Dünen
,
durch den
Wind aufgehäufte
Hügel von
Flugsand im
Binnenland
(Sahara,
Ägyptische
Wüste,
Banat, in kleinem
Maßstab
[* 2] auch Norddeutsche Tiefebene), besonders aber (Seestrandsdünen
) an flachen sandigen
Küsten der
Meere (preußische
und russische Ostseeküste, auf den
Inseln
Ösel und
Dagö; an der
Nordsee im W. von
Holstein,
Schleswig
[* 3] und
Jütland, auf
Sylt,
Föhr,
Helgoland,
[* 4]
Norderney,
Borkum; an der Westküste von
Frankreich, in der
Bretagne, namentlich in den
Landes, in
Ägypten,
[* 5] an der
Westküste
Afrikas, der Südküste
Australiens, in
Florida etc.). Die
Hügel sind meist 10-15 m, in vielen
Fällen 30-40, in einzelnen 100, ja 180 m hoch, gegen das
Meer oder gegen die
Richtung des herrschenden
Windes in unverritztem
Zustand flacher (5-15° geneigt), gegen die Landseite steiler abfallend (im
Mittel 30°). Der unter einem sehr stumpfen
Winkel
[* 6] die
Küste treffende, von der Strandoberfläche unter gleich stumpfem
Winkel reflektierte
Seewind treibt
den von der
Ebbe trocken gelegten
Sand vor sich her und hebt ihn in die
Höhe, bis bei schwächer werdendem
Sturm die Sandkörner
durch ihr eignes
Gewicht sinken und sich im natürlichen Böschungswinkel absetzen, ein
Prozeß, welchen die beigegebene Abbildung
genugsam erläutern wird.
Bei recht typischer
Entwickelung kann man drei Dünen
reihen unterscheiden: die Vordüne, welche das vom
Meer geförderte
Material
zunächst empfängt;
die hinter dieser liegende hohe Düne, welche den Flugsand später aufnimmt und sich infolgedessen allmählich erhöht;
endlich die Innendüne, niedrigeres, hinter der hohen Düne liegendes Gehügel, welches sich aus jenen Sandmassen bildet, die vom Wind entweder durch unverbaute Klüfte durch-, oder über den nackten Grat der hohen Düne hinübergeführt werden.
Die aufgehäuften Dünen
zeigen, solange sie unbewachsen sind., keine
Beständigkeit;
Wind und
Regen nagen
an ihnen, Abbruch der
Küste und Hereinbrechen von
Sturmfluten untergraben ihren
Fuß und erzeugen steile
Abstürze, auch gegen die
See zu. Wo das
Meer infolge ununterbrochener, durch den künstlichen Strandbau geförderter oder
erzwungener Anhegerung (Aufschwemmung) im Zurückweichen begriffen ist, werden seewärts immer neue Dünen
gebildet.
Aber auch landeinwärts sind die Dünen
, wenn ihnen nicht durch Menschenhand Einhalt geboten wird, in beständigem
Vorrücken begriffen, indem der
Wind den
Sand auf der Strandseite empor- und über den
Grat der Dünen
hinwegtreibt.
Die
Schnelligkeit dieser
Wanderung ist ganz und gar von lokalen Verhältnissen abhängig, an vielen
Orten aber so bedeutend,
daß
sie den hinter den Dünen
liegenden Ortschaften höchst verderblich wird. Auf
Sylt schreiten die Dünen
jährlich
4,4 m von W. nach O. vor, auf der
Frischen Nehrung hat man ein jährliches Fortschreiten von 3,75-5,6
m beobachtet, und bei
St.-Paul de
Léon in der französischen
Bretagne haben die Dünen
seit 1666 bei einem jährlichen Vordringen
von mehr als
[* 1]
^[Abb.:
Schema der Dünen
bildung.]
¶
mehr
9 m (Reclus gibt sogar 20-25 m an) den ganzen Küstenstrich mit einem Sandmeer bedeckt, aus welchem nur noch Spuren einiger
Kirchtürme hervorragen. So auch die bedeutendsten Dünen
Europas, die auf der Kurischen Nehrung. Dieselbe besitzen eine durchschnittliche
Kammhöhe von 37-47 m und erreichen an manchen Stellen nahezu 63 m Höhe, sie wandern von der See zum Haff
und haben schon 2/3-¾ dieses Wegs vollendet; sechs Dörfer sind bereits vollständig von diesen Dünen
begraben, und das ehemalige
Kirchdorf Punzen kommt jetzt auf der Seeseite der darüber hingeschrittenen Düne wieder zum Vorschein. Die Schnelligkeit dieser
Wanderung beträgt etwa 5,5 m im Jahr, und man nimmt an, daß in wenig
mehr als 200, spätestens aber in 500 Jahren das Haff von den Dünen
ausgefüllt und mit der Nehrung und dem Memeldelta nivelliert
sein wird.
Nicht minder sind solche fortschreitende Versandungen aus dem Binnenland bekannt. Der Sand der Sahara, der Libyschen Wüste, der Gobiwüste hat allmählich viel kultiviertes Land überdeckt, die östlichen Ufer des Kaspischen Meers unterliegen ebenfalls und zwar von O., der Landseite, her der Versandung, und in der Banater Sandwüste wandert eine 6,5 m hohe Düne jährlich etwa 4 m von W. nach O.
Im Gegensatz zu dieser das Kulturland verwüstenden Thätigkeit der Dünen
können dieselben
aber auch von großem Nutzen sein, insofern die meisten flachen Küstenländer Europas ihr Dasein fast nur diesen natürlichen
Wällen verdanken, welche das dahinterliegende flache, oft sogar unter dem Meeresspiegel gelegene Land vor dem Einbruch der
Fluten schützen. Meist findet sich hinter der Dünenzone
eine Reihe von Sümpfen, Mooren, Teichen und Seen,
gebildet durch Ansammlung von süßem Wasser, welches bisweilen durch Kanäle und natürliche Durchbrüche mit dem Meer in Verbindung
steht (Zuidersee, Haarlemer Meer etc.). In den kleinern dieser Dünenseen
findet sich eine kräftige Vegetation von Sumpf- und
Moospflanzen und eine fortschreitende Torfbildung, die aber von Zeit zu Zeit durch den Einbruch der Düne
und deren Zerstörung abgeschlossen wird.
Die den See ausfüllenden Sandmassen bedecken das Torflager, und unter ihrer Last entsteht ein Torf (Martorf), der etwa viermal
schwerer als gewöhnlicher Torf, deutlich geschichtet, schieferig und bisweilen kaum von Braunkohle zu unterscheiden ist. Das
Innere des Dünen
strichs selbst erscheint ungemein öde und eintönig, die kärgliche Vegetation hat fast
nur Strandgräser (Arundo arenaria und baltica, Elymus arenarius, Triticum junceum, Carex arenaria etc.) aufzuweisen, und auch
die Fauna ist sehr arm.
Um den Abbruch der Küsten durch Wellenschlag und Strömung zu verhindern, die Ausbreitung des Flugsandes ins Land
herein aufzuhalten, dem Seewind Objekte entgegenzustellen, welche seine verderbliche Gewalt schon beim Eingang in das Land zu
mäßigen im stande sind, und um die Versandung der Häfen zu verhüten, ergreift man gewisse Kulturmaßregeln, welche als
Stranddünenbau
zusammengefaßt werden. Man begünstigt die Bildung einer Vordüne und einer hohen Düne und sucht
mittels dieser Schutzdünen
den aus dem Meer beständig angewehten Sand aufzufangen und festzuhalten.
Die Kultur dieser Dünen hat nicht auf den Feldertrag ihres Bodens zu sehen, sondern ist lediglich als eine Maßregel der Kulturpolizei zu betrachten, während man allerdings von den hinter ihnen liegenden Binnendünen auch einen finanziellen Ertrag zu erhalten strebt. Der Seedünenbau ist hauptsächlich in Deutschland, [* 8] Flandern und Holland ausgebildet worden und beginnt mit der Anlage einer Vordüne, welche etwa 40 m von der Strandlinie entfernt in möglichst gerader Linie verläuft.
Man errichtet, wo die Düne laufen soll, zwei parallele, 1,5 m hohe Reisigzäune in etwa 2 m Entfernung voneinander und bepflanzt die während eines Sommers angewehte Düne mit Arundo und Elymus arenarius, welche alsbald einen Rasen bilden. Die hohe Düne hat den Seewind aufzuhalten und durch Baum- und Strauchanpflanzung zu mäßigen; von den dort gedeihenden Dünenkiefern (an der Ostsee), Lycium barbarum und dem Sanddorn ist aber niemals ein Ertrag zu erwarten, und auch die Forderungen der modernen Forstwirtschaft sind an diese Anpflanzungen nicht zu stellen.
Auf Norderney sind beachtenswerte Versuche mit Pinus maritima gemacht worden. Die Kultur der Binnendünen, welche die Festlegung des Sandes (zum Teil, um das Wandern der Dünen zu verhüten) bezweckt, fällt größtenteils mit der Kultur des Flugsandes überhaupt zusammen und wird in verschiedener Weise ausgeführt (s. Flugsand).
Vgl. Forchhammer, Geognostische Studien am Meeresufer (im »Neuen Jahrbuch für Mineralogie und Geognosie« 1841);
Hartig, über Bildung und Befestigung der Dünen (Berl. 1830);
Krause, Der Dünenbau an den Ostseeküsten Westpreußens (das. 1850);
Hagen, [* 9] Handbuch der Wasserbaukunst (3. Teil: »Das Meer«, das. 1864);
Graf Baudissin, Bericht über die Dünen der Insel Sylt (Flensb. 1865);
Berendt, Geologie [* 10] des Kurischen Haffs (Königsb. 1869);
Wessely, Der europäische Flugsand und seine Kultur (Wien [* 11] 1873);
Czerny, Wirkung der Winde [* 12] auf die Gestaltung der Erde (»Petermanns Monatshefte« 1876);
Keller, Gestaltung der Sandwüsten (»Zeitschrift für Bauwesen« 1881).
Vorzügliche, auch photographisch vervielfältigte Studienzeichnungen von Dünenlandschaften lieferte Dreesen.