Dualismus
(v. lat. duo, zwei, »Zweiheitslehre«),
jede Weltanschauung, welche bei ihrem
Versuch, das
Rätsel des Daseins zu lösen, von der
Annahme zweier
einander entgegengesetzter Prinzipien ausgeht. Dualismus
im asketischen
Sinn des
Wortes bezeichnet den
Gegensatz zwischen Geistigem
und Sinnlichem, wobei ersteres als das absolut Wertvolle, letzteres als das absolut Wertlose angesehen und dessen völlige
Vernichtung (Abtötung) gefordert wird. Dualismus
im metaphysischen
Sinn ist diejenige
Lehre,
[* 2] welche (wie z. B.
der Cartesianismus) die sogen. geistigen und körperlichen
Erscheinungen auf zweierlei qualitativ verschiedene Grundwesen
(jene z. B. mit
Cartesius auf
Substanzen, deren
Wesen im
Denken, diese auf eine
Substanz, deren
Wesen in der
Ausdehnung
[* 3] besteht)
zurückführt und insofern dem
Monismus, d. h. der
Lehre, daß das
Substrat beider
Reiche von
Erscheinungen
qualitativ dasselbe (entweder durchgehends geistiger, wie der
Spiritualismus, oder durchaus materieller
Natur, wie der
Materialismus
will) sei, entgegengesetzt ist.
Deutschland. Fluß- und

* 4
Deutschlands.
Eine Anwendung des letztangeführten Dualismus
ist der anthropologische Dualismus, infolge dessen der
Mensch als »Doppelwesen«, d. h. als
die
Summe zweier qualitativ entgegengesetzter
Bestandteile, einer immateriellen
Seele und eines materiellen
Leibes, angesehen, in Bezug auf jene als unvergänglich und unsterblich, in Bezug auf diesen dagegen als vergänglich und
sterblich bezeichnet wird. Dieser Dualismus
führt, wie der metaphysische Dualismus überhaupt, die Schwierigkeit
herbei, daß zwischen
Wesen, die qualitativ nichts miteinander gemein haben (wie
Geist und
Materie,
Seele
und Leib), auch die Möglichkeit einer Einwirkung des einen auf das andre (des
Geistes auf die
Materie, der
Seele auf den Leib
und umgekehrt) nicht zu begreifen, ohne die
Annahme einer solchen aber weder die
Erscheinung der Sinnesempfindung (in welcher
das
Innere vom Äußern
Eindrücke empfängt), noch jene der
Bewegung (bei welcher dem Äußern, z. B. einem
Leibesglied,
Impulse vom Innern, z. B. vom
Willen, zu teil werden), noch die thatsächliche Übereinstimmung zwischen Innerm
und Äußerm (Sinnesempfindungen und Sinnesreizen, Willensimpulsen
und
Bewegungen) erklärlich wäre, wenn man nicht zu der
unhaltbaren
Hypothese des sogen.
Okkasionalismus
(Geulings) oder der prästabilierten
Harmonie
(Leibniz) seine
Zuflucht nehmen
will. - In der
Chemie nimmt die dualistische
Theorie an, daß jeder zusammengesetzte
Körper, welches auch die
Anzahl seiner
Bestandteile sein mag, in zwei Teile zerlegt werden kann, von denen der eine positiv, der andre negativ elektrisch
ist. - In der Elektrizitätslehre nennt man dualistische
Hypothese die
Annahme, daß es zwei einander entgegengesetzte
elektrische Fluida gebe, im
Gegensatz zu der unitarischen
Hypothese, nach welcher die elektrischen
Erscheinungen nur durch ein
einziges
Fluidum (den
Äther) verursacht
werden. - In politischer Beziehung versteht man unter Dualismus
die
Teilung der politischen
Gewalt zwischen zwei
Faktoren, insbesondere das
Verhältnis, wonach in einem
Staatenbund zwei (natürlich
die mächtigsten)
Staaten an der
Spitze desselben stehen und die Angelegenheiten des
Bundes leiten, besonders die
Exekutive in
den
Händen haben. So war die zur Zeit des vormaligen
Deutschen
Bundes angestrebte Leitung
Deutschlands
[* 4] durch
Österreich
[* 5] und
Preußen
[* 6] ein Dualismus
, gegenüber der
Trias, dem
System, wonach drei
Staaten die
Exekutive haben sollten, sei es
außer jenen beiden noch
Bayern,
[* 7] sei es dies abwechselnd mit den andern damals bestehenden deutschen
Königreichen. - Dualist,
Anhänger des Dualismus;
dualistisch, auf Dualismus gegründet; Dualität,
Zweiheit.