Eau
de
Javelle
(spr. oh d'schawäl,
Chlornatron,
Fleckwasser,
Bleichflüssigkeit), eine
Flüssigkeit,
in welcher
unterchlorigsaures Natron der
wirksame
Bestandteil ist. Zur Bereitung verreibt man nach der
»Pharmacopoea germanica« 20 Teile
Chlorkalk
[* 2] (28 bis 30proz.) mit 100 Teilen
Wasser, setzt eine
Lösung von 2,5 Teilen kristallisierter
Soda in 500 Teilen
Wasser
hinzu und gießt die
Flüssigkeit am andern
Tag klar ab. Sie enthält im wesentlichen
unterchlorigsaures Natron
und
Chlornatrium, während der
Bodensatz aus kohlensaurem
Kalk und
Ätzkalk besteht.
Man erhält Eau de Javelle
aber auch, wenn
man in eine kalte, höchstens 10proz. Sodalösung
Chlor leitet, bis die
Lösung aufbraust und
energisch
Lackmus bleicht. Sie enthält dann
Chlornatrium,
doppeltkohlensaures Natron und
unterchlorige Säure.
Bei weiterm Einleiten von
Chlor wird auch das
doppeltkohlensaure Natron unter
Bildung von
Chlornatrium zersetzt. Sehr billig
erhält man dies
Präparat durch Einleiten von
Chlor in eine Mischung von
Ätzkalk und schwefelsaurem
Natron.
Wendet
man zu Eau
de Javelle
konzentrierte und warme
Lösungen an, so entsteht statt der unterchlorigen
Säure chlorsaures
Natron, welches nicht bleichend wirkt. Eau
de Javelle
ist klar, farblos oder grünlichgelb, riecht wie
Chlorkalk, schmeckt adstringierend
und muß in verschlossenen
Gefäßen im
Dunkeln aufbewahrt werden. Man benutzt es zum
Bleichen, Vertilgen von
Flecken etc.; Pflanzenfarben,
alte
Obst- und Weinflecke etc., auch Stockflecke,
Tinte etc. zerstört es schnell und vollständig.
Auch benutzt man es in der chemischen Analyse und in der Medizin, mit Wasser verdünnt, bei brandigen, krebsartigen, syphilitischen, stinkig eiternden Wunden, gegen übelriechenden Atem, Quecksilberspeichelfluß, Verbrennungen, als Einspritzung [* 3] bei veralteten Gonorrhöen etc., innerlich bei typhösen Fiebern. Als Bleichsoda kommt ein Fabrikat in den Handel, welches erhalten wird, indem man Chlor über eine dünne Schicht Soda und das nicht von letzterer absorbierte Gas in eine starke Lösung von Ätznatron treten läßt, dann die Lauge mit dem Salz [* 4] mischt und erstarren läßt oder durch beständiges Umrühren in ein körniges Pulver verwandelt.
Das
Präparat riecht nach
Chlor, zieht begierig
Feuchtigkeit an und soll gegenüber dem
Chlorkalk viele Vorteile
darbieten. Es besteht aus etwa 80 Proz. kristallisiertem kohlensauren
Natron, 8,5 Proz.
Chlornatrium und 11,5 Proz. unterchlorigsaurem
Natron. Ursprünglich verstand man unter Eau
de Javelle
ein durch Einleiten von
Chlor in Pottaschelösung erhaltenes
Präparat, welches
als erste
Bleichflüssigkeit seit 1792 in Javelle
bei
Paris
[* 5] dargestellt wurde. Das entsprechende, jetzt
gebräuchliche Natronpräparat wurde 1820 von Labarraque angegeben und führte zuerst den
Namen
Eau de Labarraque, bis es das
teurere Kalipräparat vollständig verdrängte.