Dublin
,
[* 1]
Grafschaft in der irischen
Provinz
Leinster, 918 qkm (16,6 QM.) groß. Die Oberfläche des
Landes ist meist wellenförmig,
und nur im S. steigen die
Berge zu bedeutender
Höhe an (Kippure
Mountain, 754 m.). Nördlich von der breiten
Dubliner
Bai springt die nur durch eine schmale
Landenge mit dem
Festland verbundene, 172 m hohe
Halbinsel
Howth ins
Meer vor.
Der
Liffey ist der bedeutendste
Fluß, und der
Grand Canal und
Royal Canal sowie
Eisenbahnen vermitteln den
Verkehr
mit dem Innern.
Weide

* 3
Weide.
Die
Bevölkerung
[* 2] zählte 1881: 418,910 Einw. (76 Proz. Katholiken).
Der
Boden ist thonig und kalt und dem
Ackerbau nicht besonders günstig, doch sind etwa 39 Proz. desselben bebaut; 46 Proz.
dienen als
Weide,
[* 3] 2 Proz. sind Waldung. An Vieh zählte man 1881: 21,739
Pferde,
[* 4] 57,683
Rinder,
[* 5] 50,440
Schafe
[* 6] und 13,460
Schweine.
[* 7] Die
Viehzucht
[* 8] dehnt sich auf Unkosten des
Ackerbaues immer mehr aus. Der Fischfang beschäftigt 1833
Fischer.
Der
Bergbau
[* 9] liefert etwas
Blei,
[* 10]
Kupfer
[* 11] und gute
Bausteine. Die
Industrie ist vielseitig und meist in der Stadt Dublin
konzentriert,
war aber früher viel bedeutender.
Garten

* 12
Garten. Dublin
, die Hauptstadt der gleichnamigen
Grafschaft, liegt unter 53° 21' nördl.
Br. und 6° 17' westl. L. v. Gr.
an der Mündung des
Liffey in die
Bai von Dublin
(s. das Situationskärtchen)
u. ist eine der schönsten
Städte
Großbritanniens.
Sie ist teilweise in einer
Ebene, teilweise auf sanft ansteigenden
Höhen erbaut, wird von dem
Liffey durchschnitten und
von der Circular Road, einem mit
Bäumen besetzten, etwa 12 km langen
Boulevard, umspannt. Jenseit dieser Circular Road liegen
die zahlreichen Vorstädte (unter welchen Ringsend an der Mündung des
Liffey,
Donnybrook,
Rathmines mit Rathgar und
Pembroke
im S.,
Kilmainham im W.,
Glasnevin und
Clontarf im N. am bemerkenswertesten sind) und der 710
Hektar große
Phönixpark mit der
Residenz des
Lord-Lieutenants, dem großartigen
Büreau für die
Landesaufnahme, einer 63 m hohen
Wellington-Säule,
einem Denkmal
Chesterfields, zoologischem
Garten
[* 12] und schönen
Anlagen.
Die beiden Stadthälften stehen durch zehn Brücken [* 13] in Verbindung, von welchen die Carlislebrücke, mit Denkmälern des Feldmarschalls Lord Gough und O'Connells an ihren Enden, 114 m lang ist. Die Ufer des Flusses sind mit Granitquadern eingefaßt, und große Seeschiffe können jetzt ohne Schwierigkeit bis an die unterste Brücke [* 14] gelangen, wo sie an den schönen Kais anlegen können. Großartige Docks, von Warenhäusern umgeben und für Schiffe [* 15] von 7 m Tiefgang zugänglich, stehen mit dem untern Liffey in Verbindung, und Güter können von ihnen vermittelst der beiden schon oben erwähnten Kanäle und der Eisenbahnen direkt ins Innere des Landes geschafft werden.
Der Außenhafen wird durch zwei ins Meer hinausgebaute Dämme geschützt, von welchen der nördliche 2700 m, der südliche 4300 m Länge hat. Die enge Einfahrt in den Hafen ist durch das Poolbeg-Leuchthaus kenntlich gemacht und wird durch auf dem südlichen Damm errichtete Batterien verteidigt. Die östlich vom Schloß gelegenen Stadtteile sind die neuesten und schönsten, haben breite, gerade Straßen, schöne Plätze und Squares und eine größere Anzahl von öffentlichen Gebäuden, welche jede Hauptstadt zieren würden.
Unter den Straßen zeichnet sich aus die 52 m breite, 600 m lange Sackville Street, welche sich von der Carlislebrücke aus nach N. erstreckt und neben glänzenden Läden und großartigen Gasthöfen das Hauptpostamt (mit ionischem Portal), eine 37 m hohe Säule mit dem Standbild Nelsons und ein Denkmal Smith O'Briens enthält. Unter den öffentlichen Plätzen des östlichen Stadtteils ist Stephens Green der größte, Merrion Square der schönste. Auf ersterm (8 Hektar groß) steht eine Reiterstatue Georgs II., auf letzterm (5 Hektar groß) Denkmäler des Prinzen Albert und W. Dargans, des Urhebers der Ausstellung von 1853. Außerdem sind zu erwähnen: das College Green mit Trinity College und der Bank, wo die Hauptverkehrsstraßen der Stadt zusammenlaufen, mit den Standbildern Wilhelms III., Oliver Goldsmiths und Edmund Burkes;
die schönen College Gardens (bei Trinity College) und die Castle Gardens (Schloßgärten);
Fitzwilliam Square und Mountjoy Square, letzterer im höher gelegenen nordöstliche Stadtteil.
Einen schreienden Kontrast mit diesem wohlhabenden und schonen Ostteil der Stadt bildet das meist von Arbeitern bewohnte Westend mit seinen abschreckend engen und schmutzigen Gassen. Unter den gottesdienstlichen Gebäuden der Stadt gebührt der erste Platz der im 14. Jahrh. erbauten protestantischen Kathedrale St. Patrick, mit 91 m hohem Spitzturm, dem Grabmal Swifts und dem im Chor aufgehängten Banner der Ritter von St. Patrick. In einem Gebäude in der Nähe befindet sich die aus 17,000 Bänden bestehende Bibliothek des Erzbischofs Marsh. Älter als diese Kirche ist die der Dreifaltigkeit (auch Christ Church genannt), welche im 12. Jahrh. erbaut wurde und ein Denkmal Strongbows vom Jahr 1171 enthält.
Festung (Allgemeines;

* 16
Festung.
Beide
Kirchen sind jüngst auf
Kosten zweier
Bürger von Dublin
, eines
Brauers und eines Whiskeybrenners, restauriert worden. Unter
den übrigen
Kirchen sind die 1816 erbaute katholische
Kathedrale mit dorischem
Portikus, die neugotische Andreaskirche und
die im griechischen
Stil erbaute Georgskirche hervorzuheben. Mitten in der Stadt, auf einer Anhöhe, liegt
das
Schloß, ursprünglich
Festung
[* 16] und seit 1560
Residenz des
Statthalters. Das
Archiv befindet sich in dem 1411 erbauten
Birmingham-Turm,
dem ältesten Teil des
Schlosses.
Die dem Handel gewidmeten öffentlichen Bauten gereichen der Stadt zur höchsten Zierde, und namentlich das 1791 erbaute, unterhalb der Carlislebrücke am North Wall genannten Kai und bei der Landestelle der Dampfboote gelegene Zollhaus ist ein imposantes Gebäude mit 115 m langer Fassade, dorischem Portikus und einer 38 m hohen, von einem Standbild der Hoffnung gekrönten Kuppel. Die Bank von Irland, Trinity College gegenüber, war früher Versammlungsort des irischen Parlaments; das Gebäude wurde 1739 vollendet und ist von einer kreisförmigen, ionischen Säulenhalle umgeben.
Westlich von der Bank, in Dame Street, stehen die Commercial Buildings, in welchen die Stockbörse, Handelskammer etc. ihren Sitz haben, und noch weiter westlich, in der Nähe des Schlosses, befindet sich die Börse (Royal Exchange), ein mit korinthischen Säulen [* 17] geschmückter Rundbau mit Kuppel, 1779 errichtet. Die Kornbörse liegt am rechten Ufer des Liffey, dem Zollamt schräg gegenüber, und wurde ursprünglich von O'Connell zur »Versöhnungshalle« bestimmt, in welcher ein zu gründendes irisches Unterhaus seine
Dublin

* 19
Seite 5.183.
[* 1]
^[Abb.:
Wappen
[* 18] von Dublin.]
¶
mehr
Sitzungen halten sollte. Die umfangreiche Linnenhalle im nördlichen Teil der Stadt ist längst ihrem ursprünglichen Zweck entfremdet und dient jetzt als Warenlager.
Die eigentliche Stadt innerhalb der Munizipalgrenzen nimmt eine Oberfläche von 1542 Hektar ein und zählte 1881: 249,602 Einw. (1861: 254,808). Der Polizeibezirk, der indes neben den Vorstädten auch Kingstown (s. d.) umfaßt, erstreckt sich über 4330 Hektar und hatte 1881: 349,648 Einw. (1861: 313,437).
Als Fabrikstadt kann Dublin
mit andern, günstiger gelegenen Städten nur schwer konkurrieren, denn es fehlt ihm an Wasserkraft,
und Kohlen müssen aus größerer Entfernung zugeführt werden. Immerhin aber beschäftigen die gewerblichen Anstalten der
Stadt (1881) noch 23,432 Menschen. Wichtig sind namentlich die Maschinenbauwerkstätten (mit 710 Arbeitern),
die Gießereien, Möbelfabriken, Kutschenfabriken, chemischen Fabriken, eine Reede für den Bau eiserner Schiffe, die Textilfabriken,
Buchdruckereien (mit 1480 Arbeitern), Glashütten, Tabaksfabriken, Brauereien und Whiskeybrennereien.
Weberei

* 20
Weberei.
Weltbekannt sind Dubliner
Stout (Guinneß) und Whiskey (Kinahans »L.-L.«, d. h. Lord-Lieutenants). Die von den Hugenotten
eingeführte Weberei
[* 20] halbseidener Stoffe (Poplins) wird noch immer betrieben, wenn auch weniger schwunghaft als gegen Ende
des 18. Jahrh. Von großer Bedeutung ist der Handel. Zum Hafengebiet (einschließlich des 9 km entfernten Kingstown) gehörten
1884: 478 Seeschiffe von 59,293 Ton. Gehalt und 429 Fischerboote. Im J. 1884 liefen 7892 Schiffe von 2,144,377
T. ein. Eingeführt wurden vom Ausland Produkte im Wert von 2,439,915 Pfd. Sterl., namentlich Getreide,
[* 21] Zucker,
[* 22] Spirituosen, Petroleum
und Tabak.
[* 23] Die Ausfuhr betrug 109,864 Pfd. Sterl. Sehr lebhaft ist der Verkehr mit Großbritannien,
[* 24] nach welchem wöchentlich 56 Passagierdampfer
abfahren.
Von den ungemein zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten sind zu erwähnen: 2 Armenhäuser (6036 Arme), 27 Krankenhäuser (mit 1881: 1420 Kranken), 2 Irrenanstalten (1120 Patienten), 3 Taubstummenanstalten, 3 Blindenanstalten, 29 Versorgungshäuser, 4 Waisenanstalten und ein großes Invalidenhaus (Kilmainham Hospital) für alte Soldaten und Matrosen. Insgesamt lebten 1881: 10,611 Personen in 80 Wohlthätigkeitsanstalten.
Hof (meteorologisch) -

* 25
Hof (meteorologisch) - Hofburgwache.Die der Wissenschaft und dem öffentlichen Unterricht gewidmeten Anstalten sind ungemein zahlreich und vielseitig. An ihrer Spitze steht das 1591 von Elisabeth aufs neue gegründete Trinity College, eine der am reichsten dotierten Universitäten Europas. Das prachtvolle, 1759 von Sir William Chambers im griechischen Stil erbaute Universitätsgebäude umfaßt drei Höfe, an welche ein 8 Hektar großer Garten stößt. Im ersten Hof [* 25] befinden sich die Hörsäle und Wohnungen der Stiftsherren, ein naturwissenschaftliches Museum und die Kirche, im zweiten Hof die aus 200,000 Bänden bestehende Bibliothek.
Ein anatomisches Theater, ein botanischer Garten und eine Sternwarte [* 26] (bei Dunsink) gehören zur Anstalt, deren Vorteile alle ohne Ansehen der Religion genießen können. Neben ihr besteht eine 1854 gegründete katholische Universität, unter Leitung der Geistlichkeit, mit vorläufig 3 Fakultäten und 33 Professoren. Für Bildung von Ärzten sind außer obigen Anstalten noch 4 Schulen thätig, deren eine vom College of Surgeons geleitet wird, während das College of Physicians, ganz wie in England, sich auf Erteilung von Diplomen beschränkt, eine juristische Bildung durch die Advokateninnung von King's Inn möglich gemacht wird. Diesen schließen sich an ein Priesterseminar und eine Anstalt für Ausbildung katholischer Missionäre (All Hallows College). Auch Alexandra College (für Damen)
Dublone - Duboc

* 27
Seite 5.184.
[* 19]
^[Abb.: Situationsplan von Dublin.]
¶
mehr
verdient Erwähnung. Das 1868 eröffnete Royal College of Science (mit 14 Professoren) ist eine polytechnische Schule, die sich eines Staatszuschusses von 7000 Pfd. Sterl. erfreut. Auch die landwirtschaftliche Akademie von Glasnevin (Albert Institution) wird vom Staat unterhalten. An der Spitze der Anstalten für Förderung der Kunst steht die R. Hibernian Academy, welche nicht nur Kunstausstellungen veranstaltet, sondern auch eine Kunstschule unterhält.
Neben ihr sind zu nennen die Metropolitan School of Art (im Nationalmuseum) und die Akademie der Musik. Das erwähnte Nationalmuseum umfaßt eine Bibliothek, naturgeschichtliche und landwirtschaftliche Sammlungen, eine Gemäldesammlung und einen botanischen Garten (bei Glasnevin). Unter den gelehrten Gesellschaften gebührt der erste Rang der 1786 gegründeten Royal Irish Academy für Förderung der Wissenschaften und Altertumskunde, mit wertvoller Bibliothek und Museum.
Chemische Meßkunde - C

* 28
Chemische.Die 1750 gegründete Royal Society bezweckt Förderung des Ackerbaues und der Gewerbe. Außerdem verdienen Erwähnung die Zoologische Gesellschaft (mit zoologischem Garten im Phönixpark), die Geologische Gesellschaft, die Chemische [* 28] Gesellschaft, die Naturhistorische Gesellschaft, der Verein für keltische Altertümer und der Landwirtschaftliche Verein. Die 231 Volksschulen der Stadt wurden 1881 von 26,653 Schülern, die 48 höhern Schulen von 4410 Schülern besucht.
Die Volksschullehrer werden in der Anstalt für Volkserziehung (National Education) Irlands ausgebildet. An öffentlichen Vergnügungsorten
besitzt die Stadt 3 Theater,
[* 29] mehrere Konzertsäle und Musikhallen und einen aus dem Ausstellungsgebäude
[* 30] vom Jahr 1873 hergestellten Wintergarten mit Park, ähnlich dem Kristallpalast Londons. Dublin
ist Sitz des Statthalters (Lord-Lieutenants)
von Irland, eines katholischen und eines protestantischen Erzbischofs, eines deutschen Konsuls und der höchsten Gerichtshöfe
des Landes, welche ihre Sitzungen in den sogen. Four Courts, einem imposanten, 1766-1800 errichteten Gebäude,
halten, dessen Hauptfassade (138 m lang) dem Liffey zugewendet ist.
Außerdem gibt es einen Assisengerichtshof (Session House), ein Stadtgericht, 4 Gefängnisse, 2 Anstalten für jugendliche Verbrecher und 8 Kasernen. Die städtische Verwaltung ruht in den Händen von 15 Aldermen und 45 Councillors (Stadtverordneten), an deren Spitze der jährlich aus den Aldermen hervorgehende Lord-Mayor steht. Das Mansion House (Wohnung des Lord-Mayors) und das mit Bildsäulen gezierte Rathaus (City Hall) [* 31] sind, nebst den bereits erwähnten Gefängnissen und den zwei öffentlichen Armenhäusern, die wichtigsten städtischen Gebäude. Eine vorzüglich organisierte, militärisch ausgerüstete Polizei von 1500 Mann sorgt für Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe.
Dublin
wird von einigen für das Eblana des Ptolemäos gehalten, und sowohl dieser Name als die später gebrauchten Namen Dyvelin,
Dyflin und Dublin
werden von dem keltischen Dubh-linn (»schwarzer Pfuhl«)
abgeleitet. Schon früh ließen sich Normannen hier nieder, bauten ein Fort und bekriegten die Eingebornen, bis sie
ihrerseits den 845 angekommenen Dänen weichen mußten. Das Bistum daselbst wurde 1038 gegründet und 1152 zum Erzbistum erhoben.
Im J. 1170 eroberte der englische Graf Strongbow die Stadt, die darauf dem König Heinrich II. huldigte und bis
ins 15. Jahrh. die Hauptstadt einer besondern Grafschaft war. 1205 wurde das Schloß gebaut und die Stadt
erweitert, 1215 die erste steinerne Brücke errichtet. 1409 erhielt der
Ort einen Mayor, seit 1665 mit dem Lordstitel, und 1541 ward
er Sitz des Vizekönigs. Bis auf die neueste Zeit herab hatte die politische und kirchliche Opposition Irlands gegen die englische
Regierung ihren Hauptsitz in Dublin
ist der Geburtsort der Dichter John Denham, John Swift, Richard Steele, des
Redners Prinsley Sheridan und andrer berühmter Männer.
Vgl. Gilbert, History of the city of Dublin
(Dubl. 1859, 3 Bde.).