Drama
diejenige Dichtungsart, die nach bestimmten ästhetischen Gesetzen Begebenheiten der Vergangenheit
als gegenwärtige Handlungen darstellt. Das Drama
tritt bei allen Völkern immer nur dann hervor,
wenn bereits Epos und
Lyrik zu voller Ausbildung gelangt sind; es verbindet die äußere Gegenständlichkeit der epischen
mit der innern Gefühlswelt der lyrischen
Poesie. Mit dem Epos hat es gemein, daß es eine fremde Welt, einen äußern Vorgang
darstellt. Diesen Vorgang erzählt es aber nicht als einen vergangenen: es entfaltet ihn vielmehr vor
unsern
Augen.
Die beteiligten
Personen erscheinen vor uns und setzen in dem die Handlung weiter führenden Dialog und in dem meist einen
Ruhepunkt bezeichnenden
Monolog den freien Erguß ihrer Empfindungen und die Beweggründe ihres
Thuns und Lassens auseinander.
Man unterscheidet epische von dramat.
Poesie wie Erlebnisse von Thaten; diese sind das Werk des Willens,
der seinem in die Zukunft gerichteten Streben einen Zweck setzt und in sich selbst den Widerstreit von Gefühlen und Pflichten
durchkämpft. So ist die Welt des Epos die von äußern Umständen bestimmte Begebenheit, die des Drama
die aus der
Charaktereigentümlichkeit entspringende Handlung.
Hieraus erwachsen alle dramat.
Gesetze. Das dramat.
Handeln beschränkt sich nicht auf die einfache störungslose Durchführung
eines bestimmten Zwecks; sondern immer muß ein Kampf zweier Gegensätze vorhanden sein. Gerade durch den innern
Konflikt,
der mit
Notwendigkeit zu einer entscheidenden Lösung hindrängt, unterscheidet sich die dramat.
Handlung von der epischen Begebenheit.
Jene ist um so tiefer, je innerlich notwendiger die Gegensätze
gegeneinander gespannt sind.
Daher die große sittliche Bedeutung des Drama.
Es ist die Dialektik der sittlichen Weltordnung. Das Drama ist
eine Gattung der
Poesie, und daher darf diese Dialektik der dramat.
Handlung nicht in metaphysischer Begriffsmäßigkeit,
sie muß vielmehr nur als der belebende
Herzschlag lebendiger
Personen erscheinen; sie ist Fleisch und
Blut geworden, und das Drama
ist um so poetischer, je lebendiger und individueller die
Personen sind, die diesen Kampf miteinander
bestehen. Als Kunstwerk muß daher das Drama
vor allem nach sinnlicher
Illusion streben. Deshalb stellten franz.
Theoretiker früher den
Kanon der sog. drei Einheiten, d. h. Einheit (s. d.)
der Handlung, der Zeit
(Beschränkung der Handlung auf die Zeit eines Sonnenlaufs oder höchstens 3
Tage) und des Ortes, als
höchstes Gesetz auf. Allein diese Forderungen finden sich weder in
Aristoteles’
«Poetik», auf die sich jene beriefen, noch
bei den
Mustern der dramat.
Kunst. Einheit der Zeit
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