Titel
Doria
,
ursprünglich d'Oria, d. h. Kinder der Oria, der Gemahlin Arduins von Narbonne in der ersten Hälfte des 12. Jahrh., ein altes Adelsgeschlecht in Genua, [* 2] unter dessen Mitgliedern, die in den Kämpfen zwischen Kaiser und Papst auf seiten des erstern standen, mehrere durch geschichtliche Bedeutung hervorragen. Die namhaftesten derselben sind:
1) Oberto, unternahm 1266 einen erfolgreichen Zug gegen Kandia sowie später zwei Seekriege gegen Venedig, [* 3] vernichtete durch den Sieg bei Molara die Seemacht Pisas und erhob die genuesische Seemacht zur ersten ihrer Zeit. Er beherrschte mit den Spinola den Staat unumschränkt.
2) Lamba, schlug die weit überlegene Seemacht der Venezianer unter Dandolo vollständig, doch mit großem eignen Verlust.
3) Filippo, unternahm 1350 einen verheerenden Kriegszug gegen die venezianischen Küsten. Später mit 15 Galeeren ausgesandt, um die aragonischen Plätze in Sardinien [* 4] zu erobern, fand er diese zu stark, segelte deshalb nach Tripolis, eroberte diese Stadt und verkaufte sie an einen mohammedanischen Fürsten für 50,000 Golddublonen. Darauf erfocht er mehrere Siege gegen die Aragonier in Sardinien.
4) Lucian, erhielt 1379 den Oberbefehl über die genuesische Flotte gegen die Venezianer, eroberte den Hafen von Zara [* 5] und brachte dem berühmten Seehelden Pisani 7. Mai eine Niederlage bei. Ein zweiter Seesieg bei Pola [* 6] kostete ihm das Leben.
5)
Ceva, that sich in den
Unruhen, die gegen das Ende des 14. Jahrh.
Genua zerrütteten, hervor und war
mit Veranlassung, daß sich
Genua der Schutzherrschaft
Frankreichs unterwarf. Als 1409 die
Franzosen verjagt und die
Mailänder
als Oberherren anerkannt wurden, erhoben sich die Doria
und
Fieschi zur
Befreiung ihres Vaterlandes, worauf
Ceva mit andern
Patriziern
an die
Spitze der
Regierung kam.
6) Andrea, der berühmteste seines Geschlechts und einer der größten Staatsmänner und Helden seines Jahrhunderts, geb. zu Carrascosa im Genuesischen, diente nach einander dem Papste, dem Herzog Friedrich von Urbino und dem König Ferdinand von Neapel, [* 7] ward nach Beilegung von Bürgerkriegen in Genua zum Generalkapitän ernannt, überwältigte als solcher die unter Ranuccio insurgierten Corsen und erhielt von seinen Mitbürgern 1513 nach Vertreibung der Franzosen den Oberbefehl über die Galeeren. Er vertrieb nun die Franzosen vollends aus den Seeplätzen, reinigte den Golf von Genua von den Seeräubern und schwang sich schnell zum berühmtesten Seehelden seiner Zeit empor. Er unterstützte Janus [* 8] Fregoso, als dieser die Verfassung änderte und Genua unter französische Schutzherrschaft stellte, weil er es für das Interesse der Republik für unerläßlich hielt. Er trat mit seinen eignen und den genuesischen Schiffen in die Dienste [* 9] Franz' I. von Frankreich, wurde 1524 zum Befehlshaber der vereinigten Flotten ernannt und fügte der spanischen Seemacht bedeutende Verluste zu. 1527 erhielt er den Oberbefehl über die vereinigte päpstliche, französische und venezianische Flotte, um gegen die kaiserliche zu operieren, segelte nach dem von den Spaniern besetzten Genua und befreite es von denselben, worauf er die Herrschaft Frankreichs daselbst herstellte.
Sein wohlentworfener
Plan, der Oberherrschaft der
Spanier in Oberitalien
[* 10] ein Ende zu machen, wurde zurückgewiesen
und dagegen zu ungünstiger
Jahreszeit ein
Angriff auf
Neapel versucht, der, wie Doria
vorausgesagt, völlig fehlschlug. Dennoch
sandte er im
Januar 1528 seinen
Neffen Filippo mit zehn
Galeeren zur Unterstützung der
Franzosen vor
Neapel, und dieser schlug
nicht nur den
Vizekönig
Moncada bei
Amalfi, sondern nahm auch viele angesehene
Männer gefangen.
Als
Franz I. auf Dorias
Weigerung, dieselben auszuliefern, die Verhaftnahme Dorias befahl, trat derselbe auf die Seite
Kaiser
Karls V. über unter der
Bedingung, daß die Selbständigkeit
Genuas geachtet werde. Doria
verjagte nun die
Franzosen erst aus
Neapel,
dann aus
Genua und befestigte die
Existenz dieser
Republik durch eine neue
Verfassung. Aus Dankbarkeit gaben
ihm dafür die
Bürger durch Senatsbeschluß den
Titel
»Vater des Vaterlandes und Wiederhersteller der
Freiheit«, erbauten ihm
einen
Palast und errichteten ihm eine
Bildsäule.
Kaiser
Karl V. ernannte ihn zu seinem Oberbefehlshaber zur
See, verlieh ihm
den
Orden
[* 11] des
Goldenen
Vlieses, später auch das
Fürstentum Melsi und das Marchesat
Tursi und erhob ihn zum
Großkanzler des
Königreichs
Neapel. 1532 erfocht an der griechischen
Küste einen der glänzendsten
Siege über die türkische
Flotte. Auch die
Eroberung von
Tunis
[* 12] durch
Karl V.
¶
mehr
1535 leitete er mit Glück. Als 1541 der Kaiser gegen Dorias
Rat eine Unternehmung gegen Algier wagte, wurde die kaiserliche Macht
nur durch ihn vor gänzlichem Untergang gerettet. 1543 schnitt er Chaireddin Barbarossa von der mit diesem verbündeten französischen
Flotte vor Nizza
[* 14] ab. In seinem Alter nahm er seinen Neffen Gianettino (s. den folg.) zum Stellvertreter auf
der See an; die durch des letztern Anmaßungen hervorgerufene Verschwörung des Fiesco 1547 diente nur dazu, das Ansehen Andreas
zu befestigen, welcher trotz der Ermordung seines Neffen seine Mäßigung bewahrte. 1554 vertrieb er die Franzosen aus Corsica.
[* 15] Er starb
Vgl. Guerrazzi, Vita di Andrea Doria
(Mail. 1864, 2 Bde.).
7) Gianettino, Neffe des vorigen, ward von diesem zu seinem Stellvertreter zur See und seinem Erben eingesetzt. Durch Übermut
und Anmaßung erbitterte er aber die Bürger und den Adel Genuas so sehr, daß Giovanni Luigi Fiesco, Graf von Lavagna, eine Verschwörung
gegen die Doria
stiftete, die zum Ausbruch kam, und bei welcher Gianettino ermordet wurde.
8) Giovanni Andrea, Sohn des vorigen und nach seines Vaters Tod Adoptivsohn des Andrea, übernahm 1556 den Oberbefehl über die
im spanischen Dienste stehende genuesische Flotte und überwand den furchtbaren Seeräuber Dragut, befehligte 1560 das
spanische Belagerungsheer vor Tripolis, gewann 1564 ein Seetreffen bei Corsica, führte 1570 den Befehl über die spanische
Flotte, die den Venezianern gegen die Türken zum Entsatz von Cypern
[* 16] zu Hilfe gesandt wurde, verursachte aber durch die absichtliche
Verzögerung seiner Ankunft den Verlust der Insel. Auch an der Schlacht von Lepanto nahm er wenig ruhmvollen
Anteil. Er starb 1606. Von seinem Sohn Andrea stammen zahlreiche Geschlechter ab, wie die Doria
Pamfili, Fürsten von Melfi, in Rom,
[* 17] die Fürsten von Angri in Neapel, die Lamba Doria
in Genua.