Dschelâl
ed-dîn Rûmi
, der größte mystische Dichter der
Perser, wurde in
Balch 1207 geboren. Sein
Vater, ein ausgezeichneter
Lehrer der
Philosophie und des
Rechts, von dort vertrieben, wanderte nach
Koma in
Kleinasien aus, wo ihm nach seinem
Tode (1231)
sein Sohn als
Lehrer nachfolgte. Hier wirkte letzterer bis zu seinem erfolgten
Tode in ununterbrochener
Thätigkeit, versammelte einen großen
Kreis
[* 2] von
Schülern um sich und wurde der
Stifter der Mewlewi (pers. Moulewi), des angesehensten
Ordens der
Derwische.
Der im ganzen mohammed.
Orient weitverbreitete Ruhm des Dschelâl
gründet sich auf seinen
«Diwan» oder die Sammlung seiner lyrischen
Gedichte, die zu den schwungvollsten und ideenreichsten der orient.
Poesie gehören. Eine Auswahl gab
Rosenzweig
(Wien
[* 3] 1838) in
Text und
Übersetzung heraus. Noch berühmter aber ist sein «Mesnewi», d. h.
das in Reimpaaren verfaßte Gedicht, ein
Name, der vorzugsweise sehr vielen in ähnlicher Form verfaßten Gedichten beigelegt
wurde. Dieses Werk, welches seine Vorbilder, die «Hadika»
(Ziergarten) des Senaji (gest. 1150) und das «Esrarname»
(Buch der Geheimnisse) des Ferid ed-din
Attar (gest. 1229) übertrifft, enthält in sechs
Büchern 40000 Distichen und ist durchweg
moralischen und ascetischen, allegorischen und mystischen
Inhalts, sodaß
Lehren
[* 4] und Betrachtungen mit Legenden und Erzählungen
abwechseln.
Der gebildete Perser sieht in diesem Gedichte die höchste Vollendung eines Erbauungsbuchs, ein Werk, dessen Aufnahme in Seele und Geist ihn sicher der höchsten Seligkeit, nämlich dem Einswerden mit der Gottheit entgegenführt und ihm als das Produkt höherer, unmittelbarer Gottesweihe erscheint. Vom orient. Standpunkt aus betrachtet, gehört das «Mesnewi» zu den bedeutsamsten Schöpfungen des mohammed. Geistes, wenn auch der Abendländer an Gedanken und Form vieles auszusetzen findet. Eine vollständige Ausgabe des «Mesnewi» mit türk. Übersetzung und Kommentar erschien in Bulak (6 Bde., 1835–36), eine andere in Konstantinopel [* 5] (7 Bde., 1872), mehrere in Indien (Bombay [* 6] 1847, Dehli 1863, Lakhnau 1865); eine Übersetzung des 1. Buches lieferte G. Rosen (Mesnewi oder Doppelverse, Lpz. 1849) und Redhouse (The Mesnewi of Mewlānā Jelālu ‚d-din Muhammed, Er-Rūmī, Lond. 1881), der auch die Übersetzung einer 1353 verfaßten Biographie D.s von einem Schüler seines Enkels giebt. –
Vgl. Hammer [* 7] in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie (1851);
Ethé, Morgenländ. Studien (Lpz. 1870).