(Diarrhöe,
Abweichen), die häufige Entleerung dünnflüssiger
Massen aus dem
Darmkanal.
Die nächste
Ursache des Durchfalles liegt stets in einer abnorm schnellen, häufig geradezu stürmischen
Bewegung des
Darmkanals,
wobei derselbe seinen
Inhalt nach dem untern Darmende hintreibt und zur Entleerung bringt, bevor die wässerigen
Bestandteile
des Darminhalts von der Darmwand aufgesaugt werden können. Solche beschleunigte Darmbewegung beruht
auf Erkrankungen des
Darms,
Darmkatarrh,
Typhus,
Cholera,
Bauchfellentzündung, seltener auf zentralen, im
Gehirn
[* 2] gelegenen
Ursachen,
z. B. auf starken
Gemütsbewegungen,
Furcht,
Schreck u. dgl. Von den dem Durchfall zu
Grunde liegenden
Ursachen und anatomischen
Störungen hängen demnach auch ihre Dauer und ihr schädlicher Einfluß auf den
Organismus sowie die
Beschaffenheit der Darmentleerungen selbst ab. Was diese letztere anbelangt, so unterscheidet
man: den fäkalen Durchfall, wobei die Ausleerungen annähernd normal gefärbt sind und den spezifischen Kotgeruch besitzen;
ferner den wässerigen Durchfall, wobei die Ausleerungen dünnflüssig, beinahe farblos und geruchlos sind;
In den höhern
Graden der
Ruhr,
bei welcher die Darmschleimhaut brandig
zerstört wird, sowie bei andern Verschwärungsprozessen im
Darm
[* 3] nehmen die diarrhoischen
Stuhlentleerungen den jauchigen
Charakter an, d. h. sie sind mißfarbig und verbreiten einen intensiven Fäulnisgestank.
Blutiger Durchfall endlich kommt vor bei der sogen. roten
Ruhr, bei
Darmgeschwüren, namentlich beim
Unterleibstyphus
und andern schweren, mit Blutzersetzung einhergehenden
Krankheiten.
Obschon der Durchfall in der
Mehrzahl der
Fälle kein gefahrdrohendes
Symptom ist, so darf er doch niemals als ganz gleichgültig betrachtet
werden, namentlich nicht bei kleinen
Kindern. Die Einwirkungen auf das gesamte Befinden sind so wechselnd, wie ein leichter
Darmkatarrh von
Ruhr und
Cholera verschieden ist; erst in hohen
Graden der Darmausleerung ist Wasserverlust des
Bluts schädlich
oder gar tödlich. Die Behandlung s. unter
Darmentzündung,
Cholera,
Ruhr; das Hauptmittel gegen Durchfall ist
Opium.
Die
Haustiere erkranken oft
am D., dem übrigens sehr verschiedene
Ursachen zu
Grunde liegen können. Unerheblich
ist der Durchfall bei den herbivoren
Haustieren nach der
Fütterung von jungem
Klee und nach dem Besuch der
Weiden, beim
Rindvieh nach
der
Fütterung von
Schlempe,
Rüben, rohen
Kartoffeln und
Kleie. Von größerer Bedeutung ist derselbe bei ganz jungen
Tieren in der
Periode des Saugens und in den erstenMonaten nach derselben. Hier besteht eine krankhafte
Tendenz zu sauren
Gärungen in den genossenen Futtermitteln; die
Säuren reizen die
Magen- und Darmschleimhaut und unterhalten in derselben einen
Katarrh.
GuteDienste
[* 4] leistet hiergegen die anhaltende Verabreichung von
Magnesia mit bittern und gerbstoffhaltigen
Mitteln. Der durch
Erkältung entstehende Durchfall verlangt eine sorgfältige diätetische
Pflege der
Tiere und Darreichung von
Heu
und reinem Körnerfutter. Nützlich ist dabei die Darreichung von bittern und schleimigen
Medikamenten (kleine
Dosen von
Aloe,
Rhabarber oder Kalmuswurzel mit doppeltkohlensaurem
Natron in Altheeschleim). Der chronische Durchfall, der in einer krankhaften Auflockerung
der Dickdarmschleimhaut beruht, ist bei den
Tieren oft unheilbar.
Pferde
[* 5] und
Rinder
[* 6] erleiden bei demselben nach
Wochen oder
Monaten eine progressiv zunehmende
Abmagerung mit
starkem
Verfall der
Kräfte (kachektischer Durchfall). In seltenen
Fällen beruht der Durchfall auf geschwulstbildenden Krankheitsprozessen
am
Darm oder in
Verwachsungen einiger Darmschlingen untereinander oder mit der Bauchwand. Eine
Heilung dieser
Arten des Durchfalles
ist nicht möglich. Als
Symptom von
Vergiftungen ist der Durchfall gewöhnlich ein Merkmal schwerer und lebensgefährlicher
Erkrankung.
Die Beschaffenheit der Ausleerungen während des Durchfall ist sehr verschieden und für die Erkennung der zu Grunde liegenden Störung
wichtig; entweder sind dieselben fäkal, d. h. sie zeigen noch deutlich die normalen
Bestandteile und den specifischen Geruch des Kotes, oder sie sind wässerig, fast farb- und geruchlos, oder zeigen eiterige
und schleimige Beimengungen, selbst abgestoßene Fetzen der Darmschleimhaut, wie bei der Ruhr (s. d.), oder enthalten mehr
oder weniger reichlich Blut, wie bei der Roten Ruhr und den Darmgeschwüren; in schweren Fällen von Ruhr
und andern Verschwärungsprozessen im Darm nehmen die Stuhlentleerungen den jauchigen Charakter an, sind mißfarbig und besitzen
einen unerträglichen Fäulnisgeruch.
Die meisten Durchfälle sind Folge von Erkältung (besonders der Füße und des Unterleibes) oder von Diätfehlern (unreifes
Obst, schlechtes Bier, Käse, schwerverdauliche Speisen, Überfüllungen des Magens, schlechtes Trinkwasser u. s. w.). Außerdem
sind Verstopfungen häufiger Anlaß zu Diarrhöen. Denn die im Darm stockenden, sich verhärtenden und in faulige Gärung übergehenden
Kotmassen reizen die anliegende Darmschleimhaut, sodaß sie sich entzündet und Durchfall veranlaßt. In solchen Fällen leistet
ein gelindes Abführmittel (Ricinusöl, Rhabarber) gute Dienste, während stopfende Mittel das Übel nur noch verschlimmern.
Durchfall nach Erkältung behandelt man am besten durch Warmhalten besonders der Beine und des Unterleibes (Leibbinde),
warme, schleimige Getränke und Suppen (Leinsamenthee, Hafergrütze und Graupenschleim, Sagosuppen) und Vermeidung aller sonstigen
Speisen. Durchfall infolge von Diätfehlern erfordern dieselben Mittel und zugleich eine noch längere strenge Diät.
Der Gebrauch scharfer spirituöser Mittel ist in solchen Fällen ganz falsch, weil sie die durch verkehrte
Diät bereits gemißhandelte Schleimhaut des Magens und Darms noch mehr angreifen, während bei Durchfall nach Erkältung ein Glas
[* 7] heißer Rotwein oder gewürzter Wein eher zu gestatten ist. Sitzt die Entzündung im untern Stück des Darms, so sind meist während
der Ausleerungen heftiger Schmerz und Zwängen vorhanden. Dann leisten Klystiere von gekochter Stärke
[* 8] und
warme Sitzbäder
gute Dienste.
Bei anhaltendem Durchfall ist die Konsultation eines Arztes notwendig, denn jede anhaltende, d. h. chronisch werdende oder häufig
wiederkehrende Diarrhöe, sei es, daß sie von tiefern Entartungen (Geschwürenu. dgl.) oder nur von einem
chronischen Katarrh der Schleimhaut herrührt, untergräbt durch die mit ihr verbundenen Säfteverluste und Ernährungsstörungen
die Gesundheit. Die Behandlung solcher Zustände aber kann nur Sache des Arztes sein, welcher sich entweder des Opiums und
seiner Präparate oder der adstringierenden Heilmittel (Alaun,
[* 9] Bismut, Höllenstein, Gerbsäure u. a.) bedient. Veraltete und
hartnäckige Darmkatarrhe werden nicht selten durch gewisse Brunnenkuren (Karlsbad, Kissingen,
[* 10] Marienbad,
Ems
[* 11] u. a.) dauernd geheilt.
Eine besondere Beachtung verdienen noch die Durchfall der kleinen Kinder, die oft von Erbrechen begleitet sind (Brechdurchfälle, Cholera
der Kinder, Cholera infantum). Man lasse sich nicht dadurch, daß das Kind eben zahnt, von einer sorgfältigen Behandlung eines
Durchfall abhalten, denn heftiger Durchfall erleichtert keineswegs das Zahnen, und ein Kind stirbt an einer sog. Zahndiarrhöe
so leicht wie an einer andern. Man halte den Kindern den Leib warm, gebe ihnen etwas Fenchelthee oder schleimiges Getränk
(Leinsamen, Hafergrütze, verdünntes Eiweiß).
Hält der Durchfall trotzdem an, so muß die Amme gewechselt oder das Kind eine Zeit lang nur mit den erwähnten
schleimigen Getränken genährt werden. Wird das Kind künstlich aufgezogen, so ist häufig schlechte oder säuerliche Milch
die Ursache der Diarrhöe; in solchen Fällen ist die Milch sofort auszusetzen und dafür Salepabkochung, Nestlésches Kindermehl,
Fleischbrühe und etwas süßer Wein zu reichen, zugleich aber rechtzeitig ärztlicher Rat einzuholen,
da beim Brechdurchfall der Säuglinge bei unzweckmäßigem Verhalten oft ein sehr rascher Verfall der Kräfte und dadurch ein
tödlicher Ausgang erfolgt. Die ärztliche Behandlung besteht gegenwärtig vor allem auch in regelmäßigen Ausspülungen
des Magens. Zur Verhütung der Brechdurchfälle ernährt man die Kinder am besten mit sterilisierter Milch.
(S. Auffütterung der Kinder.)