Dragomirow
,
Michael Iwanowitsch, russ. General, geb. 1830, trat 1849 als Offizier in das Leibgarde-Semenowsche Regiment, besuchte dann bis 1856 die Generalstabsakademie und zeichnete sich hier so aus, daß er in den Generalstab versetzt und bald zum Professor der Taktik an der Akademie ernannt wurde. Als Oberst machte er 1866 im preußischen Hauptquartier den Feldzug gegen Österreich [* 2] mit, ward aber dadurch kein Freund Preußens [* 3] und schätzte dessen Heerwesen gering.
Schon 1868 zum
Generalmajor befördert, war er mehrere Jahre Generalstabschef des Militärbezirks
Kiew
[* 4] und erhielt 1876 den
Oberbefehl über die 14.
Division. Diese bildete 1877 im
Kriege gegen die Türkei
[* 5] die
Vorhut der Donauarmee, und Dragomirow
zeichnete
sich beim Übergang über die
Donau bei Sistowa aus. Im ersten
Gefecht am
Schipkapaß wurde er so schwer
am
Schenkel verwundet, daß er zwar geheilt wurde, aber längere Zeit nicht felddienstfähig war. Er wurde daher zum
Direktor
der Generalstabsakademie ernannt und übte durch seine
Vorträge und seine
Schriften (»Vorlesungen über
Taktik«;
»Skizze über
den österreichisch-preußischen
Krieg«; »Leitfaden für die Vorbereitung der russischen
Truppen zum
Kampf«,
deutsch, Hannov. 1882, 2
Tle., u. a.) zehn Jahre lang einen sehr wirksamen Einfluß auf die
Ausbildung der russischen Generalstabsoffiziere
aus.
Auch wurde er zu den militärischen Übungen im
Lager
[* 6] von
Krassnoje Selo zugezogen, um sein
Urteil über die selben abzugeben,
das als maßgebend angesehen wurde. Obwohl erst
Generalleutnant, wurde er 1889 zum Oberbefehlshaber des
Militärbezirks
Kiew ernannt und damit zum Anführer der gewaltigen, in den südwestlichen
Provinzen vereinigten Truppenmacht
für den
Fall eines
Kriegs mit
Österreich bestimmt. Dragomirow
ist ein
General von bedeutenden Kenntnissen und genialen
Ideen, von Entschlossenheit
und Umsicht;
Suworow ist sein Vorbild. In politischer Beziehung
ist er einer der leidenschaftlichsten Panslawisten
und haßt
Deutschland
[* 7] ebenso glühend, wie er für
Frankreich begeistert ist; während seiner Anwesenheit bei den Truppenübungen
in
Frankreich 1884 gab er diesen
Gefühlen so lebhaften
Ausdruck, daß er von der
Regierung verleugnet wurde.