Dschain
,
Dschaina
, im Sanskrit Jaina,
Name einer weit verbreiteten ind. Sekte, die gleichzeitig
mit dem Buddhismus entstanden ist und mit diesem viele Berührungspunkte hat. Gestiftet wurde sie von Vardhamāna, dem jüngern
Sohne eines Adligen aus dem Geschlechte der
Nāja (Sanskrit Jñata oder Jñati) im heutigen
Bihar. Im 31. Lebensjahre beschloß
er der Welt zu entsagen, verteilte seinen
Besitz und führte mehr als 12 Jahre ein mühseliges Wanderleben
als
Ascet. Im 13. Jahre, als er die höchste Erkenntnis erlangt zu haben glaubte, trat er als Religionsstifter
auf und gründete
die Sekte der Niggantha (Sanskrit Nirgrantha). Er selbst führte fortan den Kirchennamen
Mahāvīra (der große
Held) oder
Dschina (der Besieger); nach letzterm
Namen hat sich die Sekte später ausschließlich genannt.
Nachdem er 29 Jahre lang als
Lehrer gewirkt hatte und im 14. Jahre seiner Thätigkeit durch seinen Schwiegersohn Dschāmāli
eine Spaltung hervorgerufen worden war, starb er zu Pava noch vor
Buddha, dessen
Tod um das J. 480 v.Chr. fällt.
Nach seinem
Tode fand eine zweite Spaltung der Gemeinde statt. Bis auf den heutigen
Tag zerfallen die Dschain
in zwei schon frühzeitig
scharf voneinander getrennte Sekten, die sich gegenseitig befehden, in einigen Dogmen voneinander unterscheiden und eine
völlig getrennte Litteratur haben: die Digambarās, «die den Luftraum zum Kleid
haben», d.h. splitternackt gehen, und die Çvētāmbarās, «die
weiße Kleider haben».
Der Hauptsitz der Digambarās ist der
Süden von
Indien, aber sie sind auch im Norden
[* 2] häufig. Bereits
Mahāvīra soll 13
Monate
nach seiner
Entsagung die Kleider abgelegt haben, und auch bei den
Asceten der Çvētāmbarās gilt völlige Nacktheit als
verdienstlich, ist aber durch den Fortschritt der
Civilisation jetzt sehr eingeschränkt worden. Die Hauptsitze
der Dschain
sind heut Gudschrat, Radschputana und das Pandschab im W. und NW. von
Indien und einzelne
Länder des
Dekans, besonders
Kanara.
Sie sind vorwiegend Kaufleute, die teilweise sehr begütert sind.
Mahāvīra hat in denselben Gegenden im östl.
Indien gewirkt wie
Buddha und hatte dieselben Freunde und Gegner wie dieser, der ihn schließlich in den Schatten
[* 3] gestellt
hat. Beide
Religionen unterscheiden sich vielfach nur durch die
Terminologie, die ihnen aber wesentlich auch gemeinsam ist.
Erscheint doch sogar unter den
Namen des
Mahāvīra auch der
Name
Buddha und unter denen des
Buddha häufig
Dschina; den Dschain
eigen ist der
Titel Titthakara (Sanskrit Tīrthakara), «der Furtfinder», der bei
den Buddhisten Bezeichnung der Irrlehrer ist.
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