Dirceu
15 Wörter, 107 Zeichen
Dirceu,
Kreishauptort in der ital. Provinz Mantua, [* 3] an der Eisenbahn Modena-Mantua, in fruchtbarer Gegend, hat eine alte Burg, das Stammschloß der berühmten Herzogsfamilie gleichen Namens, einen besuchten Jahrmarkt und (1881) 1134 Einw.
ausgebreitetes ital. Fürstengeschlecht, das seinen Ursprung von Kaiser Lothar herleitet. Schon im 13. Jahrh. war das Geschlecht ziemlich zahlreich, und Luigi Gonzaga wurde 1328 nach langem Streit mit der Familie Buonacolsi (Benncorp) durch Ermordung Passerinos de Buonacolsi und Vertreibung von dessen Anhängern Generalkapitän von Mantua, in welcher Würde er erblich vom Kaiser Ludwig dem Bayern [* 4] bestätigt wurde. Hierauf verzweigte sich die Familie in verschiedenen Linien und Herrschaften.
Von Ludwig III. stammten die Herzöge von Sabbioneta, welche 1591, die Fürsten von Bozzolo, welche 1703, und die Fürsten von Castiglione, welche erst 1819 ausstarben. Kaiser Siegmund erhob Mantua 1433 zur Markgrafschaft, und Kaiser Karl V. verlieh an Federigo II. die erbliche Herzogswürde. Von dem letztern stammten außer den spätern Herzögen von Mantua, welche 1574 Herzöge von Montferrat wurden, noch die Herzöge von Guastalla, welche 1746 ausstarben.
Die direkte Mantuanische Linie endete mit Herzog Vincenzo dessen Ansprüche und Erbe auf die Familie der Herzöge von Nevers übergingen, die von Frankreich und Venedig [* 5] unterstützt, von Spanien [* 6] und Österreich [* 7] jedoch bekämpft wurden. Der mantuanische Erbfolgekrieg endete mit der Anerkennung der Nevers durch die Verträge von Regensburg [* 8] 1630 und Chierasco 1631; doch starb der letzte Nevers, Karl IV., schon 1708, nachdem er in demselben Jahr von Kaiser Joseph in die Acht erklärt und seine Länder dem Erzherzog Karl zugesprochen worden waren. Von andern Zweigen der Familie sind noch die Signori von Novellara seit 1371, Grafen seit 1501, zu nennen, welche 1728 erloschen, und die Markgrafen von Luzzara, welche bis 1794 dauerten. Eine andre Nebenlinie, die noch besteht, die Vescovedi, wurde 1593 in den Reichsfürstenstand erhoben.
Vgl. Litta, Famiglie celebri italiane.
Bd. 4, Heft 33 (Mail. 1819 ff.).
Thomaz Antonio, mit dem Dichternamen Dirceu, einer der populärsten unter den ¶
neuern portug. Dichtern, geb. 1744 zu Oporto, [* 10] erhielt seine erste Erziehung zu Bahia [* 11] in Brasilien, [* 12] studierte 1763-68 zu Coimbra die Rechte und trat, nach Brasilien zurückgekehrt, in den Staatsdienst. Nachdem er an verschiedenen Orten Richterstellen bekleidet hatte, wurde er Mitglied des Gerichtshofs (ouvidor) von Villarica in der Provinz Minas Geraës, wo er in nähere Beziehungen zu der sogen. »Dichterschule von Minas« trat. Zugleich machte die glühende Liebe zu einer jungen Dame, Maria Joaquina de Seixas, die er unter dem Namen Marilia besungen hat, ihn selbst zum Dichter.
Eben war er an den obersten Gerichtshof von Bahia berufen worden, als die sogen. »Verschwörung von Minas«, welche die Unabhängigkeit Brasiliens vom Mutterland erstrebte, entdeckt wurde. Als angeblicher Teilnehmer an derselben verhaftet und vor Gericht gestellt, wurde Gonzaga, trotzdem ihm nichts weiter als ein freundschaftlicher Umgang mit einigen der Verschwornen nachgewiesen werden konnte, zu lebenslänglicher Verbannung in die Pedras de Angoche an der Ostküste von Afrika [* 13] verurteilt, eine Strafe, die aus besonderer Gnade in zehnjährige Verbannung nach Mosambik verwandelt ward.
Bald nach seiner Ankunft daselbst verfiel er in ein hitziges Fieber, welches ihn dem Tod nahebrachte. Er genas zwar wieder, aber mit unheilbar zerrüttetem Verstand, und starb in stillem Wahnsinn 1809. Seine Gedichte erschienen unter dem Titel: »Marilia de Dirceu« und behandeln nur seine Liebe zu Marilia, welche von den Portugiesen gern mit der Petrarcas zu Laura verglichen wird. Auch hatte er sich Petrarca zum Muster genommen, dem er an Zartheit und Wahrheit des Gefühls wie an Wohllaut der Sprache [* 14] und des Versbaues nahekommt. Seine Gedichte sind daher in Portugal und Brasilien im Mund aller Gebildeten. Die meisten und besten Ausgaben derselben, wie die von Rio de Janeiro [* 15] 1811, 1812 und 1819, enthalten nur seine Gedichte an Marilia in zwei Teilen. Ein dritter Teil, eine Anzahl andrer, von Gonzaga nicht zur Veröffentlichung bestimmter Gedichte enthaltend, wurde zuerst der Ausgabe von Rio de Janeiro 1800 und danach mehreren neuern hinzugefügt.