Titel
Dohm
,
1) Christian Wilhelm von, politischer und histor. Schriftsteller, geb. zu Lemgo, besuchte das dortige Gymnasium und studierte in Leipzig [* 2] erst Theologie, dann die Rechte. Von Basedows philanthropischen Bestrebungen angezogen, begab er sich zu jenem nach Altona [* 3] und begleitete ihn nach Dessau. [* 4] 1773 kam er als Pagenhofmeister an den Hof [* 5] des Prinzen Ferdinand, Bruders Friedrichs d. Gr., nach Berlin, [* 6] widmete sich jedoch von 1774 an wieder zu Göttingen [* 7] staatsrechtlichen, geschichtlichen und volkswirtschaftlichen Studien, begründete hier mit Boie die Zeitschrift »Das deutsche Museum«, erhielt 1776 eine Professur der Finanzwissenschaft und Statistik am Carolinum in Braunschweig, [* 8] wo er seine »Materialien zur Statistik und neuesten Staatengeschichte« (Lemgo 1777-85, 5 Lfgn.) veröffentlichte, kehrte 1777 nach Berlin zurück, erwarb sich hier durch seine »Geschichte des bayrischen Erbfolgestreits nebst Darstellung der Lage desselben« (Frankf. 1779), durch welche er das Publikum zu Preußens [* 9] gunsten und gegen Österreich [* 10] zu stimmen suchte, die ersehnte Anstellung im preußischen Staatsdienst als Geheimer Archivar und Kriegsrat im Departement der auswärtigen Angelegenheiten und wurde für seine Schrift »Über den deutschen Fürstenbund« (1785) zum Geheimen Kreisdirektorialrat und Gesandten bei dem niederrheinisch-westfälischen Kreis [* 11] und bevollmächtigten Minister am kurkölnischen Hof ernannt.
Als die revolutionären
Bewegungen im
Sommer 1789 in
Lüttich
[* 12] ausbrachen, rechtfertigte Dohm
die preußische
Politik in seinem
Werk »Die
Lütticher
Revolution im Jahr 1789 und das Benehmen
Sr. Königl.
Majestät von
Preußen
[* 13] bei derselben«.
1792-97 hatte Dohm
zeitweise für die Verpflegung der preußischen
Truppen zu sorgen und war gleichzeitig stets bedacht, die
Absichten
Österreichs auszuforschen und dessen etwanigen geheimen Unterhandlungen mit
Frankreich auf die
Spur zu kommen.
Von Friedrich Wilhelm II. geadelt, wurde er 1797 als dritter Gesandter zum Friedenskongreß nach Rastatt [* 14] geschickt und hierauf bei der Organisation der von Preußen neuerworbenen Länder beschäftigt. Im Juni 1804 als Kammerpräsident der eichsfeld-erfurtischen Kriegs- und Domänenkammer nach Heiligenstadt versetzt, harrte er während der französischen Okkupation dieser Lande 1806 standhaft aus und suchte bei Napoleon in Warschau [* 15] für das Interesse derselben zu wirken.
Nach dem
Tilsiter
Frieden von
Joh. v.
Müller bewogen, in westfälische
Dienste
[* 16] überzutreten, ward er als Gesandter König
Jérômes
nach
Dresden
[* 17] geschickt, nahm aber 1810 seine Entlassung und zog sich auf sein
Gut Pustleben bei
Nordhausen
[* 18] zurück. Hier widmete
er den Rest seines
Lebens einem großen Geschichtswerk:
»Denkwürdigkeiten meiner Zeit, oder Beiträge zur
Geschichte vom letzten
Viertel des 18. und vom Anfang des 19.
Jahrhunderts«
(Lemgo 1814-19, 5 Bde.). Dies
Buch enthält eine
Geschichte
Friedrichs II., insbesondere der innern
Verwaltung desselben 1778-86, und zeichnet sich durch
Fülle der Kenntnisse
und ein zwischen
Lob und
Tadel vorsichtig abwägendes
Urteil vorteilhaft aus. Dohm
starb
Vgl.
Gronau, C. W.
v. Dohm
nach seinem
Wollen und
Handeln
(Lemgo 1824).
2)
Ernst, humorist. Schriftsteller, geb. zu
Breslau,
[* 19] studierte in
Berlin und
Halle
[* 20]
Theologie und
Philosophie, bekleidete
darauf eine Hauslehrerstelle in der
Nähe von
Berlin und ließ sich später als
Litterat und Mitarbeiter
an verschiedenen
Zeitschriften in
Berlin nieder. Hier übernahm er Anfang 1849 die Redaktion des Witzblattes
»Kladderadatsch«,
wo sein durch ernste
Studien und gediegene Kenntnisse geschultes
Talent die ihm zusagende
Sphäre fand. Dohm
bewährte sich als
einer der schlagfertigsten und glänzendsten Vertreter der politischen
Satire in
Deutschland,
[* 21] und ein großer
Teil der für das
Blatt
[* 22] gelieferten poetischen Beiträge hat dauernden Wert. Er starb in
Berlin. Als selbständige
Dichtungen von Dohm
erschienen: »Der Trojanische
Krieg« (Berl. 1864),
ein Lustspiel, worin unter der Maske des Trojanischen Kriegs die modernen deutschen Verhältnisse persifliert werden;
der Schwank »Ihr Retter« (das. 1862);
der parodierende dramatische Scherz »Komm her!« (das. 1864);
die virtuos-launigen »Sekundenbilder. Ungereimte
Chronik« (das. 1880) u. a. Von
seinen Übersetzungen aus dem
Französischen und
Spanischen seien
»Lafontaines
Fabeln« (Berl. 1876 bis 1877, mit
Illustrationen
von
Doré) hervorgehoben. - Dohms
Gattin
Hedwig, geb. zu
Berlin, trat für die
Frauenemanzipation
in die
Schranken mit den
Schriften: »Der Jesuitismus im Hausstand« (Berl. 1873);
»Die wissenschaftliche ¶
mehr
Emanzipation der Frau« (das. 1874) und »Der Frauen Natur und Recht« (das. 1876). Auch schrieb sie mehrere kleine Lustspiele: »Der Seelenretter« (1876); »Vom Stamm der Asra« (1876); »Ein Schuß ins Schwarze« (1878) u. a.