Du,
s. Duzen.
3 Wörter, 14 Zeichen
s. Duzen.
jemand mit Du anreden, eine Sitte, die bei allen alten Völkern üblich war. Im Mittelalter, nachweislich im 9. Jahrh., kam das Ihrzen (mit Ihr anreden) auf. Bis zum 13. Jahrh. hatte sich etwa folgende Gewohnheit ausgeprägt: geihrzt wurden Höhere von Niedern, der Vater von den Kindern, Geistliche, Fremde, vornehmere Eheleute untereinander etc.;
geduzt wurden Niedere von Höhern, Kinder von Eltern, das gemeine Volk untereinander etc. Im 15. und 16. Jahrh. ward es Sitte, daß Könige, Fürsten und hohe Würdenträger, statt mit Ihr, vielmehr mit ihrem Titel: Majestät, Fürstliche Gnaden, Fester etc. angeredet wurden, und nun ging die Rede in der dritten Person fort und zwar im Singular oder im Plural, je nachdem die Anrede war;
in direkter Beziehung auf den Angeredeten wurde jedoch noch geihrzt.
Seit dem 17. Jahrh. wurde »Herr« und »Frau« in der Anrede bloßes Höflichkeitszeichen; man verband damit anfangs noch Ihr, aber bald fing man
an, die indirekte dritte Person dazuzusetzen (Erzen und Siezen im Singular). So blieb es, als später auch »Herr« und »Frau« weggelassen wurde. Die Anrede per Ihr ward nun eine gewisse Mittelstufe zwischen der tiefsten des Duzens und der höchsten des Erzens und Siezens. Gegen Ende des 17. Jahrh. (die ersten Spuren zwischen 1680 und 1690) begann die feinste Höflichkeit, die Anrede aus der dritten Person des Singulars in die dritte des Plurals zu setzen (Siezen im Plural), und um 1740 war diese Sitte oder Unsitte in der vornehmen Welt allgemein herrschend. In neuester Zeit hat das Duzen, besonders in vertraulichen Kreisen, wieder mehr Platz gegriffen.
Quäker und Tiroler, besonders außerhalb ihres Landes, reden alle Welt mit Du an, und bei erstern ist es Glaubenssache; auch der Dichter hat die Freiheit des Duzens. Von den übrigen europäischen Völkern brauchen die Holländer meist Ihr (gij). In Frankreich wird Du (tu) nur bei dem vertraulichsten Verkehr unter intimen Freunden und in der Familie angewendet. Nimmt das Gespräch selbst unter diesen eine weniger vertraute Wendung, so tritt oft plötzlich das gebräuchlichere vous an dessen Stelle.
Auch Kinder werden von Fremden und Lehrern vous genannt. Die dritte Person wird von Franzosen nur bei höhern Titeln angewendet. In England gehört die Anrede Du (thou) zu den seltensten Ausnahmen; in der Regel beschränkt sich deren Anwendung auf das Gedicht und das Gebet bei der Anrufung Gottes. Dagegen ist in Italien lei, Sie, in Spanien usted und in Portugal vóssê, eine Zusammenziehung aus vossa mercê (span. vuestra merced, Euer Gnaden), mit der dritten Person des Singulars üblich und nur in vertraulicherer Rede Du oder Ihr im Brauch.
Den Schweden ist Du (du) die vertrauliche und väterliche Anrede, er die an weniger bekannte Personen von geringerm Stand und ni das Zeichen besonderer Hochachtung; die Dänen brauchen stufenweise Du (du), Ihr (j) und Sie im Plural (de); doch konstruieren Dänen wie Schweden zu ihrer pluralen Anrede das Verbum im Singular. Die vornehmen Russen, Böhmen, Serben, überhaupt die Slawen, reden, wie die Neugriechen, mit Ihr an; nur die Polen duzen sich oder sprechen in der dritten Person mit Pan oder Pani (Herr oder Frau).