Droste
-Hülshoff
,
Annette
Elisabeth, Freiin von, deutsche Dichterin, geb. auf Hülshoff
, dem Stammhaus ihrer
altwestfälischen, speziell altmünsterschen
Familie, siedelte nach dem
Tod ihres
Vaters mit ihrer
Mutter
nach dem Witwensitz Ruschhaus bei
Münster
[* 2] über und lebte seit
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1840 größtenteils bei ihrem Schwager, dem gelehrten Freiherrn Jos. v. Laßberg, auf Schloß Meersburg am Bodensee, wo sie auch starb. Eine ganz eigentümliche Natur voll der reichsten poetischen Anlage und der eigentümlichsten Bildung, vermochte sie sich dem Bann der entschieden katholischen und feudal-patriarchalischen Anschauung, die sie von Jugend auf in sich gesogen hatte, niemals zu entreißen, während anderseits diese Weltanschauung niemals im stande war, den rein humanen Edelsinn und die gemütvolle Wärme [* 4] ihrer Natur zu besiegen. In ihrer Auffassung und Darstellung erscheinen alle die Momente des katholisch-kirchlichen Lebens, der westfälischen Heimatsitten, der aristokratischen Überlieferungen, in denen ein Kern von warmer menschlicher Empfindung, Gemütstiefe und werkthätiger Teilnahme enthalten ist, in leuchtender, fesselnder Wiedergabe.
Höchst charakteristisch ist hier vor allem das in Lev. Schückings Lebensbild (s. unten) zuerst mitgeteilte Bruchstück »Der
Edelmann aus der Lausitz und das Land seiner Vorfahren« oder Gedichte wie »Die Wege
eines Landpfarrers«. Annette v. Droste
-Hülshoff
trat zuerst mit »Dichtungen« (Münster 1837) hervor, deren erzählender
Teil das außerordentliche Schilderungstalent und die realistische Energie der Dichterin bekundete. Voll ausgereift erschien
dann das Talent derselben in ihren »Gedichten« (Stuttg.
1844, 4. Aufl. 1877), durch welche sie sich trotz der vielfach harten, spröden und von knorrigen
Auswüchsen und sprachlichen Provinzialismen getrübten Form zum Rang der hervorragendsten deutschen Dichterin
erhob.
Sie bekundete ihre Meisterschaft namentlich auf dem Gebiet des farbengesättigten Stimmungsbildes sowie auf dem der poetischen Erzählung. Ihre sinnliche Fülle und Frische, das Talent, mit wenigen Zügen zu charakterisieren, die Wärme und Lebhaftigkeit ihrer Teilnahme an den verschiedensten Lebenserscheinungen erheben einzelne ihrer poetischen Erzählungen (»Die Schlacht im Loener Bruch«, »Das Fräulein von Rodenschild«, »Der Geierpfiff«, »Die Krähen«, »Sommernachtstraum«, »Die Schwestern«, »Die Vergeltung« u. a.) zu wahrhaften Meisterstücken. Aus ihrem Nachlaß erschienen: die religiöse Liedersammlung »Das geistliche Jahr« (Stuttg. 1850, 3. Aufl. 1876) und »Letzte Gaben« (Hannov. 1860);
ferner »Briefe« (Münst. 1877, 2. Aufl. 1880);
»Lieder mit Pianofortebegleitung« (das. 1877).
Ihre »Gesammelten Schriften« gaben Schücking (Stuttg. 1879, 3 Bde.)
und Elisabeth Freiin v. Droste
-Hülshoff
(mit Biographie etc., Münst. 1884 ff.)
heraus.
Vgl. Schücking, Annette v. Droste
-Hülshoff
, ein Lebensbild (2. Aufl., Hannov.
1871);
Claassen, Anna Elisabeth Freiin v. Droste
-Hülshoff, Leben und ausgewählte Dichtungen (2. Aufl., Gütersl. 1883).