Dschengis
-Chan
(»der sehr mächtige
Chan«, eigentlich
Temurdschi mit
Namen), wurde im J. 1154 als Angehöriger des mongolischen
Volksstammes geboren. Erst mit dem 40. Lebensjahr läßt ihn die Geschichte auftreten. Der erste Gegner
von Bedeutung, über den Dschengis
-Chan
im J. 1202 triumphierte, war Ong-Chan,
Fürst des benachbarten Keraitstammes. Mit diesem folgte
der
Sturz der vereinzelten Türkenstämme der Ojuraz, Kungraz und Naiman. 1206 hatte sich Dschengis
-Chan
bereits sämtliche
Nomaden der Gobiwüste unterworden und wurde vom Kuritta, einer Versammlung von
Mongolen, zum Dschengis
-Chan
erklärt;
er schlug seinen Sitz in
Karakorum auf.
Eine neue
Gesetzgebung wurde nun von ihm erlassen, Aszan genannt, worin (mit Beibehaltung der traditionellen
Gebräuche und
Rechtsgewohnheiten) der
Krieg als erste
Pflicht aufgestellt war. Von den östlichen
Uiguren entlehnte Dschengis
-Chan
für seine
Nomaden eine
Religion und für ihre
Sprache
[* 3] Schriftzeichen.
Nun begann er 1211 seinen Siegeslauf als Eroberer. Er überstieg
die
Chinesische Mauer, erstürmte
Peking,
[* 4] zwang den
Kaiser von
China
[* 5] zur Entrichtung eines
Tributs, wandte sich hierauf gegen
Westen, unterwarf die tatarischen
Stämme und drang gegen den
Charesmer
Fürsten
Sultan
Mohammed vor (1218). Er teilte sein mächtiges,
600,000 Mann starkes
Heer in vier Teile.
Den ersten Heerhaufen befehligten seine
Söhne
Tschagatai und Oktai, und der
Schlüssel
Turkistans von Nordosten her, die
Festung
[* 6] Otrar, fiel. Das zweite
Armeekorps operierte mit gleichem Erfolg gegen Dschend. Es fiel 1219. Das dritte
Korps nahm Binaket
und
Chodshent. Der vierte Heeresteil unter persönlicher Anführung von Dschengis
-Chan nahm
Bochara
1220. Um
Samarkand
sammelten sich die vier Abteilungen wieder. Es fiel 1221.
Transoxanien war somit gänzlich unterworfen.
Mohammed war geflohen
und starb 1220 auf einer kleinen
Insel im
Kaspischen
Meer.
Mit seinem Sohn
Dschelal eddin, der noch einige Zeit heldenmütigen
Widerstand leistete und sich persönlich durch einen
Sprung
in den
Indus rettete, war die Dynastie der
Charesmer vernichtet. Nach Dschengis
-Chans
Grundsatz, niemals
mild zu sein, wurde das bisher blühende Land aufs greulichste verheert, die
Städte wurden zerstört, die Einwohner und
Schätze
weggeführt. Dschengis
-Chan zog sodann nach
Karakorum, seiner Hauptstadt, zurück. 1224 verteilte er sein
Reich unter seine
Söhne dermaßen,
das
China samt der
Mongolei an Oktai, den er zu seinem Nachfolger bestimmte, fiel;
Tschagatai erhielt den Teil von den uigurischen
Küsten bis
Charesm inklusive
Turkistan und
Transoxanien;
Batu wurde
Herr über
Charesm, Descht-i-Kiptschak bis zum
Derbenter
Paß,
[* 7] während Tuli über
Chorasan,
Persien
[* 8] und
Indien gesetzt wurde.
Nachdem er noch 1225 den Herrscher von
Tangut im innern
Asien
[* 9] besiegt hatte, starb er im
August 1226 über
Entwürfen zu neuen
Feldzügen ins südliche
China. Wenigstens 5 Mill.
Menschen haben durch ihn seinen
Untergang gefunden, Zerstörung
und Barbarei bezeichneten überall seine
Spur. Das einzige bekannte Denkmal Dschengis-Chans
ist eine in den
Ruinen
von
Nertschinsk aufgefundene Granittafel mit einer mongolischen, von
Schmidt in
Petersburg
[* 10] entzifferten
Inschrift; sie war als
Denkmal seiner
Eroberung des
Königreichs Sartagol (Karakitai) 1219-20 aufgerichtet worden.
Vgl. La Croix, Histoire du grand Genghizcan (Par. 1710);
F. v. Erdmann, Temudschin der Unerschütterliche (Leipz. 1862);
Vambéry, Geschichte Bocharas und Transoxaniens (Stuttg. 1873);
Douglas, Life of Jenghiz-Chan (a. d. Chines., Lond. 1877).