Durst
(sitis), das
Gefühl, durch welches das
Bedürfnis des
Organismus nach
Wasser zum
Bewußtsein gebracht wird. Der
Durst
kennzeichnet sich als eine unangenehme
Empfindung in der Schleimhaut des
Schlundkopfes und der Mundhöhle,
[* 2] vorzugsweise des
Gaumens und der Zungenwurzel. Die Mundhöhle ist trocken, die Speichelabsonderung vermindert oder aufgehoben;
der
Schleim der Mundhöhle wird zäh, und das Sprechen wird beschwerlich. Wird der Durst
nicht gestillt, so rötet
sich allmählich die Schleimhaut des
Mundes, wird brennend heiß;
die Sprache [* 3] wird heiser, das Schlingen beschwerlich, der Puls beschleunigt;
alle Absonderungen werden vermindert, die Augen trocken, rot, brennend;
der
Harn wird dunkel
von
Farbe und sparsam, der
Stuhl verstopft. Zu diesen Qualen des erhöhten Durstes
gesellen sich noch allgemeine Körperschwäche,
eine erhöhte
Reizbarkeit des
Nervensystems mit der peinigenden
Vorstellung von
Wasser und allen möglichen
Flüssigkeiten.
Kann der Durst
auch jetzt noch nicht gelöscht werden, so entstehen förmliche
Entzündungen der Mundschleimhaut
und der Rachengebilde; der
Puls wird überaus schnell, der
Atem schnell und seufzend; heftiges
Fieber stellt sich ein mit Irrereden,
Bewußtlosigkeit, und endlich erfolgt der
Tod, der nach allem, was man darüber weiß, viel schrecklicher
ist als der Hungertod. Veranlaßt wird das Durst
gefühl durch den verminderten Wassergehalt der Schleimhaut der
Mund- und
Rachenhöhle, deren Befeuchtung ja überhaupt viel stärker wechselt als die aller andern Körperstellen.
Der verminderte Wassergehalt wirkt wie ein
Reiz auf die sensibeln
Nerven
[* 4] der genannten Schleimhautbezirke,
und der dadurch bedingte Erregungszustand der
Nerven wird von uns eben als Durst
empfunden. Deshalb entsteht Durst schon aus rein
örtlichen
Ursachen, wie z. B. Austrocknung der Mundhöhle beim Atmen mit offenem
Mund, ferner beim anhaltenden Sprechen,
Singen,
Spielen von
Blasinstrumenten u. dgl. Die Trockenheit des
Mundes ist aber sehr häufig nur die
Folge oder vielmehr eine Teilerscheinung der Verminderung des Wassergehalts
im Gesamtorganismus, welche wiederum mit Verminderung der Speichelabsonderung verbunden ist.
Daher entsteht Durst
nach reichlichem
Schwitzen, nach starken wässerigen
Durchfällen, nach dem
Genuß stark gesalzener
Speisen,
indem das im
Darmkanal befindliche
Salz
[* 5] dem
Blut rasch
Wasser entzieht. Der Durst
ist ein konstantes
Symptom
zahlreicher
Krankheiten. Der im Hitzestadium der fieberhaften
Krankheiten vorhandene Durst
hat seinen
Grund teils in dem stärkern
Wasserverlust durch die
Haut,
[* 6] die
Nieren und
Lungen, teils in der während des
Fiebers verminderten Speichelabsonderung, teils
darin, daß der Kranke mit offenem
Mund atmet.
Starke
Blut- und Säfteverluste, z. B. die wässerigen
¶
mehr
Durchfälle bei der Cholera, bedingen heftigen Durst
wegen der schnell eintretenden Verminderung des Wassers im Organismus. Der
quälende Durst
bei der Zuckerharnruhr beruht auf einem ähnlichen Grund wie der Durst
nach dem Genuß stark gesalzener Speisen. Es
sind große Mengen von Wasser erforderlich, um den in den Geweben des Körpers enthaltenen zuckerreichen
Saft zu verdünnen und gleichsam den Zucker
[* 8] aus dem Körper auszulaugen. Bei Krankheiten mit verminderter Gehirnthätigkeit
wird häufig ein Mangel an D. beobachtet.
Dies rührt davon her, daß solchen Kranken das Gefühl des Durstes
nicht zum Bewußtsein kommt, obschon die Bedingungen vorliegen,
unter welchen sonst der Durst
auftritt. Um den Durst
zu stillen, genügt eigentlich das frische Quellwasser.
Säuerliche Zusätze, Brausemischungen etc. unterstützen jedoch dessen durst
löschende Eigenschaft oft beträchtlich, und
namentlich erhöht auch ein gewisser Gehalt an Kohlensäure in dem Wasser dessen durst
stillende Wirkung.
Beruht der Durst
nur auf Trockenheit des Mundes aus örtlichen Ursachen, so genügt die bloße Anfeuchtung
der Schleimhaut, um den Durst
zu beseitigen. War aber eine beträchtliche Verminderung des Wassergehalts im Gesamtorganismus
die Ursache des Durstes
, so muß der Wasserverlust ersetzt werden. Dies geschieht gewöhnlich durch Trinken; indes würde
es auch ausreichen, wenn das Wasser als Klystier
[* 9] in den Darm
[* 10] gebracht würde, denn es wird hier aufgesogen
und der Blutmasse einverleibt. In gleicher Weise wirken subkutane Injektionen von Wasser. Das Bad
[* 11] dagegen hat keine durststillende
Wirkung, denn es wird durch die Haut kein Wasser aufgenommen.