Duns
Scotus,
Johannes, wegen seiner scharfsinnigen Beweisführung
Doktor subtilis genannt, berühmter
Scholastiker,
Gründer
der sogen. scotistischen
Schule, zwischen 1270 und 1275 in einem der drei britischen
Reiche geboren, trat
in den Franziskanerorden, ward
Lehrer der
Philosophie und
Theologie um 1300 in
Oxford,
[* 2] 1304 in
Paris,
[* 3] später in
Köln,
[* 4] wo er 1308 starb.
Er hat sein
System in durchgängigem
Gegensatz gegen
Thomas von Aquino ausgebildet und damit eine neue
Entwickelung
der mittelalterlichen
Philosophie angebahnt, welche schon in seinem
Schüler
Wilhelm v.
Occam (s. d.) aus dem
Realismus in
Nominalismus
umschlug, nachdem zuvor Duns Scotus
eine vollständige
Revolution in den religiösen und sittlichen
Begriffen der
Scholastik herbeigeführt
hatte durch seine
Lehre,
[* 5] daß nicht der
Wille von der
Vernunft, sondern diese von jenem abhängig sei, wie
bei dem
Menschen, so in Gott; daß nicht, was gut, Gott wolle, sondern, was als
Wille
Gottes sich kundgebe, uns unter dem
Gesichtspunkt
des
Guten erscheine; daß alle
Wissenschaft, auch die
Ethik, Erfahrungswissenschaft, alle
Erfahrung zufällig sei.
Diese
Grundsätze haben Duns Scotus
und seine
Schüler im ständigen
Kampf mit den
Thomisten
durch das ganze Gebiet
der
Dogmatik durchgeführt; der Streit spitzte sich zuletzt zu in der bekannten
Kontroverse über die sündlose
Empfängnis der
Jungfrau
Maria, unter deren
Protektion Duns Scotus
seine ganze Lebensarbeit gestellt hatte. Seine Hauptwerke sind in dem sogen.
»Opus oxoniense sive anglicanum« vereinigt; eine vollständige
Ausgabe besorgte der
Franziskaner Wadding
(Leid. 1639, 12 Bde.).