Divodurum
4 Wörter, 28 Zeichen
[* 2] ehemals reichsunmittelbares deutsches Bistum im oberrheinischen Kreis, [* 4] dessen Sprengel den mittlern Teil des Herzogtums Lothringen umfaßte und zum Erzbistum Trier [* 5] gehörte.
Der Bischof war Reichsfürst und besaß ein beträchtliches Gebiet innerhalb der Grenzen [* 6] des heutigen Deutsch-Lothringen.
Die Gründung des Bistums fällt wohl noch ins 4. Jahrh. Frankreich nahm 1552 das Bistum in Besitz und erwarb es dann definitiv im Westfälischen Frieden.
[* 2] (hierzu »Karte der Umgebung von Metz«),
Hauptstadt des deutschen Bezirks Lothringen und Festung [* 8] ersten Ranges, liegt am Einfluß der Seille in die Mosel, im Knotenpunkt der Eisenbahnen Metz-Luxemburg, Stieringen-Novéant und Metz-Amanweiler, 180 m ü. M. und hat im allgemeinen ein altertümliches Aussehen. Straßen, Plätze und Thore führen neben den französischen durchweg auch deutsche Namen. Von den letztern sind hervorzuheben: das Bahnhofs- oder Römerthor (Porte Serpenoise) im ¶
S., das Theobalds-, Mazellen- und Deutsche [* 10] Thor im O. und das Diedenhofener und Französische Thor im W. Von den Plätzen sind bemerkenswert: der Königsplatz am Bahnhofsthor, neben demselben die mit Blumenanlagen geschmückte Esplanade mit dem Denkmal des Marschalls Ney und prächtiger Aussicht auf das Moselthal;
der Paradeplatz zwischen der Kathedrale und dem Stadthaus, mit dem Standbild des Marschalls Fabert;
der Ludwigsplatz mit mittelalterlicher Arkadenreihe;
der Theaterplatz mit schönem Brunnen [* 11] und dem Jardin d'Amour;
der große bedeckte Markt zwischen Dom- und Kammerplatz dient als Gemüse-, Obst-, Blumen-, Fisch- und Fleischmarkt. Metz hat 2 evang. Kirchen (darunter die gotische Garnisonkirche mit 97 in hohem Turm), [* 12] 8 kath. Kirchen, von denen die im 13. Jahrh. begonnene, im Anfang des 16. Jahrh. vollendete, im Innern imposante Kathedrale und die St.-Vincentkirche mit schönen gotischen Türmen das meiste Interesse in Anspruch nehmen, und eine Synagoge.
Von den weltlichen Gebäuden sind hervorzuheben: der Justizpalast an der Esplanade, das Gebäude des Bezirkspräsidiums, das Stadthaus, der Hauptbahnhof, das Theater, [* 13] der bischöfliche Palast, mehrere Kasernen, das Arsenal etc. Die Mosel fließt in mehreren Armen an Metz vorüber, von denen der westliche der Hauptarm ist. 14 Brücken [* 14] führen über diese und die Seille. Auf der Insel Chambière ist ein Friedhof mit einem Denkmal für die 1870 hier begrabenen 8400 Franzosen. Metz hat Gas- und Wasserleitung, [* 15] Kanalisation und auf den Hauptplätzen wie in den Hauptstraßen elektrische Beleuchtung. [* 16] Die Zahl der Bewohner beläuft sich 1885 mit der Garnison (Infanterieregimenter Nr. 67, 98, 130 und 131 sowie Nr. 4 und 8 von der bayrischen Armee, 2 Dragonerregimenter Nr. 9 u. 13, eine Abteilung Feldartillerie Nr. 31, ein sächsisches Fußartillerieregiment Nr. 12, ein Bataillon bayr. Fußartillerie Nr. 2 u. ein Pionierbat. Nr. 16) auf 54,072 Seelen, darunter (1880) 13,898 Evangelische, 37,573 Katholiken u. 1592 Juden.
Industrie und Handel haben seit der deutschen Besitznahme wegen der starken Auswanderung französischen Kapitals an Wichtigkeit verloren. Einen Ruf haben die Fabriken in Lederwaren, die Gerbereien, Sattlereien und die Schuhfabrikation. Ferner sind zu nennen Fabriken für Waffen, [* 17] Nadeln, [* 18] grobe Tuche, Hüte, künstliche Blumen etc. Große Eisenwerke befinden sich in mehreren Orten des Landkreises Metz. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle und eine Filiale der Luxemburger Bank, erstreckt sich vorwiegend auf Wein, Branntwein, Likör, Bier, eingemachte Früchte, Leder, kurze Waren, Bauholz, Möbel, [* 19] Steine, Kalk etc. Den Verkehr in der Stadt und mit den wichtigsten Punkten der nächsten Umgegend vermittelt eine Pferdebahn. An Bildungsanstalten besitzt Metz ein Lyceum (Gymnasium mit Realgymnasialabteilung), eine Domschule, eine Lateinschule, eine Realschule, ein Schullehrer- und ein Priesterseminar, eine Taubstummenanstalt, eine Kriegsschule, eine Musik- und eine Zeichenschule, ein Museum mit Bibliothek, Gemäldegalerie, Altertümersammlung und naturhistorisches Kabinett, mehrere gelehrte Gesellschaften und Vereine etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus einem Bürgermeister, 3 Beigeordneten und 32 Gemeinderatsmitgliedern.
Sonst ist die Stadt Sitz des Bezirkspräsidiums, der Kreisdirektion für den Landkreis Metz, eines Landgerichts, einer Steuerdirektion, eines Hauptzollamtes, einer Oberpostdirektion, einer Forstdirektion, einer Oberförsterei, eines Bergreviers, eines katholischen Bischofs, eines reformierten Konsistoriums, eines israelitischen Konsistoriums etc., ferner des Kommandos der 30. Division, der 59. und 60. Infanteriebrigade, der königlich bayrischen Besatzungsbrigade, der 15. Kavalleriedivision, der 30. Kavalleriebrigade, der 4. Fußartillerieinspektion und der 6. Festungsinspektion. In der Umgegend interessieren vorzugsweise die ausgedehnten Befestigungen.
ist immer eine bedeutende Festung gewesen. An die Stelle der Mauerbefestigung trat 1550 die Wallbefestigung, welcher 1562 die Citadelle hinzugefügt wurde. Vauban baute nach 1674 die Werke vollständig um; 1728-31 entstanden das Moselfort auf der West- und das Fort Bellecroix auf der Ostseite. Aus der Abtragung eines Teils der Citadelle ward 1791 die Esplanade geschaffen. Nach 1815 gerieten die Werke in Verfall, wurden aber 1830-45 wiederhergestellt. Napoleon III. begann 1867 mit dem Bau der vier detachierten Forts: Fort St.-Quentin, nicht groß, aber wichtig durch seine die ganze Umgegend beherrschende Lage auf einem 360 m hohen, das Moselthal um fast 200 m überragenden Berg, und Fort Plappeville auf der linken, Fort Queuleu und Fort St.-Julien auf der rechten Moselseite.
Seit der deutschen Besitznahme sind diese Werke außerordentlich verstärkt und vermehrt worden, so daß Metz gegenwärtig zu den stärksten Festungen Europas zählt. Sämtliche Werke tragen deutsche Namen: Feste Prinz Friedrich Karl (früher Fort St.-Quentin), Fort Manstein (Westfort St.-Quentin), Fort K. Alvensleben (Plappeville), Fort Kameke im W. von der Mosel, Fort Prinz August von Württemberg [* 20] (St.-Privat) im S. zwischen Mosel und Seille, Fort Goeben (Queuleu) im SO., Fort Zastrow (Les Bordes) im O., Fort Manteuffel (St.-Julien) im NO., in der Moselebene Fort Hindersin, endlich, unmittelbar mit der Stadtbefestigung zusammenhängend, Fort Steinmetz (Bellecroix) auf der Ostseite und Fort Voigts-Rhetz (Moselfort) auf der Westseite der Stadt.
Die äußern neuen Forts, unter denen Fort Goeben das größte ist, liegen in einer Entfernung von 3300-5000 m von der Kathedrale. Die Umgegend von Metz (le pays Messin) ist sehr fruchtbar, baut schönes Obst (besonders Mirabellen), vorzügliche Gemüse und auf beiden Moselufern, vornehmlich am Fuß des Mont St.-Quentin, ziemlich viel Wein. Zum Landgerichtsbezirk Metz gehören die zehn Amtsgerichte zu Ars a. M., Bolchen, Busendorf, Château-Salins, Delme, Diedenhofen, [* 21] Dieuze, Metz, Sierck und Vic.
ist das alte Divodurum (d. h. »Götterburg«) der Gallier im Gebiet der Mediomatriker, weshalb es auch Mediomatrica hieß, woraus durch Abkürzung Metä, Metis, Mattä und Metz entstanden ist. Nachdem es in der Mitte des 5. Jahrh. durch die Hunnen unter Attila zerstört worden, kam es zum fränkischen Reich und ward bald die Hauptstadt von Austrasien. Ludwig der Fromme fand in der Abtei St. Arnold seine Grabstätte. 843 kam es an Lothar I. und nach dem Tod von dessen Sohn Lothar II. mit dem größten Teil Lothringens im Vertrag zu Mersen 870 an das ostfränkische (Deutsche) Reich. Es stand zunächst unter der Herrschaft des Bischofs, dem wohl auch die Ernennung des Burggrafen zustand. Nachdem dies Amt zu Anfang des 13. Jahrh. erloschen, erwarb Metz die Rechte einer
[* 2] ^[Abb.: Wappen [* 22] von Metz.] ¶
freien Reichsstadt, tritt aber als solche im Mittelalter wenig hervor. Trotz seiner gemischten Bevölkerung [* 24] legte es auf seine Zugehörigkeit zum Deutschen Reich hohen Wert. Karl IV. verkündete hier auf dem Reichstag 1356 die Goldene Bulle, die zuvor zu Nürnberg [* 25] zu stande gekommen war. 1444 ward die Stadt von den Franzosen belagert, jedoch nicht erobert. 1543 versuchte ein Teil der Bürgerschaft mit Hilfe Farels die Reformation in Metz durchzuführen, scheiterte aber an dem Widerstand des Kardinals von Lothringen, und auch der Kaiser verbot die evangelische Predigt.
Die katholische Partei im Rat und die hohe Geistlichkeit erleichterten 1552 die Besetzung der Stadt durch die Franzosen unter Montmorency, die im Einverständnis mit den protestantischen Reichsfürsten handelten; doch war die Mehrzahl der Bürger mit dem Wechsel der Herrschaft höchst unzufrieden, und viele Deutsche wanderten aus. Am hielt König Heinrich II. in Metz seinen Einzug und beauftragte mit ihrer Verteidigung den Herzog Franz von Guise, der auch vom bis in einer denkwürdigen Belagerung gegen Karl V. tapfer standhielt.
Die Stadt verlor zugleich ihre Selbstverwaltung, und der Bischof maßte sich das Recht an, die Behörden zu ernennen. Ludwig XIII. machte 1633 Metz zum Sitz eines Parlaments. Im Westfälischen Frieden (1648) erhielt Frankreich die volle Souveränität über Metz, Toul [* 26] und Verdun [* 27] förmlich zugestanden; aber die alte Größe der Stadt war dahin, und während dieselbe vor 1552: 60,000 Einw. hatte, zählte sie deren 1698 nur noch 22,000, da sehr viele Hugenotten Metz verließen und sich zum großen Teil in Frankfurt [* 28] a. O. ansiedelten;
erst im gegenwärtigen Jahrhundert gewann Metz wieder eine besondere Wichtigkeit.
Mehrere Belagerungen und Einschließungen, so auch 1814 und 1815, hielt aus, ohne zur Übergabe gezwungen zu werden, bis der deutsch-französische Krieg 1870 für Metz folgenschwer eröffnet wurde. Die Stadt, (s. unten) von den deutschen Truppen besetzt, ward im Frankfurter Frieden definitiv an Deutschland [* 29] abgetreten. Von den französischen Einwohnern wanderten viele aus, dagegen viele Altdeutsche ein, so daß deren Zahl bald die altgesessene Bürgerschaft überwog und sie 1886 bei den Gemeinderatswahlen die Mehrheit (19 Stimmen von 32) erhielten.
Vgl. Davilly, Antiquités Mediomatriciennes (Metz 1823);
Coster, Geschichte der Stadt und Festung Metz (Trier 1871);
Westphal, Geschichte der Stadt Metz (Metz 1875-77, 3 Bde.);
Lokalführer von Lang (2. Aufl., das. 1884) und Fischer (das. 1885).
Trotz seiner bedeutenden alten Festungswerke vor einer Beschießung durch die neuern Geschütze [* 30] nicht gesichert, war Metz seit 1867 in aller Eile mit großen detachierten Forts auf den dominierenden Höhen auf beiden Seiten der Mosel versehen worden. Obwohl nur in Erde aufgeführt, machten die Forts von St.-Julien, Queuleu, St.-Quentin und Plappeville die Beschießung der eigentlichen Festung unmöglich; doch waren die zur Verbindung beider Ufer nördlich und südlich im Thal [* 31] begonnenen Forts St.-Eloi und St.-Privat 1870 noch nicht vollendet, auch die übrigen nicht völlig armiert. Metz wurde wegen seiner günstigen Lage und der großen Ausdehnung [* 32] des Platzes bei Beginn des Kriegs zum großen Hauptquartier und Depot der Rheinarmee ausersehen, und Ende Juli 1870 begab sich auch Kaiser Napoleon III. dahin.
Als dann die Siege der Deutschen 6. Aug. jede Aussicht auf offensive Kriegführung zerstörten, wurde die ganze Rheinarmee (Garde, 2., 3., 4. und 6. Korps) auf dem rechten Moselufer bei Metz zusammengezogen, da man daran dachte, an der Französischen Nied eine Schlacht anzunehmen. Doch gab Bazaine, der 12. Aug. den Oberbefehl übernahm, diese Absicht wieder auf und beschloß, über Verdun nach Châlons abzumarschieren, um dort die ganze französische Armee zu der Entscheidungsschlacht zu vereinigen. Am 13. Aug. wurde dies befohlen, am 14. begann das Defilieren der Armee durch die beengende Festung und über die Moselbrücken.
Der von den Unterbefehlshabern des 1. und 7. preußischen Korps improvisierte Angriff auf die abziehenden Franzosen 14. Aug., welcher zu der Schlacht von Colombey-Nouilly (s. d.) führte, sowie mangelhafte Veranstaltungen und fehlende Leitung verzögerten jedoch das Debouchieren der Rheinarmee aus Metz auf die beiden nach Verdun führenden Straßen so sehr, daß selbst am 15. nur geringe Entfernungen zurückgelegt wurden und die Spitzen bereits bei Conflans mit der deutschen Reiterei zusammentrafen.
Napoleon selbst erreichte am 16. noch Verdun, aber bereits am Vormittag wurde der Vortrab des linken Flügels, das 2. Korps, aus seinem Lager [* 33] bei Vionville durch preußische Granaten [* 34] aufgeschreckt, und es entspann sich die Schlacht von Vionville-Mars la Tour (s. d.). Bazaine beging in derselben zunächst den Fehler, daß er die Schwäche des Gegners nicht erkannte und ihm nicht mit seiner großen Übermacht eine entscheidende Niederlage beibrachte. Dann aber ließ er sich von der falschen Anschauung bestimmen, daß der Feind ihn von Metz abdrängen wolle, und daß er vor allem die Verbindung mit diesem Platz festhalten müsse.
Nachdem er durch sein unruhiges Ablösungssystem in der Schlacht alle seine Korps geschwächt, seine Munition verbraucht und doch den Abmarsch nach Châlons nicht erzwungen hatte, ging er am 17. unter die Wälle von Metz zurück und gab den festen Entschluß, sich mit Mac Mahon zu vereinigen, auf, so daß die Trennung der französischen Armee schon damals entschieden war. Er faßte jetzt den Plan, gestützt auf die Festung und durch die in ihr aufgestapelten Vorräte für lange Zeit gegen Mangel gesichert, in seiner beinahe unangreifbaren Stellung auszuharren u. hierdurch überlegene Kräfte der deutschen Armee vor Metz festzuhalten, bis ein Friede oder eine sonstige Wendung ihn aus seiner Isolierung erlösen und er an der Spitze einer unbesiegten Armee entscheidend in die Geschicke Frankreichs würde eingreifen können.
Die Schlacht bei Gravelotte (s. d.) war daher wesentlich eine Verteidigungsschlacht und fiel für ihn deswegen nicht ungünstig aus; einen Versuch, nach Westen durchzubrechen, machte er gar nicht. Die Aufgabe der deutschen Heeresleitung war nun, die erkämpfte Trennung der beiden französischen Heere aufrecht zu erhalten und zu einer bleibenden zu machen. Zu diesem Zweck versuchte man keine strenge Umschließung von Metz, sondern begnügte sich, im Westen und Norden, [* 35] wo man einen Angriff Bazaines zum Zweck seiner Befreiung gewärtigen mußte, genügende Streitkräfte bereit zu stellen und im Süden und Osten bloß einen dünnen, teilweise aus Kavallerie gebildeten Kordon zu ziehen. Die Unthätigkeit Bazaines rechtfertigte die Kühnheit der deutschen Heeresleitung. Die ersten Tage nach der Schlacht bei Gravelotte war er nur mit dem Retablissement der Armee beschäftigt und that nichts, um die Widerstandskraft des einschließenden Ringes zu prüfen. Erst als er am 29. und 30. zwei Depeschen Mac Mahons empfing, welche dessen Marsch nach der Maas zur Vereinigung mit der Rheinarmee meldeten, befahl Bazaine am 30. die ¶