Feodor Michailowitsch, hervorragender russ. Romanschriftsteller, geb. 11. Nov.
zu
Moskau,
[* 2] ward in der kaiserlichen
Ingenieurschule zu
Petersburg
[* 3] erzogen und erhielt dann als
Offizier eine
Anstellung
im Ingenieurdepartement, nahm aber schon nach wenigen
Jahren (1844) seinen
Abschied, um ganz seinen litterarischen
Neigungen zu folgen. Das erste Werk, durch welches er die
Aufmerksamkeit auf sich lenkte, war der
Roman »Die armen Leute« (1846),
der von seinem
Talent, das in einer bemerkenswerten Begabung für die
Darstellung geheimster Seelenregungen gipfelte, bereits
Zeugnis ablegte.
KleinereNovellen und
Erzählungen, wie:
»WeißeNächte«, »Der
Doppelgänger« etc., folgten
nach. Um diese Zeit wurde seine litterarische Thätigkeit gewaltsam unterbrochen: in den
Prozeß des Kommunisten Petroschewskij
^[richtig: Petraschewskij] verwickelt, ward Dostojewskij zu zwölfjähriger Sträflingsarbeit in den
BergwerkenSibiriens verurteilt
und im
Dezember 1849 dahin abgeführt.
Die Thronbesteigung
Alexanders II. brachteDostojewskij zunächst
Befreiung von den Zwangsarbeiten, bald auch (1859)
die Erlaubnis zur Rückkehr nach St.
Petersburg. Hier schrieb Dostojewskij die
»Memoiren aus einem Totenhaus« (Petersb. 1860; deutsch,
Leipz. 1864), eins seiner eigentümlichsten Werke, in welchem er seine Erlebnisse in
Sibirien mitteilte und besonders durch
die meisterhafte und ergreifende Schilderung der dort büßenden Verbrecher das
Interesse in hohem
Grad
fesselte.
Sodann erschienen: »Die Erniedrigten und
Beleidigten«,
Bilder aus dem
Leben des städtischen Proletariats (1861),
und sein Hauptwerk:
»Verbrechen und
Strafe« (Petersb. 1868 u. öfter; deutsch von
Henckel u. d. T.: »Raskolnikow«,
Leipz. 1882, 3 Bde.), ein großer
Roman, in welchem das
Werden der verbrecherischen That und die
Rückwirkung derselben auf die
Seele des Übelthäters
mit psychologischem Tiefblick dargestellt werden. Die spätern
Erzählungen des talentvollen Dichters: »Die
Teufel« (1867),
»Der Idiot« (1869),
»Der Sprößling« (1875),
stehen jenem Werk nach, da der Dichter immer mehr einem konfusen und zugleich
intoleranten Mystizismus zum
Opfer fiel. Derselbe gibt sich denn auch in dem letzten
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großen Roman des Dichters: »Die Gebrüder Karamasow« (1881; deutsch, Leipz.
1884),
wie in den kleinen Monatsheften kund, die er 1876-77 unter dem Titel: »Tagebuch eines Schriftstellers« herausgab, und
worin er über die verschiedensten Themata nach Herzenslust phantasierte. Dostojewskij starb 28. Jan. (a. St.) 1880 in Petersburg. - SeinBruder Michail (gest. 1864 in Pawlowsk) machte sich als Übersetzer von Schillers »Don Karlos« (1848) und
Goethes »Reineke Fuchs« (1861) bekannt.
Fedor Michajlowitsch, russ. Novellist, geb. 11. Nov.
zu Moskau, wo sein VaterArzt am Marienhospital war, kam 1837 nach Petersburg auf die Ingenieurschule,
trat dann als Unterlieutenant ins Militär, nahm 1844 seinen Abschied und widmete sich ganz der Litteratur. Er gehörte dem
Bjelinskijschen Kreise
[* 5] an. 1846 erschien seine erste Novelle «Arme Leute», deren Stoff dem Petersburger Beamtenproletariat entnommen
ist. Dieser folgten andere Novellen, die ebenfalls das kleinbürgerliche Leben behandeln («Der
Doppelgänger», «Herr Prochartschin», «Ein
schwaches Herz», «Netotschka Neswanow»). 1849 in die sog.
«Petraschewskijsche Verschwörung» verwickelt, wurde Dostojéwskij zum
Tode verurteilt, aber zu 10jähriger Zwangsarbeit in Sibirien begnadigt; 1854 mußte er als Gemeiner in die Armee treten. Bei
der Thronbesteigung Alexanders II. begnadigt, ging er nach Twer und später nach Petersburg, wo er eine
lebhafte schriftstellerische Thätigkeit entfaltete. Er starb 9. Febr. Sein erster großer Roman «Die Erniedrigten
und Gekränkten» erschien in dem Journal «Die Zeit» 1861; ferner
schrieb er «Die Memoiren aus dem toten Hause» (eine Schilderung des sibir. Sträflingslebens, in der «Zeit»
1861-62;
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deutsch «Aus dem toten Hause», 2. Aufl., Dresd. 1886),
«Verbrechen und Strafe» (im «Russ. Boten» 1867; deutsch «Raskolnikow»,
übersetzt von W. Henckel, 2. Aufl., Münch. 1886; dramatisiert von Zabel),
«Junger Nachwuchs» (in den «Vaterländischen Memoiren» 1875;
deutsch von Stein, Berl. 1886),
«Die Brüder Karamasow» (im «Russ. Boten» 1879-80; deutsch, Lpz. 1884). Als
Kritiker und Publizist schrieb Dostojéwskij in den sechziger Jahren für seines Bruders Zeitschriften «Die Zeit» und «Die
Epoche», 1873 begann er «Das Tagebuch eines Schriftstellers» in des Fürsten Meschtscherskijs Wochenschrift «Der
Staatsbürger», gab dasselbe gesondert als Monatsschrift 1876-77 heraus, worauf es 1880 wieder
zu erscheinen begann. Eine vollständige Ausgabe seiner Werke und Briefe erschien in 14 Bänden (Petersb. 1882-83). -
Saitschik, Die Weltanschauung D.s und Tolstois (Neuwied 1892).
MichaelDostojéwskij, Bruder des vorigen, machte sich gleichfalls in der russ. Litteratur einen Namen, unter anderm durch seine Übersetzung
von Schillers«DonCarlos» (1848) und Goethes«Reineke Fuchs»
[* 7] (1861). Seine Zeitschrift «Die Zeit» wurde 1863 unterdrückt;
er hatte eine neue, «Die Epoche», begonnen, als er 22. (10.) Juli 1864 zu
Pawlowsk starb.
gab dasselbe gesondert als Monatsschrift 1876-77 heraus, worauf es 1880 wieder zu erscheinen begann. Eine vollständige Ausgabe seiner Werke und Briefe erschien in 14 Bänden (Petersb. 1882-83)