Diplōm
(grch.), ursprünglich zunächst ein aus zwei Täfelchen zusammengefügtes Schriftstück,
dann aber ohne Rücksicht auf die Form bei den
Römern gegen Ende der Republik und besonders während
der Kaiserzeit ein von den
Kaisern selbst oder höhern Staatsbeamten ausgefertigtes Schreiben, durch welches einzelnen
Personen
gewisse
Vorrechte oder
Vorteile zuerteilt wurden. Insbesondere hießen Diplom
diejenigen Empfehlungsschreiben, durch welche
Kurieren
und andern
Personen, die im öffentlichen
Auftrage reisten, auf den
Stationen die nötigen Beförderungsmittel
und Reisebedürfnisse zur
Verfügung gestellt wurden. Im Mittelalter verschwand das Wort gänzlich aus der Geschäftssprache,
denn die
Urkunden, deren wissenschaftlicher Bearbeitung später die
Diplomatik ihren
Namen verdankte, wurden damals mit den
Namen charta, pagina, literae, cedula, dann im
Deutschen mit
Brief (s. d.) und mit Übertragung des ursprünglich
die Persönlichkeit eines Zeugen bedeutenden «Urchund» auf das geschriebene
Zeugnis, Urkundbrief,
Urkunde bezeichnet.
Erst bei den Streitigkeiten über die Echtheit einzelner
Urkunden im 17. Jahrh. kam das Wort wieder in Gebrauch, woraus es
von Mabillon in den wissenschaftlichen Sprachgebrauch (s.
Diplomatik) und von Joachim in die
deutsche Sprache
eingeführt wurde. Mabillon verstand unter diploma
alle amtlichen
Urkunden, insbesondere aus älterer Zeit.
Da er aber in seinem
Werke vorzugsweise nur von königlichen Diplom
gehandelt hatte, so gab dies später Veranlassung, nur
Ausfertigungen der Könige
und
Kaiser als diplomata
zu betrachten, die Anfertigungen der Päpste aber bullae und brevia, die geringerer
Personen geistlichen und weltlichen
Standes literae zu nennen.
Andere wollten den
Begriff des Diplom
auf mit einem öffentlichen
Siegel versehene
Schriften, andere auf
Schriften etwa bis zu Ende des 15. Jahrh., noch andere auf Pergamentschriften beschränkt
wissen. Seitdem die
Diplomatik in deutscher
Sprache
[* 2] bearbeitet und für diploma
das Wort
Urkunde eingeführt
wurde, erweiterte sich wieder der
Begriff des Wortes Diplom
oder
Urkunde, jedoch in sehr schwankender und ungehöriger
Weise.
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mehr
Die wissenschaftlich geschulten Archivare der neuesten Zeit beschränken jedoch den Begriff der Urkunde (wofür nur noch selten
das Wort Diplom
gebraucht wird) auf diejenigen im Wege der Geschäftsführung entstandenen Schriften, die zur Erinnerung oder Beglaubigung
irgend eines Beschlusses oder Vorgangs von seiten der dabei Beteiligten mit Absicht und in einer Form
aufgesetzt sind, welche ihnen Beweis- und Rechtskraft oder Gesetzesgeltung verleihen. Breßlau bezeichnet als Urkunden «schriftliche,
unter Beobachtung bestimmter, wenn auch nach Verschiedenheit von Person, Ort, Zeit und Sache wechselnder Formen aufgezeichnete
Erklärungen, welche bestimmt sind, als Zeugnisse über Vorgänge rechtlicher Natur zu dienen».
Alle übrigen, in den Archiven niedergelegten Schriftstücke werden unter dem Namen Akten (s. d.) zusammengefaßt.
Das Wort Diplom
selbst hat sich gegenwärtig nur in beschränkterer Bedeutung für Dokumente erhalten, durch welche
der Staat oder eine Behörde an Private eine Auszeichnung verleiht (Adelsdiplom
, Doktordiplom); Urkunde bezeichnet im öffentlichen
Leben heute staats- und privatrechtliche Dokumente (Verfassungs-, Vertrags-, Schuldurkunde); wo es sich
dagegen um Verleihung eines Rechts oder einer Stellung durch den Staat oder eine Behörde an Private handelt, spricht man von
Patent (Offizierspatent, Erfindungspatent). Über die einschlägige Litteratur s. Diplomatik.