewahrt die Silber- und Goldproduktion wesentlich ihre Stabilität bis 1720;
die Silbergewinnung nimmt in Potosi allmählich ab, steigt aber gleichzeitig in Mexiko;
die bedeutende peruanische Silbergewinnung behauptet immer ziemlich gleichen Stand;
in Deutschland und Österreich nimmt die Silbergewinnung vom Beginn des 17. Jahrh. an bedeutend ab, bleibt aber in den folgenden Jahrzehnten, wenn man beide Staaten zusammenfaßt, beinahe konstant.
Von 1721 angefangen, folgen Perioden mit rascherer Zunahme, und zwar sind es von 1721 bis 1760 die Goldgewinnung [* 25] in Brasilien [* 26] sowie der fortwährend steigende Ertrag der mexikanischen Silberbergwerke, welche eine so rasche Vermehrung hervorrufen; von 1761 bis 1810 fällt der größte Anteil an den wachsenden Zuflüssen auf das in Mexiko gewonnene Silber, wogegen die Goldgewinnung nachzulassen beginnt. Die beiden Jahrzehnte 1811-20 und 1821-30 stehen in vollem Gegensatz zu der vorangehenden Zeit, indem sich die Edelmetallproduktion infolge der politischen Unruhen und Umgestaltungen in Mexiko, Neugranada, Peru, Potosi und Chile [* 27] um mehr als 70 Mill. Mk. oder ca. 40 Proz. vermindert. Von 1831 bis 1840 und noch mehr von 1841 bis 1850 hebt sich wieder die Silberproduktion in den Staaten des frühern spanischen Amerika; zugleich macht sich schon die Goldproduktion von Kalifornien geltend.
In der Periode 1851-55 wird die Ausbeutung der Goldfelder in Kalifornien und Australien entscheidend und bewirkt einen ähnlichen Umschwung, wie er gegen die Mitte des 16. Jahrh. stattgefunden hat, nur mit dem Unterschied, daß um die Mitte des 16. Jahrh. beim Silber, dagegen um die Mitte unsers Jahrhunderts beim Golde die außerordentliche Zunahme der Produktion eintritt. Diese letztere erreicht ihren Höhepunkt in der Zeit von 1856 bis 1860, sinkt jedoch allmählich bis 1866-70 und wird seit dem Jahr 1871 wieder durch stete Zunahme der Silbergewinnung überwogen. Im Quinquennium 1876-1881 und noch mehr in den jüngst abgelaufenen drei Jahren 1882-84 nimmt die Goldproduktion ungemein rasch ab, während die Silbergewinnung ebenso rasch vermehrt wird, und es entsteht daraus jene Verschiebung der Wertverhältnisse, welche die Währungsfrage in der Gegenwart zu einem der schwierigst lösbaren Probleme gemacht hat. Eine ziffermäßige Übersicht der eben geschilderten Thatsachen enthält die folgende Tabelle, in welcher der Geldwert des Goldes *) mit 2790 Mk. pro Kilogramm und der Geldwert des Silbers **) gleichmäßig nach dem ältern Normalsatz mit 180 Mk. pro Kilogramm eingestellt, also der neuern Entwertung des Silbers nicht Rechnung getragen ist. Es war die
Durchschnittliche Edelmetallproduktion.
Perioden und Jahre | Gold Kilogr. | Wert *) Mill. Mk. | Silber Kilogr. | Wert **) Mill. Mk. | Gesamtwert Mill. Mk. |
---|---|---|---|---|---|
1493-1520 | 5800 | 16.18 | 47000 | 8.46 | 24.64 |
1521-1544 | 7160 | 19.98 | 90200 | 16.24 | 36.22 |
1545-1560 | 8510 | 23.74 | 311600 | 56.09 | 79.83 |
1561-1580 | 6840 | 19.08 | 299500 | 53.91 | 72.99 |
1581-1600 | 7380 | 20.59 | 418900 | 75.40 | 95.99 |
1601-1620 | 8520 | 23.77 | 422900 | 76.12 | 99.89 |
1621-1640 | 8300 | 23.16 | 393600 | 70.85 | 94.01 |
1641-1660 | 8770 | 24.47 | 366300 | 65.93 | 90.40 |
1661-1680 | 9260 | 25.83 | 337000 | 60.66 | 86.49 |
1681-1700 | 10765 | 30.03 | 341900 | 61.54 | 91.57 |
1701-1720 | 12820 | 35.77 | 355600 | 64.01 | 99.78 |
1721-1740 | 19080 | 53.23 | 431200 | 77.62 | 130.85 |
1741-1760 | 24610 | 68.66 | 533145 | 95.97 | 164.63 |
1761-1780 | 20705 | 57.77 | 652740 | 117.49 | 175.26 |
1781-1800 | 17790 | 49.63 | 879060 | 158.23 | 207.86 |
1801-1810 | 17778 | 49.60 | 894150 | 160.95 | 210.55 |
1811-1820 | 11445 | 31.93 | 540770 | 97.34 | 129.27 |
1821-1830 | 14216 | 39.66 | 460560 | 82.90 | 122.56 |
1831-1840 | 20289 | 56.64 | 596450 | 107.36 | 164.00 |
1841-1850 | 54759 | 152.78 | 780415 | 140.47 | 293.25 |
1851-1855 | 197515 | 551.07 | 886115 | 159.50 | 710.57 |
1856-1860 | 206058 | 574.90 | 904990 | 162.90 | 737.80 |
1861-1865 | 185123 | 516.49 | 1101150 | 198.21 | 714.70 |
1866-1870 | 191900 | 535.40 | 1339085 | 241.03 | 776.43 |
1871-1875 | 170675 | 476.18 | 1969425 | 354.50 | 830.68 |
1875-1880 | 172000 | 479.88 | 2500000 | 450.00 | 929.88 |
1881 | 161912 | 451.70 | 2521639 | 453.90 | 905.60 |
1882 | 155200 | 432.00 | 2634700 | 474.10 | 906.10 |
1883 | 143000 | 399.00 | 2750000 | 495.00 | 894.00 |
1884 | 140000 (?) | 390.60 | 2800000 (?) | 504.00 | 894.60 |
Diese Tabelle zeigt uns die jährlichen ausgeglichenen Durchschnittsmengen ganzer Perioden und nur für die letzten vier Jahre die effektiven Größen. Die absoluten Totalziffern der von 1493 bis heute in den wirtschaftlichen Verkehr gelangten Mengen der Edelmetalle zeigt nachstehende Berechnung: ¶
mehr
Gesamte Produktion der Edelmetalle.
Perioden | Gold im Wert von Mill. Mk. | Proz. | Silber im Wert von Mill. Mk. | Proz. | Gesamtwert Mill. Mk. |
---|---|---|---|---|---|
1493-1600 | 1993 | 33.8 | 4051 | 66.2 | 6044 |
1601-1700 | 2504 | 27.2 | 6703 | 72.8 | 9207 |
1701-1800 | 5302 | 34.1 | 10267 | 65.9 | 15569 |
1801-1850 | 3306 | 35.9 | 5890 | 64.1 | 9196 |
Zusammen: | 13105 | 32.7 | 26911 | 67.3 | 40016 |
1851-1855 | 2755 | 77.6 | 798 | 22.4 | 3553 |
1856-1860 | 2875 | 77.9 | 814 | 22.1 | 3689 |
1861-1865 | 2582 | 72.3 | 991 | 27.7 | 3573 |
1866-1870 | 2677 | 69.0 | 1205 | 31.0 | 3882 |
1871-1875 | 2381 | 57.3 | 1772 | 42.7 | 4153 |
1876-1884 | 4073 | 49.4 | 4177 | 50.6 | 8250 |
Zusammen: | 17343 | 64.0 | 9757 | 36.0 | 27100 |
Insgesamt: | 30448 | 45.3 | 36668 | 54.7 | 67116 |
Es entfielen demnach vor der Entdeckung der kalifornischen und australischen Goldfelder ungefähr ⅓ auf Gold und ⅔ auf Silber, im Vierteljahrhundert 1851-75 dagegen ⅔ auf Gold und ⅓ auf Silber. Seit 1875 ist wieder die entgegengesetzte Tendenz wahrzunehmen und wird durchschnittlich nahezu ebensoviel Wert an Gold wie an Silber produziert.
Um endlich auch die geographische Verteilung der Edelmetallproduktion zu beziffern, mögen nachstehende gedrängte Tabellen Platz finden. Zu dem Ertrag der ganzen Periode 1493-1875 haben die wichtigsten Gebiete folgende Mengen und Werte beigetragen:
Gewinnung von Gold und Silber 1493-1875 nach Ländern.
Länder | Gold Kilogr. | Silber Kilogr. | Gesamtwert Mill. Mark |
---|---|---|---|
Deutschland | - | 7904910 | 1422.9 |
Österreich-Ungarn | 460650 | 7770135 | 2683.8 |
Verschied. europ. Länder | - | 7382000 | 1328.8 |
Russisches Reich | 1033655 | 2428940 | 3321.1 |
Afrika | 731600 | - | 2041.2 |
Mexiko | 265040 | 76205400 | 14456.4 |
Neugranada | 1214500 | - | 3388.5 |
Peru | 163550 | 31222000 | 6076.3 |
Potosi (Bolivia) | 294000 | 37717600 | 7609.4 |
Chile | 263600 | 2609000 | 1205.1 |
Brasilien | 1037050 | - | 2893.4 |
Vereinigte Staaten | 2026100 | 5271500 | 6601.7 |
Australien | 1812000 | - | 5055.4 |
Diverses | 151600 | 2000000 | 783.0 |
Zusammen: | 9453345 | 180511485 | 58867.0 |
Innerhalb der letztabgelaufenen neun Jahre (1876-84) entfallen dagegen in runden Summen auf die einzelnen Länder folgende Mengen und Werte:
Gewinnung von Gold und Silber 1876-84 nach Ländern.
Länder | Gold Kilogr. | Silber Kilogr. | Gesamtwert Mill. Mark |
---|---|---|---|
Deutschland | 3666 | 1703725 | 316.8 |
Österreich-Ungarn | 15424 | 432790 | 120.9 |
Rußland | 377090 | 98690 | 1069.8 |
Verschiedene europ. Länder | - | 2036100 | 366.5 |
Afrika | 22000 | - | 61.4 |
Mexiko | 13880 | 6098200 | 1136.4 |
Kolumbien | 34500 | 127000 | 119.1 |
Peru, Bolivia, Chile etc. | 20000 | 3250000 | 640.8 |
Vereinigte Staaten | 510700 | 8306500 | 3099.8 |
Australien | 415100 | - | 1124.0 |
Japan | 5350 | 153580 | 42.6 |
Diverses | 54390 | - | 151.7 |
Zusammen: | 1472100 | 22206585 | 8249.8 |
Auf die einzelnen Länder entfallen daher im Durchschnitt jährlich die folgenden Mengen und Werte, welche mit den später anzugebenden Ausnahmen keine sehr namhaften Schwankungen zeigen:
Mittlere jährliche Edelmetallgewinnung 1876-84.
Länder | Gold Kilogr. | Wert Mill. Mk. | Silber Kilogr. | Wert Mill. Mk. | Gesamtwert Mill. Mk |
---|---|---|---|---|---|
Deutschland | 407 | 1.14 | 189303 | 34.07 | 35.21 |
Österreich-Ungarn | 1714 | 4.78 | 48088 | 8.65 | 13.43 |
Rußland | 41899 | 116.90 | 10965 | 1.99 | 118.89 |
Verschied. europ. Staaten | - | - | 226234 | 40.72 | 40.72 |
Afrika | 2444 | 6.82 | - | - | 6.82 |
Mexiko | 1542 | 4.30 | 677578 | 121.97 | 126.27 |
Kolumbien | 3834 | 10.70 | 14111 | 2.54 | 13.24 |
Peru, Bolivia, Chile etc. | 2223 | 6.20 | 361112 | 65.00 | 71.20 |
Verein. Staat. | 56744 | 158.32 | 922944 | 186.11 | 344.43 |
Australien | 46122 | 124.87 | - | - | 124.87 |
Japan | 594 | 1.66 | 17064 | 3.00 | 4.66 |
Diverses | 6044 | 16.85 | - | - | 16.85 |
Zusammen | 163567 | 452.54 | 2467399 | 464.05 | 916.59 |
Der Schwerpunkt [* 29] der Goldproduktion liegt also in drei Ländergruppen: den Vereinigten Staaten, [* 30] Rußland und Australien, welche allein 89 Proz. der Goldausbeute dem Edelmetallmarkt liefern. Australien geht schon seit 1877 (von 52,300 auf 39,000 kg), die Vereinigten Staaten gehen seit 1878 stetig und bedeutend in der Ergiebigkeit (von 70,565 kg auf 44,200 kg) zurück, wogegen Rußland von 1876 bis 1881 die Goldausbeute wesentlich erhöhte. Die größten Anteile an der Silberproduktion entfallen auf Amerika und zwar sowohl die Vereinigten Staaten als Mexiko und Südamerika [* 31] (Peru, Bolivia, Chile), welche zusammen nahezu 80 Proz. der ganzen Ausbeute liefern, ohne daß sich eine Abnahme bisher gezeigt hat. Neuestens (1885) sind im äußersten Westen von Neusüdwales Silbergänge entdeckt worden, über deren Reichhaltigkeit man indes noch keine authentischen Angaben hat.
III. Verwendung der Edelmetalle.
Der Gebrauch der Edelmetalle setzt sich aus drei wesentlichen Elementen zusammen: a) dem Bedarf für Münzen [* 32] und Barren; b) dem Abfluß nach dem Orient; c) dem Gebrauch in den Industrien.
Was erstens den monetaren Gebrauch betrifft, so ergab eine approximative Nachweisung für das Vierteljahrhundert 1851-75, daß sich das Verhältnis der Ausmünzungen zur Produktion beiläufig folgendermaßen gestaltete:
Gold Kilogr. | Mill. Mk. | Silber Kilogr. | Mill. Mk. | |
---|---|---|---|---|
Ausmünzungen 1851 bis 1875 | 5785580 | 16142 | 42098340 | 7578 |
Produktion 1851-75 | 4756365 | 13270 | 31003535 | 5581 |
Die bedeutende Überschreitung der Produktion durch die Ausmünzungen erklärt sich zur Genüge durch die steten Umprägungen alter Münzen. In der neuern Zeit hat der Übergang der wichtigsten Wirtschaftsgebiete zur gesetzlichen oder faktischen Goldwährung das schon früher bestandene Verhältnis zwischen Edelmetallgewinnung und monetarischem Bedarf noch mehr zu ungunsten des Silbers und zu gunsten des Goldes verschoben, und es ergibt ein Vergleich, welcher auf den Schätzungen der ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Edelmetalle.
Nach einer Zusammenstellung des Münzdirektors der Vereinigten Staaten beziffert sich die Goldproduktion der Welt auf Grund der aus den verschiedenen Ländern erhaltenen amtlichen Ausweise und mittels ergänzender Schätzungen wie folgt:
Jahr | Kilogramm | Wert in Dollars | |||
---|---|---|---|---|---|
1885 | 163162 | 108435600 | |||
1886 | 159741 | 106163877 | |||
1887 | 159155 | 105774955 | |||
1888 | 165880 | 110243950 | |||
1889 | 182308 | 121162009 | |||
Hiernach zeigte das jüngste Jahr eine beachtenswerte Zunahme der Goldproduktion, die in dem letzten Dezennium eine steigende Tendenz gehabt hat. Besonders beteiligt an dieser Produktionszunahme waren Australien und Afrika. Namentlich Afrika zeigt in der neuesten Zeit eine verhältnismäßig sehr bedeutende Zunahme der Goldproduktion. Diese betrug 1885: 2083 kg, 1888: 6771 u. 1889: 12,155 kg; Australiens Produktion stieg zwischen 1886 und 1889 von 40,000 auf 49,800 kg, so daß es jetzt die erste Stelle unter den Goldländern der Welt einnimmt. Afrika scheint berufen, in die bei der Goldbeschaffung für den Weltbedarf bestehende Lücke einzutreten. In den letzten nachgewiesenen Jahren war die Goldproduktion der Hauptgebiete (in Kilogrammen):
1887 | 1888 | 1889 | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Vereinigte Staaten | 49654 | 49917 | 49353 | ||||
Australasien | 41119 | 42974 | 49784 | ||||
Rußland | 30232 | 32052 | 34867 | ||||
China | 14294 | 13542 | 13542 | ||||
Afrika | 2888 | 6771 | 12155 | ||||
Andre Länder | 20968 | 20624 | 22607 | ||||
Zusammen: | 159155 | 165860 | 182303 |
Die Silberproduktion ist wie folgt nachgewiesen:
Jahr | Kilogramm | Wert in Dollars | ||
---|---|---|---|---|
1885 | 2849995 | 118702292 | ||
1886 | 2902471 | 120887917 | ||
1887 | 2990398 | 12420978 | ||
1888 | 3386969 | 140758873 | ||
1889 | 3880829 | 161231927 | ||
Hierbei ist aber zu bemerken, daß der Handelswert des Silbers beträchtlich unter dem Münzwert steht. So betrug 1889 der Handelswert der oben angegebenen 161,287,927 Doll. nur 110,674,000 Doll.
Die Silberproduktion hat demnach in den nachgewiesenen 5 Jahren bei stetig sinkendem Silberpreis verhältnismäßig noch viel bedeutender zugenommen als die Goldproduktion. Geht man zeitlich noch weiter zurück, so tritt das verschiedene Verhalten von Gold und Silber in Bezug auf Produktionszunahme noch deutlicher hervor. Die Goldproduktion der Welt von 1673 ist zu 962 Mill. Doll. angegeben, die Mehrförderung von 1889 beträgt also nur ein Viertel der damaligen Produktion; bei Silber dagegen betrug die Produktion 1873: 633 Mill. Unzen (fein) und 1889: 1248 Mill. Unzen, also nahezu das Doppelte. Durch diese kolossale Mehrgewinnung entstanden dem Silber naturgemäß gewaltige Schwierigkeiten in seiner Eigenschaft als Münzmetall. Erklärlich werden die Strömungen der amerikanischen Silberpolitik, wenn man sieht, daß von der Gesamtproduktion des Jahres 1889 im Betrag von 3,880,839 kg auf die Vereinigten Staaten 1,555,486, auf Mexiko 1,335,828 kg, also bei weitem der größte
Teil entfällt. In den letzten nachgewiesenen Jahren betrug die Silbergewinnung der Hauptgebiete (in kg):
1887 | 1888 | 1889 | |||||
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Vereinigte Staaten | 1283855 | 1424326 | 1555486 | ||||
Mexiko | 904000 | 995500 | 1335828 | ||||
Bolivia | 147468 | 230460 | 230460 | ||||
Chile | 199516 | 185851 | 185851 | ||||
Australasien | 6422 | 120308 | 144369 | ||||
Andre Länder | 449137 | 430424 | 428845 | ||||
Zusammen: | 2990398 | 3386869 | 3890839 |
In dem letzten nachgewiesenen Jahr war die Edelmetallproduktion der Welt folgende:
Gold | Silber | ||||||||||||
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Kilogr. | Dollars | Kilogr. | Dollars | ||||||||||
Vereinigte Staaten | 49353 | 32800000 | 1555486 | 64646000 | |||||||||
Australasien | 49784 | 33086700 | 144369 | 6000000 | |||||||||
Mexiko | 1362 | 905000 | 1335828 | 55517000 | |||||||||
Europäische Länder: | |||||||||||||
Rußland | 34867 | 23173000 | 14389 | 598000 | |||||||||
Deutschland | 1958 | 1301266 | 32040 | 1131576 | |||||||||
Österreich-Ungarn | 2198 | 1461000 | 52651 | 2188000 | |||||||||
Schweden | 74 | 48900 | 4267 | 177400 | |||||||||
Norwegen | 5147 | 214000 | |||||||||||
Italien | 148 | 98000 | 35 | 1454 | |||||||||
Spanien | 51502 | 2140400 | |||||||||||
Türkei | 10 | 7000 | 1323 | 55000 | |||||||||
Frankreich | 49396 | 2053000 | |||||||||||
Großbritannien | 97 | 64370 | 8734 | 363000 | |||||||||
Dominion of Canada 1919 | 1275045 | 9264 | 385000 | ||||||||||
Südamerikanische Länder: | |||||||||||||
Argentinien | 47 | 31000 | 10226 | 425000 | |||||||||
Columbia | 4514 | 3000000 | 24061 | 1000000 | |||||||||
Bolivia | 90 | 59800 | 230460 | 9578000 | |||||||||
Chile | 2953 | 1962430 | 185851 | 7723957 | |||||||||
Brasilien | 670 | 445300 | |||||||||||
Venezuela | 2130 | 1415598 | |||||||||||
Britisch-Guayana | 687 | 456580 | |||||||||||
Holland.-Guayana | 437 | 324000 | |||||||||||
Peru | 158 | 105000 | 75263 | 3128000 | |||||||||
Zentralamerika | 226 | 150000 | 48123 | 2000000 | |||||||||
Japan | 606 | 403000 | 42424 | 1763140 | |||||||||
Afrika | 12155 | 8078000 | |||||||||||
China | 13542 | 9000000 | |||||||||||
Britisch-Indien | 2273 | 1511000 | |||||||||||
Die Welt: | 182308 | 121162009 | 3880839 | 161287927 | |||||||||